Feen ne ern Fer ereRe we ig, 0 Eee a ara ine BounD (IMo0 WHITNEY LIBRARY, HARVARD UNIVERSITY. THE GIFT OF J2 DZ IWIELTEN EV, Sturgis Hooper Professor IN THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY TRANSFERRED TO CEOLOGICAL . SCIENCES LIBRARY EUARALELN SZ SZ Zu MUS, DOMP. ZUDL Abhandlungen geologischen Specialkarte Preussen a und den Thüringischen Staaten. ; BERLIN. - Verlag der Simon Schropp’schen Hof-Landkartenhandlung. en (J. H. Neumann.) 1883. | Bee \ | =“ a NY er DR Abhandlungen oeoloeischen Specialkarte Preussen und den Thüringischen Staaten. annnnnnnnnnnnn unınının BERLIN. Verlag der Simon Schropp schen Hof-Landkartenhandlung. (J. H. Neumann.) ; 1883. IE # en Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim Dr. Hermann Roemer, Senator a.D. Nebst einer Karte. Herausgegeben von der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt. BERLIN. Verlag der Simon Schropp’schen Hof-Landkartenhandlung. (J. H. Neumann.) 1883. | k er rad) = Su LE MRaman il 5 ah oral eg - - a f j 1 r ) u) IT NEE TRAnt WM. “ , | 2 7 5 u K tt no . E f ” Th SUREIIUH) - IiPR j ö ww. °. % i Br" Bikini nanfoakadtons le AR N, Al ta nn it ur | pr: | a) m Sam, a eo a " 2 min 2. u a 17, an Br | ale N u u 6 er m Mi LE = 155 « t 1 I N y il f - il ve [ a a 1 ee , MR ie Rn ne 0 . u u a a zu 'g Ile Die grosse Mannigfaltiskeit der geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim und deren nächster Umgebung hat schon früh die Aufmerksamkeit wissenschaftlicher Beobachter auf sich gezogen und den Namen der Stadt den Geologen über die Grenzen Deutschlands hinaus schon lange bekannt gemacht. Diese inter- essante Beschaffenheit des Bodens unserer Vaterstadt hat denn auch sowohl mich, als auch meinen, jetzt als Professor der Greo- logie und Mineralogie in Breslau lebenden jüngeren Bruder schon während unserer Schulzeit, vor nun bereits fünfzig Jahren, zum eifrigen Sammeln der hier sich findenden Versteinerungen angeregt und sind dann von mir, da ich in Hildesheim ansässig geblieben, auch nach vollendeter Studienzeit die hiesigen geologischen Ver- hältnisse allezeit aufmerksam beobachtet und alle Gelegenheiten zu einer besseren Erkenntniss derselben sorgfältig wahrgenommen. Es sind nun aber ganz besonders die in den beiden letzten Jahr- zehnten durch zahlreiche Neubauten, durch die Anlage von Fabriken, Ziegeleien, Brunnen und vor allem durch die statt- gehabten Kanalbauten veranlassten vielen Aufschlüsse der vom Diluvium bedeckten, bisher überall nicht, oder ungenügend beob- achteten Gebirgsschichten, durch welche es mir möglich geworden, die Kenntniss der geologischen Verhältnisse dieses interessanten Gebiets ganz erheblich zu erweitern. Es drängt mich nun, diese Ergebnisse langjähriger Beobachtungen dauernd festzustellen und in Verbindung mit den früheren Forschungen Anderer ein thun- lichst vollständiges Bild von den geologischen Verhältnissen Hildesheims zu geben. Es wird diese Absicht aber auch um so weniger einer Rechtfertigung bedürfen, als meine Beobachtungen sich vorzugsweise auf sehr zahlreiche, jetzt nicht mehr vorhandene i 2 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. - Aufschlüsse stützen, deren dauernde Feststellung für die Beurthei- lung der geologischen Verhältnisse dieser Gegend allezeit von Bedeutung sem wird und sich jedenfalls auch schon bei der, hoffentlich nicht mehr fernen, neuen geologischen Aufnahme unserer Gegend Seitens der geologischen Landesanstalt als ein willkomme- ner Anhalt erweisen wird. Sodann glaube ich aber auch annehmen zu dürfen, dass diese Arbeit nicht nur zum eingehenden Studium der so interessanten geologischen Verhältnisse unserer Stadt viel- fach anregen, sondern sich auch für die Bewohner der Stadt bei mannigfachen Unternehmungen als nützlich erweisen wird. Bevor ich mich nun aber der Ausführung der gestellten Aufgabe zuwende, möge es mir gestattet sein, hier einen kurzen Rückblick auf die Arbeiten meiner Vorgänger zu werfen, welche sich entweder dieselbe Aufgabe gestellt oder doch durch ihre Arbeiten die Kenntniss der geologischen Verhältnisse dieses Ge- biets wesentlich gefördert haben. Für den Fachgelehrten wird dieser Rückblick aber vielleicht insoweit von Interesse sein, als derselbe als ein Beitrag zu der Entwickelungsgeschichte der Kenntniss der geologischen Verhältnisse Norddeutschlands angesehen werden kann. Schon hier will ich aber sowohl für diese, wie auch für die späteren Ausführungen die Nachsicht der Fach- genossen bezüglich solcher Bemerkungen und Erörterungen in Anspruch nehmen, welche vorzugsweise mit Rücksicht auf die Leser in meiner Vaterstadt gemacht sind und einen höheren wissenschaftlichen Werth nicht beanspruchen. Nach den von mir angestellten Nachforschungen gebührt dem VALERIUS CoRDUS das Verdienst, der erste gewesen zu sein, welcher die geologischen Verhältnisse Hildesheims mit wissen- schaftlichem Auge beobachtet hat. Derselbe war der Sohn des berühmten lateinischen Dichters ENRICUS COoRDUS (HEINRICH EBERWEIN), welcher als Reformator der Arzneikunde und als Be- gründer des ersten deutschen botanischen Gartens in Marburg genannt wird und dessen »Botanologicum« LinN& als eine philo- sophia botanica bezeichnet. Der zu Simtshausen in Oberhessen 1515 geborene VALERIUS CORDUS war nicht nur ein berühmter Botaniker, sondern auch emer der ersten Gelehrten, welche sich Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 3 mit dem Studium der Mineralogie befassten. Im Jahre 1542 bereiste er Norddeutschland, verstarb aber, mit der Erforschung der Flora der Appeninen beschäftigt, erst 29 Jahre alt, in Rom im Jahre 1544. CoNRAD GESSNER veröffentlichte 1569 einen Theil der nachgelassenen Werke des VALERIUS CORDUS. unter dem Titel »Sylva observationum variarum Valerii Cordi, quas inter peregrinandum primus de rebus fossilibus, ut lapidibus, metallis etc. deinde etiam plantis fecit.« In dem Abschnitte, welcher die Ueber- schrift führt: Valerii Cordi observationes quaedam rerum naturalium variarım et primum fossilium in Germania finden sich die ersten unsere Gegend betreffenden Aufzeichnungen. Dieselben lauten: »Fons qui Hildesheimü sulphureum limum emittit (Schwefel- quelle bei Hasede) ante sedecim annos primum jluere coepit, post bellum, quod contra Hildesheimianos gessit princeps Henricus Bruns- vicensis. Sal fit in Solta pago (Salzdetfurth) prope Bodenburgum pagum, ad quartum ab Hildesheimia lapidem. Omnia, quae seguuntur vidi et cognovi primum in peregrinatione anni MDXLII post natum Uhristum. Creta nigra Jam dietae colore gustugque similis, asperior tamen duriorque ejjoditur Hildesheimii inter urbem et Marienburgum castellum Juxta pumilorum antrum (Zwerglöcher) in profundo.< Dass die Beobachtungen des VALERIUS UORDUS, welche der- selbe bei der Untersuchung unserer Gegend gemacht, sich aber nicht auf die ın den vorstehenden Citaten enthaltenen Mittheilun- gen beschränkt haben, ergiebt sich schon aus der, in derselben Schrift erwähnten Bemerkung desselben, dass seine Sammlung auch mit Gesteinen aus dem Hildesheimschen reich versehen sei, und mehr noch aus der in der Einleitung mitgetheilten Stelle eines von ÄAGRICOLA an WOLFGANG MEURER geschriebenen Briefes: » Valerius Cordus quoad viwit non cessavit ad me mittere ommia, quwibuscungue jwvari atque ornari mea studia possint; Jwvenis. longa vita dignus, sed perpetua digmior.«< Sodann erwähnt aber auch AGRIcCoLA in seinem gleich näher zu besprechenden Werke, dass er die Nachrichten von so vielen 1* 4 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. hildesheimischen Steinen grösstentheils dem VALERIUS CORDUS ver- danke. Wenn übrigens LEIBNITZ in seiner Protogaea auf diese letzte Erwähnung Bezug nimmt und den VALERIUS CORDUS als »insignis medieus Brunswicensium et Hildensium« aufführt, so irrt er in dieser Bezeichnung, da nicht VALERIUS CoRDUS, sondern dessen Bruder PuıLıppus Corpus Leibarzt des Fürstbischofs VALENTIN von Hildesheim war. ZACHARIAS UÜRSINUS sagt von diesem PHILIPPUS Corpus in einem 1559 geschriebenen Briefe: » Sie lle, qui hoc etiam significavit anno superiore, Valerii fratrem, medieum Hildesheim, chemisticae artis et remediorum, quae arte illa ad medieinam parantur peritissimum, diem suam obwüsse.« Nur der Vater EnRIcCUS ÜoRDUS war kurze Zeit Arzt in Braunschweig. Aus dieser Stelle des PnıLıppus Corpus erklärt es sich denn auch, wie es gekommen, dass die mineralogischen Untersuchungen des VALERIUS ÜORDUS sich vorzugsweise den Vorkommnissen unserer Gegend zuwandten, und wird es auch nicht zu bezweifeln sein, dass er seinem Bruder die Zuwendung von Mineralien und Versteinerungen hiesiger Gegend zu danken gehabt hat. Viel zahlreicher sind die Aufzeichnungen über die geologischen Verhältnisse unserer Gegend, welche sich in den Werken des (GEORG AGRICOLA (BAUER) finden. Dieser scharfsinnise und viel- seitige Gelehrte war 1490 in Glauchau geboren, wurde nach vollendeten Studien zuerst Rector in Zwickau, dann Arzt, später Bergbaubeamter und starb 1555 als Arzt und Bürgermeister in Chemnitz. Unter seinen zahlreichen mineralogischen, vorzugsweise aber das Berg- und Hüttenwesen betreffenden Arbeiten ist es be- sonders das 1549 erschienene Werk » De nature fossilium«, welches zahlreiche Angaben über die bei Hildesheim vorkommenden Mine- ralien und Versteinerungen enthält. Ob AGrRıcoLA die Umgegend von Hildesheim selbst untersucht, ist mir zweifelhaft geblieben, obschon CRAMER im seinen »physikalischen Briefen (Hildesheim 1792)« erwähnt, dass AGRICoLA nach dem Tode seines Freundes VALERIUS Corpus, der ihn auf die Hildesheimischen Produkte Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 5 aufmerksam gemacht, nach Hildesheim gekommen und die hiesige Gegend durchforscht habe. Ein weiterer Anhalt für diese Be- hauptung ist nicht aufzufinden und scheint derselben auch die eisene Angabe des AGRICOLA, dass er die Nachrichten von so vielen hildesheimischen Steinen grösstentheils dem VALERIUS Corpus verdanke, zu widersprechen. Jedenfalls ist es aber von Interesse, dass in dem genannten Werke des AGRICOLA, welches als eine Oryktognosie und als die erste wissenschaftliche Unter- suchung und Beschreibung von Mineralien und Versteinerungen anzusehen ist, bezüglich der in demselben aufgeführten Versteine- rungen fast ausschliesslich auf die bei Hildesheim vorkommenden Versteinerungen Bezug genommen ist, so dass eben diese zu der ersten wissenschaftlichen Arbeit über Versteinerungen die Anre- gung gegeben haben. Die Vorstellungen des AGRICOLA von der Entstehung und Beschaffenheit der Erdrinde waren selbstverständlich noch sehr unvollkommen, und von dem Wesen und der Bedeutung der Ver- steinerungen hatte derselbe noch keine Ahnung. Die Versteine- rungen waren ihm und seinen Zeitgenossen noch Naturspiele, und in dem angezogenen Werke führt er die Versteinerungen zusammen mit den Gesteinen, eben als Gesteine auf, beschreibt dieselben auch nach ganz unwesentlichen Merkmalen, nach Farbe, Härte und Grösse, wie die anderen Gesteine. AGRICOLA spricht sich hierüber selbst in folvenden Worten aus: Cochleas vero in sawis repertas calor ex materia pingui et lenta efficere videtur et ex eadem gignere musculos, murices, conchylia. Sed terra quanto est crassior, quam mare, tanto ea magis imperfecta gignuntur (Lib. IV de ortu et causis subterraneorum). und Redeo ad eos, quos multos in uno loco vel in pluribus eadem natura gignit, quales sunt, qui nascuntur in terra glutinosa, quae est in venis, Jfebris, commissuris saworum testis aquatilium similes, quod genus lapides reperiunt in Germania in LHildesheimio Sawoniae tractu et in sawum inchusi in multis regionibus -(Lib. V de natura ‚Fossilium). 6 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Davon wird aber von AGRICOLA unterschieden : Succus lapidescens, tam is, qui extra terram quam qui intra terram latet res omnes, quibus foramina sunt, ejus capacia vertit in lapides (Lib. VII de natura fossılium). Wenn ich nun die Beschreibung der von AGRICOLA aus dem Gebiete der Stadt Hildesheim aufgeführten Versteinerungen dessen berühmtem Werke »De natura Jossilium« wörtlich entnehme, so kann das allerdings vorzugsweise nur für alle diejenigen von Interesse sein, welche sich mit den geologischen Verhältnissen Hildesheims eingehender beschäftigen; es wird damit aber doch auch für viele Leser der Standpunkt, auf welchem sich die Kenntniss von dem Bau der Erde, von der Bedeutung der Ver- steinerungen und von den die Erdrinde zusammensetzenden Mine- ralien zu AGRICOLAs Zeit befand, erst recht verständlich, oder doch wieder in Erinnerung gebracht. AGRICOLA führt nun in dem Lib. V de natura fossilium fol- gende Arten aus dem Gebiete der Stadt Hildesheim auf: Trochites et Entrochos, cum lapide jJudaico cognationem habet, a rota (Tooxog) appellatus. Etenim cum ei natura dederit tympani figuram ejus pars rotunda laevis est utraque vero lata habet quendam quasi modulum, « quo undique radi ad extimam orbis partem, quae ıpsıs loco est canthorum procedunt ita eminentes, ut striae fiant. Multum variat quantitate sed minimus adeo parvus est, ut maximus decuplo major sit. Maximus vero est latus digitum trans- versum, crassus tertiam ejus partem aut amplius. Difert colore, nam aut cinereus est, aut nigricat aut luteus est. Sed is magıs propter contagionem terrae talis esse sole. Imtus enim caeteris candıdior. Omnis fractus lapidis jJudarci instar laevis est et nitet. Frangitur autem simihter ut le in longum, latum, obliguum, in acetum impo- situs ut astroites bullas agit atque etiam reperitur interdum qui se tamquam astroites moveat de loco. At ex trochitis nondum separatıs constat Entrochos, modo ex binis, modo ex ternis, modo ex quaternis, nune vero ex plurtbus. Hos autem lapides gignit Sawonia ad Hü- desheimum ultra Montem Maurieü in commissuris marmoris in cimereo Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Ü candidi et in terra glutinosa (Stielglieder und Stiele des Knerinus hluformis). Cornu Ammonis et Lapis novae lunae figura (Ammo- niten). /» toto Hrldesheimio tractu, qui longissimi collis speciem prae se ferens a Marienburgo arce per injeriorem wrbis partem per- tinet ad Hasdam pagum invenitur lapis novae lunae speciem habens curvatae in cornua, aurei colorıs, armatura vestitus modo parvus, medioeriter autem durus et interdum striatus. Sed eundem aliguando Ferrei coloris armatura tegit aut adamanti similis. Etenim ubi in terra aluminosa reperitur aut atramentosa aureo colore splendet, ubi in alterius generis terra ferreo aut consimili. Nam alumen et atra- mentum sutorium permutant ferrum in orichalei colorem, qui assimilis auro. Ibidem ejjoditur lapis eyusdem jigurae sed omni vacuus arma- tura et cinerei coloris, qui est Tephritis apud Plinium (Ceratites nodosus). Hephaestites in Corcyro natus speculi naturam habet in red- dendis imaginibus quamguam rutilus. Nomen ex eo invenit, quod in solem addıtus aridam materiam accendat, non aliter ac speculum concavum sulphurata, stramina sarmenta. Id genus lapides in rubro nigri coloris reperiuntur Hildesheimi in fossa moeniorum quae spectat septentriones. In modum vero patinae excavatae sunt et aurea arma- tura rutilant, quare et reddunt imaginem et ob solis radios obversi arıdam materiam accendunt. (Alveolen des Belemnites giganteus, die sich an der bezeichneten Stelle von 7,5°% Durchmesser finden.) Hieracites, quem Plinius in gemmis numerat. Is inquit idem alternat totus milvinis nigricans veluti plumis. Invenitur in tractu Hildesheimio, qua itur versus occasum a Jam dicta moeniorum fossa in colla ultra flumen et eitra. Estque similis specie et colore acci- pitrum molhioribus pennis, quae ipsis sunt in pectore. Alter ibidem reperitur lapıs, qui ewprimit strüs et colore perdicum pennas, quas item habent in pectore. Strombites assimilis est cochleae aquatili ex amplo enim in tenue turbinis instar, defieit in spiram a dextra tortus. Is interdum est brevis, interdum longus dodrantem, intus candidus, extrinsecus terrae in qua nascitur colorem assumit. HBeperitur autem Sawonia 8 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. ad Hildesheimum Galgenbergü lapidieinis et in novae urbis parte, cum fodiuntur cellae in quwibus vinum zythumve recondi solet (Pha- sianella striata u. a.). Ütenites vero striatus est, omminoque pectinis effigiem reprae- sentat. Color ipsi plerumque cinereus. Reperitur Hildesheimi in lapidieinis ejus tractus qui est ultra montem Maurieii (nicht Pecten, sondern Lima striata des Muschelkalks). Myites quwia striatus non est, musculi speciem prae se fert, is duplex oblongus et pectinis modo rotundus. Hie colore cinereus re- peritur in Sawonia ad Hildesheimium in lapidieinis tractus jam dieti (Avicula socialis): ille modo subfuscus, modo subjlavus efoditur ex ‚Fossa moeniorum Hildesheimiae urbis quae ad septentriones spectat (Gresslya sp.). Onychites, ungwibus. odoratis, quos Graeci nominant Onychas fere simihs tam colore, guam jigura, nascitur in üsdem Hildesheimiüi lapidieinns. Ostracis lapis ex ostreis, qwibus similis est, nomen invenit nec a veris ostreis difjert. Duplex est. Major qui lapidis specularis modo jissilis efjoditur etiam ex fossa Hildesheimiae urbis, quae ut diei ad septentriones spectat. Minor non longe ab Hannobera prope Lindam pagum reperitur. Major reperitur etiam in lapidieina Galgenbergi. Porphyroides, Purpurae instar aculeis clavatus et colore cinereus invenitur in eadem fossa Hildesheimiae urbis, sed ut pur- pura turbinatus non est. Ibidem alias reperitur, huic non multum dissimihs verumtamen caret aculeis, strias vero habet transversas. Conchites eruitur ex eadem fossa qui in curvis liris ad scapul as redeuntibus et aurei coloris armatura decoratur. Longus esse solet palmos duos, latus palmum. Belemnites est aut cinereus aut candıdus aut in rubro niger, qui ommes inveniuntur Hildesheimi. Ustus vel candidus fit, vel in condido cinereus. ÜUterque reperitur inter urbem et arcem Marien- burgum in marmore antri, quod a nanis appellant ad sinistram (Belemnites irregularis), nam locum ülum quondam arsisse alia multa praeter hujus lapidis odorem indicant, quwin aurea armatura non Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 9 modo belemnitem Hildesheimi fossa moeniorum generatum ortuw, sed ejus etiam radıcem comvestit extrinsecus, quae armatura sine arte mirifice nitet, atque imaginem instar speculi reddit (Belemnites gigan- teus). Belemnitae autem si confricentur, ex eis quidam olent cornu bovis limatum, aut ustum, ut Hildesheimi in marmoris ejusdem odoris commissuris nati; alique sine odore sunt ut reliqwi. Diversa vero ipsis est magnitudo. Cum enim maswimis esse soleat digitı longitudo et crassitudo Hildesheim ut in fossa moeniorum quae spectat ad septentriones repertis est interdum sesqwipedis longitudo, brachü cras- situdo. Trabes lapideae. In Hildesheimio quoque in terra alumi- nosa inventum est lignum quernum in lapidem conversum. In eadem regione arcis Marienburgi collis est plenus lapıideis trabibus, quarum capita interdum eminent. Sunt vero perlongae, acervatim posıtae, inque medio earum terra est colore nigra, ferro aut altero lapide percussae non aliter ac marmor Hildesheimium de quo supra dia cornu usti virus olent, omminoque ex eadem materia sunt. (Juare cum natura lapides arborum similes procreet diligenter videndum est, an corticem et medullam aliaque habeant. Quae si absunt non sti- pites in lapides conversi sunt, sed natura fecit lapides stipitum simil- limos, quales sunt trabes istae Hildesheimiae (Bänke faserig zer- bröckelnden Posidonienschiefers). Ebenum fossile. Hildesheimü intra terram aluminosam adest lignum in lapidem mutatum et in ejus commissuris reperitur ebenum Jossile. Stirps est nigra, folis et fructu carens, cornu politi modo splendida solida sed levis omninoque adspectu similis gagatae lapıdıs sed natura ad modum diversa. Nam ebenum ignem non sentit!). ) Die Gesteine, welche Ackrcora aus der nächsten Umgebung Hildesheims beschreibt, mögen hier ebenfalls in Kürze aufgeführt werden. Es sind folgende: Mergel, dessen man sich in Niedersachsen zum Düngen der Felder bediene und der sich taubenfarbig (bunter Keupermergel) in radice collis Columbina (Steinberg) finde. Walkererde, terra fullonum, habe man im Hildesheimischen in zwei Arten, weisse tuffartige und graue. Solche Erde mit reinigenden Kräften finde sich auch bei Hasda, Hasede, im Hildesheimischen. Schwarze Kreide, creta nigra, werde im nördlichen Stadtgraben, Röthel, rubrica, und Ocher, ochra, zwischen der Stadt und den Zwerglöchern gefunden. Alaun, alumen, komme im nörd- lichen Stadtgraben in Stücken von der Grösse einer Wallnuss vor, alaunartige 10 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. ÜONRAD GESSNER führt in der Schrift »De omni rerum fossi- lium genere Tiguri 1565« und zwar in der Abhandlung de jiguris lapidum nur neun bei Hildesheim vorkommende Arten von Ver- steinerungen auf, die ohnehin sämmtlich dem AGRICOLA entnommen sind. Ebenso erwähnt der Zeitgenosse GESSNER's, der berühmte Arzt und Naturforscher KEnNTMAnN in Torgau, in seiner » Nomen- clatura rerum fossilum, quae in Missnia etc. inveniuntur« des Milch- steins vom Galgenberge bei Hildesheim, sowie des Vorkommens von Vitriol, der aus einem grauen Kupferstein fliesst, und unter- scheidet nach Grösse und Farbe sieben Arten daselbst vorkom- mender Belemniten. KIRCHER in seiner » Mundus subterraneus« nimmt nur auf die in der Nähe befindlichen Salzquellen von Heiersum, Salzdetfurth und Salzlibenhall Bezug. Von ungleich grösserem Interesse ist aber ein Werk, welches ein hiesiger Arzt, FRIEDRICH LACHMUND, unter dem Titel » Oryecto- graphia Hildesheimensis« ın der hiesigen Druckerei von JACOB MÜLLER's Wittwe 1669 auf eigene Kosten erscheinen liess. Es ist dieses Werk eben das erste, welches eine fest abgegrenzte Erde auch bei den Zwerglöchern. Blutstein, Haematites, und schaliger Eisen- stein, Schistus, finde sich jenseits des Moritzberges (?) und bei den Zwerglöchern. Milchstein, Galactit, eine weisse Erde, die einen Milchsaft von sich gebe, in den Steinbrüchen am Galgenberge. Gyps, weiss wie Elfenbein oder zuckerartig (Hildesheimer Wald, Himmelsthür pp.) und Marienglas werde bei Hildesheim, Samius lapis (2) bei Hasede neben der Mühle gefunden. Ammonites (ist bei Acrıcora und Lacnuusp der Rogenstein des bunten Sandsteins) finde sich in den Kiesgruben bei Hildesheim, Kalkspath, Rhombit, am Galgenberge. Lepidot (nach der Beschreibung Nagelkalk), Geodes, Aetites und Enchydros von meist kugliger Gestalt, der innere Kern oft lose und klappernd. Ostracites (hartgebrannte Posidonienschiefer) werde bei den Zwerglöchern gefunden und diene zum Glätten der Haut. Coticula, Probirstein der Goldarbeiter, finde man in den Bächen bei Hildesheim. Weisser Marmor in°den Steinbrüchen jenseits des Moritzberges (Muschelkalk), Schwarzer Marmor bei den Zwerglöchern (Monotiskalk des Posidonienschiefers), derselbe rieche gerieben wie gebranntes Horn, Korallenstein, elfenbeinartiger Marmor, den man früher zu Säbelgriffen verwandt (2). Pyrites, Schwefelkies (nicht Feuerstein, wie Lacumusp annimmt). Cadmia metalla, Kobold, als Anflug in den Steinbrüchen bei Hildesheim, Schwefel als Niederschlag der Schwefelquellen bei Hildesheim. Pharmaeites, eine feinspaltige schwarze Erde, wie Fichtenkohle, in den Steinbrüchen des Gralgenberges (?). Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 11 Gegend, Hildesheim und seine nächste Umgebung, in ihren geo- logischen Beziehungen erörtert, die in derselben vorkommenden Versteinerungen und Mineralien beschreibt und durch zahlreiche Abbildungen in Holzschnitt erläutert. Behauptet somit dieses Werk in der Literatur der Geologie mit Recht einen ehrenvollen Platz und muss auch anerkannt werden, dass dasselbe lange Zeit in weiten Kreisen höchst anregend gewirkt hat, so wird doch das Verdienst des Verfassers in so fern nicht unerheblich gemindert, als das Werk eigene Beobachtungen des Verfassers nur in sehr geringer Zahl enthält. Er erklärt ausdrücklich, dass der Umstand, dass die von VALERIUS CoRDUS im hildesheimischen Gebiete ge- fundenen Fossilien in dem Werke des AGRICOLA so sehr mit anderen vermischt aufgeführt seien, es ihm der Mühe werth er- scheinen liess, dieselben in einer Abhandlung zusammenzustellen. Dem entsprechend sind dann alle auf hildesheimische Fossilien bezügliche Stellen des AGRICOLA, nur in einer etwas veränderten Reihenfolge, wörtlich abgedruckt und nur hie und da mit einigen Zusätzen versehen. Es muss das um so mehr auffallen, als seit dem Erscheinen des AGRIcoLA’schen Werkes doch mehr als hundert Jahre verflossen und der Verfasser ausdrücklich versichert, dass er selbst, um besser urtheilen zu können, die Berge, Thäler, Stein- brüche und Sandgruben zwischen der Stadt und Steuerwald (?) in der Länge und Breite oft durchforscht habe. Ich darf mich des- halb auch darauf beschränken, aus dem im Uebrigen mit grosser Wärme geschriebenen interessanten Werke nur das anzuführen, was als eine weitere Bereicherung der Kenntniss unserer Gegend anzusehen, oder uns über die Auffassung der damaligen Zeit, insbesondere des Verfassers hinsichtlich der Bedeutung der in den Gebirgsschichten enthaltenen organischen Einschlüsse Aus- kunft giebt. . LacHmunD hat das lateinisch geschriebene Werk seinem Bischof MAXIMILIAN HEINRICH mit dem Zusatze gewidmet: » Wenige Fürsten, Grosse und Gelehrte haben sich mit der Naturwissenschaft beschäf- tigt und doch ist, die Theologie ausgenommen, keine Wissenschaft göttlicher als diese. curvirostris v. Schloth. Gervillia socialis v. Schloth. Corbula gregaria v. Münst. Muytilus eduliformis v. Schloth. Peeten laevigatus v. Schloth. » diseites v. Schloth. » Albertü Goldf. Gervillia costata. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 27T Lima striata v. Schloth. Ostrea spondyloides v. Schloth. Hinnites Schlotheimii Merian. Waldheimia vulgaris v. Schloth. Turritella obsoleta v. Schloth. Turbonilla scalata v. Schloth. Dentalium laeve v. Schloth. Natica Gaillardoti Lefroy. Ceratites nodosus de Haan. Nautilus bidorsatus Bronn. Enerinus lilüformis Lam. Notosaurus mirabilis v. Münst. Placodus Andriani v. Münst. Hybodus plicatilis Ag. In jüngster Zeit wurde in geringer Entfernung von der Stadt, am östlichen Hange des Osterberges in den oberen T'honplatten des Muschelkalkes auch die ın Norddeutschland bisher nur in Thüringen beobachtete Halobia Bergeri v. Seeb. gefunden. Der Muschelkalk des Rottsberges wird hier aber von der obersten Abtheilung der Trias-Formation, dem Keuper und zwar von allen drei Gliedern desselben überlagert. Das untere Glied, die Lettenkohle, bedeckt fast den ganzen nordöstlichen Hang des Rottsberges. In einem jetzt verschütteten Hohlwege, der neben dem, von der Trillke auf die Höhe des Rottsberges führenden Fahrwege lag, traten die dunklen, feinschieferigen Thone der Lettenkohle deutlich zu Tage, und nördlich von diesem Hohlwege, in halber Höhe des Berges, sind durch Wasserrisse und Wege, auch durch die Gräben des von Moritzberg auf den Rottsberg führenden Fahrweges gelb- liche Kalksteine dieser Bildung aufgeschlossen. Die Sandsteine derselben, graugelblich mit Glimmerschüppchen gemengt, sind aber 28 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. erst weiter südlich, an den Teichen von Röderhof und in einem jetzt nicht mehr benutzten Steinbruche vor Wesseln, dicht an der Chaussee aufgeschlossen. Ungleich mächtiger sind aber die im Hangenden der Letten- kohle auftretenden Bunten Keupermergel entwickelt. In diesen Mergeln ist das Thal ausgewaschen, welches der Katz- und Steinberg auf der Nordostseite begrenzt, und dehnen sich dieselben noch weit über das linke Ufer des Trillkebaches am Fusse des Rottsberges aus. Diese Mergel bilden aber auch gewissermaassen den Sockel für den sich weit nach Norden und Süden erstreckenden Höhenzug des Krählas, des Katz- und Stein- berges und schon von dem Punkte, an welchem der nach Neuhof führende Fahrweg, den Trillkebach überschreitend, eine westliche Richtung nimmt, beginnen die Keupermergel einen, durch die Gewässer in zahlreiche Kuppen getheilten eigenen Höhenzug zu bilden. An der nach Himmelsthür führenden Chaussee ist unweit des Wärterhauses der Eisenbahn durch die ausgedehnte Kies- sewinnung der Keupermergel ebenfalls blosgelest und eine sehr erhebliche Entwicklung zeigt derselbe auch noch am Mastberge und in der Feldmark von Gross- und Klein - Giessen. Wie schon vorhin erwähnt, ist es der Keupersandstein, welcher auf dem bunten Keupermergel liest und den sich weiter nördlich und südlich erstreckenden Höhenzug bildet, der in unserem Gebiete unter dem Namen Krähla, Katz- und Steinberg auftritt. Diese Auflagerung auf dem Keupermergel, das unmittelbare Auf- liegen der Sandsteinschichten auf dem Mergel ist recht schön am Fahrwege, der von der Trillke auf den KRottsberg führt, sowie auch am nördlichen Ende des Krählas neben der nach Himmels- thür führenden Chaussee zu sehen. Der Keupersandstein ist ein feinkörniger, gelblicher Sandstein, von einer bis zu 15 Meter an- steigenden Mächtigkeit. Die mittleren, starken Bänke desselben liefern einen vorzüglichen Baustein, aus dem alle Kirchen unserer Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 29 Stadt aufgeführt sind. Leider ist derselbe im Gebiete unserer Karte bereits vollständig abgebaut. In nördlicher Richtung wird das Ge- stein immer loser und schon beim Bau der grossen gothischen Villa neben der Moritzkirche, vor dessen Beginn zunächst die mächtigen Bänke dieses Sandsteins, dessen Schichten hier sehr eigenthümliche Zusammendrückungen und Verwerfungen erfahren, abgebaut wurden, zeigte dieser Stein eine so geringe Festigkeit, dass die gewonnenen Quader sich nur theilweise verwendbar erwiesen und manche Lagen aus losem Sande bestanden. Beim Dorfe Klein -Giessen fehlt den Quarzkörnern aber alles Bindemittel und werden die- selben hier als Stubensand gewonnen. Die grösste Mächtiekeit erreicht dieser Sandstein bei Hotteln und Derneburg, wo derselbe auch jetzt noch als Baustein gewonnen wird. Die unteren und die oberen Lagen desselben sind in dünne Schichten gesondert und finden kaum eine Verwendung. Von Versteinerungen erkennt man nur Abdrücke von Kalamiten und einem kleinen unbestimm- baren Zweischaler, doch ist die bisherige Untersuchung dieser Schichten keine genügende. Manche haben diese Sandsteinbildung dem Lias zuweisen wollen, aber abgesehen davon, dass sich im Hangenden desselben noch Schichten mit Hstheria minuta finden, wird dieser Sandstein, wie sich neuerlich ergeben, von dem Lias auch durch die mächtigen Schichten des »Rhät« getrennt, den man doch auch noch als ein Glied der Trias ansieht, so dass man diesen Sandstein, wenn man es vorzieht, auch als das unterste Glied des Rhät ansehen kann. Der Rhät. In den ersten Monaten des Jahres 1872 wurde am nördlichen Ende des Krählas, nur wenige Schritte südlich von der nach Nord- stemmen führenden Eisenbahn, durch den Bau eines Bierkellers der »Rhät«, der hier bisher unbekannt, in einer die Untersuchung sehr begünstigenden Weise aufgeschlossen. Helle, grünliche Mergel, dunkle Schieferthone, dünngeschichtete Sandsteine, in festen Bänken oder lose und dünnschichtig, setzen diese Bildung in buntem Wechsel auch hier zusammen. Die Folge der Schichten und deren Mäch- 30 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. tiokeit ist Seite 33 auf dem Profile dargestellt, welches ich meinem, im 26. Bande der Zeitschr. d. d. geolog. Gesellsch. S. 349 ent- haltenen Aufsatze über dieses Vorkommen entnommen habe. Die untersten, nach unten nicht vollständig aufgeschlossenen Schichten (m) bestehen aus eigenthümlichen, graugrünen, mit feinen Glimmerschüppchen gemengten Mergeln. A. SCHLOENBACH hielt diese auch bei Seinstedt auftretenden Mergel für ein Aequi- ralent des Keupermergels, was aber hier nicht der Fall sein kann, da dieselben von den Keupermergeln durch mehrere Meter mäch- tige, gelblich graue Thone mit Estheria minuta und die unter diesen liegenden, hier bis 7 Meter mächtigen Bänke des Keuper- sandsteins getrennt sind. Im Hangenden dieser graugrünen Mergel liegt, wie bei Sein- stedt, die als »Unteres Bonebed« bezeichnete Breccienbildung, welche hier aus einer nur 7 Uentimeter mächtigen Schicht fein- körnigen Sandsteins besteht, dessen Quarzkörner mit zahllosen Zähnen, Schuppen und Knochenresten kleiner Fische ein buntes Gemenge bilden. Hierüber liegen ] Meter mächtige, dunkelgraue Schieferthone (1), deren einzelne, oft nur eine Linie starken Schichten mit ebenso dünnschichtigem, feinkörnigen und thonhaltigen Sandstein eigen- thümlich wechsellagern. Es folgen dann 4 Meter mächtige, dunkelgraue, fast violette Schieferthone (k, ı, h), welche ın 2 bis 6 Centimeter starke Schichten gesondert, an der Luft bald mergelartig zerfallen. Nur diese Schichten des Rhät sind reich an Versteinerungen und in keiner anderen Schicht habe ich Conchiferen oder Gasteropoden angetroffen. Nach unten ist eine 0,36 Meter starke Schicht eines hellgrauen, feinkörnigen und feinschiefrigen Sandsteims eingelagert und nach oben eine andere, aus zusammengedrückten, grossen thonigen Sphärosideriten bestehende, 7 Centimeter starke Schicht, auf deren beiden Seiten sich 3—7 Centimeter starke Nagelkalke angesetzt haben. Im Hangenden folgt nun wieder eine schwache Sandstein- schicht (2), deren dünne Lagen mit ebenso dünnen Schieferthon- lagen wechsellagern. Bedeckt wird dieselbe von einer 0,1 Meter Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 31 " mächtigen Breccienschicht, die aus einem graugrünen, sandig- thonigen, auf der Oberfläche eigenthümliche Knauern zeigenden Gestein besteht und mit Bruchstücken von Knochen und mit Zähnen von Fischen ganz erfüllt ist. Es ist dies das »Obere Bonebed«e. Die Knochenstücke dieser Breccie sind erheblich grösser, als die des »Unteren Bonebeds«, aber sehr zerstört und undeutlich, doch sind zwei Arten Flossenstacheln auch in dieser Schicht gefunden und beschrieben worden. Die nach oben folgende, 3 Meter mächtige Ablagerung eines ockrigen, von dünnen Thonlagen durchsetzten Sandsteins (f) ist reich an Pflanzenabdrücken, unter denen aber nur ein gut erhal- tenes Farnblatt erkennkar war. Was nun die organischen Einschlüsse dieser Bildung anlangt, so sind besonders die in den erwähnten Schichten der Schiefer- thone (k, 1, h) vorgekommenen Seesterne, Käfer und Fische von hervorragendem Interesse. OPPEL hat in dem württemberg. natur- wissenschaftl. Jahrb. XX. Jahrg. 1864 nachgewiesen, dass CAr- LENOT schon 1862 dargethan, dass die von dem Geologen BONNARD aus den Psammiten von Macigny-sous-Thil (Cöte d’or) aufgeführten Versteinerungen den Schichten der Avicula contorta angehören und darunter sich auch Asteriadeen befinden, und hat dann ferner nachgewiesen, dass ebenso im Bonebedsandstein von Nördlingen in Württemberg mit Avicula contorta auch Ophiuren vorkommen. In Norddeutschland ist das Vorkommen dieser Ophiuren zuerst bei diesem Aufschlusse beobachtet und konnte ich feststellen, dass 7 Centimeter unter der erwähnten Schicht thoniger Sphärosideriten und Nagelkalks und ebenso 7 Centimeter über dieser Schicht sich auf der Spaltungsfläche des Schiefers je eine Lage solcher Ophiuren ausgebreitet findet und zwar so massenhaft, dass man auf einem handgrossen Stück über fünfzig Individuen zählte, die jedoch der grössten Zahl nach nur in Abdrücken erkennbar waren, so dass vollständig erhaltene Exemplare, die dann noch oft den weissen, kalkigen Körper zeigten, nur in geringer Zahl gefunden sind. Da diese Ophiuren weder in tieferen, noch in höheren Niveaus dieser Schiefer gefunden wurden, so scheinen sie bald nach ihrem Auf- treten wieder ausgestorben zu sein. Durch den Herrn Professor 32 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Dames veranlasst, hat Dr. WrıGnT diese neue Art als Ophvolepis Damesii beschrieben. 8. Zeitschr. d. d. geolog. Gesellsch. Bd. 26, S. 821. Die Käfer hat mein Bruder, Professor Dr. FERD. ROEMER in derselben Zeitschrift Bd. 28 S. 350 als Klateropsis infraliassica und Helopides Hildesiensis beschrieben und eine dritte Flügeldecke als unbestimmbar bezeichnet. Die in diesem Schieferthone gefundenen beiden wohlerhaltenen Exemplare eines neuen kleinen Fisches hat Herr K. MARTIN als Pholidophorus Roemeri beschrieben und von zwei Arten Flossen- stacheln, welche im oberen Bonebed gefunden sind, den einen als Hybodus furcatostriatus beschrieben und den andern als Nema- canthus monilifer Ag. erkannt. S. Zeitschrift d. d. geolog. Gesellsch. Bd. 26, S. 816. Wir dürfen aber nicht unerwähnt lassen, dass der Rhät bei Hildesheim auch schon früher an zwei anderen Stellen aufge- schlossen ist, ohne dass derselbe damals mit Sicherheit als solcher zu erkennen war, da keine Versteinerungen aufzufinden waren. Südlich von dem eben besprochenen Aufschlusse wurde auf der Nordseite. von Moritzberg am Fusse des Krählas im Jahre 1868 ebenfalls ein Bierkeller angelegt und ein nahezu 30 Meter langer Stollen in den Berg getrieben. Nachdem man schwache Schichten eines schulfrigen Thons, der den untersten Schichten des Lias angehört und sich auch bei dem eben besprochenen Aufschlusse im Hangenden des Rhät findet, beseitigt, wurde der Stollenbau zunächst in deutlich geschichteten Mergeln begonnen, welche eme Mächtigkeit von 9 Metern zeigten. Dann traf man auf die im Liegenden befindlichen, glimmerhaltigen Sandstemschichten, die in den oberen, sowie auch im den unteren Lagen bei Zunahme der Glimmerschüppchen und des Thongehalts eine mergelige Be- schaffenheit zeigten. Diese Schichten hatten eine Mächtigkeit von kaum 2 Metern, und es folgten dann wieder deutliche Schichtung zeisende Mergel wie zu Anfang und ebenfalls von einer Mäch- tigkeit von 9 Metern. Alle diese Schichten lagen im Hangenden des Keupersandsteins, welchen der Stollen zuletzt erreichte und ın dem er noch auf eine Länge von 7 Metern fortgeführt wurde. Obschon nun die hier beobachtete Schichtenfolge mit der des Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 33 zuerst beschriebenen Aufschlusses nicht genau stimmt, so folgt doch aus den Lagerungsverhältnissen mit Nothwendiskeit, dass auch diese Schichten dem Rhät angehören, worüber auch die petrographische Beschaffenheit derselben keinen Zweifel lässt. Profil des Rhäts am Krählah beı Hildesheim. au 3 Meter Sandiger Lehm. b. 0,3 Meter Sandstein. c. 1,2 Meter Dunkler schulfriger Thon. d. 1,2 Meter Ockriger Sandstein in Bänken. e. 0,3 Meter Dunkler schulfriger Thon. iu 3,3 Meter Ockriger Sandstein in schwachen, durch dünne Thonlagen getrennten Schichten mit undeut- lichen Pflanzenabdrücken. Obere Bonebed - Breccie. 8. 1,5 Meter Sandstein mit dünnen Lagen dunkelgrauen Schieferthons unregelmässig wechsellagernd. Thonige Sphärosiderite mit Nagelkalken. h. 3,5 Meter Dunkelgrauer, violetter Schieferthon, in 1—3" starke, vielspaltige Schichten gesondert. Zahl- reiches Vorkommen organischer Einschlüsse. ne 0,26 Meter Hellgrauer, femkörniger Sandsteinschiefer. k. 0,6 Meter Dunkelgrauer, violetter Schieferthon (wie h). l: 1 Meter Dunkelgrauer, violetter Schieferthon (wie h) mit dünnen, sandigen Niederschlägen band- artig wechsellagernd. Untere Bonebed- Breccie. m. 1,5 Meter Graugrüne Mergel ohne Schichtung. 3 34 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Ebenso ergab sich bei Ausgrabung der Keller des neuen Wirthschafts stein hier zunächst von einer zwei Meter starken Schicht mergeligen gebäudes auf dem Bergholze, dass der Keupersand- Thons mit Estheria minuta bedeckt war, worauf eine 20 Centimeter starke Lage Quarzits und dann, ebenfalls im Hangenden, 3 Meter mächtige, dünnschiefrige Sandsteine und Thone folgten. Auch diese drei oberen Gebirgsschichten wird man nur dem Rhät zu- zählen können. Endlich sei auch noch bemerkt, dass ich an dem- selben Höhenzuge, aber weiter südlich als sich die angeschlossene Karte erstreckt, bei Egenstedt, Schichten mit Avicula contorta ge- funden habe. Im Rhät sind nun aber beı Hildesheim ın dem zuerst er- wähnten Aufschlusse folgende Versteinerungen von mir gesammelt worden: Pflanzen. Calamites Sp. Pterophyllum sp. Echinodermen. Ophiolepis Damesii Wricht. Bivalven. Estheria minuta Goldf. Taeniodon praecursor Schloenb. » Ewaldi Born. Anodonta postera Deffn. Cardium cloacinum Qu. (©. rhaeticum Mer.) Leda Defineri Schübl. Mytilus minutus Qu. Modiola sp. Gervillia praecursor Qu. » inflata Schafh. Avicula contorta Portlock. Pecten acuteauritus Schafh. Lingula Suessü Stopp. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 35 Gasteropoden. Oylindrites (Tornatella) fragilıs Dkr. Käfer. Klateropsis infraliassica Ferd. Roem. Helopides Hildesiensis Ferd. Roem. Fische. Pholidophorus Roemeri Martin. Hybodus furcatostriatus v. Münst. Nemacanthus monilifer Ag. Zähne von Gyrolepis (2) Schuppen del. Die Jura - Formation. Der Umstand, dass sämmtliche Glieder dieser so mannigfach entwickelten Formation in dem kleinen Gebiete, welches ich hier bespreche, nicht blos nachzuweisen sind, sondern in ihrer Mehrzahl auch zu ansehnlicher Entwicklung gelangt und durch den Reich- thum ihrer organischen Einschlüsse ausgezeichnet sind, verleiht dem geologischen Bilde, welches ich hier von Hildesheim zu ent- werfen versuche, sein Hauptinteresse. Wie schon in dem ersten Abschnitte dieser Abhandlung hervorgehoben, ist es das Verdienst Fr. Av. Rormer’s, das Vorhandensein zahlreicher Glieder der Jura-Formation bei Hildesheim zuerst erkannt und festgestellt, auch die ihm bekannt gewordenen Versteinerungen derselben, etwa 70 Arten, beschrieben zu haben. In neuerer Zeit ıst es besonders Dr. BrAauns, welcher die hiesigen Jurabildungen längere Zeit eifrig untersucht und dann unter Mitbenutzung der Sammlung meines genannten Bruders und meiner Sammlung in seinem, in den Jahren 1871—74 erschienenen » Unteren Lias«, »Mittleren Lias« und »Oberer Jura« nicht weniger als 127 Arten Versteinerungen aus dem Gebiete, welches uns hier beschäftigt, aufführt. Die hier von Dr. BrAauns gesammelten Jura-Versteinerungen sind mit 3 36 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. dessen Sammlung in den Besitz der Bergakademie ın Berlin über- gegangen. Eine andere sehr werthvolle Sammlung von Versteine- rungen des Hildesheimischen Jura, aus der ich manche Belehrung und für unser Museum manche Bereicherung erhalten, befindet sich im Besitze des Herrn Pastors DENCKMANN in Salzgitter, dessen um- fangreiche Sammlung aber auch durch die aus dem »Hils« und aus den Schichten der oberen Kreide gesammelten Versteinerungen von ganz besonderem Interesse ist. In dem hiesigen städtischen Museum, welchem ich schon im Jahre 1874 meine, über zweihundert Auszüge umfassende Petrefactensammlung überwiesen, sind die in dieser Abhandlung aufgeführten Verstemerungen, mit seltenen Ausnahmen, zu jedermanns Ansicht ausgelegt und ist hier auch die Sammlung An. ROEMER’s für das Studium zugänglich. Nach diesen, für künftige Bearbeiter des norddeutschen Jura gemachten Bemerkungen wende ich mich nun der Schilderung der einzelnen, in unserem Greebiete auftretenden Glieder der Jura- Formation zu, beginnend mit der untersten Abtheilung, dem Lias. Am nordöstlichen Fusse des Katzberges und des Krählas treten, die oben geschilderten Schichten des Rhät überlagernd, Thone zu Tage, deren untere Lagen, wie ich schon erwähnt, eine schulfrige, fast schiefrige Beschaffenheit zeigen, während die Haupt- masse aus zähem, plastischem Thone besteht. In dieser letzteren sind sehr feste eisen- und kalkhaltige plattenartige Gesteinsstücke eingebettet, in welchen sich die für die Schichten des Ammonites planorbis charakteristischen Verstemerungen finden. Als Aufschlusspunkt und Fundort von Versteinerungen wird von Ap. ROEMER der Oeconomiehof Trillke angegeben, doch ist derselbe genauer als die auf der linken Seite des von dem Trillkehofe nach Moritzberg führenden Fahrweges befindliche Böschung zu bezeichnen und zwar auf der Strecke, wo dieser Weg, von der Neuhofer Strasse ab- zweisend, beginnt, bis da wo derselbe zwischen die Acker tritt. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 37 Diese Böschung, der zu dem Wege gehörende Graben und der untere Theil des von hier auf die Höhe des Katzberges führenden Fussweges machen die sehr beschränkte und ungenügend aufge- schlossene Fundstelle aus. Das Llerausschlagen der seltenen und meistens nur mangelhaft erhaltenen Verstemerungen erfordert viel Geduld. Die hier beobachteten wenigen Arten sind aber folgende: Eehinodermen. Cidaris psilonoti Qu. Bivalven. Gresslya hasina Schübl. (Venus liasina Roem.) Cardinia Listeri Sow. (Thalassites depressus Zuet.) Cyrena Menkei Dkr. » Germari Dkr. Astarte psilonoti Qu. Modiola Hillana Sow. (M. psilonoti Qu.) Macrodon pullus Tqm. (Cucullaea psilonoti Qu.) Lima gigantea Sow. » succincta Schübl. » pectinoides Zaet. Pecten textorius v. Schloth. Östrea ungula v. Münst. (0. semicircularis Roem.) (O0. irregularis Goldf.) Cephalopoden. Ammonites planorbis Sow. (A. psilonotus Qu.) Diese Schichten sind auch etwa eine Stunde weiter südlich bei Marienburg, an dem in Westen belegenen, nach Söhre führenden Fahrwege aufgeschlossen. 38 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Von dem Oeconomiehofe Trillke liegt in südlicher Richtung, etwa ein Kilometer entfernt, am nordöstlichen Hange des Stein- berges die Gercke’sche Ziegelei. Die Gebäude und Gärten der- selben stehen auf Thonschichten, welche den Schichten des Ammonites angulatus angehören. Beim Graben des Brunnens fanden sich in den hier anstehenden Schiefern zahlreiche, meistens sehr verdrückte Exem- plare von Ammonites angulatus v. Schloth. und seltener Terebratula sp. Modiola Hillana Sow. Cardinia concinna Sow. Zur Zeit sind diese Schichten aber nicht mehr aufgeschlossen, da der Ziegeleibetrieb eingestellt ist. In nordöstlicher Richtung von dieser Ziegelei und kaum ein paar hundert Schritte von derselben entfernt erhebt sich das Terrain ein wenig und trat hier neben dem zur Landstrasse führenden, jetzt eingegangenen Wege ein braunes, eisenhaltiges, leicht zerbröckelndes Gestein zu Tage, welches den Schichten des Ammonites Bucklandi angehört. Der ganz unbedeutende Aufschluss hat mir leider nur zur Auffindung von Gryphaea arcuata Lmk. Rhmchonella variabilis v. Schloth. Spirifer Waleotti Sow., die beiden ersteren in zahlreichen Exemplaren, Gelegenheit geboten. Weiter südlich im Innerstethale habe ich östlich von der Zehnt- scheuer von Derneburg, an der Böschung eines Fahrwegs aus den- selben, hier zu Tage tretenden Schichten Cardinia concinna und C. Listeri, Pecten textorius und P. subulatus, Lima gigantea und Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 39 L. pectinoides, Gryphaea arcuata und Ammonites angulatus ge- sammelt. Die Schichten des mittleren Lias, welche man als Schichten des Ammonites ziphus, des Am. Jamesoni, des Am. centaurus und des Am. Davoei gegliedert hat, nehmen in Hildesheim das Gebiet ein, welches als Fluss- und Inundationsgebiet der Innerste zu bezeichnen ist. Leider sind diese Schichten aber bisher nicht auf- geschlossen. Der Innerstefluss, der beim raschen Aufgehen des Schnees auf dem Oberharze, aber auch bei lange dauerndem Regen erhebliche Wassermengen mit grosser Gewalt durch das Stadt- gebiet führt, hat hier schon vor dem Auftreten des Menschen- geschlechts die mächtige Geschiebeablagerung durchschnitten und dann das Ausgehende der genannten Schichten des mittleren Lias noch tief mit fortgerissen und so ein breites Flussthal geschaffen. In einer späteren Zeit hat dann der von Clausthal durch die Innerste herbeigeführte Pochsand, gemischt mit dem Lehm und Humusmassen, welche die Nebenflüsse bei jedem stärkeren Regen- gusse mit sich führen, sich in dem Fluss- und Inundationsgebiete der Innerste in der Art allmählich abgelagert, dass davon die Schichtenköpfe der genannten Liasglieder wieder an drei Meter hoch bedeckt sind. Kann nun aber bei den Lagerungsverhältnissen und bei der an 400 Meter betragenden Breite dieses Inundations- gebiets nicht anders geschlossen werden, als dass diese Aus- waschungen nur in den genannten Schichten des mittleren Lias stattgefunden haben können, so ist doch ein bestimmter Nachweis des Vorhandensens und der Mächtigkeit aller dieser Schichten durch die Bodenverhältnisse sehr erschwert, weil man durch das stark herandrängende Grundwasser gehindert wird, durch Fort- nahme des Flussalluviums zu den darunter anstehenden Thon- schichten zu gelangen und dieselben zu untersuchen. Erst vor wenisen Wochen hat die Anlage eines Wasserbassins, welches die hiesige Zuckerraffinerie auf dem linken Ufer des Lademühlen- stranges am Fusse des Eisenbahndammes ausführen liess, nach geschehener Beseitigung des drei Meter mächtigen Alluviums zur Aufschliessung der unteren Lagen der Schichten des 40 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Ammonites spinatus geführt. Trotz des sehr beschränkten und kurzen Aufschlusses sind doch 42 Arten Versteinerungen beobachtet, welche wir hierunter mit aufführen werden. j In südlicher Richtung von diesem Aufschlusse, aber auf der rechten Seite des Lademühlenstranges habe ich im Jahre 1856 an dem steilen Hange, welcher hier das Innerstethal begrenzt, und zwar auf der Strecke vom Risenbahndamme bis zur Schützenallee einen Garten angelegt. Sowohl bei der Herrichtung des Plateaus, auf welchem jetzt das Wohnhaus steht, als auch bei der Anlage einer Nische neben dem Teiche wurden die Schichten dieses Hanges vollständig blosgelegt. Es zeigten sich dunkle Thone mit deut- licher Schichtung, die aber an der Luft bald wie Mergel zerfielen. In diesen Schichten lagen in regelmässigen 0,6 — 0,8 Meter von einander entfernten Reihen grosse platte Sphärosiderite, deren äussere, leicht abspringende Schale von ockerartiger Beschaffenheit einen sehr eisenhaltigen festen Kern umgab. Im den höheren Schichten neben dem Wohnhause wurden mächtige Stücke schön ausgebildeten Nagelkalks (Tutenmergels), aber keine Versteinerungen angetroffen. Bei der Anlage der erwähnten Nische wurden da- gegen Gresslya Seebachü, Limaea acuticosta, Pecten aeguwiwalvis, Ammonites spinatus und Belemnites pawillosus in zahlreichen Exem- plaren gefunden. Das Fehlen des Ammonites margaritatus liess erkennen, dass, was auch der Augenschein ergab, diese Thone über denen des vorhin erwähnten Wasserbassins liegen und die obere Abtheilung dieser Schichten bilden. Es sind nun von beiden Aufschlusspunkten folgende Arten aufzuführen: Echinodermen. Mespiloerinus amalthei Qu. Pentacrinus basaltiformis Qu. > subteroides Qu. Bivalven. Gressiya Seebachi Brauns Goniomya rhombijera Ag. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Myoconcha decorata Goldf. Lueina pumila Goldf. (Astarte arealis Roem.) Isocardia bombax Qu. Astarte striatosulcata Roem. (A. amalthei Qu.) Inoceramus substriatus Goldf. > ventricosus SoW. Pinna folium Jung u. Rey. (P. amalthei Qu.) Macrodon Buckmanni Rich. Nucula cordata Goldf. Cucullaea Münsteri Zuet. Leda complanata Goldf. » subovals Goldf. » Zieteni Brauns. (acuminata Oppel.) Limaea acuticosta Goldf. Pecten aeqwivalvis Sow. » pumilus Lmk. (amalthei Qu.) Avicula inaeqwivalvis Sow. Plicatula spinosa Sow. Brachiopoden. Rhynchonella scalpellum Qu. Discina papyracea oem. Gasteropoden. Dentalium giganteum Phill. Turritella undulata Benz. Turbo paludinaeformis Schübl. Trochus imbricatus Sow. Plewrotomaria Quenstedtii Op. Cerithium Blainwillii v. Münst. Aectaeonina variabilıs Brauns. 41 42 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Cephalopoden. Ammonites spinatus Brug. » margaritatus Montf. > Normannianus Op. (2) Belemnites pawillosus v. Schloth. >» umbrlicatus Blainv. Onychites amalthei Qu. Käfer. Genus u. spec. noch nicht bestimmt. Anneliden. Serpula sp. Foraminiferen. Ammodisceus infimus Strkl. Dentalina acuticosta Brauns. Fische. Flossenstachel. Wir wenden uns nun zu den Schichten des oberen Lias, (QUENSTEDT'S & und {, und zwar zunächst zu den Schichten mit Posidonia Bronnti, den sogenannten Posidonienschiefern, welche wir in den, die eben beschriebenen Schichten des Ammonites spinatus zunächst über- lagernden Schichten erkennen. Der eben geschilderte, durch die Auswaschung des Innerstethals entstandene Hang, welcher dieses 0) Thal auf dessen nordöstlicher Seite begrenzt, zeigt da, wo er den südlichsten Punkt unserer Karte erreicht, den bekanntesten Auf- schluss der Posidonienschiefer im nordwestlichen Deutschland. Es ist das ein klassischer Punkt, die »Zwerglöcher« genannt, und als »antra pwmilorum« schon von VALERIUS ÜORDUS, AGRICOLA und LacnmunD erwähnt. Beim Bau der von Hildesheim nach Vienen- burg führenden Eisenbahn ist der Innerstefluss gerade da, wo die Eisenbahn in den steilen Thalrand einschneidet und in das Inner- stethal eintritt, etwas westlicher gelegt, denn früher trat die Win- Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 43 dung des Flusses unmittelbar unter den Zwerglöchern dicht an den Fuss des Thalrandes und bespülte der Fluss feste Bänke eines schwarzen Stinckschiefers, welchen AGRICOLA als schwarzen Marmor beschreibt. Dieser Stinckschiefer gehört den unteren Schichten des Posidonienschiefers an, da aus demselben folgende Versteinerungen bekannt sind: Solemya Voltzii, Monotis substriata, Turritella quadrilineata, Euomphalus minutus, Ammonites anguinus, Am. heterophyllus. Auf diesem Stinckschiefer lagern schiefrige Thone, welche aber an dieser Stelle, sei es durch Entzündung ihres Oelgehalts, sei es in Folge Zersetzung des in denselben häufig vorkommenden Schwefelkieses, zu dünnen harten Schiefern gebrannt sind, die losgelöst bei trockenem Wetter bei jeder Berührung wie Topf- scherben tönen. Früher traten diese Bänke fester Schiefer aus dem steilen Thalrande als lothrechte Felsen hervor und die röth- liche, durch den Brand hervorgebrachte Farbe hatte denselben den Namen der »Rothe Stein« gegeben, so dass man die daneben be- legenen Wiesen als die Wiesen am »Rothen Stein« bezeichnet. Das durch die Entzündung dieser Schiefer bewirkte Zusammen- ziehen derselben hat lothrechte Spalten in dieser Schieferwand entstehen lassen, deren weiteste der Volksmund schon früh als »Zwwerglöcher« bezeichnet hat. Die grösste derselben ist aber zweifelsohne durch Menschen- hand und zwar beim Suchen nach Alaun zu einer wohl 10 Meter ım Durchmesser und an ihrem höchsten Punkt 6 Meter an Höhe messenden Höhle erweitert. Leider ist nun bei Anlage der Eisen- bahn in diese Thalwand nicht nur tief eingeschnitten, sondern sind auch die felsenartig hervortretenden Schieferwände abgeschrägt und ist der Eingang zu der grösseren Höhle fast vollständig ver- schüttet. Hierdurch, so wie auch schon durch das Vorhandensein der Eisenbahn und besonders auch durch die Verlegung des Innerstebetts hat dieser einst so romantische und von der Jugend mit grosser Vorliebe aufgesuchte Ort seine Eigenthümlichkeit leider so gut wie ganz eingebüsst. In diesen gebrannten Schiefern finden sich Znoceramus amygda- loides, Ammonites Lythensis und Belemnites irregularis (B. digitalis) besonders häufig. Letzterer bildet in den höchsten Lagen eine 5 bis 44 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 6 Öentimeter starke Schicht, in welcher die einzelnen Individuen zu weissem Kalk verbrannt sind. Thalaufwärts sind diese gebrannten Schiefer etwa im der Mitte zwischen dieser Stelle und Marien- burg in einem, durch das Wasser eingeschnittenen Querthale und dann auch da, wo die von Marienburg nach Hildesheim führenden Chausseen in die Thalwand einschneiden, aufgeschlossen. An diesem letzteren Punkte sind diese Schiefer aber weniger dünn- schiefrig und weniger fest, bilden stärkere Bänke und sondern sich auf den Schichtenköpfen faserig wie Asbest ab, weshalb AGRICOLA dieselben als trabes, aufeinander gelagerte Balken be- schreibt. Thalabwärts von den Zwerglöchern erleidet der steile Thalrand auf der Strecke, auf welcher jetzt die Stadt bis an den Innerstefluss herantritt, eine Unterbrechung und zieht sich im einem nach Westen geöffneten Bogen nach Osten zurück. Die auf dem Gebiete, welches jetzt die Stadt einnimmt, niederfallende Regenmenge, so wie auch der am östlichen Fusse des Galgenberges entspringende »Ortschlumpbach« und die mächtige »Sültequelle«, deren vereinigte Wassermengen (Treibe) sich einen Abfluss zur Innerste bahnten, haben hier nicht blos das obere diluviale Ge- schiebe, sondern auch die den steilen Thalrand bildenden Posi- donienschiefer bis zur Sohle des Innerstethals fortgewaschen. Erst am sogenannten Hohen-Rondel, auf welchem das Kriegerdenkmal steht, tritt der steile Uferrand des Innerstethals in den Schichten- köpfen des Posidonienschiefers (Inoceramus amygdaloides, Ammo- nites Jimbriatus, Leptolepis Bronnü) wieder hervor und zieht sich nun dem Thale entlang bis Steuerwald und Hasede fort. Nördlich von dem Fahrwege, welcher von Steuerwald zur Hannoverschen Land- strasse führt, sind auch die dünnschiefrigen Bänke der Posidonien- schichten wieder gut aufgeschlossen und sollen die Schiefer von dieser Stelle früher zum Düngen der Felder benutzt sein. Ein viel grossartigerer Aufschluss dieser Schichten wurde durch den Bau der von Hildesheim nach Nordstemmen führenden Eisenbahn herbeigeführt und zwar gerade da, wo diese Bahn vom Innersten- thale aus in die steile Thalwand einschneidet. Die Schiefer zeigten sich hier in starke Bänke gesondert, von einer Mächtigkeit von annähernd 40 Meter, aber nicht sehr reich an organischen Ein- schlüssen. Nur Posidonia Bronni und Inoceramus amygdaloides Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 45 zeigten sich in grösster Menge. Von Ammonites jimbriatus wurde ein prächtiges Exemplar von 25 Uentimeter Durchmesser gefunden, ein grosses Exemplar von Dapedius Jugleri Roem. kam ebenfalls vor. Leider ist dieser Aufschluss, bei dem auch die untersten Schichten, die festen, kalkhaltigen Lagen mit Avicula decussata angetroffen wurden, bei der kürzlich eingetretenen Verlegung und Erhöhung des Eisenbahnkörpers wieder vollständig verschüttet. Bemerkt mag hier aber noch werden, dass die unweit Hildesheim bei Itzum und Hasede zu Tage tretenden Schwefelquellen, von denen die letztere die bedeutendere ıst, den Posidonienschiefern zu entspringen scheinen. Ebenso ist auch noch das häufige Vor- kommen von sogenanntem Tutenmergel oder Nagelkalk in diesen Schichten zu erwähnen. Aus den hier beschriebenen Aufschlüssen der Posidonien- schiefer sind nun aber folgende Versteinerungen aufzuführen: Eehinodermen. Pentacrinus Briareus Mill. Bivalven. Solemya Voltzii oem. Posidonomya Bronniü \ oltz. Inoceramus amygdaloides Goldf. Avcicula (Monotis) substriata v. Münst. Pecten virguliferus Phill. Gasteropoden. Discina papyracea Roem. Cerithtum quadrilineatum Roem. Euomphalus minutus Zaet. Pleurotomaria Sp. Cephalopoden. Ammonites Iythensis v. Buch. » borealis v. Seeb. » Jimbriatus Sow. > heterophyllus Sow. > communis Sow. 46 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Belemnites irregularis v. Schloth. (digitalis Qu.) Belemnites tripartitus v. Schloth. Aptychus Lythensis Qu. » Elasma v. Meyer. » bullatus v. Meyer. Onychites Sp. Crustaceen. Eryon Hartmanni v. Münst. Fische. Leptolepis: Bronmü As. Dapedius Jugleri Ag. Pholidophorus Bechei Ag. Saurier. Ichthyosaurus longirostris Jäg. (?) (Stück einer Kinnlade, Zahn, Wirbel.) Im Hangenden dieser Posidonienschiefer finden sich auch hier die Schichten mit Ammonites jJurensis. Bei den Zwerglöchern sind es schiefrige Thone, welche an dem oberen Rande des steilen Hanges zu Tage treten, deren Mächtigkeit aber nicht geschätzt werden kann, weil die Schichten- köpfe auf der Höhe des Plateaus durch diluviale Massen verdeckt sind. Am häufigsten hat sich hier in diesen Schichten Ammonites radians und Am. Aalensis gefunden, sodann Am. Germaini, Am. insignis und ein zweifelsohne von dieser Stelle herrührendes grosses. im Innern mit Kalkspath ausgefülltes Stück der Windung von Am. Jurensis, 160 Millimeter lang, 100 Millimeter hoch und 55 Milli- meter breit mit schön erhaltenen Loben wurde von FERD. ROEMER nach einer Ueberschwemmung weit unterhalb auf der sogenannten Schützenwiese im Jahre 1830 gefunden. Rhynchonella jurensis habe ich hier nur einmal gefunden. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 47 Thalabwärts sind diese Schichten erst an der nach Nord- stemmen führenden Eisenbahn wieder aufgeschlossen gewesen. Es erfolgte dieser Aufschluss bei Anlage der Bahn gleichzeitig mit der vorhin erwähnten Bloslegung der Schichtenköpfe der Posidonien- schiefer und zeigten die Schichten des Ammonites jurensis die gleiche schiefrige Beschaffenheit, wie die der Posidonienschiefer, so dass sie von denselben nur durch die darin vorkommenden organischen Eimschlüsse zu trennen waren. Ich schätze ihre Mächtigkeit auf reichlich 20 Meter. Am. jurensis ist auch hier wiederholt gefunden, ebenso auch Am. Germaini, Am. insignis, Am. heterophyllus und Astarte subtetragona. Die Zahl der hier aus diesen Schichten bekannt gewordenen Arten ist somit gering und beschränkt sich auf folgende, der Mehrzahl nach allerdings sehr charakteristische Arten: Korallen. Theocyathus mactra Goldf. Echinodermen. Pentacrinus Sp. Bivalven. Isocardia Sp. Macrodon liasinus Roem. Nucula Hammeri Df£r. Lima Galathea d’Orb. cf. Oppel. (‚peetinoides Roem.) » Punctata Sow. » duplicata oem. Brachiopoden. Rhynchonella tetraedra Sow. Discina papyracea Roem. Gasteropoden. Pleurotomaria Sp. Rostellaria sp. cf. R. bispinosa v. Münst. 48 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Cephalopoden. Ammonites Germaini d’Orb. » Jurensis Zuet. > Aalensis Zaet. > heterophyllus Qu. > insignis Schübl. » radians Rein (striatulus) Sow. Belemnites irregularis v. Schloth. (digitalis). > tripartitus v. Schloth. > subclavatus \V oltz. Es folgen nun im unmittelbarem Anschluss an diese Schichten die Schichten des mittleren Jura, des Braunen Jura. Dieselben überlagern hier in ungestörter Folge die eben be- sprochenen Schichten des Lias. Während aber die Posidonien- schiefer und die Schichten des Ammonites jurensis petrographisch als mehr oder weniger feste, dünnschiefrige Bänke bezeichnet wurden, zeigen die nun folgenden Schichten des Braunen Jura zwar bei frischem Aufschlusse auch noch eine deutliche Absonde- rung der Schichten und eine gewisse schiefrige Beschaffenheit, doch zerfallen dieselben an der Luft bald zu einer bläulich grauen Thonmasse. Auf der Nordseite der Stadt wurden diese Schichten durch den Bau eines Kanals aufgeschlossen, welcher im Jahre 1879 der nach Nordstemmen führenden Eisenbahn entlang angelegt wurde, um das bei der Unterführung der Hannoverschen Strasse unweit des neuen Bahnhofes sich sammelnde Regenwasser dem Lademühlenstrange zuzuführen. Leider wurde das Erdreich bei diesem Bau nur in einer Breite von 1,5 Meter ausgehoben und dasselbe auch nach erfolgter Ausmauerung kleiner Strecken sofort wieder zur Ausfüllung benutzt. Dabei waren die kurzen Tage der Wintermonate und mehr noch das anhaltend nasse Wetter der Beobachtung und dem Sammeln der vorkommenden Ver- steimnerungen im hohen Grade ungünstig. Dennoch ist es bei der Mächtigkeit der durchfahrenen Schichten dem Sammeleifer Vieler Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 49 gelungen, ein ausserordentlich reiches Material zusammenzubringen, welches nicht nur zur Feststellung des Alters und der Grenzen der einzelnen Schichten vollständig ausreicht, sondern auch die bisher bekannten Arten der durchfahrenen Schichten zum Theil nahezu vollständig enthält und ausserdem auch noch eimige neue Arten aufzuweisen hat. Dabei ist der Erhaltungszustand der meisten Funde ein ganz vorzüglicher. Die folgende Darlegung wird aber auch erkennen lassen, dass meine Beobachtungen mit denen, welche Dr. Brauns bei dem Bau der Eisenbahn von Kreiensen nach Holzminden, bei allerdings viel grossartigeren und lange andauernden Aufschlüssen gemacht, fast in allen Punkten genau übereinstimmen, wenn ich auch zur Bezeichnung der ein- zelnen Schichten hie und da andere Leitmuscheln gewählt habe, wie es von BRAUNS geschehen. Nachdem der an dem Ausmündungspunkte zuerst in Angriff genommene Bau dieses Kanals die Schichten des Posidonien- schiefers und des Ammonites jurensis durchschnitten, traf derselbe auf die, die Jurensisschichten überlagernden blauen Thone, welche sich alsbald als die Schichten des Ammonites torulosus und der Trigonia navis zu erkennen gaben. Ammonites opalinus zeigte sich sofort in grosser Anzahl. Sparsam trat dann auch der charakteristische Ammonites torulosus aber nur ın der Form als Ammonites toru- losus var. lineatus auf und zwar gerade so, wie in Schwaben, nur in der unteren Hälfte dieser Schichten und ebenso erscheint auch hier die schöne Trigonia navis erst nach dem Aussterben des Am. torulosus in der oberen Hälfte dieser Schichten, während andere diese Schichten charakterisirende Versteinerungen in allen Niveaus derselben auftreten. Fast das ganze obere Drittel dieser Schichten, deren Mächtigkeit ich im Ganzen zu 58 Meter schätze, erwies sich so arm an charakteristischen organischen Einschlüssen, dass es zweifelhaft blieb, ob dasselbe diesen oder den folgenden Schichten zuzurechnen sei. Es sind diese Schichten aber auch südlich von der Stadt aufgeschlossen, und zwar da, wo ein von der Neustädter Ziegelei kommender Bach den steilen Thalrand 4 50 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. des Innerstethals durchbrochen und ein Nebenthal ausgewaschen hat, am sogenannten »Kuhlager«. Hier finden sich in dem an- stehenden Schieferthone thonige Sphärosiderite, in denen auffallend grosse Exemplare von /noceramus fuscus und Ammonites opalinus mit schwarzen, eisenglänzenden Schalen in grosser Menge zu- sammengehäuft sind und zur Bildung dieser Sphärosiderite offenbar den Anlass gegeben haben. Auch von Trigonia navis wurde ein Abdruck gefunden. Wenige Schritte in nordwestlicher Richtung führen von hier zu der Stelle des Thalrandes, an welcher der Thon zum Bau des Innerstedammes gewonnen und der in diesem Jahre mit Tannen bepflanzt ist. Hier wurden Astarte subtetragona mit schön erhaltener weisser Schale und Nucula Hammeri, die A. ROEMER wegen ihrer etwas kleineren Form als N. Hausmanni unterschieden, ziemlich häufig gefunden. Auch Ammonites opalinus, von A. ROEMER und v. SEEBACH als Am. Murchissonae aufgeführt, ist hier nicht selten vorgekommen. Die mir aus diesen Schichten bekannt gewordenen Verstei- nerungen sind die nachstehenden: Crinoideen. Pentaerinus SP. Conchiferen. Gressiya unioides Roem. (Pleuromya v. Seeb.) » abducta Phill. > striata BKoem. » SP- Posidonomya Bronnü \V oltz. (opalina Qu.) Goniomya subcarinata Goldf. (V.-sceripta opalini Qu.) Thracia Roemeri Dkr. u. K. | Cyprina trigonellaris v. Schloth. (C. ovata v. Seeb.) Astarte subtetragona v. Münst. » complanata Roem. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Lucina plana Zuet. > tenuis Dkr. u. K. Taneredia dubia v. Seeb. Trigonia navis Lmk. Leda aequwilatera Dkr. u. K. (striata Roem.) Nucula Hammeri Dfr. (ucullaea inaequivalvis Goldf. (Arca liasina Roem.) > elegans oem. Modiola gregaria Goldf. Inoceramus fuscus Qu. Pseudomonotis (?) sp. Avicula inaequivalvis Sow. » substriata v. Münst. Gervillia tortuosa Sow. (?) Hinnites sp. Pecten pumilus Lmk. » virguliferus Phill. Anomia opalina Qu. Brachiopoden. Rhynchonella acuta Sow. » triplicosa Qu. Terebratula Lycettü Dav. Discina papyracea Roem. Gasteropoden. Dentalium jilicauda Qu. Actaeonina. variabılis Bronn. (Tornatella torulosi Qu.) Pleurotomaria (Quenstedti Goldf. Trochus duplicatus Goldf. Turritella opalina Qu. 4* 52 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Cerithium armatum Goldf. » cariniferum Brauns. Chenopus subpunctatus v. Münst. Cephalopoden. Ammonites Jurensis Ziet. > insignis Schübl. > opalinus Rein. » torulosus Ziet. var. hineatus Qu. > hireinus v. Schloth. (scutatus v. Buch.) Nautilus opalini Qu. Belemnites tripartitus v. Schloth. » opalinus Qu. (Rhenanus Op.) > subelavatus \V oltz. > brevis Blainv. Rhyncholites sp. Crustaceen. Glyphaea sp. Fische. Grosser Flossenstachel. Kleine Gehörknochen. Saurier. Wirbel, Zahn. Beim Graben eines Brunnens neben dem neuen Postgebäude ist aus diesen Schichten auch ein kleiner Zahn von einem Saurier gefunden. Der Kanalbau trat dann kurz bevor sich derselbe unter einem nahezu rechten Winkel nach Norden wandte, in die Schichten des Inoceramus polyplocus. Der Weg, welcher ungefähr von der Mitte der Schützenallee in gerader Richtung in den Bischofskamp führt, läuft auf diesen Schichten. Auffallend bei dem Kanalaufschlusse war hier das Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 53 häufige Auftreten von Schwefelkies und fester thoniger Sphäro- siderite, zu deren Bildung nicht selten die an Austernbänken er- innernde Anhäufung des /noceramus polyplocus Veranlassung ge- geben. Die Mächtigkeit dieser Schichten nehme ich zu 40 Meter an. “ Die in diesen Schichten gefundenen Versteinerungen sind die folgenden: Crinoideen. Pentacrinus pentagonalis v. Schloth. Bivalven. Posidonomya Bronnü \Voltz. » Buchü BRoem. Pholadomya transversa v. Seeb. >» Greenensis Brauns. Gresslya unioides Roem. » abducta Phill. > exarata Brauns. (donaciformis Goldf.) Lucina plana Zuet. Cardium concinnum Phill. (ucullaea inflata oem. Nucula Hammeri Df£r. » subglobosa Koem. Leda aequwiatera Dkr. u. K. » acuminata Zaet. . » lacryma Sow. Modiola cuneata Sow. Avicula inaeqwivalvis Sow. » elegans v. Münst. Pecten lens Sow. » demissus Phill. Gervillia acuta Sow. Inoceramus polyplocus Ferd. Roem. Brachyopoden. Discina papyracea Roem. 54 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Gasteropoden. Actaeonina pulla Dkr. u. K. Dentalium elongatum v. Münst. Cephalopoden. Ammonites Murchissonae Sow. » Sowerbyi Mill. » SP- Nautilus lineatus Zuet. Belemnites spinatus Qu. (= B. giganteus?) Die Karte zeigt es an, wie der Kanalbau bald wieder eine östliche Richtung einschlug und dann sehr bald in die Schichten mit Ammonites Humphresianus (Coronaten-Schichten) eintrat. Die Mächtigkeit dieser Schichten ist nur ganz ohngefähr zu schätzen, weil die oberen Schichten sich arm an Versteinerungen erwiesen und die Arbeiten einige Zeit nur ungenügend beobachtet werden konnten. Jedenfalls wird man dieselben aber zu 24 Meter zu schätzen haben. Es sind aus diesen Schichten nur folgende Arten anzuführen: Bryozoen. Diastopora compressa Goldf. Echinodermen. Oidaris spinulosa Roem. (Anglosuevicus Op.) Pentacrinus erystagalli Qu. Conchiferen. Gressiya abdueta Phill. Thracia lata Mestr. Tanceredia oblita Phill. (ardium concinnum vw. Buch. Leda lacryma Sow. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 55) Leda aeqwiatera Dkr. u. K. Nucula subglobosa Roem. (ucullaea injlata Roem. Modiola cuneata Sow. Perna isognomonoides Stahl (ef. Brauns S. 248) Avicula Münsteri Goldf. Pecten demissus Phill. Lima pectiniformis v. Schloth. (proboscideas Sow.) Ostrea explanata Goldf. » Marshü Sow. Gasteropoden. Pleurotomaria Aonis d’Orb. Cephalopoden. Ammonites Murchissonae Sow. » Blagdeni Sow. >» Humphresianus Sow. > Blaikenridgü Mill. » Gervillii Sow. » Sowerbyi Sow. > pinguis Roem. Belemnites giganteus v. Schloth. » canaliculatus v. Schloth. Anneliden. Serpula lumbricalis v. Schloth. Von den diesen Schichten angehörenden zahlreichen Arten ist also nur eine beschränkte Zahl hier aufgefunden, doch zeigten sich die angeführten in sehr zahlreichen Individuen. Von Belemnites giganteus wurden grosse Exemplare, das grösste 56 Uentimeter lang, aufgefunden. In der Fortsetzung des auf der Karte ersichtlichen Streichens der Schichten waren dieselben früher auch in einer Thon- 56 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. grube am westlichen Fusse des Spitzhutes aufgeschlossen, und zwar wenige Schritte östlich von dem rechten Winkel, welchen die von Hildesheim nach Marienburg führende Landstrasse macht, wenn dieselbe von der südlichen in die westliche Richtung über- seht. Ap. ROEMER führt aus den in dieser Thongrube gesammelten Arten folgende an: Pentacrinus subsulcatus (2?) Roem. Cidaris spi- nulosa Roem. Ostrea scapha R., rect. explanata Golf. Ostrea san- dalina Golf. (= acuminata Sow.). Modiola cuneata Sow. Nucula subovalis Goldf., rect. Leda aequwilatera Dk. u. K. (uculaea inflata R., Lutraria gregaria R., rect. Gresslya abducta Phill. Ammonites crenatus. R., rect. Am. Blagdeni Sow. Am. tumidus R., rect. A. Gervillü Sow. und Am. pinguwis R. Bei der Fortführung des Kanalbaues traf man nun auf die Schichten des Ammonites Parkinsont. Auch diese Schichten werden zu einer Mächtigkeit von 40 Meter geschätzt werden müssen. In denselben sind ebenfalls nur sehr wenige Arten von Versteinerungen beobachtet worden, Ammonites Parkinsoni und Belemnites giganteus jedoch in zahlreichen Exem- plaren, und es beruht auf einer irrthümlichen Annahme, wenn v. SEEBACH behauptet, dass dieser Belemnit in diesen Schichten nicht mehr anzutreffen sei. In der südlichen Forterstreckung dieser Schichten waren dieselben schon vor fünfzig Jahren beim Neu- städter Ziegelhofe in einer Thongrube aufgeschlossen, welche sich in dem Winkel befand, welchen die nach Marienburg führende Landstrasse mit dem zur Temme’schen Ziegelei führenden Fahr- wege bildet. Im vorigen Jahre ist dieselbe aber verschüttet. In dieser Thongrube wurde Ammonites Parkinsoni allezeit häufig an- getroffen und Belemnites giganteus allerdings nicht beobachtet. Auf der Karte ist dieser Aufschluss durch ein Zeichen festgelest. Es sind aus diesen Schichten nur folgende Arten aufzuführen: Pholadomya Marchissoni Sow. Gressiya (Pleuromya) recurva Phill. (Lutraria donacina oem.) > abducta Phill. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Di Nueula variabilıs Sow. Pecten lens Sow. Ostrea Marshii Sow. Rhynchonella triplicosa Qu. Dentalium elongatum v. Münst. Ammonites Parkinsoni Sow. Nautilus subtruncatus Morr. Belemnites giganteus v. Schloth. Serpula sp. Von Ammonites Parkinsoni fanden sich Windungsstücke von 24 Uentimeter Länge und 10 Centimeter Breite. Es folgen nun die Schichten mit Ostrea Knorrii und das Cornbrash. Auch diese Schichten sind ja sonst reich an organischen Ein- schlüssen, doch wurden davon bei dem Kanalbau nur eine mässige Zahl aufgefunden, woran aber auch die Witterung die Schuld tragen mochte und selbst die sonst so häufige und charakteristische Ostrea Knorrü ist hier nicht gefunden. Diese Schichten sind hier jedoch durch die übrigen gefundenen Arten genügend charakterisirt und durch die Lagerungsverhältnisse hinreichend festgestellt. Vor längeren Jahren wurden diese Schichten auch bei der Anlage des städtischen Gasometers aufgeschlossen und habe ich bei dieser Gelegenheit ein grosses Stück der Windung von Ammonites arbustigerus gefunden. Am südlichen Ende des hier besprochenen Gebietes sind diese Schichten etwa hundert Meter südlich von der Mitte des oben erwähnten Fahrweges, der von der Landstrasse nach der Temme- schen Ziegelei führt, mitten im Felde durch einen Steimbruch aufgeschlossen. Es sind keine plastischen Thone oder Schiefer, sondern eigenthümliche, von dünnen spathigen Wänden durchsetzte, feste Thonmergel, welche hier zu Tage treten. Es sind in diesem Bruche Ostrea explanata in grosser Menge, wie Austernbänke zusammengewachsen, Trigonia interlaevigata in grossen schön erhaltenen Exemplaren gefunden. Beide Aufschlusspunkte sind 58 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. auf der Karte bezeichnet, doch ist der zuletzt erwähnte Steinbruch in diesem Jahre grösstentheils wieder verschüttet. Aus diesen, etwa 42 Meter mächtigen Schichten vermag ich aber im Ganzen nur folgende Arten zu nennen: Crinoideen. Pentacrinus Sp. Conchiferen. Fistulana sp. Corbula cuculaeformis Dkr. u. K. Posidonomya: Buchü oem. Pholadomya Murchissoni Sow. Gresslya abducta Phill. » recurva Phill. Lucina birata Phill. Astarte pulla Roem. Isocardia leporina Kloed. - Trigonia costata Sow. » costata Sow. var. interlaevigata Qu. » imbricata Dow. Leda lacryma Sow. » aeguwilatera Dkr. u. K. Nucula variabilhis Sow. Cucullaea concinna Phill. > subdecussata v. Münst. Inoceramus F'ttoni Morr. u. Lye. Modiola cuneata Sow. Perna isognomonoides Stahl. Pinna Buchü Dkr. u. RK. Gervillia acuta Sow. Pecten lens Sow. Ostrea Marshü Sow. > explanata Goldf. » acuminata Sow. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 59 Brachiopoden. Rhynchonella varians v. Schloth. Gasteropoden. Trochus moniliteetus Morr. Actaeonina pulla Dkr. u. K. Cephalopoden. Ammonites arbustigerus d’Orb. (A. procerus v. Seeb.) Ammonites curvicosta Op. » Parkinsoni Sow. > Fuscus Qu. Belemnites subhastatus Zuiet. » Beyrichii Op. Anneliden. Serpula lumbricalis Goldf. > tetragona Qu. Die Schichten des Ammonites macrocephalus — sind bei dem Kanalbau, auf der Strecke, welche die Karte angiebt, aufgeschlossen gewesen, aber abgesehen von den Lagerungsver- hältnissen nur durch mehrfaches Vorkommen des Ammonites macro- cephalus und des Belemnites subhastatus nachgewiesen. Sonstige organische Einschlüsse wurden aber auf dieser Strecke überall nicht wahrgenommen. Der Bau des Kanals auf dieser 30 Meter langen Strecke wurde bei sehr ungünstiger Witterung ausgeführt, auch durch den heftigen Wasserandrang jede Untersuchung sehr erschwert. Da ich während dieser Zeit von Hildesheim abwesend war, so verdanke ich alle Mittheilungen über diese Strecke dem den Bau leitenden Herrn Regierungsbaumeister HERZOG, welcher auch dem städtischen Museum mit dankenswerther Bereitwilligkeit 60 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. alle bei diesem Bau gefundenen Versteinerungen überlassen hat, deren Erwerbung mir nicht gelungen war. Diese Schichten sind aber auch auf der Südseite der Stadt aufgeschlossen und zwar auf der Westseite der Gebäude der Temme’schen Ziegelei in emer Thongrube Auch hier sind nur wenige Arten der diesen Schichten eigenen Versteinerungen auf- gefunden, weil der Wasserzudrang sich den Arbeiten sehr hinder- lich erwies und dieselben dieserhalb auch wieder ganz eingestellt sind. Vom Ammonites macrocephalus wurden grosse und vorzüg- lich erhaltene Exemplare und Belemnites subhastatus in grösster Menge angetroffen. Von beiden genannten Aufschlusspunkten können folgende Arten aufgeführt werden: Crinoideen. Pentacrinus Sp. Conchiferen. Fistulana sp. Pholadomya Murchissoni Sow. Gressiya recurva Phill. Astarte depressa v. Münst. Trigonia costata Sow. Leda lacryma Sow. Nucula variabılıs Sow. (Pollux d’Orb.) Cueullaea coneinna Phill. Brachiopoden. Rhynchonella varians v. Schloth. Terebratula sp. Gasteropoden. Trochus monilitectus Morr. u. Lye. Pleurotomaria Aonis d’Orb. » granulata Sow. Rostellaria sp. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 61 Cephalopoden. Ammonites macrocephalus v. Schloth. > Gowerianus Sow. » curvicosta Op. » Funatus Op. » psüodiseus Schlönb. » Jason Rein. Belemnites subhastatus Zaet. Es darf hier aber nicht unerwähnt bleiben, dass auch der für diese Schichten classische Aufschlusspunkt unserer Gegend, die Ziegelei von Lechstedt, in der südlichen Fortsetzung der Schichten der hier eben besprochenen Aufschlusspunkte, und zwar etwa eine Stunde von dem Aufschlusse bei der Temme’schen Ziegelei ent- fernt liest und dass daher die bei Lechstedt vorkommenden zahl- reichen Arten zweifelsohne auch in dem Gebiete, welches uns hier beschäftigt, zu finden sein werden. Von Lechstedt sind aber folgende Arten bekannt und im städtischen Museum ausgelegt: Posidonomya Buchü, Pholadomya Murchissoni, Gresslya recurva, Cucullaea subdecussata u. concinna, Trigonia costata, Avicula in- aequivalvis u. echinata, Nucula variabilis u. arcuata, Leda aequi- latera u. lacryma, Rhynchonella varians u. triplicosa, Plewrotomaria Aonis u. marginata, Ammonites subradiatus, Am. discus, Am. curvi- costa, Am. funatus, Am. modiolaris Luid. (sublaevis Sow.), Am. macrocephalus, Am. Gowerianus, Am. Parkinsoni, Belemnites sub- hastatus u. Pentacrinus sp. Dr. BRAUNS nennt auch noch Teere- bratula ornithocephala u. emarginata, Pecten vimineus, Astarte depressa, Goniomya angulifera u. Pleurotomaria fasciata. Die Schichten des Ammonites anceps sind bei dem Kanalbau nur durch das Auffinden einiger Exem- plare des Ammonites Jason und des Am. Duncani festgestellt. Glücklicher Weise sind dieselben aber durch die schon vor etlichen Jahren erfolgte Anlage und den Betrieb der Temme’schen Ziegelei am westlichen Fusse des Galgenberges neben dem Militärschiess- 62 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. stande in so ausgedehnter Weise aufgeschlossen, dass dieser Auf- schluss jetzt wohl der bedeutendste dieser Schichten in Nord- deutschland ist. Hier haben die Schichtenköpfe dieser wenig schiefrigen Thone ein fast weisses Ansehen, weil der Eisengehalt dieser Thone zur Bildung der zahlreichen, meist kleinen thonigen Sphärosiderite verwandt ist. Der für diese Schichten charakte- ristische Ammonites anceps wurde in den höheren Lagen bei Regulirung des über den Kugelfängen der Schiessstände und ober- halb der Temme’schen Thongrube herführenden öftentlichen Weges in grossen, 31 Uentimeter im Durchmesser haltenden Exemplaren angetroffen. Der zierliche Krebs Macrochirus socialis hat zur Bil- dung der kleinen, runden, thonigen Sphärosiderite, in deren Mitte er sich findet, nicht selten Veranlassung gegeben. Häufig tritt auch der schöne Ammonites Jason und, wenn auch selten, mit vollständig erhaltener Wohnkammer auf. Die letzten Umgänge der grösseren Exemplare dieses Ammoniten zeigen oft zu Zweifeln anlassgebende Formen. Von Interesse ist aber auch, dass der in kleineren Exemplaren so häufige Ammonites lunala Rein. auch in der in Schwaben und Frankreich häufigen, in Norddeutschland aber bisher nicht beobachteten Form, welche kräftige Knoten auf den Umgängen zeigt, (Am. lunula nodosus Qu.), in einem, die ge- wöhnlichen an Grösse weit übertreffenden Exemplare gefunden ist. Auch Trigonia clavellata, die in diesen Schichten bisher nur an der Porta beobachtet ist, wurde in einem kleinen Exemplare angetroffen. Die hier aus diesen Schichten bisher bekannt gewordenen, durch gute Erhaltung ausgezeichneten Arten sind aber folgende: Crinoideen. Pentacrinus pentagonalis Goldf. Echinoideen. Cidaris sp. Stachel. Conchiferen. Fistulana sp. Pholadomya Murchisson? Sow. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 63 Posidonomya Buchüi Roem. N Bronnü \ oltz. Lueina lirata Phill. Astarte undata v. Münst. Leda lacryma Sow. » aegquwlatera Dkr. u. K. Nucula Caecilia d’Orb. > variabilis Sow. (ueullaea coneinna Phill. Trigonia clavellata Parkin. Avteula echinata Sow. Modiola ceuneata Sow. Gryphaea dilatata Sow. OÖstrea acuminata Sow. Gasteropoden. Dentalium sp. >» sp. Turbo aedilis v. Münst. Trochus sp. Pleurotomaria Aonis d’Orb. Cephalopoden. Ammonites anceps Rein. » Jason Rein. > Lamberti Sow. » lunula Rein. » » var. nodosus Qu. » Duncani Sow. > Junatus Op. » curvicosta Op. » Nautilus sinuatus Sow. » Belemnites subhastatus Zaet. Anneliden. Serpula tetragona Qu. 64 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 1 F Crustaceen. Maecrochirus socialis v. Münst. Glyphaea (?) sp. Saurier. Coprolten. Ausdrücklich hervorheben wollen wir aber noch, dass Ammo- nites cordatus und Am. athleta in diesen Schichten bisher nicht angetroffen sind. Die Schichten des Ammonites perarmatus, den Geologen auch als Heersumer Schichten bekannt, welche in der südlichen Forterstreckung des hiesigen Jura zu so mächtiger Entwickelung gelangt, auch in der ganzen Ausdehnung des Langen- berges, durch zahlreiche, den Gemeinden Heersum, Ottbergen und Wöhlde gehörige Steinbrüche aufgeschlossen und durch den Reich- thum der darin eingeschlossenen organischen Ueberreste so be- kannt geworden sind, zeigen in dem Gebiete, auf welches sich meine Untersuchung und die Karte erstreckt, nur eine sehr be- schränkte Entwickelung und leider auch keinen genügenden Auf- schluss. Nur am Fusse des Spitzhuts sind dicht neben dem Itzumer Holze durch tiefe Wasserrisse und Wege Schichten eines hellgelblichen, thonhaltigen, hie und da mergelartigen Kalksteins aufgeschlossen, welche die oolithischen Kalke des Spitzhuts unter- teufen. In denselben habe ich wegen des unzureichenden Auf- schlusses bisher nur G@oniomya literata, Pholadomya decemcostata und Ammonites plicatilis gesammelt, die PRoladomya in zahlreichen Exemplaren, welche von hier in viele Sammlungen unter der irrigen Annahme übergegangen, dass dieselben den Florigemma-Schichten des Galgenberges und Spitzhuts entnommen seien. Im nördlicher Richtung werden am westlichen Fusse des Galgenberges . nicht selten Bruckstücke der Gryphaea dilatata, welche diesen Schichten angehört, angetroffen. Ich kann somit aus diesen Schichten nur Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 65 Goniomya literata Phill. Pholadomya decemcostata Roem. » hemicardia Roem. Gryphaea dilatata Sow. Ammonites plicatilis Sow. anführen. Nachdem hiermit sämmtliche Glieder des »Braunen Jura< in dem engbegrenzten Gebiete der Karte nachgewiesen sind, haben wir uns nun mit der auch in diesem Gebiete ansehnlich ent- wickelten oberen Abtheilung des Jura zu beschäftigen, mit dem Weissen Jura. Es sind mächtige Ablagerungen meistens hellgelber und weiss- licher Kalke, welche die oberste Abtheilung der Juraformation bilden. Man hat dieselben ebenfalls wieder in mehrere Glieder geschieden, von denen in dem Gebiete, welches uns hier beschäf- tigt, nur zwei auftreten, die Schichten mit Cidaris florigemma und die Kimmeridge-Schichten. Da die unteren Korallenbänke hier fehlen, so werden die Perarmaten- Schichten hier gleich von den Schichten mit Cidaris florigemma bedeckt. Es sind das hellgelbe oolithische Kalke, die eine Mäch- tigkeit von 40—-70 Meter zeigen und sich zu einem ganz ansehn- lichen Höhenzuge, dem Galgenberge und Spitzhute erheben. In südlicher Richtung setzt sich dieser Höhenzug als Knebel bis zum Vorholze und Langenberge fort, wo er sich dann allmählich ın die Ebene verliert. Nach Norden zu senkt sich auch der Galgen- berg rasch unter das Niveau des Plateaus, auf welchem der obere Theil der Stadt Hildesheim erbaut ist. Unmittelbar unter der Oberfläche des als Steingrube bezeichneten grossen Platzes stösst man auf die Schichtenköpfe dieser Schichten, und die Häuser- reihe, welche die westliche Seite dieses Platzes begrenzt, ruht noch auf diesen Schichten, welche bei den Kelleranlagen deutlich zu Tage traten und hier, wie auch am oberen Ende der Marien- B) 66 Die oeoloeischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 0) to) fo Strasse, so wie auch beim Bau der Versuchsstation Bänke dünn- schichtiger, fast plattenartiger Kalke erkennen liessen, in welchen die weissen oolithischen Bildungen eigenthümlich hervortraten. Die Gebäude der an der Bahnhofs-Allee belegenen Irrenanstalt stehen in ihren Fundamenten auf den Schichten dieses Kalksteins, und aus den Schichtenköpfen desselben entspringt hier die mächtige Sültequelle, welche die auf dem Galgenberge und Knebel nieder- fallenden und auf den, die Jurakalke unterteufenden Thonschichten der Perarmaten- und Anceps-Schichten sich sammelnden W asser- massen hier zu Tage treten lässt und nun den grössten Theil der Stadt mit vortrefflichem Wasser versorgt. Die Florigemma- Schichten erweisen sich auch hier überaus reich an organischen Einschlüssen, und obschon die grosse Mehrzahl der darin vor- kommenden Versteinerungen die Schale eingebüsst, sind die Stein- kerne doch meistens sehr charakteristisch und bestimmbar. Ich habe aus diesen Schichten, die am Spitzhut ein noch etwas höheres Niveau einzunehmen scheinen, als am Galgenberge '), folgende Arten anzuführen: Korallen. Goniocora socialis Roem. Thamastraea concinna Goldf. Isastraea sp. Echinodermen. Millerierinus incrassatus Roem. Pentaerinus alternans Roem. (idaris Horigemma Phill. ! g » intermedia Fleming. (crenularis Roem.) Pseudodiadema mamnllanım Roem. ') An. Rornmer führt 20 Arten, als nur auf dem Spitzhut gefunden, an. Nach Dr. Brauss, wie zum Theil auch die Sammlung des Museums ergiebt, sind die- selben aber bis auf Pentacrinus alternans, Pecten subimbricatus, Astarte supraju- rensis und Bulla Hildesiensis auch auf dem Galgenberge gefunden. Brauns führt vom Spitzhut aber noch Pholadomya hemicardia (?), Lima rigida, Terebratula in- signis und Chemnitzia Heddingtonensis an. Glyptieus hieroglyphicus v. Münst. Pedina aspera Ag. Hemipedina Struckmanni Dames. Acrosalenia decorata Heime (Cid. subangularis Goldf.) Pygaster umbrella Ag. Holectypus corallinus d’Orb. Pygurus Blumenbachü Dunck. Echinobrissus dimidiatus Phill. > planatus Roem. Conchiferen. Pholas sp. Pholadomya concentrica Roem. » complanata Roem. > paueicosta Roem. > hortulana Ag. » decemcostata Roem. > canaliculata Roem. (’eromya excentrica Roem. Pleuromya Alduini Brent. » elongata Roem. Mactromya Koeneni Strekm. » Helvetica Thurm. Lucina aliena Phill. (rotundata Roem.) >» Credneri P. de Lor. Corbis scobinella Bue. > sp: Opis suprajurensis Ütj. Astarte sulcata Roem. » rotundata Roem. » suprajurensis Roem. >. Sp Anisocardia Legayi Sauvage. » parvula Roem. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 5* 67 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Trigonia papillata Ag. » hybrida Roem. (clavellata Park. pars Roem.) Arca lineolata Roem. » quadrisulcata Sow. > Ilao Din. RK: » rotundata Roem. (weullaea Goldfussii Roem. Nucula sp. Modiola aequiplicata Strmb. (Fornicata Roem.) (M. imbricata Roem.) » abbreviata Thurm. > longaevis Contj. (compressa Dk. u. K.) Mytilus pernoides Koem. » pectinatus Sow. Pinna conica Roem. » granulata Sow. » lineata Roem. Gervillia ventriosa Dkr. u. K. > aviculoides Sow. (angustata oem.) Avicula plana Th. Pecten vimineus Sow. » varians Roem. » subtextorius v. Münst. » subfibrosus d’Orb. » lens Roem. (pars). » Buch Roem. » clathratus Roem. » subimbricatus Roem. » strictus v. Münst. Lima tumida Roem. » semilunaris Goldf. (alata Roem.) » proboscidea Roem. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Lima subantiquata Koem. » /ragilis Roem. » rigida Sow. » Monsbeliardensis Uont). Hinnites Thurmanni Brauns. Plicatula longispina Roem. (Ostrea spinosa oem.) Östrea multiformis Dkr. u. K. » Roemeri Qu. » deltoidea Sow. > solttaria Sow. > gregaria Sow. » rugosa v. Münst. Exogyra lobata oem. » Bruntrutana Thurm. (spiralis Roem.) > reniformis Goldf. (spiralis Roem.) Spondylus aculeiformis Ziet. Brachiopoden. Rhynchonella pingwis Roem. Terebratula insignis Schübl. (orbiculata Roem.) » bicaniculata vw. Schloth. > humeralis Roem. > tetragona Roem. Gasteropoden. Dentalium ceinctum v. Münst. Patella ovata Roem. Bulla Hildesiensis Roem. » subquadrata Roem. » olivaeformis Dkr. u. K. (spirata oem.) Actaeonina Sp. Phasianella striata Sow. 70 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. ('hemnitzia Heddingtonensis Sow. (Melania lineata Roem.) > Bronnii Roem. (subulata Roem.) » pseudolinobata Bl. u. Hndt. » abbreviata Roem. Natica Clio d’Orb. » suprajurensis Buv. » turbiniformis Roem. (erithium limaeformis Roem. Fusus Zitteli Strekm. Rostellaria Sp. Turbo princeps hoem. » granulatus Roem. (Eggelsensis Brauns.) Pleurotomaria grandis Ioem. (Trochus tuberculosus Roem.) » Münsteri Roem. Ditremaria discoidea Roem. Nerinaea visurgis Roem. » Fasciata \V oltz. » Bruntrutana Thom. > Erato d’Orb. Ammonites plicatilis Sow. (biplex Roem.) Nautilus giganteus d’Orh. Annulaten. Serpula triearinata Sow. » Hlaccida Goldf. » nodulosa v. Münst. > canalıfera Et. » gordialis v. Schloth. X Crustaceen. Glyphaea sp. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. zul Fische. Strophodus reticulatus Ag. Hybodus sp. Zähne. Schuppe, Wirbel. Von den in diesen Schichten so häufig sich findenden Cida- riten-Stacheln gehören die glatten zu (idaris intermedia, die übrigen der (idaris florigemma an. Das von Brauns als Unicum aufgeführte Cardium corallinum Leym. meiner Sammlung ist aber nicht hier, sondern am Hils oberhalb Holzen gefunden. Bemerkt mag auch noch werden, dass kürzlich in den tiefsten Lagen dieser Schichten am Langenberge auch Gryphaea dilatata gefunden ist, und zwar in einem oolithischen Gestein, welches hier das Han- sende der Perarmatenschichten bildet. STRUCKMANN in seinem »Oberen Jura der Umgegend von Hannover« rechnet von den hier aus den Florigemma -Schichten aufgeführten 127 Arten 23 Arten zum Astartien, den ältesten Schichten des Kimmeridge. Ich habe Bedenken getragen, hierin von der Ansicht der älteren Schriftsteller abzuweichen, und die oberen Schichten am Galgenberge und Spitzhute wegen des Vor- kommens dieser 23 Arten dem Kimmeridge zuzuweisen, denn ganz abgesehen davon, dass die von STRUCKMANN aus dem Astartien anderweit aufgeführten 37 Arten hier fehlen und nichts der An- nahme entgegensteht, dass, wenn jene 23 Arten auch im Astartien sich finden, dieselben doch auch schon zur Zeit der Bildung der oberen Florigemma-Schichten gelebt haben, so ist doch auch der Umstand in Betracht zu ziehen, dass hier mit diesen 23 Arten gleichzeitig auch andere, den Florigemma-Schichten unzweifelhaft angehörende Mollusken „gelebt haben, sowie auch die Thatsache, dass die petrographische Beschaffenheit der Schichten, in welchen hier diese 23 Arten gefunden werden, von der der älteren Flori- semma-Schichten nicht abweicht, indem dieselbe bei beiden eine oolithische ist. Die 23 Arten, um die es sich hier handelt, sind folgende: Acrosalenia decorata, Pseudodiadema mamillanum, Hemi- pedina Struckmanni, Pygurus Blumenbachü, Holectypus corallinus, Terebratula humeralis, Terebratula tetragona, Terebratula insignis, 22 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Terebratula bicanieulata, Ostrea Roemeri, Ostrea reniformis, Ostrea solitaria, Pecten strietus, Modiola aequiplicata, Trigonia papillata, Anisocardia Legayi, Anisocardia parvula, Ditremaria discoidea, Pleurotomaria grandis, (hemnitzia abbreviata, Serpula gordialıs, Serpula canalıifera, Strophodus retieulatus. Die Jura-Schichten bei Hannover und am Deister verhalten sich aber auch sonst in vielen Beziehungen abweichend von den hier auftretenden Schichten gleichen Alters. Schon die Schichten mit Ammonites anceps zeigen eine abweichende Entwickelung; die Perarmaten-Schichten sind ım Hildesheimischen, am Langenberge bei Heersum, nicht nur viel mächtiger entwickelt, sondern auch reicher an organischen Einschlüssen, wie bei Hannover, wogegen die bei Hannover so mächtige Korallenbank des oberen Jura hier ganz fehlt, und wiederum zeigen die Schichten mit Cidaris flori- gemma hier eine weit grössere Manmnigfaltigkeit der organischen Einschlüsse als bei Hannover, während die Schichten des Kimme- ridge, besonders die des Astartien und die Nerinänen-Schichten bei Hannover eine ungleich reichere Entwickelung der Fauna und eine ungleich bessere Erhaltung der organischen Einschlüsse, als in hiesiger Gegend zeigen. Auch der Umstand, dass hier der Portland, — sowohl die Schichten mit Ammonites gigas, als auch die Eim- beckhäuser Plattenkalke — und ebenso die Purbek- oder Münder- Mergel, sowie auch die übrigen Schichten der Wealdenbildung gänzlich fehlen, lassen auf eine grosse Verschiedenheit der da- maligen Meeresbeschaffenheit beider einander so nahe liegenden Gegenden schliessen. Eine thunlichst vollständige Feststellung der Faunen aller einzelnen Schichten der hier in Betracht kom- menden Gebiete kann allein zu einer richtigen Beurtheilung dieser Verhältnisse führen, und dazu ist unausgesetztes sorgfältiges Beob- achten und fleissiges Sammeln noch lange Zeit erforderlich. Angedeutet muss hier aber auch noch werden, dass die organischen Einschlüsse der Florigemma-Schichten bei Hohen- eggelsen, welche bei einem südwestlichen Einfallen mit den nord- östlich einfallenden hiesigen Florigemma-Schichten eine weite Mulde bilden, grosse Uebereinstimmung mit den in den hiesigen Schichten vorkommenden Einschlüssen zeigen, indem von den bei Hohen- Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 73 eggelsen vorkommenden 110 Arten 62 Arten mit den in diesen Schichten hier vorkommenden Arten übereinstimmen und fast sämmtliche übrigen 48 Arten — sehr kleine Bivalven und Gaste- ropoden — in höchst eigenthümlicher Weise auf eine kaum zwei Meter starke Zwischenschicht beschränkt sind. Die Steine zum Bau der alten Festungswerke der Stadt sind vorwiegend den Florisemma-Schichten entnommen. Da jedoch die Feuchtigkeit der Luft auf diesen Stein häufig einen zerstörenden Einfluss ausübt und ein Zerbröckeln desselben veranlasst, so wird dieser Stein jetzt nur noch zur Fundamentirung von Gebäuden benutzt, ist aber auch hierzu nicht so geeignet, wie der Muschelkalk. Auf den Florigemma-Schichten liegen auch hier die Schich- ten des Kimmeridge. Diese Schichten treten weiter südlich im der Richtung nach Uppen und Wendhausen bis zum Vorholze in erheblicher Mäch- tigkeit auf, während dieselben nordwärts allmählich ganz ver- schwinden und im Gebiete der Karte nur noch am nordöstlichen Fusse des Spitzhutes südlich von der Goslarschen Landstrasse zu Tage treten, um dann bald in der Ebene ganz zu verschwinden, so dass diese, aus fast weissen, ziemlich festen Kalkbänken mit plattenartiger Absonderung bestehende Bildung am östlichen Fusse des Galgenberges in nördlicher Richtung nicht mehr zu verfolgen, wenigstens nicht mehr aufgeschlossen ist. Oberhalb des Chaussee- wärterhauses waren diese Schichten gut aufgeschlossen und wurden hier auf eimer kleinen Fläche folgende Versteinerungen gesammelt: Conchiferen. Ceromya (Tellina) rugosa oem. (ucullaeca Goldfussii Roem. (longirostris oem.) Mytilus pernoides Roem. Pinna granulata Sow. Modiola oblonga Roem. Pecten comatus v. Münst. » sublaevis Roem. 74 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Gasteropoden. Natica globosa Roem. (hemnitzia sublineata Roem. » abbreviata Roem. Cerithium excavatum Sow. Fische. Pyenodus minor Roem. » gigas Ag. In der Sammlung des Gyimnasiallehrers BEHRENDSEN hierselbst befinden sich von dieser Fundstelle auch noch (yprina Saussuriv Brent., Protocardia eduliformis Roem. und Pr. nuculaeformis Roem., Ostrea multiformis, Exogyra Bruntrutana, Terebratula subsella, Ne- rinaea fasciata. Plattenkalke und Münder Mergel fehlen hier aber wie auch die Wealdenbildung vollständig. Aus der vorstehenden Schilderung der verschiedenen Glieder der Juraformation wird nun- aber leicht ersehen werden können, dass sich diese Formation bei Hildesheim in allen ihren Gliedern so vollständig entwickelt zeigt, wie sich das in keiner anderen Gegend Norddeutschlands, am wenigsten auf einem der Ausdeh- nung nach so beschränkten Gebiete wird nachweisen lassen, und eben so wenig wird die Gesammtmächtigkeit der sämmtlichen Schichten derselben, die wir hier auf 800—900 Meter veran- schlagen, von einem anderen Auftreten dieser Formation übertroffen werden. Sehr wohl hätte man bei Hildesheim auch das Vorhandensein der Wealdenbildung erwarten dürfen, da dieselbe in so grosser Nähe, am Österwalde, Deister bei Hannover, Sehnde und Oberg zum Theil in so mächtiger Entwickelung die Juraformation be- gleitet. Bisher ist hier aber kein Glied derselben aufgefunden. Es folgt in meiner Schilderung der geologischen Verhältnisse Hildesheims nunmehr die Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 75 Kreide -Formation, von der aber in dem engbegrenzten Gebiete meiner Untersuchung nur die unterste Abtheilung derselben, der Hils (Neocom) in Betracht kommt. Die ganze weite Ebene, welche sich vom Galgenberge in östlicher und nördlicher Richtung erstreckt, ist, so weit die Karte reicht, vom » Hilsthon« eingenommen. Diese von diluvialem Geschiebe und Lehm bedeckte Bildung erreicht hier neben der grossen Ausdehnung auch eine ganz bedeutende Mächtigkeit, so dass ein von mir östlich von der nach Goslar führenden Landstrasse, unweit des Dorfes Achtum zur Aufsuchung der Wealdenbildung unternommener Bohrversuch die Schichten dieses Thones bei 90 Meter noch nicht durchstossen hat und ein anderer bei der Frankenberg’schen Ziegelei, unmittelbar neben der nach Lehrte führenden Eisenbahn, zu demselben Zwecke ange- stellter Bohrversuch diese Bildung selbst bei einer Tiefe von 150 Meter nicht durchsunken hat. In nordöstlicher Richtung wird der Hilsthon von ebenfalls sehr ausgedehnten und sehr mächtigen Schichten der mittleren Kreide, von dem »Gault« bedeckt. Der Hilsthon ist in dem bezeichneten Gebiete an vielen Punkten auf- geschlossen. In vier grossen Ziegeleien werden die dunkelgrauen Thone dieser Bildung zur Bereitung von Backsteinen, Ziegeln und Drains verarbeitet. In der Stadt selbst sind folgende Aufschlüsse hervorzuheben. In der die Nordseite der Kaserne begrenzenden Kasernenstrasse wurden diese Schichten bei der Anlage eines Brunnens, in einer Mächtigkeit von nur drei Metern, die Flori- gemma-Schichten bedeckend, aufgeschlossen. Die untersten Lagen dieses Thones zeigten sich hier sehr eisenhaltig, indem dieselben vorwiegend aus kleinen runden Körnern, s. g. Bohnerz bestanden. An Versteinerungen fand ich hier Pecten crassistesta, Exogyra Couloni, Rehynchonella multiformis, Terebratula perovalis, Plewroto- maria neocomensis, Turbo clathratus und Hoplites amblyonicus (Am- monites noricus Roem.). 76 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Die Gebäude, welche die Steingrube auf der Ostseite begrenzen, stehen ebenfalls auf den untersten Schichten des Hilsthons, die auch hier die Jurakalke nur wenige Meter stark bedecken. Im Garten des Kunstgärtners Sperling, der östlichen Ausmündung der Marienstrasse gegenüber, wurden bei Anlage eines Brunnens Belemnites subquadratus und Avicula macroptera und daneben auf dem Stölter’schen Garten ebenfalls Belemnites subquadratus ge- funden. Bei dem Bau des Waschhauses auf der an der Bahnhofs- Allee belegenen Irrenanstalt wurden die Hilsthone ebenfalls auf- geschlossen, doch sind hier nur zahlreiche Exemplare des Belem- nites Brunswicensis gefunden. Sodann ist aber auch bei der Anlage eines Brunnens auf der Propfe’schen Eisengiesserei, west- lich vom Marienfriedhofe, der Hilsthon aufgeschlossen gewesen und habe ich hier Avicula macroptera, Pecten crassitesta, Terebratula perovalis, Nautilus pseudoelegans, Serpula quwinquecarinata und Gly- phaea ornata gesammelt. Bei der Thongewinnung für alle vier auf der Karte bezeich- neten, im Gebiete des Hilsthons belegenen Ziegeleien ist Serpula Phillippsü in grosser Menge angetroffen. Bei den am weitesten nach Norden belegenen Ziegeleien sind zahlreiche Windungsstücke des grossen Urioceras Roemeri Neumayr gefunden, darunter einige fast vollständig erhaltene Exemplare mit den freiliegenden inneren Windungen. Nach dem Erscheinen von » NEUMAYR s Ammonitiden der Hilsbildung Norddeutschlands« sind hier noch einige andere neue Ancyloceras- Arten gefunden, welche noch der Bestimmung harren, die aber allerdings durch den Umstand, dass die aus- gewachsenen Exemplare den Jugendzuständen oft so wenig ent- sprechen, sehr erschwert wird. Die Ancyloceras - Arten haben häufig zur Bildung grosser Sphärosiderite, in deren Mitte sie angetroffen werden, die Veranlassung gegeben. Von diesen Fund- stellen sind noch ferner anzuführen und zwar von der Franken- berg’schen Ziegelei Astarte sp., Avicula macroptera, (uculaea Sp., Lingula truncata, Ostrea rectangularis, Belemnites Brunswicensis und BD. subquadratus, Crioceras Roemeri, Crioceras sp., Nautilus pseudoelegans, Serpula Phillippsü, grosse Wirbel und Kinnladen- stücke mit Zähnen von Ichthyosaurus campylodon var., von der Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. zit Feustell’schen Ziegelei Pholadomya sp., Rhynchonella multiformis, Terebratula perovalis und T. longa, Rostellaria sp., Pleurotomaria sp., Turbo sp., ein fast vollständiger grosser Crioceras mit vier Reihen Buckeln mit dornigen Fortsätzen, Belemnites subquadratus und Serpula Phillippsü. Aus der Zusammenstellung der an allen diesen Fundstellen gesammelten Arten ergiebt sich nun folgende Uebersicht: Conchiferen. Pholadomya sp. Astarte sp. Arca sp. Avicula macroptera oem. Pecten crassitesta Roem. Exogyra Couloni Dfr. Ostrea carinata Lmk. (rectangularis Roem.) Brachyopoden. Rhynchonella multiformis oem. Terebratula perovalis Roem. > longa Roem. Lingula truncata Sow. Gasteropoden. Pleurotomaria neocomensis d’Orb. > Sp. Turbo elathratus Roem. Rostellaria sp. >» SP- Scalaria sp. Cephalopoden. Crioceras Roemeri Neumayr. > Sp- > sp. 78 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Hoplites amblyonicus Neumayr. ; (Am. noricus Roem.) Nautilus pseudoelegans d’Orb. Belemnites subquadratus Roem. » Brunswicensis Strombh. Annelıden. Serpula Phillippsii oem. > quinquecarinata Roem. Crustaceen. Glyphaea ornata Roem. Saurier. Ichthyosaurus campylodon Carter. var. (Kiefertheile mit Zähnen und Wirbel.) Jüngere Glieder der Kreideformation, welche schon in ge- rınger Entfernung von Hildesheim zu grosser Bedeutung gelangen, treten in dem engbegrenzten Gebiete, welches wir hier schildern, nicht auf und ebenso wird auch die Tertiärformation erst weiter südlich, bei dem eine Stunde entfernten Dieckholzen durch an- sehnliche oberoligocäne Ablagerungen, die sich in nordwestlicher Richtung bis unter den Aussichtsthurm und weiter hinziehen, vertreten. Wenn auch die Karte das geologische Bild unserer Gegend so giebt, wie dasselbe erscheint, wenn man sich die Ablagerungen des Diluviums und des Alluviums, welche die hier vorhandenen älteren Bildungen bedecken, fortgenommen denkt, so darf ich doch nicht darauf verzichten, hier auch die Beschaffenheit und die Be- deutung, welche diese beiden jüngsten Formationen für unser städtisches Gebiet haben, hier kurz hervorzuheben. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 79 Diluvium. Während der Diluvialzeit gab es einen Zeitabschnitt, innerhalb dessen nicht nur das Harzgebirge, sondern auch schon die Berg- züge hiesiger Gegend, Galgenberg und Spitzhut, der Rottsberg und selbst die höchsten Rücken des Steinberges und Krählas aus dem Meere hervorragten. In dieser Zeit wird es geschehen sein, dass die Meereswogen und die aus dem Harzgebirge hervorbrechenden und sich ein Bett auswaschenden Gewässer (Innerste) grosse Massen der Gesteine dieses Gebirges, Grauwacke und Kieselschiefer, aber auch der am Fusse des Gebirges anstehenden jüngeren Gebirgs- schichten, des Buntensandsteins, des Muschelkalks und der Pläner- kalke, nebst den Versteimerungen der zerstörten Thonbildungen dem Meere zuführten, auf dessen Grunde sie sich dann mit den übrigen, zumeist dem höheren Norden entstammenden Geschieben des Diluviums vermengten. Als dann auch die niedriger gelegenen Theile unseres Gebietes dem Meere entstiegen waren, bildeten diese so zusammengesetzten Diluvialgeschiebe, über die sich auch noch Diluviallehme ausgebreitet, eine weite und mächtige Decke über den darunter liegenden älteren Gebirgsschichten. Die vom Harze heraneilende Innerste musste sich nun ın diesen Diluvial- massen ihr 400 Meter breites Bett und Inundationsgebiet aus- waschen und war genöthigt, dabei auch in die darunter liegenden Liasschichten miteinzuschneiden. So ist es gekommen, dass wir diese diluvialen Ablagerungen noch jetzt, durch den Fluss zerrissen, auf beiden Ufern der Innerste antrefien. Auf dem linken Ufer finden wir das Diluvium — durch die Gewässer freilich auch an vielen Stellen vielfach ganz fortgewaschen — beim Heiligenhäuschen bei Himmelsthür, aber auch südöstlich von Himmelsthür, ebenso auf der Nordwestseite des Moritzberges, von wo sich dasselbe bis zum Haidekruge erstreckt, und auf der Strecke von Luzienvörde bis Ochtersum. Grosse Auswaschungen des Diluviums und der darunter liegenden Schichten des Lias und Braunen Juras erfolgten aber auch auf dem rechten Ufer der Innerste. Schon vor dem Auftreten des Menschengeschlechts hatten gerade da, wo jetzt die Stadt Hildesheim steht, die Gewässer des Ortschlumpbaches und 80 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. der mächtigen Sültequelle, denen sich die bedeutenden Wasser- mengen zugesellten, welche sich auf dem jetzt von dem oberen Theile der Stadt eingenommenen Plateau bei jedem Regenfalle sammelten, in der Richtung vom Alms- und Hagenthore aus einen Abfluss zum Innerstethale gebahnt, indem sie sich in dieser Richtung im langen Lauf der Zeiten in den hier anstehenden mächtigen Geschiebemassen ein breites Bett ausgewaschen und dabei auch unter Mitwirkung der Wassermengen, welche von dem mehr nördlich gelegenen Gebiete, das jetzt von dem Michaeliskloster, dem Langenhagen, Altenmarkte, der Burgstrasse und dem Pfaffen- stiege eingenommen wird, ebenfalls der Innerste zueilten, den steilen Hang, welcher das Innerstethal auf dessen Ostseite be- grenzt, auf der ganzen Strecke, welchen jetzt der untere Theil der Stadt einnimmt, mit fortgerissen. Diesen Auswaschungen hatte nur der inselartig dastehende Hügel, den später der Dom und dessen nächste Umgebung einnahm, Widerstand geleistet. Die Mächtigkeit der diluvialen Geschiebe ist nun, abgesehen von den später stattgehabten Auswaschungen, je nach der Be- schaftenheit der Oberfläche der Schichten, auf denen sie liegen, verschieden, doch erreichen dieselben im dem oberen Theile der Stadt und auf dem sich nordwärts erstreckenden Plateau eine Mächtigkeit bis zu acht Meter. Von den organischen Einschlüssen des Diluviums sind hier bisher nur Hörner von Bos primigenius (Gercke’s Ziegelei am Stein- berge) und Knochen und Backenzähne des Zlephas primigenius be- obachtet, und noch in diesem Jahre sind bei der Kiesgewinnung unweit Nordstemmen Backenzähne und grosse Stücke der Stoss- zähne dieses Elephanten gefunden. Es mag hier aber erwähnt werden, dass zu Anfang dieses Jahres westlich von dem eine Stunde von Hildesheim entfernten Dorfe Gr.-Giessen in den Spal- ten eines Gypsbruches zahlreiche, in Lehm eingeschlossene Knochen und Zähne vom Rhinoceros tychorhinus gefunden sind. Dieselben waren anfänglich als alte Knochen verkauft und auf die Felder gefahren, bis dieselben die Aufmerksamkeit des Thierarztes KAL- LENBACH in Harsum erregten, der dann auch dem hiesigen städtischen Museum eine grosse Anzahl dieser Knochen nebst Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 81 Zähnen schenkte. Der Eigenthümer des Gypsbruches, Hofbe- sitzer SCHRADER in Gr.-Giessen, hat dann alle späteren Funde ebenfalls dem Museum überwiesen. Reste kleinerer Wirbelthiere sind hier aber bisher nicht angetroffen, obschon ich darauf wieder- holt mein Augenmerk gerichtet. Dem Diluvium angehörige erratische Blöcke sind auch im hiesigen Stadtgebiete nicht selten, doch sind die meisten derselben zerschlagen oder sonst verbraucht. Ein recht ansehnlicher Granit- block dieser Art liest auf dem Platze vor dem städtischen Museum. Ein Riese hat denselben auch hier aus dem Schuh geschüttet, weil ihn derselbe gedrückt. Nach diesem erratischen Blocke ist aber schon in alter Zeit dieser Platz »Am Steine« und die Bäuer- schaft dieser Gegend die Lapidis-Bäuerschaft genannt. Von den dem Diluvium als Bestandtheile beigemengten, aus den im oberen Innerstethale zerstörten Schichten des Lias und Braunen Juras herrührenden Versteinerungen, welche bei der Kies- gewinnung mehr oder weniger häufig gefunden werden, nenne ich Ammonites Conybieri, Am. margaritatus, Am. jimbriatus, Am. spi- natus, Am. capricornus, Am. Henleyi, Am. Parkinsoni und Oerithium undulatum. Die auf diesen Kiesschichten niederfallenden atmosphärischen Niederschläge sammeln sich auf den darunter liegenden Thon- schichten und bilden hier ein Grundwasser, welches vor der Ka- nalisirung der Stadt den Kellern oft sehr nachtheilig wurde, aber auch alle die zahlreichen Brunnen mit Wasser versorgt, die kein zugeleitetes Wasser haben. Die in den höheren Theilen der Stadt gelegenen, jetzt verschütteten Festungsgräben füllten sich lediglich durch das aus der Kiesschicht hervortretende Grundwasser. Die sogenannten Quellen in Hohnsen, am Hagenthorwalle, in der Gruft der Michaeliskirche und an der Ecke der Kreuzstrasse und des Kläperhagens (welche den Muttergottesbrunnen speist), auf meinem Garten und auf der Lademühle sind nur das auf der Grenze der Thonschichten und des Kieses ablaufende Grundwasser. Im übrigen findet dieser Kies zur Anlage trockener Fusswege in Gärten und auf den öffentlichen Promenaden, sowie auch, aus- gesiebt, zur Mörtelbereitung ausgedehnte Verwendung. 6 82 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. Von Bedeutung für unsere Gegend und auch von wissen- schaftlichem Interesse ist aber auch das Alluvium. Die grösste Ausdehnung hat dasselbe im Innerstethale, wo es die ganze Breite des Thales einnimmt. Wie ich schon bei der Besprechung der Schichten des mittleren Lias erwähnt, ist es zweifellos, dass die Innerste das Thal anfänglich an drei Meter tiefer ausgewaschen, als dasselbe jetzt erscheint, und erst der ım 9. Jahrhundert bei Clausthal und Zellerfeld begonnene Bergbau hat zu der Erhöhung der Thalsohle und damit auch des Innerste- bettes Veranlassung gegeben. Es ist nämlich ganz ersichtlich, dass sich der schwere Pochsand in Folge des durch die Stauanlagen der Mühlen noch mehr verminderten Gefälles des Flusses in dessen unterem Laufe zu immer mehr anwachsenden Massen ab- gelagert hat. Die bei jeder Anschwellung der Nebengewässer, besonders des Netteflusses herbeigeführten grossen Lehm- und Humusmengen vermischten sich, wie es noch heute geschieht, mit dem Pochsande und schlugen sich bei jedem Austreten der Innerste ın dem Inundationsgebiete derselben nieder. Dasselbe hat sich auf diese eigenthümliche Weise wieder um drei Meter erhöht, und zugleich bedingt der Niederschlag dieses Bodenge- menges die grosse Ergiebigkeit und den hohen Werth der aus- sedehnten Wiesen dieser schönen Thalebene.e. Beim Bau der Eisenbahnbrücke neben den Zwerglöchern zeigte sich diese Be- schaffenheit der Thalsohle sehr deutlich, indem zuerst eine aus Humus und fenem Pochsande gemischte, zwei Meter starke Boden- schicht fortgenommen wurde, worauf eine über ein Meter starke Ablagerung eines unvermischten, sehr groben Pochsandes folgte, unter welchem dann die Thone des Lias anstanden. Genau die- selbe Beschaffenheit dieses Alluviums ist bei anderen, im Innerste- thale vorgenommenen Bauten, bei der Anlage von Brunnen und noch in diesem Jahre bei der Anlage eines Wasserbassins für die hiesige Zuckerraffinerie beobachtet. Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 83 Eine andere alluviale Bildung hat der Trillkebach veranlasst. Bevor derselbe den Steinberg und den mit demselben ursprünglich verbundenen Katzberg durchschnitten, waren dessen Gewässer auf der Westseite dieses Berges zu einem See aufgestaut, der bis in die Nähe des Dorfes Neuhof hinaufreichte und sicher von grosser landschaftlicher Schönheit war. Nachdem aber der Bach diesen Bergrücken allmählich durchbrochen und das Wasser des Sees abgelaufen war, trocknete der Humus und thonhaltige Grund des früheren Sees aus und wusch sich der Bach in der Mitte desselben ein schmales Bett aus. Wir erwähnen dieser, früher auch zur Ziegelbereitung benutzten Bildung besonders deshalb, weil sich ın derselben die Schalen einer, in hiesiger Gegend lebend überall nicht mehr vorkommenden Muschel Unio pietorum L. var. finden. Eine andere Art dieser selben Gattung, welche in unserer Gegend auch nicht mehr lebt, wurde in grosser Menge in den unteren Lagen des eben beschriebenen Innerste- Alluviums beim Bau der Eisenbahnbrücke neben den Zwerglöchern gefunden, es ist das Unio batavus Lmk., der hier also bis zum Beginn des Bergbaus am Öberharze gelebt haben muss, da sich dessen Schalen in höheren Schichten nicht mehr finden. Bemerkt mag hier auch noch werden, dass die noch immer fortdauernden Anschwemmungen des für das obere Innerstethal so verderblich gewordenen Pochsandes für unsere Wiesen nur selten schädlich werden, dagegen uns einen zur Benutzung des Mörtels und zur Herstellung des Strassenpflasters ganz besonders geeig- neten Sand liefern, so dass Sachverständige den Werth dieses hier alljährlich gewonnenen Pochsandes zu 30— 40000 Mark schätzen. Werfen wir nun noch einen Rückblick auf die im Vorstehenden besprochenen Gebirgsformationen, so muss zunächst die bedeutende Gesammtmächtigkeit derselben auffallen. Selbstverständlich können derartige Abschätzungen nur ein annähernd richtiges Ergebniss geben. Ich habe bei dieser Schätzung besonders die bei dem Bau des Eisenbahn-Kanals gemachten Beobachtungen zum Anhalts- punkte genommen. Das Einfallen dieser Schichten erfolgt unter einem Winkel von 20° und berechneten die Bauführer hiernach 6* 84 Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. die Stärke der Schichten auf drei Meter Breite der Schichtenköpfe zu einem Meter, und ergab sich dieselbe somit für die Torulosus- schicht bis zu den Macrocephalusschichten incl. zu 238 Meter, die man aber hei der grösseren Entwickelung der Schichten am Süd- rande des Gebiets der Karte zu mindestens 280 Meter annehmen muss. Dazu die Anceps- und Perarmatenschichten mit 70 Meter, würde für den »Braunen Jura« allen eine Mächtigkeit von 350 Meter ergeben. Der Lias, von dem Av. ROEMER die Posi- donienschiefer allen zu 150 Meter schätzt, würde dann zu 450 Meter und die Mächtigkeit des Weissen Juras zu 100 Meter angenommen werden können. Würde dann noch der Muschel- kalk, nur soweit als er hier in Betracht zu ziehen, zu 200 Meter, der Keuper zu 125 Meter und der Hils zu 130 Meter an- genommen, so ergähe sich hieraus eine Gesammtmächtigkeit von 1355 Meter. Sehr bedeutend ist aber auch die Mannigfaltiskeit und der Reichthum an organischen Einschlüssen, welche in den allerdings sehr mannigfaltigen Gebirgsschichten dieses geographisch so eng begrenzten Gebiets angetroffen werden, zumal wenn erwogen wird, dass die Mehrzahl der Schichten des »Mittleren Lias« überall nicht aufgeschlossen und die des »Braunen Jura« nur während einer so kurzen Zeit zu beobachten waren. Die Gesammt- zahl der aus diesem Gebiete hier von mir aufgeführten Arten be- trägt aber 493. Hiervon fallen auf die Triasformation — Muschel- kalk und Rhät — 48 Arten, auf die verschiedenen Glieder der Jura- formation — aus denen innerhalb des hier besprochenen Gebiets Ap. ROEMER nur 86 Arten, Dr. BrAuns 127 Arten aufgeführt — 414 Arten, auf die Kreideformation (nur Hils) 27 Arten und auf das Diluvium und Alluvium je 2 Arten. Um aber eine Vor- stellung von der Mannigfaltiskeit der organischen Einschlüsse der Juraschichten in hiesiger Gegend zu gewinnen, wird man auch in Erwägung ziehen müssen, dass in der Forterstreckung der hier besprochenen Schichten, so namentlich aus den Perarmatenschichten des Langenberges bei Heersum noch an 60 Arten, aus den Flori- gemmaschichten am Knebel, Rathshagen und Langenberge noch etwa 20 Arten und aus den Schichten des unteren und mittleren Die geologischen Verhältnisse der Stadt Hildesheim. 85 Kimmeridge bei Uppen und Wendhausen ebenfalls noch 60 Arten bekannt sind. Am Schluss dieser allerdings nur skizzenartig gehaltenen Be- sprechung der in dem Gebiete der Stadt Hildesheim auftretenden Gebirgsschichten angelangt, darf ich noch einmal darauf hin- weisen, dass dieselbe zunächst nur als eine Erläuterung der Karte anzusehen ıst und dass sowohl die Karte als auch diese Erläuterungen vor allem den Nachweis . des Vorhandenseins und der Ausdehnung der aufgeführten Formationsglieder bezwecken, dass dieselben aber auch darauf berechnet sind, das Studium dieser Schichten an Ort und Stelle zu erleichtern und für die Beurtheilung etwaiger neuer Beobachtungen und Funde einen Anhalt zu gewähren. A.W.Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 45/46. Abhandl.d.geol_Landes-Anstalt BAY Heft 1. Geologische Karte STADT HILDESHEIM und ihrer nächsten Umgebung von Senator a.D. DE H.ROEMER. x _ ) Üfraweziegete - 5 5 ll) Maalsstab 1:15000. NL)? \ 0 00 200 200 «00 500 600 100 soolleter. = SE se = 2. o 250 500 750 roooSchrttäl = 92 \N\ \ a ) VG \ IM a ———u m < SS, 7 Oberer Muschelkalk . Berliner lithogr Institut Br E = Keuper. Unterer Lias. Mittlerer Lias. Oberer Lias. 5 12 Keuper-Sandstein. En DER E ichten, mit Schichten, mit, Schichten mit Nicht enschlossene Sch.m.. Schichten, mit Schichten, mit Ammon. planorbis, Ammon, angulatus. Ammon, Bucklandi Ammon. Zyphus Jamesoni,Jbez.Davori. Ammon. spinatus. Posid_Bronni Ammon jurensis. = Brauner Jura. Weisser Jura. Hils. er | GGRIEAGZ, - ; — — nn. SE ES, 20 21 22 23 eo a] Schzchten. mit. CET SL 4 TEE AED. 2 : et x 2 = re a ihre TER Vz a mit ‚Schichten mät Schichten mit Schichten mit Schichten mit Kömmeridge Fundpunkte ı Parkinsoni. Ostrea Knormi. Ammon. macrocephalus Ammon.anceps u.Ammon.ornatus. _Ammonperarmatus. Gidaris florigemma won Fetrefacten Profil zu der Geolos. Karte der Stadt Hildesheim u.ıhrer nachsten Umgebung von Senator a.D.Dr.H.Roemer. Abhandl.d.6beol.Landes-Anst.Ba.V Heft 1. os (©) =) __Landmwirthschaftl.Schule Kreuzkirche Andreaskirche Real Gymnasum Domkirche vE Rottsber St Mauritius Moritzbers Blenkebach ya: Die hahlen entsprechen denjenigen der ‚geologischen Karte, Berliner lithogr.Institu (e, + # = En ® - } / e - = a 2 - ı > Berlin, N MP, 200 NEN. Co Er MUS, W Staaten. en sche ir en _ Abhandlungen veoloeischen Specialkarle Preussen und den Thüringischen Staaten. TITAN I UNIUTIUNITII NIIT BERLIN. In Commission bei der Simon Schropp’schen Hof-Landkartenhandlung. (J. H. Neumann.) 1884. Beiträge zur fossilen Flora. II. Steinkohlen-Calamarien. 9% Von Ch. E. Weiss, Dr. ph., Prof., Königl. Landesgeologe und Docent an der Bergakademie zu Berlin. Herausgegeben von der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt. Mit 8 Holzschnitten im Text und einem Atlas mit Taf. I—-XXVIIl. IIINANAINANIIAIIANANANIINInInnnnnnnnnnnRnDN BERLIN. In Commission bei der Simon Schropp’schen Hof- Landkartenhandlung. (J. H. Neumann.) 1884, TURN. Kuhsinf -i0p Inhalt. Erster Theil. Zur Organisation der Calamarien. . Equisetaceen und Calamarien. S.1. Vergleichung zwischen Zguisetum und Steinkohlen-Calamarien. Merkmale der Equiseten S. 1. Merkmale der fossilen Calamarien S. 3. Vergleich nach den Reproductionsorganen S. 5, nach der Stammstructur S. 8, nach den Nodialquirlen S. 12. Gattungen der fossilen Calamarien S. 15. . Stellung der Calamiten. S. 17. Aufstellung nach verschiedenen Autoren S. 17. Bedeutung der Knötchen S.18. Stellung der Blätter S. 21. Calamites varians von Wettin S. 21, von Radnitz S. 21, andere von Westphalen S. 22. Stellung nach der Verzweigung S. 23. Beblätterung der Calamarien. S. 26. Blätter an Calamiten-Stämmen S.26, an Asterophylliten $. 29, an Zweigen von Calamites ramosus S.29, an anderen Calamarien S. 30. Wurzeln der Calamiten. S. 32. Verzweigung der Calamiten. S. 37. Verzweigung am Rhizom S. 37, an den unteren Stammtheilen S. 38, an den oberirdischen Theilen S. 40. Astnarben und ihre Lage S.42. Auftreten der Astnarbenquirle S.44. Zahl der Astnarben an den Gliede- rungen S.46. Vergleich der Verzweigung bei Calamiten mit der bei anderen Calamarien S. 48. VI Zweiter Theil. Systematische Beschreibung. A. Calamarien- Stämme. I. Calamites. Provisorische Gattung. Gattungs- und Sippen-Charaktere S. 51. Arten $. 57. 1. Calamitina. S. 59. 1. ©. varians Sternb. S. 61. — a) varians insignis S. 63. b) varians inversus 8. 68. c) varians inconstans 8. 69. d) varians abbre- viatus 8. 73. e) varians semieircularis 8. 75. f) varians Sachsei Stur sp. S.77. g) Anhang S.77: Beispiele von Essen, von Walden- burg, Krone bei Hörde, Langendreer, Hermsdorf, Schwalbach. 2. C. approximatus Brongn. $. 81. — a) subaequalis 8.82. b) vul- garis 8. 82. c) accrescens 8. 85. 3. C. vertieillatus L. etH. S. 35. 4. C. extensüs n. sp. S. 81. 0. Wedekindi n. sp. S. 88. C. tripartitus Gutb. S. 89. dscajeonnssp Sl. Ö©. pauciramis n. sp. 8.98. ©. macrodiscus n. sp. 8. 94. ennmg Q 2. Eucalamites. S. 96. 10. ©. ramosus Artis mit Annularia ramosa, Calamostachys ramosa 8.98. 11—13. ©. eruciatus Sternb. S. 111. — 11. C. eruciatus terna- rius 8.112. — 12. ©. eruciatus quaternarius 8. 113. — 13. ©. eruciatus senarius 8. 114. 14. C. multiramis n. sp. S. 114. 15—19. Anhang: 15. ©. ceueullatus n.sp. S. 117. — 16. C. elongatus n. sp. S. 117. — 17. ©. sp. 8. 118. — 18. (©. decurtatus n. sp. S. 118. — 19. ©. verticillatus- Ett. S. 118. 3. Stylocalamites. S. 119. 20. C. arborescens Sternb. sp. mit Palaeostachya arborescens S. 120. — var. Schumanniana 8. 124. ©. Suckowi Brongn. S. 129. — var. undulatus S. 134. CO. acuticostatus Weiss S. 137. ©. ef. giganteus Lindl. S. 138. CHE) SSaErz 4. Archaeocalamites. S. 141. C. transitionis var. abbreviatus S. 142. 24. C. Beyrichi n.sp. S. 144. VII II. Equisetites. 1. Equisetites lingulatus Germ. S. 148. 2. E. mirabilis Sternb. S. 149. III. Gyrocalamus n. gen. Gyrocalamus palatinus n. sp. S. 152. (Siehe Nachtrag S. 202.) B. Calamarien-Fruchtstände. Geschichtliches und Litteratur S. 154. — Verhältniss der Fruchtgattungen zu Asterophyllites und Annularia S. 158. — Aehrenstände S. 160. — Ueber- sicht der Gattungen S. 161. I. Calamostachys Schimp. S. 163. Erste Reihe: Eucalamostachys. 1. €. Ludwigi Carr. 8.163. — 2. C. Binneyana Scehimp. S. 169. — 3. ©. longifolia Sternb. sp. S. 171. — 4. C. paniculata Weiss S. 173. — 5. ©. (2) nana n. sp. S. 175. — 6. C. mira Weiss S. 176. — 7. C. su- perba Weiss S. 176. — 8. C. germanica Weiss S. 177. — 9. ©. Solmsi Weiss S. 177. Zweite Reihe: Stachannularia. 10. ©. tuberculata Sternb. sp. mit Annularia longifolia S. 178. — 11. Cal. cf. calathifera Weiss mit Annularia sphenophylloides Zenk. S. 178. — 12. ©. ramosa Weiss mit Annularia ramosa, Calamites ramosus S. 180. Il. Palaeostachya Weiss. S. 181. Erste Reihe: Typus der P. elongata. 13. P. elongata Presl sp. S. 181. — 14. P. pedunculata Williams. 5.182. — 15. P. (2) gracillima n. sp. S. 184. Zweite Reihe: Macrostachya-Typus. 16. P. ef. Schimperiana Weiss S. 185. — 17. P. arborescens Sternb. sp. mit Calamites arborescens Sternb. S. 137. III. Huttonia Sternb. S. 188. 18. H. spicata Sternb. S. 188. IV. Paracalamostachys Weiss. S. 190. 19. P. polystachya Sternb. sp. S. 190. — 20. P. rigida Sternb. sp. S. 191. — 21. P. striata n. sp. und Asterophyllites striatus n. sp. 5. 192. — 22. P. Williamsoniana n. sp. S. 193. — 23. P. minor n. sp. S. 194. VII. V. Maerostachya Schimp. S. 196. 24. M. Hauchecornei n. sp. 5. 196. — 25. M. infundibuliformis Brongn. S. 197. — 26. M. carinata Andrä S. 197. VI. Volkmannia Sternb. part. S. 199. 27. V. tenera Weiss S. 199. VIl. Bowmanites Binney. S. 200. 28. B. germanicus n. sp. 8. 201. Nachtrag zu 8. 152. Gyrocalamus — Fayolia Ren. et Zeill. S. 202. Erster Theil. Zur Organisation der Calamarien. 1. Equisetaceen und Calamarien. Die heutigen Equisetaceen, der Typus für die fossilen Cala- marien, bilden bekanntlich nach Habitus und morphologischer Natur eine so scharf umschriebene Klasse von Pflanzen, dass sie nur eine einzige Gattung Equwisetum umfassen, deren wichtigsten Merkmale die folgenden sind. Sämmtliche Axentheile, die oberirdischen sowohl als die unterirdischen, Stamm, Zweige, Rhizom, sind in den wesentlichsten Theilen übereinstimmend. Sie zerfallen nämlich durch Quertheilung in Glieder, welche hohl oder mit Mark ausgefüllt sind und mehr oder weniger Längsrippung besitzen. Die Glieder enthalten kreis- förmig gestellte Gefässstränge (Fibrovasalstränge) welche den Rillen folgen, sowie eingeschlossen von ihnen ebenfalls kreisförmig grup- pirte hohle Kanäle im Stamm (Lacunen) nebst einem zweiten weiter nach aussen gestellten Kreise von Lacunen und tragen an ihrer Spitze eine Blattscheide. Alle Blätter sind kreisförmig gestellt, die sterilen in Scheiden verwachsen. Sofern es sich nur um Kenntniss der sterilen Pflanze handelt, kann man mit MILDE sagen, dass das Zqwisetum sich in jedem Internodium von Neuem wiederholt und: »wer ein Internodium kennt, kennt auch die ganze Pflanze«. Indessen ist dies cum grano salis zu verstehen, denn es sind mancherlei Verschiedenheiten in Bau und Ausbildung der Axen- theile von Zgwisetum dennoch nicht ausgeschlossen. Besonders aber tritt dies an den die Reproductionsorgane tragenden Axen, d. i. da, wo die stärker metamorphosirten Organe sich befinden, hervor. 1 I Equisetaceen und Calamarien. [88] Die Aehre von Zgwisetum hat eine Axe ohne deutliche Gliede- rung, welche ausgefüllt, weich und zart im Vergleich mit den oft harten, hohlen Stengelgliedern ist. Sie trägt Kreise von umgewandel- ten, nämlich fertilen Blättern, die sich mit einziger Ausnahme des noch scheidenförmigen sogenannten Ringes an der Basis der Aehre in einzelne getrennte Receptacula auflösen, welche Sporen tragen, unter sich zwar ganz gleich gebaut sind, aber von den sterilen Blattkreisen beträchtlich abweichen. Jedes einzelne Receptaculum besteht aus einem stielförmigen Träger, der rechtwinklig absteht und an der Spitze sich im eine Scheibe verbreitert, an deren Rand ein Kreis von Sporangien taschenförmig eingesenkt ist. Diese öffnen sich nach Innen und lassen Sporen austreten, welche merk- würdig dadurch erscheinen, dass sie nicht dimorph sind, sondern nur einerlei Form und Grösse zeigen und mit je 4 elastischen Spiralfäden versehen sind, welche man ihrer plötzlichen Bewegungen halber, die sie beim Trocknen zeigen, Schleudern genannt hat. Die Aehre ist blattlos, insofern zwischen den fertilen Kreisen keine sterilen Blätter vorkommen, und stets endständig. Eine wichtige Rolle fällt der Gegend der Nodiallinie D) zu, da an ihr oder in ihrer Nähe die drei Nodialquirle ihren Ursprung nehmen: die Aeste, Blätter und auch die Wurzeln. Die Verzweigung findet quirlförmig an den Knoten oder (Grelenken statt, und zwar bei Kguwisetum unterhalb der Blattscheide, am vollständigsten natürlich an den oberirdischen Stengeln, am Rhizom weit beschränkter. Die Blätter befinden sich constant am oberen Ende jedes Gliedes, aber unterhalb der Nodiallinie)). Die Wurzeln brechen, wie meist bei quergegliederten Pflan- zen, an den Knoten hervor, stets unterhalb der Blattscheide und wohl stets unterhalb der Astknospe. Dies geschieht nicht blos am unterirdischen Stamm, sondern auch an den unteren Theilen der aufsteigenden Stengel, und die Anlage zur Wurzelbildung ist an allen Gliedern gegeben. Manche khizome sind auf ihrer ganzen Oberfläche mit einem braunen Filz von Wurzelhaaren bedeckt. ') »Internodiallinie« anderer Autoren. [89] Equisetaceen und Calamarien. 3 Sehr bemerkenswerth ist, dass ın den aufgeführten Punkten die Arten der lebenden Gattung Egwisetum so nahe übereinstimmen, dass kein Bedürfniss vorliegt, sie in mehrere Gattungen zu theilen. Eine augenfälligere Verschiedenheit findet hauptsächlich in den fruchtbaren Axen statt, welche entweder (E. arvense etc.) ‘auf anders gestalteten Stengeln erscheinen oder auf gleich gestalteten (E. palustre etc.) wıe- die unfruchtbaren. Die einen sterben nach der Sporenaussat ganz ab, die anderen werfen nur ihren fertilen Gipfel ab. Vorgebildet sind aber auch die Aehren bereits in der unterirdischen Knospe, die am Rhizom entsteht. Wichtige und constante Unterscheidungsmerkmale bieten die lebenden Eguwisetum-Arten nicht so sehr ın der Organisation der Stengel, Blätter, Aehren, sondern mehr noch in den Spaltöffnungen. Dieser Pflanzenkreis, wie er heute in seinen lebenden Ver- tretern erscheint, ist somit ausserordentlich scharf abgegrenzt. Keine andere Gruppe der Gefässkryptogamen ist von den übrigen so geschieden, wie die Equiseten von ihnen und erst durch Hinzu- ziehen der fossilen Verwandten erweitert sich ihr Kreis und ver- ringert sich auch diese Kluft. Gegenüber den neuesten Bestrebungen, die fossilen Oalamarien allzu sehr in dem Halblichte der heutigen Equiseten zu beleuchten, möge auf einige wenige Punkte verwiesen werden, welche eine ungleich grössere Verschiedenheit der alten Vertreter dieser Gruppe ergeben, als sie die heutigen zeigen und welche beweisen, dass wirklich ehemals mehr und ganz andere Gattungen existirt haben als heute. Jene gegliederten Pflanzenreste, welche wir zu den’ Oalama- rien stellen, welche aber schon während der Steinkohlenperiode lebten, zeigen nur selten scheidenförmige Verwachsung der Blätter, so dass wir nicht einmal behaupten dürfen, dass die Gattung Kgw- setum selbst schon zur Steinkohlenzeit gelebt habe. Nur Kgwisetites nennen wir daher solche sterile Reste mit Scheidenblättern, zu denen wir die Reproductionsorgane nicht kennen. Und gerade das Equwisetum-Aehnlichste von allen hierher gehörigen Objecten, das ehemalige Egwisetum mirabile Sternberg’s, soll nach Stur ganz andere Organisation der Reproductionsorgane besitzen. jr 4 Equisetaceen und Calamarien. [90] Weitaus in den meisten Fällen sind die Blätter frei, doch stets kreisförmig gestellt. Schon SCHIMPER (traite de paleontol. veget. I, S. 255 u. 291) hat in Zusammenhang hiermit sehr klar auch die Astbildung ge- bracht. Die Aeste entspringen bei den Calamarien mit freien Blättern in den Blattachseln, die Blätter liegen dann unter dem Aste an der Spitze des nächst tieferen Internodiums. Nur die Calamarien mit scheidenförmig verwachsenen Blättern, unsere heutigen Equiseten, tragen ihre Aeste unter dem Blattquirl an dessen Aussenseite, also ebenfalls an dem oberen Ende des Gliedes. Allein dies gilt nur von den entwickelten, bereits aus der Oberfläche des Stammes hervorgebrochenen Aesten. Es ist sehr bemerkenswerth, dass die neuesten Untersuchungen über den Ur- sprung der Astknospen bei Kgwisetum ihre bisher angenommene endogene Entstehung widerlegt und dargethan haben, dass sie in den Blattachseln aus einer der Rille gegenüberliegenden Zelle dicht oberhalb der ringförmigen Blattanlage sich entwickeln und erst später das Blatt durchbrechend an der Basis desselben zum Vorschein kommen, so dass ihr Insertionspunkt und dessen Spuren (Astnarben) nicht die eigentliche Ursprungsstelle bezeichnet. Weit wichtiger ist die Verschiedenheit der Aehren. Alle, wenigstens alle besser bekannten Achren der Steinkohlencalamarien sind scharf gegliedert und es wechseln sterile mit fertilen Kreisen gesetzmässig ab. Die Organisation der fertilen Kreise ist nicht überall voll- ständig bekannt, aber man weiss, dass in gewissen Fällen das Trägerstielchen der Receptacula gänzlich fehlt (weshalb Manche diese Pflanzen, wie Volkmannia, Sphenophyllum, zu den Lycopo- diaceen brachten) oder auch durch Scheiben ersetzt wird (wie bei (ingularia). In den übrig bleibenden Fällen mit Sporangiophoren (Calamostachys, Palaeostachya etc.), gleichgiltig wo der Träger be- festigt ist und abgesehen davon, dass man eine schildförmige Er- weiterung der Spitze des Trägers bisher nicht überall beobachten konnte, ergeben sich die grössten Verschiedenheiten dieser fossilen Calamarien von den Equiseten darin, dass man bereits bei meh- [91] Equisetaceen und Calamarien. 5) reren dimorphe Sporen und Sporangien aufgefunden hat, dass den Sporen stets die Schleudern fehlen und dass man dagegen öfter die 3 Riefchen der Sporen wie bei Lycopodiaceen, welche auf kuglig-tetraödrische Form deuten, erkannt hat. In den einzelnen Fällen kommen gerade in den Aehren der Steinkohlencalamarien noch mancherlei Abweichungen vor, welchen in der Kgwisetum- Aehre nichts entspricht. Solche grosse Verschiedenheiten können nur in verschiedenen Gattungen ihren Ausdruck finden und begründen deren Existenz unzweifelhaft. Bedeutungsvoll ist, dass die auffälligeren Abweichungen sich, wie schon früher betont worden ist, gerade in den Aehren der fossilen Calamarien einstellen, wo bei den lebenden grosse Gleich- förmigkeit herrscht, während in den sterilen Theilen so weit gehende Unterschiede nicht gefunden werden. Obschon auch für diese mehrere Gattungen aufgestellt worden sind, sind ihre Unterschiede doch geringer als sie sich in den Aehren ergeben und auch die Arten sind nicht so leicht zu begrenzen, weil ihre Formen sich in geringeren Variationen bewegen, so dass es gleichsam den An- schein gewinnt, als gäbe es weniger Arten unter den sterilen als unter den fertilen Theilen. Es ist sicher, welche Ansicht man auch sonst haben möge, dass die Gattungsmerkmale bei den fossilen Calamarien nur zum Theil mit jenen bei Kguwisetum übereinstimmen. Die Abweichungen ‚sind verschieden gross und eben daher entsteht die Frage, welcher Umfang dem Begriffe der Calamarien zuzugestehen sei, so bald wir die fossilen Verwandten mit aufnehmen. Für jeden Botaniker stehen ın dieser Frage die Keproductions- organe obenan und es knüpft sich an die Darlegung ihrer Organi- sation ein Haupttheil der Antwort. Den Sporen der Steinkohlen- calamarien fehlen — soweit bekannt — die Schleudern: werden sie also noch zu den Verwandten der Equiseten zählen? Man hat bisher hieraus noch keinen Zweifel abgeleitet. — Die Steinkohlen- calamarien haben beblätterte Aehren; auch dies hat noch Niemand gehindert, sie zu dieser Gruppe zu stellen. Einige fossile Calama- 6 Equisetaceen und Calamarien. [92] marienähren haben dimorphe Sporen ergeben !) und Sporen von tetraödrischer Form, ein Charakter, der als besonders bezeichnend sich bei den Lycopodiaceen findet: darf man jene also noch den Equiseten vergleichen? In diesem Punkte reihen sie sich den Ly- copodiaceen zwar durchaus an, aber alle übrigen Charaktere stimmen bei ihnen wieder mit denen anderer Calamarienähren, wo nur diese Merkmale nicht beabachtet werden. Man kann sie deshalb allein nicht abscheiden. Solchen gewichtigen Abweichungen gegenüber erscheinen viele andere nur gering, wodurch die fossilen Calamarien sich vor den Equiseten auszeichnen. Dass an Stelle der stielförmigen Träger bei Dquisetum eine tellerförmige zertheilte Scheibe bei Cingularia treten könne, ist zwar auffallend, aber auch dies nicht zwingend, die betreffende Pflanze aus der Familie auszuschliessen: wird doch in anderen Fällen (bei Stachannularia z. Th.) die Scheibe oder der Trägerstiel durch einen rosendornförmigen Fuss ersetzt. Mehrere Aehren aber lassen gar keinen besonderen Träger mehr erkennen, sondern die Sporangien befestigen sich unmittelbar in den Blattwinkeln oder sind gar schon ein wenig auf die Blätter selbst geschoben. Hier wäre wohl ein Grund gegeben, Pflanzen mit dieser Organisation eher zu den Lycopodiaceen als den Cala- marien zu rechnen und eine Grenze für letztere zu setzen. So 1) So ist es sogar bei Wiırvıamson’s neuester Entdeckung an Calamostachys Binneyana, wo dieselbe Aehre an der Spitze Sporangien mit Micro-, weiter unten solche mit Macrosproren trägt, wo aber beide an Eguwisetum-artigen Trägern an- geheftet und sonst überhaupt wie die übrigen Calamostachys organisirt sind. (On the organisation of the foss. plants of the coal-measures Part XI, 1881, S. 298, Taf. 54, Fig. 23—27. Vergl. auch N. Jahrb. f. Min., 1381, I, Ref. S. 316 und 1882, Ref. S. 464.) Das Gleiche fand vor Kurzem auch RexaurLr an einer verkieselten Aehre von Autun, die zu Palaeostachya wit blattwinkelständigen Sporangiophoren gehört: polyedrische Microsporen an der Spitze und sphaerische, 16 mal grössere Macro- sporen am Grunde, während er schon viel früher die Existenz von Macro- und Mierosporen an getrennten Bruchstücken anderer Aehren nachgewiesen hatte (Comptes rendus No. 7, 8.463). Er leitet daraus die Nothwendigkeit der Er- weiterung der Equisetaceen in heterospore und isospore ab, ähnlich wie bei den Lycopodiaceen, und hat dies in seinem Cours de Botanique fossile Il, 1882 be- reits durchgeführt. [93] Equisetaceen und Calamarien. AR wurde es von SCHENK und dem Verfasser gethan, was Spheno- phyllum betrifft, während REnAULT sogar eine Vergleichung dieser Gattung mit den Rhizocarpeen, speciell mit Salvinia, vorzieht, andere Autoren aber sie dennoch bei den Calamarien belassen. Diese Letzteren können für ihre Ansicht geltend machen, dass nicht sowohl die in der Gliederung ausgedrückte Tracht und äussere Structur der Stengeltheile eine gleiche ist wie bei den Equiseten und anderen Calamarien, sondern auch die Aehrenstructur durch solche Beispiele wie bei Palaeostachya mit blattwinkelständigen Trägern mit jener von Calamostachys vermittelt wird. Calamarien mit einfachen, einnervigen Blättern (Astrophylliten -artig) scheinen mitunter dieselbe Organisation der Aehren zu besitzen wie Spheno- phyllum (Volkmannia) und unterscheiden sich dann von den übrigen nicht weiter wesentlich. Allein diese Meinung, dass auch Volk- mannia und Sphenophyllum Calamarien-Gattungen seien, schien durch grosse Lycopodiaceen- Aehnlichkeit wenigstens von Spheno- phyllum, besonders wegen dessen 3seitiger, mittlerer Gefässaxe, aufgehoben zu werden. Gegenwärtig können die Vertreter der Ansicht, dass der Kreis der Calamarien auch die genannten 2 Gattungen einbegreife, noch eine Entdeckung von WILLIAMSON für sich verwerthen, wonach Calamostachys Binneyana eine solche Skantige Gefässaxe besitzt wie Sphenophyllum, nur wie es scheint nicht so scharf ausgesprochen als dort. Und wir selbst werden bei Calamostachys Ludwigi diese Beobachtung zu bestätigen haben (vergl. Taf. 23 und 24). Viele andere Querschnitte von Calama- rienähren haben Aehnliches bisher nie ergeben. Dagegen lässt sich nicht läugnen, dass die Dreizahl bei Verzweigungen oder beim Entspringen anderer Organe, wie der Sporangienträger eines Kreises aus der Axe, auch dort öfters eine Rolle spielt, wo die centrale Gefässaxe eine Dreitheilung nicht zu erkennen giebt, wovon wir noch Beispiele selbst beibringen werden (vergl. Calamites ternarius, senarius etc.). Es geht hieraus hervor, dass Volkmannia und Sphenophylhum sowohl als auch die Lycopodiaceen enger mit den echten Calama- rien durch vermittelnde Glieder verbunden sind, als man früher glaubte. S Equisetaceen und Calamarien. [94] Leider nicht in allen Fällen ist man in der Lage, die Ver- wandtschaftsverhältnisse nach den Fructificationen beurtheilen zu können. Dann ist die innere Structur der Stammtheile das wich- tigste Merkmal. Gerade die Vergleichung derselben bei Kqwisetum und den fossilen Calamarien hat mehrere Botaniker auch in neuester Zeit zu recht abweichenden Schlüssen für gewisse Reste geführt. Im Querschnitt des Internodiums eines Eguwisetum sind die Fibrovasalstränge von einander isolirt, aber kreisförmig gestellt; sie umschliessen auf der Innenseite die kleineren wesentlichen Lacunen oder Carinalhöhlen, welche aus den später zerstörten, zuerst gebildeten Gefässen nebst zartwandigen Zellen zwischen ihnen entstehen. Rechts und links von der Lacune liegen nach aussen zu einige weite, netzartige Gefässe und radial nach aussen vor der Lacune der Phloömtheil des Stranges. Umhüllende Strang- scheiden treten zuweilen hinzu, eine gemeinsame Scheide für den ganzen Kreis der Gefässstränge ist vorherrschend. In der Rinde kommt meistens ein zweiter, äusserer Kreis von grösseren, soge- nannten Valecularhöhlen oder unwesentlichen Lacunen hinzu. Auch in dieser Beziehung finden sich grössere Verschieden- heiten bei den fossilen Vertretern. Selbst die krautartigen Glieder dieser Familie entsprechen nicht immer völlig dem ge- schilderten Baue von Zguwisetum, besonders wenn man Spheno- phyllum mit in den Kreis der Calamarien zieht. Am besten bekannt sind freilich in dieser Beziehung die Calamiten oder baum- artigen Vertreter. Denn nicht alle quergegliederten und längs- gerippten Stengel aus der Steinkohlenzeit waren halmartig ent- wickelt, mit weiter Höhlung und schwacher, fester Wandung wie Equisetum. _Calamodendron Brongn. (Calamitea Corda) ist fast massiv, mit höchster baumförmiger Entwickelung des Calamiten- stammes. Aber seine Structur, ebenso wie die von Arthropitys Göpp., wird seit BBRONGNIART (1849, tableau des genres de veget. foss.) von Manchen auf Gymnospermen bezogen. In Fällen, wo nicht blos Steinkernbildung eintrat, welche für sich allein noch nicht einmal die Existenz einer Centralhöhle be- weisen würde, sondern wo Verkalkung oder Verkieselung stattfand und dadurch die anatomische Untersuchung ermöglicht ist, hat [95] Equisetaceen und Calamarien. 9 man wiederholt die im Wesentlichsten gleiche Stammstructur ge- funden wie bei Kgwisetum: die Centralhöhle, die gesonderten .Gefäss- bündel mit Lacunen, den eigenthümlichen Verlauf der Bündel an der Gliederung. Aber in anderen Fällen zeigt sich, verschieden von Kquisetum, ein mehr und mehr entwickelter Holzeylinder, wie namentlich WILLIAMSON dies in vielen Präparaten nachgewiesen hat. Dieser Holzeylinder setzt sich gleichwohl noch aus getrennten Keilen zusammen, von denen jeder an seinem nach innen gelegenen Scheitel eine Lacune umschliesst, und welche durch primäre Mark- strahlen (Strahlenparenchym) getrennt und durch secundäre durch- zogen werden. Hierin kann man recht wohl den Calamarientypus auch im Sinne der heutigen Equiseten noch erkennen trotz Ver- wandtschaft mit Gymnospermenstructur. So betrachten es in der That WıLLıamson und SCHIMPER (Handb. d. Palaeont., II. Bd. 1880), indem sie die Holzkeile der Calamiten als weit entwickelteren Zu- stand der Fibrovasalstränge der Equiseten auffassen, sowie man es bei baumartiger Ausbildung erwarten könne. Auch Stur (Sitzungs- ber. d. Wiener Akad. d. Wiss., Mai 1881) ist dem beigetreten. Dem gegenüber würde auch das Zurücktreten oder Verschwinden der Luftkanäle oder Lacunen von geringem Gewicht sein. Man wird daher auch jetzt jene sächsischen Calamiten-Querschnitte, welche Geınıtz abbildete und die längere Zeit als Belege von solchen mit Luftkanälen versehenen Stämmen gegolten haben, wohl kaum mehr anders als nur zufällige Erhaltungszustände betrachten: der äussere Kreis von Lacunen fehlt den bekannt gewordenen Cala- miten mit erkennbarer Structur; freilich zeigt sich auch die Rinde nur selten erhalten. Die Beobachtungen von WILLIAMSON kann ich an Stücken bestätigen, welche den englischen sehr ähnlich sind. Vor einigen Jahren hat Herr WEDEKIND in Witten auf den Halden der Zeche Vollmond bei Langendreer in Westphalen Spatheisenstein-Con- cretionen mit Pflanzenresten mit deutlicher Structur aufgefunden und seitdem auf meine Bitte diese Vorkommen eifrig gesammelt. Sie rühren aus dem Hangenden von Flötz Fritz her. Dünnschliffe, welche an dem Materiale ausgeführt wurden, das der geologischen Landesanstalt durch die verdienstvolle Thätigkeit des Herrn WEDE- 10 Equisetaceen und Calamarien. [96] kInD zugekommen ist, haben an mehreren Calamiten die Resultate ergeben, die ich in den Holzschnitten Fig. 1— 3 verdeutlicht habe. Er 24} — Ir / N N 1} r} ir Il. IH 1 7 { N N tanz [} ) > N ig I 7 ja f A Kar? er 177 \ . ) = / N KU? ET | an N ar, er ae £ —IIZ Le n/ EN FI ae B X zT % L Bei vielen Calamiten zeigt der Querschliff die oben beschrie- bene Trennung in einzelne Holzkeile mit den primären Mark- strahlen dazwischen sehr vollkommen, wie dies auch in Fig. 1 [97] Equisetaceen und Calamarien. il rechts und in Fig. 2 wiedergegeben ist. In anderen Fällen aber findet mehr oder weniger schnell eine Vereinigung der benach- barten Holzkeile zu einem streckenweise oder ringsum geschlossenen Holzringe statt. In Fig. 1 ist dies nach einem Querschnitt eines dickwandigeren Calamiten (2,5"" dick ohne Rinde) dargestellt, an welchem sich die Keile (#) links schon sehr früh zusammenschliessen, rechts dagegen noch ganz getrennt bleiben, während das Markparenchym (5) links bald verschwindet, rechts bis zum äusseren Rande der Holzzone anhält. Auch in Fig. 2, einem Ualamiten mit weniger dickwandigem Holzeylinder (1,2”%”" ohne Rinde) angehörig, sind die Holzkeile «a mehr oder weniger getrennt, die Rinde d umhüllt noch (allerdings in weniger vollkommener Erhaltung) den Holzkörper. Dagegen liefert Fig. 5 ein Beispiel von Vereinigung der Holz- keile « zu einem Öylinder ohne trennende primäre Markstrahlen bei einem ziemlich dünnwandigen Calamiten (0,8”"" ohne Rinde), dessen Holzzone zum Theil recht wenig dick ist. Bei allen Präparaten findet sich im Scheitel des Holzkeiles der Querschnitt der Lacune ‘, indessen bei den verschiedenen Calamiten und oft auch bei demselben Exemplar von sehr ver- schiedener Grösse und Form. Bisher zeigte sich diese Stelle nie- mals völlig ausgefüllt, wie es von SCHENK neuerlich (Handbuch der Palaeontologie von ZiTTEL, Il. Bd. 1884, S. 237, Fig. 169 u. 170) für Arthropitys dargestellt worden ist; nur findet man mitunter in die Höhlung ; hineinragende offene Zellwände, die auf zerstörte Zellen hindeuten. Vergleicht man unsere Bilder mit den von SCHENK gegebenen von Arthropitys, so ist der Unterschied beider ein ziemlich geringer und wesentlich darauf beschränkt, dass man bei unseren (und den bisher bekannten) Calamiten hohle Räume i findet, die bei Arthro- piüys wirklich ausgefüllt erscheinen, was sowohl in der Erhaltung als in dem mehr oder weniger früh stattfindenden Verschwinden des ursprünglich vorhandenen Gewebes (wie bei Equwisetum) be- gründet sein kann. Sodann ist bei Arthropitys der Unterschied des primären und secundären Holzes viel deutlicher ausgesprochen als 12 Equisetaceen und Calamarien. [98] bei Ualamites, wo indessen mindestens die Anordnung der Tracheiden auf der Innenseite der Höhlen © anders ist als auf der Aussenseite. Auch SCHENK kommt übrigens zu dem Schluss, dass es der Auf- findung der Fructificationsorgane von Arthropitys bedürfe, um sie eventuell endgiltig den Gymnospermen einzureihen. Der eigenthümliche Verlauf, die Verschränkung der Fibro- vasalbündel an den Gliederungen, das Vorhandensein von Dia- phragmen !) sind dagegen Merkmale, welche nicht für Gymno- spermen, sondern Calamarien sprechen. Alle diese erst in neuerer Zeit gewonnenen Resultate so mannigfacher Untersuchungen können nur beweisen, dass der Kreis der Calamarien ehemals durchaus nicht so scharf nach allen Seiten abgeschlossen war, als es heute wohl sein muss, wo wir es nur mehr mit einer einzigen Gattung zu thun haben. Daraus folgt frei- lich gleichzeitig, dass wir untergeordneten Punkten der Organi- sation einen zu grossen Antheil bei der Vergleichung der fossilen und lebenden Calamarien einzuräumen uns hüten müssen. In diesem Falle aber würden wir uns ohne Zweifel befinden, wenn wir die blosse Existenz von dreierlei Nodialquirlen, der Blätter, Aeste und Wurzeln, als entscheidend für die Zugehörigkeit einer Pflanze zu den Calamarien ansehen wollten. STUR, der in seinem letzten grossen Werke (die Culmflora d. Ostrauer und Waldenburger Schichten) auch den Calamarien viel Aufmerksamkeit zugewendet hat, obschon gerade in den dort behandelten Schichten dieselben noch mehr zurücktreten, bevorzugt bei ihrer Betrachtung ganz besonders das gegenseitige Verhältniss der 3 von ihm sogenannten »Internodialgquirle« und baut allerdings damit eine Seite der Untersuchung aus, welche bisher wohl zu wenig beachtet sein mag. Allein daraufhin, weil die so bezeichneten Charaktere an den fossilen Oalamarien noch am häufigsten und leichtesten beobachtbar sind, während Fructification und Stamm- structur seltener für die Untersuchung zugänglich werden, können sie doch nicht als entscheidend in der Frage der Zugehörigkeit eines Restes zu den Calamarien erklärt werden. !) Bei Calamites ramosus habe ich schon längst deutliche Diaphragmen an den Astnarben beobachtet und beschrieben, [99] Equisetaceen und Calamarien. 13 Vor allen Dingen fehlt den Stur’schen Deductionen der funda- mentale Nachweis, dass die von ıhm als Blatt-, Wurzel- und Ast- narben gedeuteten kleinen Male dies auch wirklich seien. Die verkehrte Aufstellung der Stücke bei Stur, die im nächsten Kapitel anzustellende Discussion über die Natur der Knötchen, welche für dıe Einen Blattnarben, für WıLLıamson Lenticular- organe bedeuten, bekunden den hypothetischen Boden, auf welchem sich die Stur'schen Darlegungen bewegen. Nur dadurch, dass ein zu grosser Nachdruck auf jene »Inter- nodial-Knospenquirle» gelest wurde, erklärt sich auch die Meinung Stur’s, dass z. B. Pflanzen mit Fructificationen und Blättern wie Sphenophyllum zusammen wit Asterophylliten und Calamostachys auf einem und demselben Calamitenstamme gewachsen seien. | Diese Vorstellung ist in neuester Zeit von ihrem Urheber zu einer Theorie ausgebildet worden (s. Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wiss., Mai 1881), deren ungewöhnlicher Standpunkt eine kurze Erläuterung erfordert. Schon bei Eyuisetum machte Mırpz darauf aufmerksam, dass gewisse Arten homomorphe, andere heteromorphe Aeste besitzen; jene sind glatt, diese kantig. Analoges findet Srur bei den Steinkohlen-Calamarien. Asterophylliten und Annularien entsprechen nach ihm den homomorphen, glatten, Sphenophyllum den heteromorphen, kantigen FEquisetum-Aesten. Zu letzteren gesellte sich auch von beblätterten, sterilen Zweigen, was er wieder Volkmannia nennt, wie ehemals STERNBERG (nach Srur aber mit einmal gabligen Blättern). Die Verschiedenheit der Blätter zeichnet sie stets als heteromorphe Theile (nach Srur) aus, auch dann, wenn ihre Stengel nicht kantig sind. Asterophylliten und Annularien aber tragen Aehren, welche Srur Brukmannia, Andere Calamostachys und Stachannularia nennen; während sogenannte Volkmannia-Achren (wozu Srur nicht nur Volk- mannia in unserem Sinne, sondern z. B. auch Palaeostachya vechnet) besonders den Sphenophyllen zukommen sollen. "Nach Rexaurr’s Beobachtungen an einigen Aehren besitzen jene Microsporen, diese Macrosporen; also seien die homomorphen Aeste der Calamiten, d. h. Asterophylliten und Annularien, nichts anderes als solche Zweige, die Microsporangien mit Microsporen erzeugen, dagegen hetero- morphe Aeste derselben Calamiten seien die Sphenophyllen und Volkmannien, welche nur Macrosporangien mit Macrosporen entwickeln. Ja es lässt sich (nach Srur) zurückschliessen, dass, da bei den lebenden Equiseten nur die homomorphen Aeste noch Aehren treiben, die heteromorphen dagegen nie oder in Missbildungen ausarten, die letzteren nur die Fähieckeit, Macrosporen zu erzeugen, verloren haben. — Es folgt (nach Srur) hieraus, dass jedem Calamiten sowohl Zweige mit Miero- sporen und Asterophylliten- oder Annularienblättern, als auch Zweige mit Macro- sporen und Sphenophyllen- oder Volkmannienblättern zukommen, 14 Equisetaceen und Calamarien. [100] Von den Thatsachen, auf welche sich diese Lehre gründet, kennen wir allerdings noch nichts, als dass solche verschiedene Zweige theils in Gesellschaft, theils anhängend an gewissen Stengel- resten von gleichem Ansehen (nicht einmal Calamiten-Stämmen) vom Autor beobachtet wurden. Diese Beiträge werden Belege dafür bringen, dass Calamiten recht verschiedene Fructificationsorgane getragen haben, so (ala- mites ramosus (alamostachys- Aehren, dagegen (alamites arborescens Palaeostachya-Aehren. Aber selbst wenn, was «gewiss nicht der Fall ist, alle übrigen Calamarienähren auf Pflanzen mit Calamiten- stämmen gewachsen wären, so würde daraus doch nicht folgen, dass sie alle einer Gattung angehörten und etwa die einen homo- morphe Theile mit Microsporen, die anderen heteromorphe mit Macrosporen seien, sondern man müsste vielmehr den Calamiten- theil der Pflanze als schlechterdings unbrauchbar zur weiteren Systematik dieser Pflanzengruppe erkennen und erklären. Glück- licherweise wird aber durch die inzwischen von WILLIAMSON ge- machte und oben citirte Beobachtung jetzt endgiltig festgestellt, dass die ganze Theorie unhaltbar ist, da ein und dieselbe Aehre von (alamostachys Binneyana Microsporen an der Spitze und Macro- sporen am unteren Theile trägt, diese Organe also nicht verschie- denen homomorphen oder heteromorphen Zweigen übertragen sind. Von anderen Autoren wurde gegenüber der Annahme, dass Sphenophyllum und Asterophyllites demselben Calamiten entsprossten, die höchste Unwahrscheinlichkeit betont, dass Sphenophyllum mit seiner dreikantigen, soliden Gefässaxe zu den hohlen Axentheilen der Calamiten passe, wenn auch bei beiden in der Nodialgegend sich die Anlagen der Aeste, Blätter und Wurzeln finden. Auch sind nach den Bestimmungen von STUR selbst die auf- gestellten Stellungsgesetze für die 3 Nodialquirle nicht constant und weder zu Gattungs-, noch zu Artunterschieden tauglich. Ueber- einstimmung mit Zguisetum ist selten, und für letzteres selbst ist daran zu erinnern, dass der erste Ursprung der Astknospe (s. oben S. 4) nicht unter dem der Blätter liegt, wie später allerdings, son- dern über ihnen und alternirend mit ihnen, somit nicht constant bleibt. u ae A Aue [1 0 1] Equisetaceen und Calamarien. | 15 Wenn es wegen der grossen Mannigfaltigkeit der wichtigsten Organe der Calamarien nöthig erscheint, verschiedene Gattungen bei ihnen zu unterscheiden, um diese Verschiedenheiten zum Aus- druck zu bringen. so geht aus dem Vorstehenden zugleich hervor, dass diese Gattungen nicht auf die Nodialquirle basirt werden dürfen, wenn man den botanischen Grundsätzen folgt, sondern ohne Aus- nahme auf die Fructificationsorgane gegründet werden müssten, wenn wir in der Lage wären, dieselben bei jeder Species sicher zu bezeichnen. Das eigenthümliche Verfahren der Phytopalaeontologie aber, getrennt gefundene Pflanzentheile oft mit getrennten Gattungsnamen zu belegen, weil ihre Zusammengehörigkeit noch nicht hinreichend bewiesen ist: Gattungen, welche natürlich nur provisorische sein können, ist — wie wir leider auch heute wieder constatiren müssen — noch immer nicht zu entbehren. Daher fallen Namen wie Calamites und Calamostachys nur zum Theil zusammen, denn ihr Umfang ist nicht derselbe. Calamites ramosus, Annularia ra- mosa (cf. radiata) und Calamostachys ramosa gehören allerdings zu derselben Art, allein Annularia longifolia, Annularia sphenophylloides mit ihren ((alamostachys-Aehren sind im Gegensatze zu jener solche Pflanzen, die nicht auf Calamiten wuchsen. » Calamites« wird sich naturgemäss bei hinreichender Kenntniss aller Reste einst in ebenso viele Gattungen auflösen müssen, als an ıhm Fruchtgattungen vorkommen. Aber nicht jeder Calamarien- ähre wird auch ein Calamit entsprechen, denn nichts hindert uns, zu glauben, dass auch ın der Steinkohlenzeit so gut wie jetzt baum- und krautartige Pflanzen friedlich neben einander als Spe- cies derselben Gattung existirt haben werden. Und trifft dies zu, so ist auch der Name Calamites zwar für unsern Gebrauch bei dem Stande unserer Forschungen ein höchst nützlicher, für die Wissenschaft aber nur ein höchst provisorischer. Wir können die obigen Erörterungen, insbesondere die Ver- gleichung der fossilen Steinkohlen-Calamarien mit den Equisetaceen der heutigen Welt, dahin zusammenfassen, dass bei keiner der ersteren eine volle Uebereinstimmung mit den letzteren bekannt geworden ist, dass also danach die Gattung Zguwisetum oder die 16 Equisetaceen und Calamarien. [102] eigentlichen Equisetaceen unter jenen alten Vertretern fehlen. Wohl sind die heutigen Equisetaceen Calamarien, nicht aber sind die fossilen Steinkohlen-Calamärien Equi- setaceen im Sinne der heutigen Flora, ja zum Theil sehr beträchtlich abweichende Pflanzen, die sich an- deren Familien mehr oder weniger stark nähern. Die nachfolgenden Blätter werden hierzu manche Belege bringen. Sie sollen zuerst noch einige allgemeine Organisations- verhältnisse der fossilen Calamarien behandeln und sodann im systematischen Theile die grosse Mannigfaltigkeit der Formen zeigen, mit welchen die Natur jene fernen Zeiten ausstattete. Gerade aber die Nodialquirle werden uns manche beachtens- werthe Gesichtspunkte kennen lehren. 2. Stellung der Calamiten. (’alamites im weitesten Sinne liefert uns Reste, welche durch ihre Gliederung ein so gleichartiges Aussehen des oberen und unteren Endes erhalten, dass man vor manchem Anderen wünschen wird, Mittel an die Hand zu bekommen, um die Stellung oder Richtung der Stücke, das Oben und Unten an ihnen, sicher zu entscheiden. Hierüber haben die Ansichten noch bis in die neueste Zeit gewechselt. BRONGNIART in seinem histoire des veg. foss. gehörte damals zu jenen, welche den Calamiten eine solche Aufstellung gaben, dass die Blätter an das untere Ende der Glieder verlegt, die mitunter vorkommenden kegelförmig auslaufenden Enden solcher Stämme nach oben gerichtet wurden. Später erkannte man die umgekehrte Stellung als die richtige an, und diese Ansicht blieb längere Zeit die herrschende. Neuerdings jedoch kehrt STUR zu derselben Aufstellung zurück, wie sie früher STERNBERG, BRONGNIART u. A. gebrauchten. Bei den so eingehenden Studien, welche der Wiener Autor gepflogen, kann man sich über die neueste Aende- rung der bisherigen Auffassung wundern und es ist dem auch von Anderen (s. ROTHPLETZ, N. Jahrb. 1881, I, S. 319) bereits wider- sprochen worden; indessen werden wir bei näherer Betrachtung für manche Fälle die Schwierigkeit anzuerkennen haben, die so einfach scheinende richtige Stellung eines Bruchstückes festzusetzen, wenn wir die hierbei in Betracht kommenden Umstände beachten. In den gewöhnlichsten Fällen hat man Stammstücke ohne Verzweigung und ohne Beblätterung vor sich. Nur die an einem Ende der Rippen stehenden rundlichen oder elliptischen Narben 2 18 Stellung der Calamiten. [104] oder Knötchen gaben dann, wenn sie vorhanden, einen Anhalt zur bestimmten Aufstellung des Bruchstückes. Da sie in neuerer Zeit als Blattnarben galten, mussten sie, der Stellung der Blätter bei Eqwisetum und überhaupt bei gegliederten Pflanzen gemäss, an das obere Ende des Internodiums oder auf die Unterseite der Nodiallinie verlegt werden. Nicht selten beobachtet man auch an beiden Enden der Glieder solche Knötchenreihen, also auf jeder Seite der Nodiallinie; jedoch bleibt die eine von ihnen dann deut- licher, wird auch oft von grösseren Knötchen gebildet als die andere und diese constantere von beiden galt als Blattnarbenreihe. Ihre Stellung bestätigt sich z. B. durch unsere Fig. 1 auf Taf. II bei Calamites Suckowi, wo an einem kegelförmig entspringenden Stämmchen die Knötchen sich am oberen Ende der Rippen befinden. Aber diese Knötchen haben nicht immer als Blattnarben (oder eigentlich, da sie unter der Rinde am Steinkern auftreten, Blatt- gefässbündelspuren) gegolten, während über die zweite, seltener sichtbare Reihe am unteren Ende der Glieder sich noch weniger eine endgiltige Meinung herausbildete. Eine andere Ansicht über ihre Natur lieferte in neuerer Zeit Wirrrauson gelegentlich mehrerer Abhandlungen über Organisation von Calamiten). Er beobachtete als inneren Kern eines Calamiten- bruchstückes ein kegelförmig gegliedertes Ende eines Calamiten- zweiges, von dessen Knötchen noch Radien wie Speichen hori- zontal nach aussen strahlen. Er nennt sie Infranodialcanäle, später Lenticularorgane, und weist in der letzten Abhandlung nach, dass sie anfänglich aus feinzelligem Gewebe bestehen, welches schnell zerstört wird, und dass sie nach Ausfüllung des entstandenen Canales durch Gestein oder mineralische Substanz als strahlen- förmige Verbindung der Centralhöhle mit der äusseren Oberfläche erscheinen, welche etwa den Markstrahlen vergleichbar wären. Auf ) On the structure of the woody zone of an undescribed form of Calamite, Memoires of the Lit. a. Phil. Soc. of Manchester vol. IV, 1869 S. 155 (Taf. I Fig. 1 u. 2). — On the organisation of the foss. plants of the Coal-measures, Part I, Calamites. Philos. transact. Royal Soc. of London 1871 (Taf.23 Fig. 1, 2, Taf. 26 Fig. 22—28). — Ebenda Part IX, 1878 (Taf. 21 Fig. 31, Taf. 20 [105] Stellung der Calamiten. 19 beiden Seiten, unter und über der Knotenlinie finden sich ähnliche Organe in den Spitzen der Rippen, daher meist alternirend ge- stellt. Die der oberen Reihe enthalten Gefässe und werden von WrrLıamson deshalb als Ursprung von Blättern (?) und Aesten betrachtet, während die Bedeutung der unteren Reihe nicht ent- räthselt werden konnte. Damit bleibt aber auch die Erklärung der gewöhnlichen Knötchenlinie als Blattnarbenreihe ausgeschlossen und solche Calamiten, welche diese Knötchen zeigen, schlug W ILLIAMSON vor mit dem Namen (alamopitys zu bezeichnen !). Bei anderen Autoren hat diese Ansicht Aufnahme nicht gefunden; man scheint vorzuziehen, die bekannten Knötchen als die Spuren appendiculärer Organe zu betrachten. Auch GraxnD’ Eury deutet sie als unent- wickelte Scheidenzähne. Statt die über das obige Stück mit Radspeichen anderweitig geäusserte Vermuthung (N. Jahrb. f. Min. 1870 S. 1035), dass hier ein weites Calamitenglied aus dem oberen Theile desselben Stammes über das untere kegelförmige Ende geschoben worden sei, anzu- nehmen, will ich meine Beobachtungen über jene » Lenticularorgane« hier einfügen. Die Erscheinung der von WILLIAMSON beschriebenen, von den Knötchen am oberen Ende der Rippen ausgehenden »Radspeichen« ist ganz ähnlich auch mir an einem oberschlesischen Exemplare vorgekommen, das die geologische Landesanstalt durch Herrn Dir. ASCHENBORN in Tarnowitz von Radischau bei Antonienhütte er- halten hat. Auch hier ist es ein kegelförmiges Ende eines Cala- miten, dessen Rippen oben kurze Fortsätze horizontal auf die Knötchen aufgesetzt zeigen; es steckt ebenfalls in einer Hülle mit Längsrippung, zum grösseren Theile ist aber der äussere Calamiten- theil verloren gegangen. Dass diese radialen Stäbchen oder Speichen ) Die Gattung (Calamopitus nach W.’s Schreibweise) gründet der Autor (1869, 1. c. S. 174) auf den aus netzförmigen Gefässen mit Markstrahlen gebil- deten Holzkörper, welcher noch Wirtel von Markstrahlen (eben die obigen »Lentieular-Organe«) in der Nähe der Gliederung besitzt. — Der Name Calamo- pitys ist übrigens schon von Unger vergeben für Reste aus dem Cypridinen- schiefer von Saalfeld (s. Rıcurer und Unxcer, Beitr. zur Palaeont. des Thüringer Waldes 1856). 20 Stellung der Calamiten. [106] nichts Zufälliges sind, geht aus der Erscheinung zur Genüge hervor, aber es lassen sich hier keine weiteren Beobachtungen machen. Dagegen ist ein anderer Fall von Bedeutung. Das Exemplar eines (alamites Suwckowr von Oberhohndorf bei Zwickau, Taf. XVII Fig. 5, welches schon GEintTZ abgebildet hat und freundlichst lieh, hat das besondere Interesse, dass die Knötchen an den Enden der Rippen als kurze horizontal aufgesetzte Cylinderchen über die Oberfläche des Steinkernes bis etwa 1,5"" hervorragen (Fig. 5a), deren äussere Begrenzungsfläche einen centralen markirten Punkt zeigt. Eben deshalb lassen sie vermuthen, dass sich hier zugleich Stränge befanden, welche nach appendiculären Organen verliefen. Dieser Umstand ist offenbar der WırLıamson’schen Deutung als Lenticularorgane nicht günstig. Schwierig aber würde weiter zu beantworten sein, wenn man jene Auffassung fallen lässt, ob die appendiculären Organe Blätter oder Wurzeln gewesen seien? Vergleicht man die wenigen Fälle, wo direct Wurzeln von den Gliederungen abgehend beobachtbar sind (z. B. in meinen Beitr. 1876, Taf. XIX Fig. 1) und mindestens scheinbar an den Knötchen anhängen, mit jenen, wo ohne Zweifel Blattnarben vorliegen (diese Beitr. Taf. I Fig. 1), so finden sich keine durchgreifenden oder leicht wahrnehmbaren Unterschiede für diese Knötchen. Daher wird auch jetzt noch diese Frage in vielen Fällen unentschieden bleiben. Schon ihre Stellung, ausser Verbindung mit den Rillen des Stammes, in welchen man die Gefässstränge verlaufend annimmt, lässt Zweifel über ihre Natur zurück. An Präparaten von west- phälischen Spatheisenstein - Versteinerungen, die schon oben er- wähnt wurden (S. 9), habe ich zum Theil die Beobachtungen von WILLIAMSON bestätigen können. Tangentialschliffe von Calamiten zeigen die zu den Knötchen führenden, horizontalen Kanäle, oder richtiger Cylinder, zum Theil oder fast mit Zellen ausgefüllt, wäh- rend WILLIAMSOM sie ganz ausgefüllt sah. Die kanalförmigen Cylinder führen direct nach der Markhöhle oder dem hohlen Uentralraum des Stammes. Radialschliffe haben leider bisher wegen unvollständiger Erhaltung des ausfüllenden Gewebes nicht ent- a 1 0 7] Stellung der Calamiten. 21 scheiden lassen, ob der ganze Oylinder nur mit markartigen Zellen oder ın der Mitte noch mit einem Gefässbündel oder mit Tracheiden versehen ist. Radialschliffe hat WırLıamson nicht publicirt, und nur diese können entscheiden, ob solche zu appendiculären Organen führende Stränge vorhanden sind. Welche Bedeutung man nun auch den Knötchen einräumt, so würde man doch stets diejenige Reihe, welche die Blatt- narbenreihe darstellt, an das obere Ende des Gliedes zu ver- legen haben, wie die Analogie mit Kquwisetum etc. verlangt. Diese Analogie trügt auch nicht bei den fossilen Calamarien. Astero- phyllites, Annularia, auch Sphenophyllum (wenn man letztere Gat- tung bei den Ualamarien belässt) tragen die Blätter am oberen Ende ihrer Glieder, von Egwisetites ıst es selbstverständlich. Das Gleiche nun ist in den wenigen Fällen an Oalamiten zu beob- achten, wo man direct ansitzende Blätter gefunden hat. Das wichtigste Stück unter allen, welche hierüber Aufschluss geben, ist der auf Taf. I Fig. 1 abgebildete Calamites (Calamitina) varians von Wettin (insignis, s. unten). Es ist nämlich das ein- zige Stück, welches gleichzeitig Steinkern (S) oder besser den Abdruck des Steinkerns und die äussere Oberfläche (7) mit hin- reichenden Spuren der Beblätterung (r) deutlich erkennen lässt. Die eingehende Beschreibung wird im systematischen Theile dieser Abhandlung erfolgen; hier ist nur darauf zu verweisen, dass die Stellung des Stückes in der Figur durch das Auftreten der Blatt- reste gegeben ist, welche man an mehreren Stellen, am vollständig- sten bei / an der zweiten Gliederung von oben, wahrnimmt. Diese Stellung wird durch die übrigen auf derselben Tafel, namentlich in Fig. 2 und 3 dargestellten Stücke, bestätigt, welche nur Ober- fläche mit Beblätterung zeigen und desselben Ursprunges sind. Dass die Blattbasen (n) dieser Stücke unter die Quergliede- rung heruntergehen, die Blätter also am oberen Ende der Glieder stehen, ist in vorzüglicher Deutlichkeit an dem Stück Fig. 3 zu sehen, und damit ist die Frage für den vorliegenden Fall ent- schieden. In einem zweiten Falle (Calamitina semicircularis) erhält man dasselbe Resultat. Von Bras bei Radnitz in Böhmen hatte 22 Stellung der Calamiten. [108] C. FeistmanteL bereits äussere Oberfläche mit Blättern eines Calamiten beschrieben und abgebildet, an welchen ich (Steinkohlen- Calamarıien 1876 S. 129) die Blätter anders deuten zu müssen glaubte. Nachdem Herr C©. FEISTMANTEL hiergegen remonstrirt und aufs Neue sein Stück und ein ähnliches beschrieben (Verhdl. der k. k. geol. Reichsanst. 1879 S. 228), hatte derselbe auch die Güte, mir seine Originale zur Ansicht zu übersenden, wodurch es mir möglich wurde, die Vergleichung mit den Wettiner Stücken vorzunehmen und eine neue Abbildung von dem böhmischen zu liefern). Danach ist auch für mich jeder Zweifel gehoben, dass die von FEISTMANTEL richtig erkannten Blätter nicht auch solche seien, und ein Blick auf Taf. XVI Fig. 6 lehrt, dass die pfriemlich- lanzettlichen Blätter an dem oberen Ende jedes Gliedes entspringen, wo sie von kleinen Polstern getragen werden, die beim Abfallen der Blätter die Blattnarben bilden. Als ein drittes Beispiel ist ein Stück von Langendreer in Westphalen aufzuführen, das ich auf Taf. XVII Fig. 2 abgebildet habe. Auch hier gehen die angedrückten Blätter über die Gliede- rung hinweg und entspringen auf dem oberen Ende des unteren Gliedes. | Selbst das auf Taf. XVII Fig. 3 noch abgebildete kleine Bruchstück von Recklinghausen in Westphalen kann als Beweis dafür dienen, dass die Blätter am oberen Ende der Stengelslieder gesessen haben; denn obschon hier die Gliederung nicht vorhanden ist, beweist doch der Zusammenhang der Blätter mit der Oberhaut, dass diese nur vom oberen Ende des Stammgliedes herrühren konnte. Die Oberhaut des nächsten Stammgliedes ist an der Gliederung abgerissen und so krönen die stehengebliebenen Blätter noch zum Theil das untere Stück. In gleicher Weise bleiben bei Egquwisetum die Scheidenzähne am oberen Ende eines Stengelgliedes stehen, wenn man das darüber folgende Glied abreisst. In allen diesen Fällen lässt die Richtung der aufrecht an- gedrückten Blätter keinen Zweifel über das Oben und Unten. ) Die ausführliche Beschreibung siehe im systematischen Theile unter U, varians semicircularis, [109] Stellung der Calamiten. 33 In einem früher von mir bekannt gemachten Falle (Steinkohlen- Calamarien I, 1876 S. 128, Taf. XVII Fig. 1, Calamitina Göpperti Ett.) stehen die Blätter ziemlich steil vom Stamme ab, wennschon sie sich dann aufwärts biegen. Die übrigen Verhältnisse, wie die Stellung von Blatt- und Astnarben, stimmen jedoch ganz mit jener bei dem Wettiner Stücke, so dass die a. a. O. gegebene Aufstellung dieses Radnitzer Stückes wirklich nur die richtige sein kann. Vielleicht gehören alle hier erwähnten Beispiele derjenigen Calamitengruppe an, welche sich durch periodische und dicht sedrängte Astnarbenquirle auszeichnet und welche ich schon in meiner früheren Abhandlung Calamitina nannte. Sieht man von dem Calamites transitionis ab, so ist aus anderen Calamitengruppen kein solches Beispiel der noch ansitzenden und gut erhaltenen Blätter bekannt. Denn was GEINITz bei Calamites Suckowi von etwaiger Blattbildung abgebildet hat, ist noch sehr unvollkommen erhalten. Erwünscht wäre die Beobachtung der Beblätterung auch in solchen Fällen, wo andere Öalamiten vorliegen, sehr; inzwischen sind wir auf die obige Analogie und die Uebereinstimmung mit Equwisetum angewiesen, wenn wir das gleiche Verhältniss der Blatt- stellung für alle Calamiten annehmen und als Regel festhalten, _ dass die Blattnarben nur am oberen Ende jeden Gliedes auftreten können, wie es schon seit längerer Zeit richtig er- kannt war. Es wäre also leicht, die Stellung eines Stammstückes zu be- stimmen, wenn dasselbe Blattnarben zeigt. Indessen haben wir schon oben (S. 20) angedeutet, dass mit den Blattnarben nicht ohne Weiteres jene so oft erscheinende Knötchenreihe an den Enden der Rippen des Steinkernes identificirt werden darf, weil solche Knötchen auch da zum Vorschein kommen, wo Wurzeln sitzen oder gesessen haben. In solchen Fällen, wo eine sichere Deutung der Knötchen nicht ausführbar ist, wird es auch künftig öfters unausbleiblich sein, dass Calamitenbruchstücke in verkehrter Lage abgebildet werden. Etwas häufiger als beblätterte Calamitenstäimme finden sich Verzweigungen, an denen sich das Unten und Oben sofort er- giebt. Die bisher bekannt gewordenen Fälle, sowie die meisten 24 Stellung der Calamiten. [110] der hier darzustellenden zeigen kegelförmig und mit abgekürzten Gliedern beginnende Zweige, die von der Gliederung eines Stam- mes ausgehen. Gerade diese tragen, wie auch dies schon von mehreren Autoren dargestellt und längst bekannt ist, an den oberen Enden der Glieder oft die deutlichsten Knötchen. Dies findet man z.B. in den Stücken bestätigt, welche auf Taf. II Fig 1 (Zweig mit Knötchen), Taf. III Fig. 2 (Haupt- und Nebenstamm mit Knötchen), Taf. IV Fig. 1 (Hauptstamm mit deutlicheren Knötchen als der Seitenstamm) abgebildet sind, auch bei anderen, aber weniger gut erkennbar. Die meisten kegelförmig zulaufenden Calamitenstücke, welche man nicht selten isolirt findet, zeigen ganz dasselbe recht gut. Diese conischen Spitzen aber mit abgekürzten Glie- dern sind bisher nie anders gefunden worden als in solcher Ver- bindung, wie sie Stämme zeigen, welche unterirdisch aus Rhizomen entspringen, so dass in den obigen Fällen der »Hauptstamm« das kriechende Rhizom, der »Nebenstamm« oder Zweig erst den nach oben gerichteten, noch immer unterirdischen Theil eines Stammes darstellt. Gerade diese Theile aber tragen sehr häufig Wurzeln, und obgleich ihre Stellung ganz unzweifel- haft ist, so bleibt doch die Bedeutung ihrer Knötchen nicht selten unentschieden. Zweige, welche den oberirdischen Theilen des Calamiten angehören, sind weit seltener noch am Stamme ansitzend gefunden worden. Dahin aber gehören von unseren vorliegenden Originalen die auf Taf. VII Fig. 1 und 2 abgebildeten und wohl ebenfalls sicher die auf Taf. IX Fig. 1, Taf. X Fig. 1, endlich das schöne Stück Taf. V Fig. 1, welches zwar in seinem Hauptstamm den Calamiten- charakter (scharfe Rippung) weniger scharf ausgeprägt zeigt, von dem sich indessen mit grösster Wahrscheinlichkeit die Zugehörig- keit zu (alamites ramosus ergeben hat. In allen diesen Beispielen sind die Zweige von lang cylin- drischer Gestalt, weder conisch verschmälert, noch mit abgekürzten Gliedern. Auch diese Stücke tragen zum Theil noch Wurzeln; Knötchen sind bei ihnen weniger scharf oder gar nicht beob- achtet, | ad [111] Stellung der Calamiten. 95 Aus dem Erörterten geht hervor, dass die richtige Aufstellung von Stammstücken, die nicht verzweigt sind und keine Blätter tragen, durchaus abhängig ist von der Möglichkeit der Deutung der Knötchenreihen als Blatt- oder als Wurzelspuren. Die wahrscheinlichste Stellung bleibt immer die, dass die deutlichere Knötchenreihe an das obere Ende der Glieder verlegt werden muss, 3. Beblätterung der Calamarien. Unter den dreierlei Nodialquirlen der Calamiten sind es die Blattwirtel, welche sich an die vorhergehende Besprechung zu- nächst anschliessen, insofern sie die Stellung der einzelnen Stücke sofort entscheiden würden. Da man aber in der Regel von Cala- miten nur den Steinkern, selten die äussere Oberfläche erhalten - vor sich hat, so kann es nicht verwundern, dass ansıtzende Blätter so selten beobachtet wurden. Dazu kommt, dass die Blätter wohl zumeist schon früh abfielen, nur bisweilen sich länger erhalten haben. Daher hat man sie zwar schon längst unter den Resten der Steinkohlenschichten gefunden und SCHLOTHEIM bildet sie unter dem Namen Poacites zeaeformis ab, aber in ihrem Zusammen- hang mit Calamites sind sie erst viel später erkannt. An Calamiten- stämmen ansitzende Blätter sind dem Verfasser aus eigener An- schauung kaum öfter als bei einigen Beispielen vom Typus der Calamitina varians bekannt geworden. Die an Calamitenzweigen vorkommenden Blätter werden wir zunächst noch abgetrennt lassen. Die Blätter an den Stämmen der Steinkohlen-Calamiten sind einfach und getrennt. Bei besserer Erhaltung findet man, dass sie aus zwei Theilen bestehen: einem Nageltheil an der Basis und dem eigentlichen Blatte, welches bei weitem der überwiegende Theil ist, auch oft nur allein zu beobachten. In Fig. 6 auf Taf. I ist ein Blatt des Calamites varians (insignis) in zweifacher Ver- grösserung isolirt dargestellt. Der kurze, nagelförmige Theil am unteren Ende ist deutlich abgesetzt und durch eine Querfurche von dem oberen Blatte geschieden; er wird ausserdem von einer Längsfurche halbirt. Das Blatt selbst ist lineal und wird bei den breiteren und besser erhaltenen Exemplaren von 3 Längslinien [115] Beblätterung der Calamarien. N durchlaufen, deren mittlere der Mittelnerv ist, während die beiden seitlichen durch einen zarteren Rand hervorgerufen werden, der sich nach unten und oben allmählich ausspitzt. Das Blatt ist da- - her in diesem Falle nicht als dreinervig aufzufassen, sondern ein- nervig wie die schmäleren Blätter anderer Exemplare, an denen man nur eine einzige Mittellinie, oft auch diese kaum findet. Der Nageltheil, welcher sich an den Wettiner Exemplaren der schmalen Form des Blattes anschliesst, kann ın anderen Fällen, wie bei dem Stück von Radnitz Taf. XVI Fig. 6, sich an der Basis beträchtlich verbreitern. Aehnlich ist es auch bei dem Stück ın Taf. XVII Fig. 2 aus Westphalen. Damit wird schon angedeutet, dass der Basaltheil des Blattes recht innig mit der Oberhaut des Calamiten verbunden ist. Wäh- rend die glatte Oberhaut, die nur durch sehr feine Längsstreifung sich auszeichnet, auch querrunzlig, aber wohl nur in Folge Austrocknens vor der Ablagerung, erscheint (s. Taf. I Fig. 3, Taf. XVII Fig. 2 u. 3), sich leicht von dem Körper des Oalamiten abstreift, so haften an ihr anscheinend die Blätter recht fest, wenig- stens in manchen Fällen, und erscheinen dann unter sich ver- bunden. Gleichwohl ist es leicht, sich zu überzeugen, dass man es nicht mit scheidenförmiger Verwachsung zu thun haben kann, besonders wenn man einen Blick auf das in Fig. 2 Taf. I abge- bildete Stück wirft, woran die Blätter meist noch durch etwas zwischengelagerte Schieferthonmasse von der Oberhaut des Cala- miten getrennt werden. Wie fest aber der untere Theil des Blattes an der Oberhaut manchmal haftet, geht aus Taf. XVII Fig. 3 her- vor, wo das in der Gliederung abgerissene Stück der Oberhaut noch die Blätter wie Fortsätze trägt (s. oben S. 22). In solchen Fällen scheint es gar nicht, als seien die Blätter zum Abfallen geneigt; indessen, nach gewisser herangereifter Zeit mag dies eingetreten sein; denn wir finden in den Fällen, wo die äussere Oberfläche der Calamiten vorliegt, meist statt der Blätter eine Reihe von Blattnarben, oft kettenförmig an einander gereiht oder auch zum Theil oder durchweg getrennt, wie in: Steinkohlen- Calamarien I. Theil (1876) Taf. XVII Fig. 2; diese Abhandl. Taf. IV Fig. 2, sowie Taf. VII Fig.-3, Taf. XI Fig. 1 und 2, 28 Beblätterung der Calamarien. [114] Taf. XVI Fig. 6—8, Taf. XVII Fig. 1; GEINITZ, Steink. Sachsens Taf. X Fig. 5 etc. Diese Narben zeichnen sich durch einen manchmal recht deutlichen, centralen Punkt aus, den Durchgangspunkt für das Fibrovasalbündel oder Blattbündel. Sie sind die eigentlichen Blattnarben, nicht die Knötchen an den Enden der Rippen des Steinkernes. Gleichzeitig mit jenen diese letzteren zu prüfen, ist nur äusserst selten möglich. Doch ist sicher, dass der Steinkern am oberen Ende seiner Rippen zugleich jene Knötchen enthält. Sehr lehrreich, aber sehr merkwürdig ist, was das in Fig. 1 auf Taf. I abgebildete Stück zeigt. Vergleicht man nämlich die Abstände der Blattnarben » mit der Breite der Rippen desselben Stückes (bei S), so ergiebt sich, dass auf gleiche Breite äusserlich nur halb so viel Blätter kommen als im Innern Rippen oder Knötchen vorhanden sind. Wenn nun die Knötchen ebenfalls von Blattbündeln herrühren, so ist dieser Umstand sehr auffallend. Denn unter der Voraussetzung, dass die Bündel von jedem Knöt- chen aus in je eine Blattnarbe fortsetzen, müsste die Wandung des Stammes eine so beträchtliche Dicke erreicht haben, nämlich gleich dem Radius des inneren Steinkernes, wie man es in diesem Falle unmöglich annehmen kann. Es bliebe ausserdem nur übrig, dass entweder die abwechselnden Bündel sehr bald verschwinden oder fehlschlagen, oder sie müssten sich, was sehr unwahrschein- lich ist, zu je zwei in ein Blatt vereinigen. Will man auch die Erklärung des Verschwindens der abwechselnden Blattnarben im Stamm nicht annehmen, so wird man wieder auf die WILLIAMSON- sche Deutung der Knötchen als Lenticular-Organe oder doch als Organe, welche mit den Blättern nichts zu thun haben, geführt (s. oben S. 18 — 20). Allerdings müsste auch, falls hier die Ana- logie von Eguwisetum gilt, der Ursprung des Blattgefässbündels nicht da liegen, wo die Knötchen am inneren Steinkern auftreten, sondern an einem senkrecht darüber gelegenen Punkte der Nodial- linie, in welchem sich die in den Rippen verlaufenden Stamm- gefässbündel vereinigen. Die Reihe rn’ desselben Stückes Taf. I Fig. 1 ist zwar eben- falls Blattnarbenreihe, welche unter den grossen Astnarben «@ ver- [115] Beblätterung der Calamarien. 99 läuft; hier erreicht die Breite der Blattnarben nicht das Doppelte der durchschnittlichen Breite der Rippen. Es würden also hier weniger Blattbündel als fehlgeschlagen zu betrachten sein oder die Rippen an dieser Stelle müssten vermehrt sein im Vergleich zu den anderen. Aber auch hier nähert sich die Entfernung der Blattnarben dem Doppelten derjenigen der Knötchen. Verschiedene Forscher betrachten bekanntlich die Astero- phylliten als Zweige der Calamiten, und ihre Beblätterung kommt der der letzteren wegen ihrer ganzen Gestalt und der Richtung nach aufwärts am nächsten. An dicken Asterophyllitenstämmen findet man eine Beblätterung sehr ähnlich derjenigen von Fig. 2 auf Taf. I, und erst an den dünneren Verzweigungen nimmt die- selbe den gewöhnlichen Habitus an. Schon STEININGER (geognost. Beschreib. des Landes zwischen der unteren Saar u. dem Rheine, 1840, Taf. I) bildete ein schönes Stück dieser Art, welches gleich- sam den Uebergang von Calamitenbeblätterung zu Asterophylliten zeist, unter dem Namen Annularia longifolia (= Ann. calamitoides Schimper, traite I, Taf. XXVI Fig. 1) ab. Ganz entsprechende Stücke von Wettin und Ilmenau in der geologischen Landessamm- lung lehren, dass hier die gewöhnlich Asterophyllites equisetiformis genannte Pflanze vorliegt, deren Blätter auch an älteren Theilen namentlich durch das Fehlen des Nageltheiles abweichen, der frei- lich auch bei Calamiten wohl nicht constant ist. Diejenigen, weiche die Asterophylliten als Zweige der Uala- miten auffassten, dachten sie sich gefiedert an solchen Calamiten, wie wir sie als (alamitina unterschieden haben und noch unter- scheiden werden. Der einzige Fall indessen, welcher von einer Calamitina mit blatttragenden Zweigen bis jetzt bekannt geworden ist und welchen RENAULT (Cours de Botanique foss. II, Taf. 17 Fig. 1) skizzirt, entspricht nicht den schön gefiederten Zweigen STEININGER's u. A., sondern besitzt einfache und unregelmässig oder quirlig verästelte Zweige mit Asterophylliten-Beblätterung. — Andere Autoren betrachten Asterophylliten mit Fiederzweigen, die in einer Ebene liegen, als selbständige krautartige Pflanzen. Beblätterte Zweige eines Oalamiten aber, nämlich des Cala- mites ramosus, liegen nun in dem reichlichen Materiale vor, welches 30 Beblätterung der Calamarien. [116] Herr Obersteiger VÖLKEL auf der Rubengrube. bei Neurode zu- sammengebracht hat und welches zu einer vollständigen Darstellung dieses Calamiten im systematischen Theile dieser Abhandlung die- nen wird!). Nicht die Stämme, sondern die schwächeren Zweige tragen hier noch Blätter und diese sind Annularienblätter. Ihre Form ist die, welche in den häufig isolirt auftretenden Wirteln bisher zum Theil Annularia radiata genannt wurden, - womit in- dessen auch andere Formen vereinigt waren, welche man jetzt wieder unterscheiden muss. Man kann daher diese Blätter nur als Annularia ramosa bezeichnen. Eimige Beispiele hiervon sind auf Taf. VI und Taf. XX Fig. I dargestellt. Das Nähere hierüber wird sich unten bei der Beschreibung von Calamites ramosus er- geben. Ist aber in diesem Falle die Zusammengehörigkeit der Annularienblätter tragenden Zweige mit Calamites ramosus be- gründet, so ist damit der Beweis geliefert, dass baum- und kraut- förmige Arten derselben Gattung sich auch unter den Steinkohlen- ‚Calamarien befinden. Denn von Annularia longifolia, deren Aehren gleiche Organi- sation besitzen wie (alamites (Calamostachys) ramosus, bewahren die Museen in Dresden (Geh. Rath Gemtrz) und Chemnitz (Dr. STERZEL) ausgezeichnete Exemplare von Lugau in Sachsen, in neuerer Zeit gefunden, wo die Breite des beblätterten, flach ge- drückten Stengelgliedes 43"", die Länge 83 — 93" beträgt; aber trotzdem lässt der Stamm nichts von den eigenthümlichen Cala- mitencharakteren wahrnehmen. Diese Annularia longifolia kann nicht zu den baumförmigen und kein Calamit als ihr angehörig gezählt werden trotz der bemerkenswerthen Grösse, während die kleinblätterige Annularia ramosa einen Calamitenstamm hat. Wichtig ist, dass jene Lugauer Exemplare an den noch beblät- terten Stengeln gleichzeitig Aehren von Stachannularia (Calamo- stachys) tuberculata tragen von 9°® Länge, womit auch die Frage der Identität von Ann. longifolia und Stachann. tuberculata ihren Abschluss gefunden hat?). I) S. Nachricht hierüber im N. Jahrb. f. Mineral. 1881, II, S. 272. ?) Siehe Srerzer, palaeontol. Charakter der oberen Stemkohlenform. und des Kothlieg. im erzgebirgischen Becken, VII. Bericht der naturwiss. Ges, zu Chem- nitz, 1881 S. 234. er rn AM I ee a [117] Beblätterung der Calamarıen. al Hieran schliesst sich als weiteres Beispiel die von STERZEL nachgewiesene Fructification von Annularia sphenophylloides, einer wohl sicher krautartigen, wahrscheinlich fluthenden Pflanze, welche wir bei Calamostachys (Stachannularia) calathifera besprechen werden. Abweichend bezüglich der Form würde die Beblätterung der älteren Archaeocalamiten sein, wenn das, was StuRr als Blätter auffasst, es auch wirklich sind, wogegen HEER noch bei ihrer Deu- tung als Wurzeln stehen blieb. Ihre dichotome Zertheilung würde der bei Sphenophyllum entsprechen und einfach gabelnde Blätter würde auch Volkmannia Stur (micht anderer Autoren) haben. Weitgehende Vereinigung der Blätter eines Wirtels bis zur Verwachsung zu einer Scheide liegt bei den Resten vor, welche wegen dieser so naheliegenden Vergleichung mit Kgwisetum schon lange und zum Theil noch jetzt Eguisetites genannt werden (vergl. Eg. mirabilis Sternb. und #q. lingulatus Germ., s. Taf. XVIa Fig. 9 und Taf. XVI Fig. 10). Auch in diesen Fällen hat man Axentheile von beträchtlichen Dimensionen, aber doch ohne den Typus von Calamites. 4. Wurzeln der Calamiten. An den Stammtheilen der Calamiten noch ansitzende Wurzeln sind bisher ebenfalls noch nicht häufig beobachtet worden. Ein solches Stück habe ich bereits im ersten Theile der »Steinkohlen- Calamarien« 1876, S. 123 beschrieben und Taf. XIX Fig. 1 theil- weise abgebildet. Es gehört dem sogenannten Cal. Suckowi an. Ihm gesellen sich jetzt eine Reihe von Stücken meist anderer Arten hinzu, von welchen die vorzüglichsten im vorliegenden Hefte auf Tat. II Fig. 2, Tat. III Fig. 1, "Tat IV Biel, Var VINeRSee 2,4, Taf. IX Fig. 1, Taf. X Fig. 1 abgebildet worden sind. Es darf hieraus zunächst geschlossen werden, dass, was man unter dem Namen Pinnularia bezeichnet hat, nach den vorliegenden directen Beobachtungen nicht mehr als Galamitenwurzeln betrachtet werden kann, wie man es bisher oft gethan hat. Die Wurzeln erscheinen überall in der Form von bandförmigen Organen, die zwar ursprünglich cylindrisch gewesen sind, jedoch bei dem gewöhnlichen Erhaltungszustande diese ausgeplattete Ge- stalt angenommen haben. In ihrer vollen Länge sind sie allerdings nirgends erhalten, doch scheint dieselbe nicht ganz unbeträchtlich gewesen zu sein; die längsten Bruchstücke (Taf. VIII u. IX) werden bei (al. ramosus beobachtet, wo sie bis gegen 12°" Länge haben. Ihre Breite ist verschieden, doch überall bedeutender als diejenige der Blätter von 2!/, bis 9””. Damit in Zusammenhang ist die mehr oder weniger straffe oder zartere Beschaftenheit der Wurzeln selbst, sowie ihre mehr den Blättern oder schwachen Zweigen sich nähernde Aehnlichkeit. Besonders die Blattähnlichkeit kann recht erheblich sein und leicht auch zu Täuschungen führen, deren { L # q ’ i 1 1 9] Wurzeln der Calamiten. 33 mehrere in der Litteratur auch wirklich stattgefunden haben. In- dessen sind die unterscheidenden Merkmale bei etwas besserer Erhaltung genügend, um über die Natur der vorliegenden Organe Sicherheit zu geben. Schon in dem ersten Beispiele (Calamarien 1876, Taf. XIX) ergab sich der Beweis der Wurzelnatur dieser blattähnlichen Organe aus den noch an ihnen haftenden feinen Wurzelfasern (l. c. Fig. 1A). An anderen Stücken von Neurode konnte später das Gleiche beob- achtet werden, während in den meisten Fällen sonst keine Wurzel- fasern zu sehen sind. Ihr Nachweis ist aber für die richtige Deu- tung der Organe von Wichtigkeit. Die Oberfläche der Wurzeln ist mehr oder weniger streifig, was von der reihenweisen Anordnung der Epidermiszellen her- rührt. Bei ©. Suckowi (Calamarien 1876, Taf. XIX Fig. 1B) ist die gleichsam mauerförmige Oberfläche der Epidermis deutlich er- halten, in den übrigen Beispielen (z. B. Taf. III Fig. 1A) kann nur noch die erwähnte streifige Beschaffenheit erkannt werden oder die Oberfläche wird glatt. Ist auch die Streifung stark, so ist sie doch niemals mit Nervation oder gar mit den Längsrippen der Stengel zu vergleichen, sondern unregelmässig, die Streifen nicht durchgehend. Nicht selten, jedoch nicht immer, wird die bandförmige Wurzel von einem mehr oder weniger breiten, dunkler gefärbten linealen Streifen axial durchzogen, welcher einem breiten Mittelnerv eines Blattes ähnelt. Auch dieser ist streifig wie die ganze Wurzel und stellt ein centrales Gefässbündel dar, welches die Wurzel durch- zieht und bei flächenförmiger Zusammenpressung derselben sicht- bar wird oder werden kann. Es kann nur vom Erhaltungs- zustande abhängen, ob das centrale Bündel zum Vorschein kommt, oder nicht, oder ob es allein sichtbar ist (Taf. X z. Th.). Ent- sprechend der kräftigeren oder schwächeren Beschaffenheit der Wurzeln selbst ist das centrale Bündel breiter oder schmaler und kann sogar (wie in Taf. II Fig. 2) den grössten Theil der Breite des Bandes einnehmen, während sie gewöhnlich wohl nur !/4—!/; beträgt. 34 Wurzeln der Calamiten. s z [120] Wenn die Wurzeln einige Länge erreichen, pflegen sie leichter oder stärker gekrümmt zu sein, oft geschlängelt, wie die Blätter in gleicher Weise nicht. In der Befestigung am Stamm zeigen sie einige kleine Ver- schiedenheiten. Ihre Verbindung mit dem Stammgliede ist in den abgebildeten Beispielen dieses Heftes überall sichtbar. Bei Taf. II Fig. 2, Taf. III etc. steht die Wurzel genau auf der Gliederung (Nodiallinie); ja in der ersteren Figur sieht man das centrale Gefässbündel aus der Gliederung entspringen. Hier ist die Ver- wachsung der Wurzel mit dem Stamm eine besonders innige, in- dem ihr äusserer Theil am Grunde nach beiden Seiten sich ver- breitert statt sich zusammenzuschnüren. In solchen Fällen haften die Wurzeln oftenbar sehr fest am Stamme, was auch dadurch bestätigt wird, dass häufig nur die untersten abgerissenen Enden an den Gliederungen stehen ge- blieben sind (e in den Figuren, z. B. Taf. III Fig. 1, Taf. IV Fig.1, Taf. X Fig. 1). Indessen kann man dieses Festhaften nicht allge- mein annehmen, da sonst viel häufiger bewurzelte Stämme gefunden werden müssten; im Gegentheil dürften bei den meisten Arten die Wurzeln ziemlich leicht abfällig gewesen sein. Dies scheint be- sonders von den Fällen zu gelten, wo ihre Basis sich nicht ver- breiterte, wie in Fig. 2 Taf. II, und wo die Wurzeln zur Seite der Nodiallinie gerückt erscheinen. Ihre Stellung ist kreisförmig, nur in den Abdrücken im Schieferthon werden sie meist am Rande allein, also gleichsam zweireihig, sichtbar, da die übrigen zu demselben Wirtel gehörigen Wurzeln nicht wahrnehmbar oder nicht erhalten sind. Doch auch bei solchen Abdrücken finden sich Beispiele von deutlicher Kreis- stellung, wie Taf. VIII Fig. 4. — An dem früher abgebildeten Stück (Calamarien 1876, Taf. XIX Fig. 1), welches in thonigem Sandstein eingebettet liegt, geben die Wurzeln radıal von der Stammgliederung aus in das Gestein und zwar von allen Knoten, wie man sich durch Herausnehmen des Steinkernes aus der Ma- trize überzeugen kann. Dasselbe ist auch in den jetzt vorliegenden Beispielen beobachtbar. Aber in der Gruppirung der Wurzeln ist ein Unterschied vorhanden. [121] Wurzeln der Calamiten. | 35 In den obigen zwei Fällen ist die Kreisstellung der Wurzeln vollkommen regelmässig und diese gleichen hierin den Blättern. Anders erscheint es bei den in Taf. VIII Fig. 1, auch Taf. IX Fig. 1 dargesteliten Stücken. Hier sind mehrere Wurzeln an ein- zelnen Stellen des Internodiums bündelförmig zusammengehäuft, vielleicht an diesen Stellen überhaupt nur vorhanden. In Taf. IX Fig. 1 häufen sich die Wurzeln an dem Ursprung der Aeste und auch in Taf. VIII Fig. 1 scheinen die Punkte, wo Astnarben liegen, Sammelplätze für die Wurzeln zu sein. Für die Frage nach den Spuren, welche die Wurzeln am Steinkern oder Stamm hinterlassen, ist das erste Stück (Calamarien 1576, Taf. XIX Fig. 1) wichtig. Denn man möchte daran kaum zweifeln, dass die Wurzeln von den Knötchen neben der Gliede- rung ausgehen (l. c. S. 124). Sind aber hier die Knötchen als Wurzelspuren zu bezeichnen, so wird man dies auch in anderen Fällen thun und es ergiebt sich, dass das Auftreten von Knötchen allein nicht genügt, um Blatt- und Wurzelspuren zu unterscheiden und deren Lage festzusetzen. Nur an verzweigten Stücken würde man dies ausmachen können; aber leider sind bei den schönen verzweigten Exemplaren, deren Abbildung vorgelegt werden konnte, die Knötchen meist nur undeutlich erhalten. Die besten Stücke, besonders das auf Taf. IV Fig. 1 abgebil- dete, an dem die Knötchen deutlich sind, sprechen dafür, dass die letzteren sich ebenfalls am oberen Ende der Glieder befunden haben, während man Wurzelknötchen meist an dem entgegen- gesetzten Ende des Gliedes annimmt. Bei Equisetum ist es Gesetz, dass je eine Wurzel unter der Astknospe entsteht, welche selbst unterhalb des Blattwirtels hervor- bricht. Auch das ganze Rhizom kann sich mit einem Wurzelfilz überziehen. Die bei Calamites beobachteten Fälle sind nicht gerade im Widerspruche mit der Regel bei Kguwisetum, doch ist bei ent- wickelten Wurzeln die Vertheilung nicht so regelmässig. Bei anderen gegliederten Pflanzen findet sich die Wurzel auch am unteren Ende des Gliedes. | Aus dem Auftreten der Wurzeln an den grösseren hier ab- gebildeten Stücken ist zu entnehmen, dass es die unterirdischen 36 Wurzeln der Calamiten. [122] kriechenden Stämme (Rhizome) und die unteren Theile der zum Lichte strebenden Stämme sind, an welchen die Wurzeln sich ent- wickeln. Wenn nicht überall an den primären Stämmen Wurzeln abgehend gefunden werden, so ist dies nur Sache des Erhaltungs- zustandes, der leicht sich so gestalten kann, dass (s. Taf. II Fig.2) der Hauptstamm nicht, der seitliche dagegen stark bewurzelt erscheint. — Bei manchen Arten, wie Calamites ramosus (s. Taf. IX Fig. 1, Taf. X Fig. 1) hat Wurzelbildung noch ziemlich hoch am Stamın stattgefunden, woraus vielleicht zu schliessen, dass diese im Wasser gestanden haben und, so weit sie noch untergetaucht waren, Wurzeln trieben. Hier treten Wurzeln an Stellen mit schlanken Aesten auf. Schon LinpLey und Hurrox haben in ihrer fossil flora of Great Britain vol. I, Taf. 78 und 79 conische Calamitenenden mit Wurzeln abgebildet und für sie bereits die richtige Stellung und Deutung vermuthet, obschon man damals nach BRONGNIART die Spitzen nach oben kehrte. Dawson (Quart. Journ. 1851) fand solche conisch zulaufende untere Enden in der natürlichen Stellung, mit Wurzeln versehen. Auch das schöne Stück in GEInITZ, Verst. d. Steinkohlenform. in Sachsen Taf. XV, stellt einen bewurzelten Stamm, wahrschein- lich von Calamites ramosus, dar, wie ich nicht zweifle. Mehrere Darstellungen von bewurzelten Calamiten, welche in den Haupt- resultaten mit den unsrigen übereinstimmen, hat GrAnp’ Eury in seiner flore carbonifere du departement de la Loire gegeben, woraus bereits hervorging, dass die Wurzeln an den unterirdischen, und zwar nicht blos horizontalen Stämmen auftreten. Bei LINDLEY und Granp Fury finden sich auch verzweigte Wurzeln, während die von uns beobachteten nur einfache sind. 7 E ‘ { 9. Verzweigung der Calamiten. D Kegelförmiger Seitenstamm am Hauptstamm befindlich: Taf. IT Fig. 1, 2; Taf. IH Fig. 1 (Kegel in der verkohlten Substanz verdeckt) und 2; Taf. IV Fig. 1; Taf. VII Fig.3; Taf. XXVII Fig. 3. Oberirdische Zweigbildung (nicht kegelförmig): Taf.V; Taf. VI; Taf. VII Mail, 25 1a 1DX else Task Astnarben: Taf. I Fig. 1; Taf. I Fie.3; Taf.IV Fig.2; Taf. VII Fig. 2, 3; Ta MEN Be 1 23 Mas 18%5 Mens 2 Tier I, 23 Maag Mes ale Mars Din Tor AV Bi, 6, 7, 82 Na, Ma Die, 7, ©, 10, Suts Alaıs KOT es le az ROM rar Da Alan ROSE Men LOSE 1 ERONMIERNER TE 7 DONE Häufiger als Blätter und Wurzelbildung ist bei Calamiten Verzweigung beobachtet worden, aber immerhin auch diese nicht so häufig und klar, dass die dabei stattfindenden, mannigfaltigen Gesetze recht hervorgetreten oder gar erschöpft worden wären. Aus den vorhandenen Beobachtungen lässt sich gegenwärtig Fol- sendes entnehmen. Wenn ein horizontales, kriechendes Rhizom vorhanden war, so trieb dasselbe einseitig nach oben gerichtete Astknospen. Solche Fälle stellt Srur (Culmflora d. Ostrauer u. Waldenburger Schichten S.49 u. 50) dar. An ihnen zeigt sich eine grosse Unregelmässig- keit in der Vertheilung der Insertionspunkte der abgehenden Stämme; meist sind auch nur ihre Narben, nicht die Verzweigungen selbst erhalten. Das Rhizom erscheint in Srur’s Figuren nahezu unge- gliedert. Nach der Darstellung von GrAnD’ Eury würde das Rhizom von Calamites Suckowi sich zunächst mit Beibehaltung gleichen Charakters verzweigen, ausgesprochen in länglichen, unbestimmt cannelirten Gliedern; erst hieran heften sich spitz kegelförmig beginnende Stammenden mit scharfer Rippung und dem gewöhn- 38 Verzweigung der Calamiten. [124] lichen Typus. Diese conischen Seitenstämme wiederholen sich auch an den aufrechten oder aufstrebenden Stämmen von normaler Gestalt, und zwar nicht blos einzeln, sondern auch wirtelförmig an den Gliederungen. Eigenthümlich ist dabei, dass viele in Form eines langen, dünnen Stieles beginnen, der erst in gewisser Ent- fernung sich plötzlich kegelförmig verdickt: eine bisher noch nicht wiederholte Beobachtung. Die seitlichen, aufrechten Stämme biegen dann an ihrer Basis um und gruppiren sich um die Gliederung eines gemeinsamen mittleren Stammes, wie auch schon Dawson (l. ec.) dieses Zusammenneigen gegen einen Punkt hin an aufrecht stehenden Gruppen von Calamiten beobachtet hatte. Bemerkens- werth ist, dass in den meisten Fällen, wo man kegelförmig zu- laufende Calamitenenden hat, diese eine leichtere oder stärkere Krümmung verrathen. Dies ist offenbar Folge der seitlichen Stel- lung der Knospe, aus welcher solche Stämme entsprossen sind. Bestätigung dafür, dass kegelfürmige Enden nur die Anfänge von Seitenstämmen sind, liefern solche Exemplare, an denen die ursprüngliche Verbindung von Haupt- und Seitenstamm noch er- halten ist. Dahin gehört zunächst der auf Taf. III Fig.2 abge- bildete Calamites Suckowi von Schwarzwaldau, bei welchem die Verbindung eine verhältnissmässig schwache ist. Denn der in kurzer Entfernung vom Ursprung bereits 8°“ breite Stamm B ist an seiner Anheftungsstelle kaum über 1°” breit. Doch scheint dies der normale, oder besser gesagt, gewöhnliche Fall zu sein, dass das kegelförmige Ende mit dünner Spitze hervorbricht. Ebenso ist dies bei dem grossen Stücke von (’alamites Suckowi von Orzesche zu sehen, welches auf Taf. IV Fig. 1 abgebildet wurde. Der horizontale Hauptstamm 4A, deutlich bewurzelt, ist als unterirdischer zu betrachten, von den Srur’schen Wurzelstöcken jedoch durch ausgeprägten Calamitentypus verschieden. Die seit- lichen Stämme PD beginnen kegelförmig mit dünner Verbindung. Das schöne Stück Taf. II Fig. 1, das nach dem Charakter des Seitenstammes B ebenfalls zu Calamites Suckowi zählt, obschon der Hauptstamm A abweichend beschaften ist, von Wettin, lässt die Kegelspitze von B in eine dicke, kohlige Masse eingebettet er- scheinen, welche an der Insertion eine beträchtliche Verdickung [125] Verzweigung der Calamiten. 39 hervorruft, die erst an den benachbarten Gliedern nach oben wie nach unten in die normale Rindendicke übergeht. Das auf derselben Taf. II in Fig.2 abgebildete verzweigte Stammstück von Calamites arborescens von Neurode zeigt eine gleiche starke Verdickung am unteren Ende des Seitenstammes 2, in welcher nicht sichtbar der Kegel des letzteren verhüllt liegt, Beide Stämme haben Wurzeln besessen. — Das kleinere Stück eines (al. arborescens Taf. VIII Fig. 3 bestätigt das vorige, obschon die unvollständige Erhaltung den verdickten Theil nicht sehen lässt. An die letzteren schliesst sich das auf den ersten Blick sehr abweichende grosse Stück von Neurode, Taf. III Fig. 1, an, zu (alamites arborescens gehörig. Die hier besonders beträchtliche Verdickung an den Punkten, wo die 3 seitlichen Stämme 3 ent- springen, erklärt es, dass von dem kegelförmigen Anfang derselben nichts sichtbar ist. Auch hier sind es bewurzelte Stämme. Diese Verdickungen, welche hier mehrfach nachgewiesen wurden, stehen in gewissem Gegensatz zu den Fällen, wo sie fehlen, wie in dem ersten Beispiele. Man könnte eine solche Ver- stärkung der Wandung an den Verzweigungen weit häufiger, viel- leicht stets, erwarten als nothwendig für die Tragfähigkeit dieser Theile, und eine so schwache Verbindung wie Taf. III Fig. 2 etc. könnte nur möglich erscheinen, wenn der Zweig hängend und nach unten gekehrt gedacht werden müsste. Indessen muss man sich durch die verhältnissmässig grossen Dimensionen der Steinkerne der Seitenstämme und ihrer Kegel nicht zu der Täuschung ver- leiten lassen, als seien die Pflanzenkörper selbst von besonders grossem Gewicht gewesen, während im Gegentheil die dicken Steinkerne eine geringe Masse des rohrartigen Pflanzenkörpers und also ein geringes Gewicht der Stämme und Zweige beweisen. Wenn aber, wie man annehmen muss, gerade die kegelförmig aus- gehenden Stämme oder Zweige unterirdischen oder mindestens den unteren Theilen der aufsteigenden Stämme angehören, so ist auch bei schwacher Verbindung derselben mit dem Mutter- stamme durch den umgebenden Boden und die sich darin aus- breitenden Wurzeln Festigkeit genug für die Pflanze gegeben. 40 Verzweigung der Calamiten. [126] üs ist aber in der That in allen vorstehend gegebenen Fällen sicher, dass die kegelförmigen Enden von solchen unteren Theilen aus- gehen, da sie noch bewurzelt waren. Diese Verzweigungen finden auch nur zerstreut, an einzelnen Punkten der Gliederungen statt. Die Kegelform gehört nur dem innern Hohlraume oder dessen Ausfüllung, dem Steinkerne, an und ist in manchen Fällen äusser- lich gar nicht sichtbar. Die Richtung der abgehenden Zweige ist meistens eine schiefe. Nur etwa bei Taf. IV Fig. 1 kann man den Hauptstamm A hori- zontal stellen und erhält eine verticale Stellung der Stämme B, die auch alle auf einer Seite liegen. Aber in anderen Fällen ist die gleiche Richtung nicht vorhanden. In Taf. III Fig. 1 (Cal. arborescens) sind die seitlichen Stämme so schief gestellt, dass, obschon sie ebenfalls nur auf einer Seite stehen, der Hauptstamm A nicht horizontal, sondern selbst schon ein aufsteigender Stamm gewesen sein muss. Fast ebenso muss es sich mit dem Wettiner Stück Taf. II Fig. 1 verhalten, an welchem man der Verschieden- heit der äusseren Charaktere von A und B wegen geneigt sein würde, den ersteren als Rhizom anzusprechen. Aber da man sehr verschiedene Grade einer solchen Differenz zwischen Haupt- und Nebenstamm findet, ist eine Unterscheidung zwischen Rhizom und aufsteigendem Stammtheil mit Hilfe der Verschiedenheit ihrer Charaktere nicht durchführbar. Wenn wir jetzt die oberirdischen Theile der Calamitenstämme und ihrer Verzweigungen ins Auge fassen, so tritt uns in dem vorliegenden Material sogleich der Unterschied entgegen, dass die Zweige nicht mit kegelförmigen Enden beginnen, in den meisten Fällen wohl auch nicht mit abgekürzten Gliedern. Die Glieder der Zweige sind vielmehr cylindrisch und besitzen zumeist von Anfang an die für sie normale Gestalt. Eine Zwischenstufe gleichsam zeigt indessen die auf Taf. XXVII Fig. 3 abgebildete Verzweigung eines Calamites Suckowi von Saar- brücken, insofern hier die Zweige B, €, D zwar nicht kegelförmig beginnen wie in früher erwähnten Fällen, aber mit abgekürzten Gliedern, welche erst später normale Länge annehmen. Dies deutet wohl darauf hin, dass hier eine weit höher gelegene Stelle [127] Verzweigung der Calamiten. 41 der Verzweigung vorhanden ist, als in Fällen wie Taf. III Fig. 2 ete. Gerade bei C. Suckowr ist übrigens eine solche Verzweigung, wie es scheint, sehr selten und bisher nicht bekannt geworden. Für die höher gelegenen Verzweigungen der Calamiten kommt noch hinzu, dass sich in ihrer Vertheilung am Stamm in sehr vielen Fällen eine weit grössere Regelmässigkeit einstelllt als bei den unterirdisch abzweigenden Stengeln. Dies ist sogar der Fall, wo der Stamm gleichzeitig an den Gelenken Wurzeln trägt, welche Zweige entsenden, wie Ü. ramosus Taf. IX Fig. 1. Das unterste Zweigglied ist in der Regel am Stamme ein wenig eingeschnürt, wie z. B. Taf. VII Fig. 1 u. a., aber bereits langgestreckt, wie die nachfolgenden. Dies deutet schon auf die leichte Ablösung der Zweige vom Stamm, an dem sie, einmal abgefallen, nur noch in Astnarben ihre Spuren hinterlassen. Für Calamites ramosus, wo die Verzweigung am vollständigsten beobachtet worden ist, wird sich im systematischen Theile ergeben, wie der Stamm gegen die Spitze hin glatter wird, die Cannelirung und damit das typische gerippte Ansehen des Calamiten mehr und mehr zurücktritt, den Zweigen ähnlicher wird, welche ebenfalls schwächer cannelırt sind. Taf. V Fig. 1 giebt dies in ausgezeich- neter Weise zu erkennen. ‚Die Aeste werden so mehr und mehr denen von Asterophyllites ähnlich, wenn man von der Belaubung absieht. In ähnlicher Vollständigkeit ist die Verzweigung bei anderen Arten nicht bekannt geworden. ETTINGSHAUSEN (Steinkohlenflora von Radnitz Taf. V und Taf. X Fig. 4) giebt verzweigte ober- irdische Stammstücke, doch weniger vollkommen, die erstere dem Cal. cannaeformis zuzurechnen, die zweite Figur mit wirtelförmigen Aesten, wie GRAND’ Eury es von seinen Öalamophylliten, freilich nur in idealisirten Bildern, darstellt. Die bisher besprochenen Fälle, wo die Verbindung zwischen Stamm und Zweig erhalten ist, sind nicht die einzigen, an denen man die Gesetze der Verzweigung kennen zu lernen hat, sondern wenn wie gewöhnlich die Zweige sich lösten, so hinterliessen sie doch an der Insertionsstelle Narben, aus denen man am häufig- sten die Stellungsgesetze entnehmen kann. 42 Verzweigung der Calamiten. [128] Will man die Zweigbildung der Calamarien mit jener bei Egwisetum vergleichen, so muss man sich erinnern, dass jedes Glied an Kguwisetum die Fähigkeit besitzt, so viele Aeste zu entwickeln, als Rillen oder Gefässstränge im Stengelgliede vorhanden sind (s. S. 4). Dem entsprechend ist auch bei den Oalamiten die An- lage zur Zweigbildung an jeder Gliederung so oft anzunehmen, als Grefässkeile oder Rillen im Stamme da sind. Die Beobachtung indessen lehrt sehr bald, dass die wirklich entwickelte Astbildung ihren eigenthümlichen Gesetzen folgt, denen wir nachzugehen haben. Hierzu ist indessen eine richtige Erkennung der Spuren der Aeste und Zweige erforderlich. Die äusseren oder eigentlichen Astnarben erscheinen auf der äusseren Oberfläche des Stammes und sind die bei weitem am meisten hervortretenden, aber auch weniger häufig zu beobachten, da die Rinde so häufig von den Steinkernen abfällt. Ihnen ent- sprechen jedoch Spuren am Steinkern als innere Astnarben, welche sich in dem bündelförmigen Zusammentreten mehrerer Furchen und Rippen an den Gliederungen zu erkennen geben. Die äusseren Astnarben, oft recht gross und je nach ihrer gedrängten Stellung rundlich oder mannigfach abgeplattet, besitzen bei genügender Erhaltuung einen mittleren Punkt oder Kreis (der Centralhöhe des Astgliedes gegenüber), an welchen sich radiale Zeichnungen auf dem äusseren Narbenfelde anschliessen (Taf. I Fig.1; Taf. XVlIa Fig. 7, 8). Der innere Kreis wird durch das Diaphragma geschlossen. Die Astspuren am Steinkern dagegen besitzen diesen inneren Kreis nicht, sondern die nach einem Punkt convergirenden Rippen bilden um dieses Centrum einen Hof, wie Taf. XIII, Taf. X Fig. 2. Das hierdurch entstehende Mal ist um so entschiedener als Ast- spur kenntlich, je mehr Furchen und Rippen sich vereinigen. Aber nicht selten finden sich ausserdem, selbst auf derselben Nodiallinie, Punkte mit weniger zusammenneigenden Rillen bis zu einem Mi- nimum von zwei von der einen und eine von der anderen Seite (Taf. X Fig. 2, auch Taf. XII), die man gewöhnt ist, ebenfalls als Insertionspunkte von Aesten zu betrachten. Sie würden weniger entwickelt oder gar nur in der Anlage verblieben zu denken sein, % [129] Verzweigung der Calamiten. 43 oleichsam »latente Astknospen« (STUR) darstellend. Diese unent- wickelten Astnarben oder Astspuren sind unregelmässig vertheilt, von sehr verschiedener Grösse und Ausbildung und können den entwickelten, normalen Astspuren sehr ähnlich werden (vergl. Tat. X Fıg.2, Taf. XII, Taf. XII). Der direete” Beweis ihrer Natur als Astnarben ist freilich bisher nicht erbracht, was nicht auffallen kann, da selbst die entwickelten Astnarben so selten an- sitzende Zweige aussenden. Von Interesse ist es, zu sehen, wie gerade sie einen eigen- thümlichen Verlauf der Rillen mit wechselnden Gruppirungen hervorbringen, was Taf. X Fig. 2A besonders schön zeigt. Es treffen niemals dieselben Rillen, welche an irgend einer Quer- gliederung sich bündelförmig vereinigt haben, an ihrem anderen Ende wieder in einem Bündel zusammen, sondern vertheilen sich auf 2—3 Bündel der nächstfolgenden Gliederung. Es kann dabei geschehen; dass eine solche Rille an einer Gliederung isolirt bleibt und doch einen als »latente Astnarbe« markirten Punkt trägt. Die Astnarben haben nicht immer ganz dieselbe Stellung. Eine grössere Anzahl finden sich mitten auf der Nodiallinie selbst oder auch, besonders wenn sie grösser sind, ein wenig aus der symmetrischen Lage nach oben oder unten verschoben, vielleicht in Folge des Wachsthums, wenn nicht mechanischen Druckes. Bei den sogenannten Oalamitinen ist dagegen die Stellung meist merklich verschieden, insofern die Astnarben mehr und mehr von der Nodiallinie abrücken. Zwar ist dies bei Ü. pauciramis (Taf. XI Fig. 1) und macrodiscus (Taf. XI Fig. 2) noch nicht in hohem Grade der Fall, bei €. discifera (Taf. VII Fig. 3) sogar kaum noch hervortretend, dagegen in anderen Beispielen in die Augen fallend, so bei den Varietäten der Calamıtına varians, wie insignis (1, 1; XXVIII, 1), inconstans (XVIa, 7, 8; XXV, 2), inversa (XXVIII, 2), semicircularis (XVI, 6), abbreviata (XVlIa, 10, 11), sowie bei (©. approximata (XXV, 1), ©. extensa (IV, 2), Ü. Wedekindi (XVU, 1). Hier liegt theils die äussere Oberfläche, theils der Steinkern vor und auch an letzterem treten die Ast- spuren nur selten ganz central, auf der Nodiallinie gelegen, auf, wie bei (. cf. Schützei (XXVII, 2). 44 Verzweigung der Calamiten. [130] Als besonders typisch kann man Ü. varians insignis und in- constans voranstellen und da hieran das Auftreten der Astnarben über der Nodiallinie und also auch über den Blättern des darunter stehenden Stammgliedes, deren Narben unter den Astnarben hin verlaufen, unzweifelhaft ist, so wird man kaum fehl gehen, diese Stellung als die normale zu betrachten. Nur die C. varians semicircularis von Radnitz (Taf. XVI Fig. 6) liefert eine, vielleicht auch nur scheinbare, Ausnahme, wie bei der Besprechung im systematischen Theile erläutert werden soll. Die Astnarben « stehen hier unmittelbar unter einer Gliederung; da aber unter ihnen die bogige Narbenreihe »’ verläuft, die man für Blattnarben halten kann, so nehmen in diesem Falle wohl die Ast- narben die Höhe eines ganzen. Gliedes ein, statt, wie es scheint, am oberen Ende eines Gliedes zu stehen. Die Stellung unterhalb der Gliederung würde derjenigen bei Eguisetum entsprechen, die über der Gliederung nicht. ErrinGs- HAUSEN (Steinkohlenflora von Radnitz Taf. I Fig. 1, 2) und Orr. FEISTMANTEL (Palaeontogr. Bd. 23 Taf. I Fig. 2 u. 3?, Taf. I Fig. 2) lieferten Ansichten anderer Stücke, welche allerdings zur Annahme geneigt machen, dass hier die dem Egwisetum zukommende Astbildung unterhalb der Blattreihe vorliege, freilich auch jetzt nur abgesehen von der eigentlichen ersten Ursprungsstelle der Ast- knospe von Eguwisetum, nämlich über dem Blattringe selbst. Auch GrANnD’ Eury (flore carb. Taf. IV) hat aus seinem Materiale dieselbe Aufstellung der Stämme und Lage der Ast- und Blattnarben geschlossen, wie wir es hier als normal ansehen: die Astnarbe über oder auf der Nodiallinie. Die Verzweigung der Üalamiten schliesst noch nach zwei Richtungen hin interessante Gesetze ein: einmal das Auftreten der verschiedenen Astnarbenquirle am Stamm oder ihre Wiederkehr an demselben, das andere Mal die Zahl der Astnarben an jedem Gliede. Auf den ersteren Gesichtspunkt gründet sich die im systema- tischen Theile dieser Abhandlung gegebene Uebersicht der Cala- miten nach 4 Sippen: Calamitina mit periodischer Astbildung, Huca- /amites mit Astbildung an den benachbarten Gliederungen, Stylo- DE Be et [131] Verzweigung der Calamiten. 45 calamites mit ganz regelloser bis vielleicht sogar fehlender Astbildung, endlich Archaeocalamites mit unregelmässiger Astbildung eigenthüm- licher Art und anderen (bekannten) Unterschieden. Was diese Gruppen und die darin ausgesprochenen Gesetze anbelangt, so ist auf ihre Begründung im systematischen Theile zu verweisen. Nur die Stellung der Astnarben in den auf einander folgenden Gliedern wollen wir hier berühren. Die Eucalamiten, welche an allen oder einem grossen Theile der benachbarten Gliederungen ihre Astnarben tragen, zeigen die grösste Regelmässigkeit darin, dass bei ihnen die Narben der be- nachbarten Wirtel abwechseln, so dass die Narben des nächst höheren Kreises mitten zwischen die des darunter stehenden fallen, was BRONGNIART mit seinem Calam. ceruciatus ausdrückte. Bei der zweiten regelmässigsten Gruppe der Calamiten oder den Calamitinen lässt sich eine ähnliche Stellung manchmal, jedoch nicht immer wiedererkennen, nämlich soweit das vorliegende Material reicht, nur bei denen mit kurzer Periode von 3 Gliedern (©. discifera, pauciranıs, macrodiscus), wo die Stellung ebenfalls eine abwechselnde ist, gerade als ob alle Glieder mit Aesten ver- sehen gewesen wären. Die Calamitinen mit Perioden von zahl- reicheren Gliedern erlauben schon wegen der grösseren Distanz der Astwirtel in der Regel nicht, ein solches Stellungsgesetz fest- zusetzen. Aber auch bei Archaeocalamites ıst das Auftreten der Ast- narben an den benachbarten Wirteln regellos und nicht das von Eucalamites, was bei Stylocalamites selbstverständlich erscheint. Hieraus ist als allgemeines Resultat zu entnehmen, dass die- jenigen Astknospen der Calamiten, welche zur Entwicklung ge- langen und nicht blos »latent«, in der Anlage, verbleiben, ihren eigenen Regeln folgen, was der Beachtung werth ist. Die senkrechte Distanz der asttragenden Wirtel, nach der Zahl der zwischen ihnen befindlichen Glieder gemessen, beträgt also bei den Eucalamiten regelmässig 1, kann aber auch als Ausnahme bei den Calamitinen beobachtet werden, wenn verein- zelte Astnarben in die Periode eingeschaltet auftreten (Taf. XXV Fig. 2, Taf. XX VII Fig. 4). 46 Verzweigung der Calamiten. [132] Wenn man daraufhin die einzelnen Fälle untersucht, so finden sich sehr verschiedene Zahlen, nur ist mir unter den einfacheren möglichen die Zahl 2 noch nicht vorgekommen, d. h. kein Fall bekannt geworden, wo die Aeste sich an den abwechselnden Gliederungen befunden hätten. Dagegen schon 3 ist nicht selten (©. diseifer, pauciramis, macrodiscus), 4 scheint nicht häufig zu sein (C. cf. Schützei, Taf. XXI Fig.5 und Taf. XXVII Fig. 2), aber höhere Zahlen sind die gewöhnlichsten. Wie weit bei den Arten, ja den einzelnen Individuen hierin die Schwankungen gehen, lässt sich erst andeutungsweise aus den vorhandenen Beispielen ersehen und dies festzusetzen, ist Sache der noch fortzuführenden Beob- achtung. Was nun die Zahl der Astnarben anlangt, welche an je einer Gliederung auftreten, so ist eine Gesetzmässigkeit natürlich auch nur in den Fällen zu erwarten, wo, wie bei Calamitinen und Eucalamiten, eine geregelte Entwicklung überhaupt vorhanden ist und es sich nicht um unentwickelte, latente Astknospen handelt. Auch hierfür haben die entwickelten Astnarben eine Anzahl recht interessanter Fälle ergeben und diese dürften sich mit dem Beob- achtungsmateriale beträchtlich mehren lassen. Es ist indess dazu erforderlich, dass man Stämme zur Disposition hat, deren ganzer Umfang erhalten ist und an denen man also direct die wirklich vorhandenen Narben zählen kann, nicht blos die von einer Seite oder gar eines noch geringeren Theiles. Denn selbst bei zusammen- gedrückten Stämmen, die den halben Umfang, aber nur diesen, zeigen, kann man die auf einer Seite gefundenen Narben nicht ohne Weiteres verdoppeln, um die Zahl für den ganzen Wirtel zu erhalten, da nicht selten auf der entgegengesetzten Seite des Stammes eine Narbe mehr oder weniger vorhanden ist — von etwaigen Unregelmässigkeiten überhaupt abgesehen. Dadurch re- ducirt sich die Zahl der brauchbaren Stücke merklich, besonders da auch ringsum erhaltene Calamiten nicht immer alle Narben gleich deutlich erhalten zeigen. Die bis jetzt aufgefundenen Gesetze mögen hier kurz zusammen- gestellt werden, indem für deren eingehendere Beschreibung auf den systematischen Theil zu verweisen ist. a En 1 33] Verzweigung der Calamiten. | 47 Unter den Eucalamiten ist es Ü. ramosus, welcher die ein- fachsten Fälle in sich vereinigt. Er zeigt in manchen Fällen (sel- tener, scheint es, in deutschen als in französischen Vorkommnissen) nur je eine Astnarbe an der Gliederung. Diese isolirten Aeste sind dann mehr oder weniger genau abwechselnd gestellt. In den meisten deutschen Localitäten findet er sich aber gewöhnlich mit je zwei gegenständigen Astnarben (Taf. IX Fig. 1, Taf. X Fig. 1 unten, Taf. V, VI, VII), die dann an den benachbarten Gliede- rungen ebenfalls abwechselnd stehen. Einige Male hat Ü. ramosus sogar drei Narben im Wirtel ergeben, ja sogar Andeutungen von mehreren, dann mehr oder weniger unregelmässig und die Ab- stände zwischen den Narben ungleich (Taf. II Fig. 3, Taf. VIII Fig. 1). Sehr bestimmt konnten die Astnarben an drei anderen Cala- miten aus der Gruppe cruciatus BRONGNIART festgesetzt werden, weil ringsum erhalten: Taf. XIII Fig. 3 ein Stück mit 3 entwickelten Astnarben, Bauer 1, > » » 4 » » >» 1195277 » er » » an jeder Gliederung. Je 4 Astnarben trägt auch (. cucullatus Taf. XX VIII Fig. 5; 6 Astnarben, wenigstens an einer Gliederung vollzählig, ein C. elon- gatus genanntes Stück, das nicht abgebildet wurde. Merkwürdig ist unter den Eucalamiten der (. multiramis von Ilmenau (Taf. XII) deshalb, weil er eine grössere Anzahl, in unserem Falle neun entwickelte Astnarben trägt, zwischen denen noch eine Reihe unentwickelter, nur durch das Zusammentreten einiger Rippen gekennzeichneter Spuren sich einschalten. Zum Theil finden sich dieselben Zahlen auch bei Calamitinen. C. pauciramis, Taf. XI Fig. 1, trägt wohl sicher 2 Aeste an jeder Gliederung, C. diseifera, Taf. VII Fig. 3, wohl sicher 3 Aeste, C. varians insignis von Wettin, Taf. XXVIII Fig. 1, wohl 8, vielleicht aber 9 Aeste ringsum, C. varians inversa, Taf. XXVIII Fig. 2, wohl sicher IDeNestes 48 Verzweigung der Calamiten. [134] Ü. verticillata, wohl 12 Aeste, Ü. varians inconstans von Gottesberg, Taf. XXV Fig. 2, vermuthlich 16 Aeste, aber nur auf einer Seite zählbar, (. approwimata vulgaris, Taf. XXV Fig. 1 u. a. Exemplare, 18 Aeste ringsum. Dagegen konnte aus der Gruppe Stylocalamites nur bei (. Suckowi einmal das Auftreten von 3 Aesten (Taf. XXVIH Fig. 3) von ungleicher Stärke, ein anderes Mal aber von mehr Aesten beobachtet werden. Die fruchttragenden Aeste von ©. arbo- rescens haben sehr vergängliche Spuren, wie es scheint, zurück- gelassen. Die Gruppe Archaeocalamites endlich ist auch in der Zahl der Astnarben eines Wirtels sehr unregelmässig, so dass wir z. B. bei dem ©. Beyrichi (Taf. XXVI) an den Gliederungen von O bis vielleicht 6 Astnarben finden. Bemerkenswerth ist es, dass die sicher beobachteten Zahlen: 1, 2, 3, 4, 6, 9, 12?, 18 sich aus den Factoren 2 und 3 zusammen- setzen, ö oder deren Vielfaches nicht gefunden wurde. Wenn man die Verzweigung der Calamiten nach Obigem mit der bei den übrigen unterschiedenen Calamarien vergleicht, so findet man auch hier dieselben Abweichungen von dem Gesetze bei Eqwisetum, namentlich was Asterophyllites, Annularia und, wenn man die (rattung hierher zieht, Sphenophyllum anlangt. Nicht jede Rille erzeugt Seitenknospen, sondern diese treten nach eigenen Regeln auf, daher auch die Verzweigung dieser Calamarien meist nicht nach Art der Calamiten, in Quirlen, sondern fiederig-2zeilig wie bei manchen oder allen (?) Asterophylliten, fast gabelig bei Sphenophyllum etc. Hinreichend bekannt ist nur die letzte Ver- zweigung von Calamites ramosus, dessen Aeste einer Annularia entsprechen. GRAND’ Eury u. A. denken sich ihre Calamophylliten (ein Theil der Calamitinen) mit Zweigen fiederförmiger Astero- phylliten besetzt, doch ist davon noch kein sicherer Nachweis geliefert. Erst weitere Funde werden hier Belehrung schaffen und Schlüsse erlauben. Zweiter Theil. Systematische Beschreibung. A. Calamarien - Stämme. I. Calamites. Provisorische Gattung, die ober- und unterirdischen Stämme und deren Verzweigungen von solchen Calamarien der älteren Formationen bezeichnend, welche durch ihre bedeutendere Grösse baumförmig erscheinen und nach den bisherigen Erfahrungen sich durch folgende Eigenthümlichkeiten kennzeichnen. Die hohlen oder mit Mark ausgefüllten Stämme und Zweige zerfallen durch Quergliederung in Glieder, jedoch ist dieselbe an den unterirdischen kriechenden Stämmen bisweilen weniger entwickelt und undeutlich, an den Steinkernen der aufsteigenden Stämme dagegen stark ausgeprägt. Diese Steinkerne zeigen an den Knoten mehr oder weniger starke Einschnürungen, die Nodiallinie bildend, von einem vollständigen oder angedeuteten Diaphragma herrührend.. Die durch die rinsförmigen Quer- gliederungen gebildeten Knoten werden durch senkrechte parallele Längsrippen verbunden, die mit Längsfurchen abwechseln, an den Knoten in die Nodiallinie einmünden und in den benach- barten Gliedern entweder (seltener) gleichlaufend durchgehen oder (gewöhnlich) alterniren und dann die Nodiallinie mehr oder weniger stark zickzackförmig gestalten. So scharf diese Merkmale an den Steinkernen meistens hervortreten, so dass nur in gewissen Fällen die Quergliederung bis zum Verschwinden undeutlich wird, so sind beide, Quergliederung und Längsrippung, an der äusseren Oberfläche des Calamiten, auf der verkohlten Rinde oder deren Abdruck, viel schwächer und nur bei dünnwandigen Stämmen e 59 Calamites. [138] noch deutlich wahrnehmbar, auf dickwandigen dagegen oft ganz verschwunden. Ganz glatt werden auch bei dünnwandigen Stengeln nur die letzten Verzweigungen (z. B. ©. ramosus). Beschränkt man den Begriff der Calamiten auf diese wenigen Charaktere, so ist der Umfang der Gattung sehr gross, etwa wie zur Zeit der ersten Aufstellung des Namens. Indessen hat die Untersuchung der mannigfaltigen calamitenartigen Stämme solche Unterschiede ergeben, dass das Bedürfniss ihrer weiteren Trennung oder Gruppirung bald genug hervortrat. Namen wie Bornia Sternb. Röm. (= Asterocalamites Schimper oder Archaeocalamites Stur), Calamodendron Brongn. ((alamitea Cotta, Arthropitys Göpp.), Astromyelon Williamson, Calamophyllites Gvand’ Eury, Calamitina Weiss, Calamopitys W illiamson leiten ihren Ursprung hiervon her. Unter allen Unterscheidungen würde die auf die innere Structur der Stammreste gegründete die wichtigste sein, denn die Anatomie der Calamiten hat nur zu einem Theile grössere Uebereinstimmung mit dem Bau von Zgwisetum ergeben. BRONGNIART und seine Nachfolger nehmen an, dass diejenigen Stämme, welche sie unter dem Namen (alamodendron vereinigen, nur den Gymnospermen zugerechnet werden dürften. Sie haben eine weite Markhöhle, welche der Holzkörper umgiebt, der aus ausstrahlenden Holzkeilen, von Lamellen aus Fasern oder Zellen in radialer Richtung regel- mässig unterbrochen, gebildet wird. Andere glauben, dass dies nur als eine höhere Entwicklungsstufe der Calamiten überhaupt anzusehen und solche Reste von ihnen und den Calamarien nicht zu trennen seien. Es ist ein ähnliches Verhältniss wie jenes zwischen Lepidodendron und Sigillaria, indem die gymnospermen- artige Stammstructur der Sigillarien die Einen bewogen hat, sie aus dem Verwandtschaftskreise der Lepidodendren zu entfernen, die Anderen sie jedoch gerade als höhere Entwicklungsstufe der Lepidodendren gelten lassen. Von den Arten, welche GRAND EuRY, RENAULT, ZEILLER als Calamodendron abtrennen, repräsentirt nur (. eruciatus Brongn. eine früher stets zu Calamites gerechnete Art, während die übrigen entweder neu aufgestellt sind oder auch schon früher (z. B. Cala- mitea striata Cotta) von Calamites getrennt wurden. Und diese [1 39] Calamites. 53 sollen sich trotz grösster Calamiten-Aehnlichkeit von letzteren unterscheiden: durch geringere Regelmässigkeit der Berippung, durch häufiges Fehlen der Knötchen !) am Ende der Rippen, durch Convergiren dieser Rippen an den Steinkernen nach der Mitte der Ast- und Blattnarben hin, endlich durch weniger grosse, weniger scharf begrenzte und in regelmässigen Quincunx gestellte Astnarben. Dass die aufgeführten äusseren Merkmale nicht zu einer Unterscheidung dienen können, sollte beim Betrachten einer grösseren Zahl von Arten und Stücken wohl für Jeden sich ge- nügend ergeben. Wir werden im Nachfolgenden eine Abtrennung von Cala- modendron um so weniger versuchen, als neue Untersuchungen über dieses und Arthropitys uns von anderer Seite in Aussicht stehen; wir verweisen statt alles Weiteren auf das ım ersten Theile S. 9 ff. Gesagte. Eine -Gruppirung der Calamiten ohne Rücksicht auf ihre appendiculären, namentlich ihre Fructificationsorgane ist in der That nichts Anderes, als eine mehr oder weniger geschmackvolle Aufstellung in Reih’ und Glied, ein mechanisches Verfahren, um Uebersicht zu schaffen. Leider ist aber die Zahl der Fälle, wo man ohne erheblichen Zweifel alle zu einem Calamiten gehörigen Theile bis zu den Aehren hin zusammengefunden hat, eine so geringe (in diesen Blättern nur 2 Beispiele: (. ramosus und ©. arborescens), dass man danach eine Eintheilung derselben nicht bewirken kann. In diesen 2 Fällen haben wir es mit 2 ver- schiedenen Gattungen zu thun (nach den Aehren Calamostachys und Palaeostachya), allein hiernach auch die übrigen Calamiten spalten zu wollen, würde ein sehr verfrühtes und sicher misslingendes Unternehmen sein. Die Erfahrungen und Entdeckungen müssen in dieser Richtung erst bedeutend vermehrt werden. Wenn 'wir nun dennoch eine Gruppirung der Oalamiten nach sterilen Stammstücken und sogar mit Verzicht auf ihre elementare Structur als Eintheilungsgrund vornehmen, so soll dieselbe auch 1) Granp’ Evury zeichnet indessen in seiner theoretischen Fig. 8 Taf. 50 solche Knötchen. 54 Calamites. [140] nur den Werth der leichteren Uebersicht nach gewissen inter- essanteren Gesichtspunkten haben. Hierfür scheint aber die Ver- zweigung der Calamiten ganz besonders geeignet, deren Regeln wir im ersten Theile dieser Abhandlung kennen gelernt und hier nur für unseren Zweck zusammen zu fassen nöthig haben. Freilich können wir nicht behaupten, dass die an den Bruch- stücken gefundenen Regeln auch für die ganze Pflanze Geltung haben. Schon die Verzweigung am Rhizom ist oft oder meist unregelmässig, während die am Stamm es nicht zu sein braucht. Die Zweige selbst können sich in anderer Weise weiter ver- zweigen, worüber wir kaum Erfahrungen haben. Doch auf die Festsetzung aller dieser Dinge wird es eben ankommen, und wird die künftige Forschung noch viel Material herbeischaffen müssen. Nach dem gegenwärtig vorliegenden Materiale kann man bei den Calamiten dreierlei Arten der Verzweigung feststellen, je nach- dem sie sich und damit zugleich die Bildung der Glieder als eine periodische, eine continuirliche oder eine unregelmässige erweist 1). Es ist vielleicht wahrscheinlich, dass die hier genannten Arten der Verzweigung sich nicht oder nicht immer an der ganzen Pflanze finden, sondern dass dieselben nur in gewissen Regionen, eben da, wo die Verzweigung ihre Hauptentwickelung hat, zum Vorschein kommen, auch sind Uebergänge oder besser Mischungen zwischen den Gruppen nicht allein denkbar, sondern vorhanden; allein man kann doch nicht verkennen, dass in den zahlreichen Stücken, die man gesammelt hat, wirklich verschiedene Gesetze ausgesprochen sind, welche zu dem Versuche, Gruppen mit ihrer Hilfe zu bilden, aufmuntern. Gleichwohl wollen wir die hier auf- zustellenden Gruppen nur als Sippen einer Gattung gelten lassen, da .sie nur von dem einseitigen Gesichtspunkte der Verzweigung gebildet sind, über deren Zusammenhang mit anderen Verschieden- heiten der Organisation, z. B. der Fruchtbildung, wir allzuwenig wissen. Wenn Srıur der Verzweigung und ins Besondere der Periodieität derselben jeden Antheil an Artbegrenzung, geschweige an Gattungsbildung, abspricht, so !) S. Sitz.-Ber. der Ges. d. naturforsch. Freunde zu Berlin, 1883, S. 194. [141] Calamites. 55 beruht dies wohl zum grössten Theile auf der Vornahme der Vereinigung ver- schiedener Stücke unter eine Art, deren Identifieirung naturgemäss oft recht unsicher ist und nur zu oft irre geführt hat. Man darf Zweifel an der richtigen Artbestimmung hegen, wenn sich wesentliche Verschiedenheiten in den Wachs- thumsgesetzen beobachten lassen, und die von Srur (Culmflora d. Ostr. und Waldenb. Schichten S. 58) erwähnten »schlagenden« Beispiele an €. Suckowi und varians dürften dahin gehören. Sichere Artunterschiede an Stelle der Verzweigung siebt Srur nicht. Nach unserer Betrachtung erhalten wir 4 Sippen von Cala- miten. Bei zahlreichen Calamiten stellt sich in der Entwickelung der Glieder sehr deutlich eine periodische Bildung heraus, welche oft in dem Grössenverhältniss derselben ausgesprochen ist und mit der Astbildung fast stets zusammenfällt. Um einen bequemen Ausdruck hierfür zu schaften, möchten wir den früher schon für einige Fälle, die gerade sehr typisch sind, gebrauchten Unter- gattungsnamen Calamitina verwenden. Der zweite Fall kommt dem unserer verästelten Equiseten am nächsten, insofern hier die Astbildung an allen benachbarten Gliederungen stattfindet, wie es BRONGNIART schon in seinem Calamites eruciatus dargestellt hat. Wir dürfen wohl diesen Typus absondern und wollen ihn als Eucalamites kennzeichnen. Noch bleiben eine Menge von Resten übrig, bei denen auf- fällıger Weise Nichts oder nichts Deutliches von Astspuren auf lange Strecken hin beobachtet wird und auch keine Periodicität der Glieder sich irgend bemerklich macht. Treten dann Aeste auf, so geschieht dies plötzlich und, wenigstens anscheinend, regel- los, z. B. an einem plötzlich eingeschalteten kurzen Gliede, oder auch ohne auffälligen Einfluss auf die benachbarten Glieder. Die Calamiten dieses Typus waren also entweder unverzweigt, wie Säulen, oder unregelmässig verzweigt, die Verzweigung aber sehr zurücktretend. Es ist freilich nicht zu leugnen, dass diese dritte Gruppe die am schwersten festzustellende ist, weil die fragmentare Beschaffen- heit unserer Reste wohl allzu häufig nur die Wahrnehmung der etwa dennoch vorhandenen Gesetze verhindert und leicht etwas als regellos erscheinen lassen kann, was einem bestimmten, aber 56 Calamites. [142] nicht erkannten oder erkennbaren Plane unterworfen ist. Jedoch auch hierfür ist das Bedürfniss der Unterscheidung fühlbar, daher eine Abtrennung als Stylocalamites nicht unzweckmässig. Endlich gesellt sich zu den obigen 3 Sippen noch eine 4. Ab- theilung der Archaeocalamiten, welche nach einer Reihe anderer abweichender Merkmale schon längst von manchen Autoren als besondere Gattung aufgefasst wurde. Auch bezüglich der Ver- zweigung erweist sich diese Gruppe als eigenthümlich, denn in den Regionen, wo die Aeste sich entwickeln, findet man an allen Gliederungen Astnarben, aber in höchst regelloser Stellung und an anderen Theilen der Pflanze ist die Verzweigung ganz unter- blieben. Auch hiervon werden wir Beispiele kennen lernen. Bemerkenswerth ist bezüglich des Vorkommens der vier Gruppen, dass Archaeocalamiten aus den älteren Schichten nur bis in die Stufe der Waldenburger Schichten, vielleicht noch ver- einzelt bis in Saarbrücker Schichten (Schlesien), Calamitinen bis in die Ottweiler Stufe, aber nicht ins Rothliegende, Eucalamiten und Stylocalamiten dagegen bis ins Rothliegende bekannt sind. Die beblätterten Aeste der Calamiten sind nur in äusserst wenigen Fällen wirklich ansitzend gefunden worden. Dahin ge- hört ein von RENAULT (cours de botanique fossile, II annee, 1882 S. 111) beschriebenes und (]. c. Taf. 17 Fig. 1) abgebildetes Stück, das zu den Calamitinen zählt und einen Quirl unverzweigter Asterophylliten -artiger Aeste trägt. GRAaNxD’ EurY zeichnete dies schon früher in idealisirten theoretischen Figuren. Ein anderer Fall liest in der Reihe unseres Culamites ramosus vor, der zu den Eucalamiten gehört und dessen Zweige Annularienblätter besitzen. Ob Calamites arborescens mit ansitzender Palaeostachya arborescens zur dritten Gruppe der Stylocalamiten gehört, ist noch nicht völlig entschieden. Dagegen ist Calamostachys (Macrostachya) Solmsi Weiss (Steinkohlen-Calamarien I. 1876 S. 75 u. 129 Taf. XVII Fig. 1, 3, 4) nur vermuthungsweise zu der dabeiliegenden Calami- tina gezogen worden. Sind wirklich beide zusammengehörig, so sind auch in diesem Falle die beblätterten Zweige mit ihren end- ständigen Aehren Asterophylliten-artig, aber einfach. Die grosse [143] Calamites. 57 Mehrzahl der Calamarienähren und beblätterten Zweige ist noch nicht in Verbindung mit Calamitenstämmen gefunden worden. Ob fruchttragende und unfruchtbare Stämme derselben Cala- mitenart auch dieselbe Verzweigung besessen haben, oder nicht, lässt sich heute noch gar nicht entscheiden. Wie z. B. Equwisetum arvense im fertilen Stengel wie ein Stylocalamit einfach, im sterilen wie Eucalamiten verzweigt auftritt, so könnte sich bei Oalamiten Gleiches gefunden haben; indessen müsste dies doch erst durch Beispiele bewiesen werden. Die Unterscheidung der Calamiten in Arten ist bei der frag- mentarischen Beschaffenheit der Reste natürlich nicht allzu fest begründet, ja sie könnte vielmehr manchem Botaniker als ein ge- wagtes Unternehmen überhaupt erscheinen. Da man, wenn man von Combinationen absieht, wenig darüber weiss, wie eine Oala- mitenart sich am unteren und oberen Ende und in ihren ersten, stärkeren Verzweigungen, welche noch Calamitentypus tragen, ver- halten hat, so kann der Fall leicht eintreten, dass Stücke, welche verschiedenen Theilen derselben Pflanze angehören und dabei ver- schiedenes Aussehen besitzen, auch als verschiedene Arten auf- gezählt werden. Längere Zeit haben die Autoren geglaubt, die Zahl der Arten bei Calamiten und Asterophylliten in ungefähr gleiches Verhältniss bringen zu müssen, da man eben beide sich an einer und derselben Pflanze dachte. Nachdem die Vereinigungs- versuche ETTINGSHAUSEN’s als, zu weit gehend erkannt waren, suchte z. B- GEmiItz die Calamiten auf möglichst wenige Arten zurückzuführen und manche BRONGNIART' sche Species wurde da- nach eingezogen. Trotzdem die GEmITZ’schen Definitionen manchen bequemen Vortheil bieten, hat man später doch wieder angefangen, unter Beachtung mannigfacher Erscheinungen an den verschiedenen Calamiten, auf welche man früher nicht die gleiche Aufmerksam- keit richtete, mehr und mehr Arten zu unterscheiden. Allerdings scheint es ebenso gerechtfertigt als nöthig, den Verschiedenheiten der vorliegenden Objecte eine eingehendere Würdigung zu Theil werden zu lassen. Was ım Nachfolgenden in der für Arten und Varietäten ge- bräuchlichen Weise mit Namen belegt wird, das soll hier nicht 58 Calamites. [144] den Anspruch echter Species erheben, sondern soll Formen be- zeichnen, welche nach Gleichheit der wesentlichsten Merkmale und der Tracht als gleichwerthig erkannt werden. Mannigfache Abweichungen der sonst zu gleichem Typus gehörigen Stücke werden in der Weise wie Varietäten behandelt, ohne dass be- hauptet werden könnte, dass dieselben nicht manchmal sogar an einem und demselben Individuum auftreten dürften, andererseits jedoch auch wieder eine grössere Beständigkeit erlangten. Alle solche Fragen, die nur durch Auffinden des direkten Zusammen- hanges der Theile der Pflanze an den Stücken selbst gelöst werden können, müssen wir dem Glücke späterer Finder und Funde über- lassen. Die hier behandelten Formen sollen übrigens nur grössere und kleinere verwandte Kreise unter ihnen nachweisen und einige Typen begründen helfen, ohne die Sache, oder auch nur das dem Verfasser vorliegende Material an Formen irgend zu erschöpfen. 1. Sippe: Calamitina (emend.). Die Astansätze — Astnarben oder Astspuren — treten periodisch, in Abständen einer gewissen Anzahl von Gliedern auf. In den meisten Fällen ist damit eine deutliche Grössen -Ab- und Zunahme der Glieder einer Periode verbunden. Von älteren Bezeichnungen, welche für einzelne hierher ge- hörige Stücke gebraucht worden sind, wären die Gattungsnamen von LinpL£ey und Hurron (foss. flora of Great Britain) Hippurites (vol. II Taf. 114 und vol. III Taf. 190) und (yclocladia (vol. II Taf. 130) zu erwähnen. Beide sind hier nicht anwendbar, da sie mit dem obigen Begriffe von Calamitina nicht zusammenfallen. Hippuvites ist zuerst, aber nur nach der bisher bei Calamiten un- bekannten Beblätterung aufgestellt, Oyclocladia ıst allzu sehr auf die Form der Astnarben neben der glatten Oberfläche basirt, so dass der bald darauf publicirte (’alamites verticillatus (vol. II Taf. 139) von den Verfassern nicht einmal als zur gleichen Gruppe oder Gat- tung gehörig erkannt wurde. Auch ist Cyclocladia später von GOLDENBERG anders angewendet und so in der Litteratur Verschie- denes hierunter verstanden worden. Bei der Kleinheit des LiNDLEY- schen Restes ist zudem seine Identität mit periodischen Calamiten nicht zu erweisen. In neuerer Zeit hat GrAnD’ Eury unter der Bezeichnung Calamophyllites diejenigen Calamitenstämme verstanden, deren Zweige Asterophylliten seien. Zum Theil fallen diese gewiss mit unserer Gruppe Calamitina zusammen, ohne dass jedoch beide identisch sind. Die Aufstellung von Calamitina bezog sich an- fänglich auf einige äussere Merkmale, ohne Rücksicht darauf, ob die Stämme Asterophyllitenzweige tragen. Die grossen periodischen 60 Calamitina. [1 46] Astnarben, welche meist sich berühren, die kettenförmige Blatt- narbenreihe, die Beschaftenheit der äusseren Oberfläche führten zu der Abtrennung der Calamitinen von (alamites (s. Steink.- Calamarien I. 1876 S. 116). Nachdem aber erkannt wurde, dass die vom Aeusseren her- genommenen Merkmale nicht immer constant sind, dass die Blatt- narbenreihe nicht kettenförmig zusammenhängend zu sein braucht, endlich dass die Astnarben nicht stets so dicht stehen, dass sie sich berühren, vielmehr öfters in grösseren Abständen horizontal aus einander rücken, so kann jetzt die Diagnose von Calamitina nur noch die obige vereinfachte Gestalt annehmen. Auf den Umstand, dass manche Calamiten Asterophylliten als Zweige tragen, eine Gattung (’alamophyllites zu gründen, erscheint um so misslicher, als ZEILLER (und GRAND EurrY selbst) ver- muthet, dass auch die Zweige von Calamodendron asterophylliten- artig seien, wie bei dem oben (8.56) citirten Calamiten nach RENAULT. GRAND Eury’s ideale Darstellungen von Calamophyllites erinnern sehr an die LinpLey’sche Hippurites longifoha (vol. III Taf. 190), aber der Name Hippurites wurde weder von ihm noch von einem anderen Autor verwendet. Schon früher hatte bekanntlich GEINITZ solche Stämme wie die Calamophylliten unter Kgquisetites gebracht; doch schon SCHIMPER hat gezeigt, dass man hieran nicht festhalten könne, und heute wissen wir bestimmt, dass an Eguwisetum-artige Beblätterung dieser Stämme nicht zu denken ist. Dagegen hat WILLIAMSON sich dafür ausgesprochen, dass Stämme wie Calamites verticillatus Lindl. (Calamitina) keine Calamiten, sondern eine andere Asterophylliten oder Sphenophyllum tragende Gattung seien (on the organis. etc. Part V S.66). Auch SCHENK ist in neuester Zeit der Ansicht, dass Calamitina eine andere Gattung bezeichne als Calamites (s. RICHTHOFEN’s China IV Bd. S. 234). Besonders beachtenswerthe Verschiedenheiten unter den Cala- mitinen (im obigen Sinne) geben sich in den Astnarben kund, welche an dickeren Stämmen gross sind und sich völlig oder [147] Calamites varians. | 61 nahezu berühren, wenn sie im grösserer Anzahl am Wirtel er- scheinen, oder merkliche Zwischenräume lassen, wenn ihre Anzahl relativ geringer ist. Auch die Stellung der Astnarben kann recht abweichend sein. Bei jenen früher so genannten Calamitinen (z. B. C. Göpperti) befinden sich die Astnarben über der Nodiallinie, von dieser mehr oder weniger abgerückt. Bei anderen dagegen (wohin der Calamites approwimatus Brongn. gehört) steht die Ast- narbe mitten auf der Nodiallinie, während sie in noch anderen Fällen eine mittlere Stellung einnimmt. Die Blattnarben bilden nur bei einigen Ualamitinen eine Kette rings um das Glied, sind bei anderen zum Theil oder durchweg von einander getrennt (s. Taf. I), bisweilen in recht beträchtlichen Abständen und ganz isolirt. Die glatte oder unregelmässig gerippte oder gerunzelte und höckrige Oberfläche giebt kaum etwas anderes zu erkennen, als auch wohl bei anderen dickwandigen Calamiten. Uebrigens ist von einer Abstreifung der Oberhaut (»schlotternd« wie STUR sie nennt) von mir nie etwas beobachtet. I. Calamites varians STERNE. Glieder in der Länge ungleich, periodisch sich verlängernd oder verkürzend, die Periode mit dem Auftreten der Aeste zu- sammenfallend. Steinkern an den Gliederungen stark einge- schnürt, mit hoch gewölbten, fast kantigen, gedrängten und schmalen (bis 2" breiten), oft etwas rissigen Rippen und tiefen Furchen. Die Periode häufig 9 Glieder umfassend, oder zwischen 6 und 10, vielleicht in noch grösseren Grenzen varürend. Die entwickelten Astnarben der Rinde ziemlich gross, gedrängt oder entfernt; zwischen ihnen am Steinkern kenntlich manchmal noch unentwickelte Astspuren, durch Zusammentreten weniger Rippen in einen Punkt gebildet. Dieser Typus umfasst die folgenden Formen, die wir zu unterscheiden Gelegenheit hatten und denen sich wohl auch andere ‚aus anderen Gebieten anreihen liessen. 62 Calamites varians. [148] a) C. varvans insignis W., Taf. I, Taf. XXVIT EBieT Glieder mit grosser Regelmässigkeit zu 9 in der Periode, von unten nach oben an Länge zunehmend. Die Astnarben entspringen am Steinkern merklich über der Nodiallinie; auf der Rinde gross, gedrängt, etwas in das untere Glied einge- senkt, so dass die Nodiallinie auf der Aussenseite des Calamiten unter den Astnarben bogig herumläuft. Blattnarben schmal, doppelt so hoch als breit durch Zwischenräume getrennt, nur unter den Astnarben kettenförmig und querelliptisch; Knötchen am Steinkern schwach, aber deutlich. Germar, Steink. von Wettin und Löbejün IV. Heft 1847 S. 49 Taf. 20 Fig. 2, 3 (umgekehrt!) b) €. varians inversus W., Taf. IA Fig. 2. Mit der vorhergehenden Form bis auf den Umstand überein- stimmend, dass in der Periode von je 9 Gliedern das unterste, welches die Astnarben trägt, das grösste ist und die übrigen nach oben an Länge abnehmen. Aussenseite nicht bekannt. c) ©. varians inconstans W. Periode der Glieder von 6—10, vielleicht auch mehr schwankend, Rippen und Furchen wie vorige. Glieder der Periode von unten nach oben an Länge zu- nehmend, viel weniger regelmässig als bei der Form insignis, bis- weilen die obersten wieder kleiner, dann die mittleren die grösseren, das unterste das kleinste. Abdruck der Aussenseite (nach STUR — (alamitina Göpperti Ett. sp.) wenig gerippt, mit grossen Ast- narben, in das untere Glied tief eingesenkt, daher hier die Nodial- linie bogig verlaufend. Blattnarben kettenförmig oder nur theilweise getrennt, querelliptisch, dementsprechend die Blätter an der Basis wohl stets etwas verbreitert. d) C. varians abbreviatus W., Taf. XVIA Fig. 10, 11. Periode mit 8— 10 oder mehr, sehr abgekürzten Gliedern; letztere nur wenig an Länge verschieden oder doch in der Periode nach oben nur wenig verlängert. Blattnarben halbkreisförmig. Ast- [149] Calamites varians. 63 narben nehmen den grössten Theil des Gliedes ein, gedrängt. Einerseits der vorigen Form nahe, andrerseits durch die abge- kürzten Glieder dem (al. approximatus. Calamites Göpperti Ettingsh., Flora von Radnitz, Taf. I Fig. 3, 4. e) C. varians semicircularis W., Taf. XVI Fig. 6. Periode vorhanden, aber der Gliederzahl nach nicht festgestellt; nur äussere Oberfläche bekannt, welche im Allgemeinen der der Form inconstans gleicht. Blattnarben querelliptisch, schmal; Blätter schmal, lanzettlich; Astnarben gross, halbkreisförmig. f) C. varians Sachsei Stur sp. Periode 3—4 Glieder, letztere von unten nach oben an Länge zunehmend; äussere Aehnlichkeit mit Form inconstans, sowie mit ©. tripartitus Gutb. Astnarben viel kleiner als bei diesen. g) Hieran sollen eine Reihe von Stücken angeschlossen wer- den, welche dadurch, dass sie von den vorhergehenden Haupt- formen in allerleı Punkten abweichen, beweisen dürften, dass man gut thut, alle diese Formen in einem Typus oder einer Art bei- sammen zu belassen, so gut sie sich auch oft von einander unter- scheiden und zu Varietäten- oder Formen-Bezeichnungen eignen würden. a) Calamites (Calamitina) varians insignis W., Taf. I; Taf. XXVIN Fig. 1. Die obige kurze Diagnose dieses Calamiten beruht auf den in der Halleschen Universitätssammlung aufbewahrten, von GERMAR gesammelten Stücken, von welchen eine Reihe auf unserer Taf. I und XXVIII abgebildet sind. Dass diese Stücke wirklich alle zu derselben Art gehören, wird wohl keinen Zweifel erregen, da namentlich an den in Fig. 1, 2,3 auf Taf. I abgebildeten dasselbe. Zunahmegesetz der Glieder nach oben auftritt, welches den Stein- kern Taf. XXVII Fig. 1 kennzeichnet. Dieser Steinkern Taf. XXVIII Fig. 1 ist zunächst von Germar für die Art zu Grunde gelegt worden. Seine Abbildung (l.c. Taf.20 Fig. 2 u. 3, sowie in Isis, 1838 Taf. III Fig. 1 »(. alternans« ein Stück) giebt von dem ganzen Stück, 64 Calamites varians. [150] das bei uns vollständig dargestellt wurde, nur den oberen und unteren Theil und lässt den mittleren gleich grossen fort. Der ganze breitgedrückte Stamm ist 55°% lang, unten 48, oben 58®m breit; die grösste Breite erreicht das 5. bis 6. Glied von oben mit 65wm, Das Stück besitzt 30 Glieder, das mittlere Stück vom 10. bis 18. Gliede ist das von GERMAR nicht gezeichnete. Die Länge der Glieder von unten nach oben und deren Pe- riode ergiebt: 9, 10, 16, 20, 25, 26, 24, 26, 27 | 12, 11, 12, 16, 19, 24, 97, 26, 31mm One nurage Ge (a) 178 10, 11, 13, 14, 18, 19, 18, 20, 22 | 12, 14, Igmm SJ)aiımrr virndeang - |@ ; Dies ist eine für Ptlanzen sehr regelmässige Zunahme der Glieder jeder Periode von unten nach oben und ein sehr regelmässiges Wiederholen von je 9 Gliedern in der Periode. Die Einschnürungen in der Nodiallinie sind ziemlich stark; Rippen, obsehon den für varians bezeichnenden Charakter tragend, durch Druck etwas ver- wischt, ihre durch Alterniren hervorgerufenen Spitzen nur an wenigen Stellen ganz deutlich erhalten, weniger als in der Germar' schen Figur. Auf 10mm Breite kommen 6—8 Rippen. (Ganz constant erscheinen am oberen Ende derselben die Knötchen als sehr schmal elliptische, oben und unten spitze bis fast linien- förmige Eindrücke, von Germar nicht gezeichnet, oft noch mit Kohle erfüllt. Das unterste Glied der Periode, welches fast stets das kürzeste ist, trägt die Astnarben an seimem unteren Ende. Dieselben stehen von der unter ihr be- findlichen Nodiallinie etwas nach oben hin abgerückt, am deutlichsten an der oberen Reihe, wo der centrale Punkt der Narben 3—4"m über der Knotenreihe liegt. Zugleich haben die Aeste eine kleine Depression des unteren Gliedes hervor- gerufen, denn die unter einer Astnarbe befindlichen Knötchen laufen in leichtem Bogen unter jener hin, erheben sich aber zwischen den Astnarben bis nahe zu gleicher Höhe mit dem Centrum der letzteren. Dass die Aufstellung des Stückes die richtige ist, ergiebt sich auch daraus, dass der Theil des Gliedes, welcher gerade unter der Astnarbe liegt, etwas polster- förmig vorspringt, wie dies bei Verzweigungen oder abgehenden appendieulären Organen der Pflanzen gewöhnlich wahrzunehmen ist. Obgleich das Stück ringsum erhalten ist, lässt sich die Anzahl der Ast- narben im Kreise nur am oberen Wirtel annähernd, wahrscheinlich zu 8, fest- stellen. Auf jeder der platten Seiten sind nämlich 3 Narben sehr deutlich, ausser- dem an den durch den Druck entstandenen Kanten rechts und links noch die Spur von je 1 Narbe zu sehen; indessen könnten es, nach den Zwischenräumen zu schliessen, auch 9 Narben gewesen sein. Das zweite wichtigste Stück ist von GERMAR in seiner Fig. 1 (l.c.) abgebildet und von uns so, wie es jetzt in Halle vorliest, nochmals wiedergegeben in Taf. I Fig. 1. Es zeigt ein Stück des Steinkerns im Abdruck (8) und die äussere Oberfläche des Calamiten (H), ebenfalls im Abdruck (vertieft), dazu eine Ast- [151] Calamites varians. 65 narbenreihe (aa), den unteren Theil der Blätter (») im Abdruck und die Blattnarben (r'). Neuerlich hat SCHENK von diesem Stück eine Abbildung (RıcHtHoreEn’s China Bd.IV, 1883, Pflanzen der Steinkohlenformation Taf. XXXV Fig. 1) gegeben, wozu er auch in Taf. XXXIV Fig. 1 ein schönes blatttragendes Stück zeichnet, ähnlich unseren Figuren 2—5, das aber nicht so unzweifelhaft hierher gerechnet werden darf, da es weder eine Periode der Glieder erkennen lässt, noch in den Blättern völlig übereinstimmt, vielmehr Asterophylliten-ähnlich erscheint. Stammstück mit 6 Gliedern, deren Länge von unten an (Taf. I Fig. 1): über 40, 43—45 | 16—13, 21, 34® m, vom sechsten nur ein Stück; Breite nicht (a) ganz vollständig, auf 76%” erhalten. Der Abdruck des Steinkernes ($) oder die innere Oberfläche des Cylin- “ders zeigt die scharf ausgedrückten vertieften Rippen mit vorspringenden, schmal leistenförmigen Rillen, sehr fein längsstreifig und zugleich querrunzelig, daher unter der Lupe mauerförmig gezeichnet durch den Abdruck reihenförmiger Zellen. Der Zickzackverlauf der Nodiallinie ist in der Figur genau wiedergegeben, nur auf der unteren Nodiallinie des Gliedes A rechts treffen Rillen genau senkrecht über emander zusammen. — Knötchen an beiden Enden der Rippen, die unteren etwas bestimmter, aber die oberen nicht undeutlicher, beide rundlich, klein. An dem Gliede A kommen 22 Rippen auf 33mm Breite. Die äussere Oberfläche zeigt eine durchaus glatte Oberhaut, ungerippt, sehr fein längsstreifig, die Streifung unter der Lupe theils parallel Iiniirt, theils netzförmig anastomosirend. Nur am 2. Gliede unten sind schwache Abdrücke der inneren Rippen zu sehen. — Die Gliederung ist hier durch bandförmige Ein- drücke angezeigt und darin stehen die Blätter, nämlich am oberen Ende jeden Gliedes. Die obere Grenzlinie des bis um breiten Bandes ist schärfer als die untere, welche unbestimmt verläuft; jene ist die horizontale Nodiallinie. Dieselbe verlängert sich an dem Gliede A genau in dessen innere Nodialline. Von den Blättern ist hier nur der untere Nageltheil (n) erhalten, sowie ein Stückchen des Blattes, am besten bei f an der zweiten Gliederung von oben. Die Blattnarbenn der astlosen Gliederungen dl verschieden von denen der Ast- narbenreihe. Jene sind schmal, etwa 3,5nm hoch und 1,5"Mm breit mit Zwischen- räumen bis über 2,7mm Breite, so dass auf dem Raume von 20@m 6—7 Blättchen stehen. Auf denselben Raum kommen am Steinkern nur 14 Rippen oder 14 Knöt- chen, daher befinden sich äusserlich fast genau nur halb so viel Blätter als der Steinkern Rippen oder Knötchen zählt (s. oben S. 28). Die Blattnarben n’ unmittelbar unter den Astnarben dagegen bilden eme rosenkranzförmige Reihe von Närbehen, deren Form abgekürzt, querelliptisch ist, unter den Astnarben gewöhnlich zu 6 deutlich, die in den Winkeln zwischen den Astnarben stets undeutlich. 66 Calamites varians. [1 52] Die Astnarbenreihe aa zeigt 5 grosse Narben, vielleicht fehlt eine für den vollständigen Halbquirl. An dem Abdruck bilden die Narben querelliptische Kissen von 15 und mehr Millimeter Breite und 7m Höhe. Einige berühren sich seitlich, die anderen sind etwas auseinandergerückt. Ueberall ist der centrale Insertionspunkt der abgefallenen Organe zu sehen, den auch eine schwache, radiale Structur andeutet. Diese Astnarben befinden sich am unteren Ende des kürzesten Gliedes des Stückes und drücken die Nodiallinie des nächst tieferen Gliedes etwas im Bogen herab. Ueber den Narben bleibt von dem Gliede etwa noch die Höhe der Narben frei. ; Die übrigen auf Taf. I abgebildeten Stücke zeigen die Be- blätterung des Calamiten in selten schöner Weise. Das besterhal- tene ist in Fig. 2 dargestellt, an welchem zwischen Blatt und Ober- haut zum Theil noch Gesteinsmasse eingeschaltet ist, wodurch besonders deutlich wird, dass die Blätter auf dem Gliede unterhalb | der Gliederung sitzen und dass die unter ihrem Insertionspunkte theilweise verlaufende Linie (in der Figur ein heller Streifen) nicht die Quergliederung ist. Sehr vortrefflich ist die Befestigung der Blätter am oberen Ende jedes Gliedes auch in Fig. 3 zu sehen, während Fig. 4 und 5 keine abgegliederten Felder zeigen. Die Blätter sind bei sämmtlichen Stücken schmal lineallanzett- lich bis pfriemenförmig, spitz, und besitzen am unteren Ende einen schmalen und niedrigen Nageltheil, der von der Blattfläche ab- gliedert. Er wird von einer eingedrückten Längsfurche durchlaufen, die in der Blattfläche als Mittelrippe sich fortsetzt. An letztere schliessen sich jederseits zwei Bänder an, das äussere scharf ab- gesetzt, wie von einem häutigen oder lederartigen Rand gebildet, der gegen den Nagel und die Blattspitze hin sich verschmälert. Die Fig. 6 ist besonders nach dem Exemplar Fig. 5 entworfen (in zweifacher Vergrösserung). Ueberall stehen die Blätter vollkommen getrennt von einander mit theilweise recht bedeutenden Zwischenräumen. Ihre Länge ist ungefähr 30—40"", von der Länge der Glieder unabhängig. — An allen Figuren ist die Oberhaut glatt bis fein längsstreifig, in Fig. 3 auch etwas netzig. Im Uebrigen ist zu den Stücken noch folgendes Spezielle zu bemerken. Fig. 2. 4 Glieder, davon die 2 mittleren vollständig, 17 und 28,5mm hoch, Oo 7) 8) Oberfläche an einigen Stellen mit elliptischen Wällen (P) versehen, die wohl von [153] Calamites varians. 67 Pilzen herrühren mögen. Nageltheil der Blätter 2m hoch, IM breit; das ganze Blatt 28, auch 33% lang, daher hier meist länger als ein Glied. Fig.3. 6 Glieder, von unten an: über 7, 12, 14, 18, 24—26, über 17mm hoch; Breite oben 55W®, Quergliederung sehr scharf. Von den Blättern nur der Nagel- und der untere Theil erhalten; ersterer bis 2,3mm hoch-und 1,7 breit. Die Zwischenräume zwischen den Blättern schwanken von 3—4®m, An den obersten beiden Gliederungen kommen 10 Blätter auf 45mm Breite; es ist das am Iockersten beblätterte Stück. Oberste Gliederung mit 11 Blättern deutlich, ein zwölftes undeutlich. Fiz. 4, Ein Glied von 55"m Länge und Stücken der beiden benachbarten Glieder ohne deutliche Abgliederung, die nur durch die Blattreihen angedeutet ist. Die obere Gliederung ist links herabgedrückt und trägt 27 Blätter, deren 15 auf 40mm Breite kommen; an der unteren wenige erhalten. Blätter schmaler als ' bei den anderen Exemplaren, nur 1" breit, pfriemenförmig, sehr spitz, bis 32mm Jang, daher wenig über die halbe Gliedlänge reichend. Nagel 1,5"m hoch, Zwischenraum der Blätter 1,5 —2mm, Blätter trotz der geringen Breite wie Fig. 6 in Felder getheilt. Fig.5. Eine Blattreihe von kräftigen Blättern, 16 neben einander, bis 41 oder mehr Millimeter lang, 2,7 breit, oben und unten schmaler. Nagel 3,4um hoch und 1,5wm breit; Abstände der Blätter 3,4 bis 6,8mm oder Zwischenräume 1,5 —4,5mm, Dasselbe Stück war schon von Geruar in Isis 1838 Taf. III Fig. 3 nicht ganz vollständig abgebildet worden. Ein nicht abgebildetes Stück des Halle’schen Museums (als Zrppurites gigantea Lindl. bezeichnet) hat 35m lange, pfriemenförmige Blätter wie Fig. 4, deren 10 auf die Breite von 17mm, Das Vorkommen der hier beschriebenen Stücke ist Löbejün bei Halle für den Steinkern Taf. XXVIII Fig. 1, sowie Wettin bei Halle für die Stücke auf Taf. I. Bekanntlich sind die dortigen Stein- kohlen-führenden Schichten den Ottweiler Schichten des Saargebietes gleichzustellen, also der oberen Stufe des Ober-Carbon. _ Stur (Culmflora d. Ostr. u. Waldenb. Sch. S. 58) beschreibt ein anderes Exemplar angeblich desselben Oalamiten von Wettin, das aber so abweichend von dem GERMARr’schen Originale bezüg- lich der Verzweigung ist, dass es wohl als ein anderer Calamit aufgefasst werden muss, vielleicht als Cal. varians inconstans. Was Srur’s Bezeichnung des obigen Calamiten (l. c.) unter dem besonderen von (. varians STBG. abgetrennten Artnamen C. alternans GERM. anbelangt, so ist dieser Name deshalb nicht zulässig, weil GERMAR zuerst (Acta Ac. Caes. Leop. Car. Nat. Our. Vol.XV Pars2, 1831, S. 221 Taf. 65 Fig.1; die Abhandlung war 1828 eingereicht worden) einen Calamiten aus der Gruppe erucia- 5* 68 Calamites varians. [154] tus Brongn. Ü. alternans benannte, später erst (Isis 1838) denselben Namen auf den obigen Calamiten übertrug, obschon er dabei dessen Verschiedenheit von seinem ersten alternans hervorhebt, und end-, lich 1847 (Steink. von Wettin u. Löbejün) auch diesen letzten alternans aufgiebt und dafür ganz richtig die Bezeichnung varians eintauscht. b) Calamites (Calamitina) varians inversus W., Taf. XXVII Fig. 2. Nur im Steinkern bekannt, der trotz seiner regelmässigen Perioden von 9 Gliedern und dadurch bedingter Aehnlichkeit mit 08 varians insignis sich von letzterem durch das umgekehrte Ver- hältniss der Längenzunahme der Glieder unterscheidet und dadurch Anlass zur Aufstellung einer besonderen Form gegeben hat. Die Glieder nehmen von unten nach oben ab, das unterste Glied ist stets das längste der Periode, das oberste jedoch nicht immer das kürzeste Die Stellung der Astnarben und Knötchen ist wie bei Ü. varians insignis, ebenso die Berippung. Im Einzelnen ergiebt sich folgende Beschreibung. Der Steinkern ist 42,2°% lang, breitgedrückt, bis 5% breit, auf einer Seite mit Kohlenrinde bedeckt, auf der anderen entrindet. Es sind 30 Glieder, von welchen vier Astnarben tragen (stets das längste der Periode), und zwar an ihrem unteren Ende. Längs der Glieder von unten nach oben: 31, 18.1918, 18,218,.%7,.216.2132102026,,.923,79,, 1021021 0 Gelbe (a) (a) 20 ASt (a) das letzte Glied unvollständig. 18,,10..210 (a) Einschnürung an der Gliederung des Steinkerns ziemlich stark, Rippen con- vex mit scharfen Furchen, die mittleren durch Druck etwas verwischt, mit zick- zackförmig verlaufenden spitzen Enden und kleinen Knötchen am oberen Ende, die wie eingedrückte Punkte erscheinen. Astnarben am je 9. Gliede, am untersten des Stückes indessen nur 3 auf einer Seite erhalten. An den anderen Astnarbenkreisen befinden sich auf der entrindeten Seite je 6 Astnarben; auf der mit Kohle bedeckten nur äusserst geringe Spuren davon. Jedoch glaube ich, an dem 2. Wirtel von unten noch 6 Spuren auf der Kohlenrinde zu erkennen, so dass wohl sicher 12 Astnarben im Quirl gestanden haben. Diese Astnarben bilden auf der entrindeten Seite elliptische Eindrücke im Steinkern von etwa 4m orösstem, dem senkrechten, Durchmesser. Von der [155] Calamites varians. 69 Nodiallinie sind sie etwas nach oben abgerückt, so dass ihr Mittelpunkt etwa 3,902 über den Knötchen sich befindet. Diejenigen Knötchen, welche senkrecht unter den Narben stehen, haben mit der Nodiallinie eine leichte Depression er- fahren und stehen etwas tiefer als die übrigen zwischen den Astnarben. Die Oberfläche der Kohlenrinde des Stückes ist völlig glatt, Quergliederung und Längsrippen sind fast verschwunden, Astnarben, wie oben bemerkt, in höchst schwachen Spuren vorhanden. Die Kohle ist etwa 1mm dick. Vorkommen. Das Stück wurde von einem meiner Zuhörer gesammelt, Herrn GRASSMANN, auf Glückhilfgrube bei Walden- burg, Hangendes vom Strassenflötz, Saarbrücker Stufe. e) Calamites (Calamitina) varians inconstans W., Taf. XVlIa Fig. 7, 38. — Taf. XXV Fig. 2. STERNBERG, Versuch, II. Bd. Taf. XII (Steinkern). Dazu Abdrücke der äusseren Oberfläche: O. Fristmanten, Palaeontogr. 23. Bd. Taf. I Fig. 8 (» Oyclocladia major«). Weıss, Beiträge I 1876 Taf. XVII Fig. 1, 2. (» Calamitina Göpperti Ett.<). Die oben (S. 62) gegebene Diagnose bezieht sich: 1. zunächst auf die in den vorstehenden Citaten dargestellten Reste von IkApnıtz in Böhmen, wobei wir die Ansicht von STUR insoweit adoptiren, dass der von STERNBERG beschriebene Stein- kern mit einem Theile der von dort bekannt gewordenen Abdrücke der äusseren Oberfläche zu derselben Art gehöre, freilich in be- schränkterem Umfange als STUR es meint, der namentlich auch die K. FEISTMANTEL’sche Cyclocladia major (s. unten S. 75 unter var. e, C. varians semicircularis) hierher rechnet. Auch die beiden von ETTINGSHAUSEN als Calamites Göpperti unterschiedenen Stücke glauben wir zunächst noch abgesondert lassen zu sollen (s. unten S. 73 var. d, (al. varians abbreviatus), so dass dann nur die obigen bildlichen Darstellungen für inconstans übrig bleiben. Dabei kann doch nicht unterlassen werden zu bemerken, dass der stricte Beweis der angenommenen Zusammengehörigkeit obiger Radnitzer Reste, wie er bei dem Wettiner (. varians insignis geführt werden konnte, zur Zeit noch fehlt. Beide Arten von Resten haben ausser dem Habitus auch eine gewisse Längenzunahme der Glieder einer Periode nach oben hin mit der Form varians insignis gemein, unterscheiden sich aber durch 70 Calamites varlans. [156] ziemlich grosse Unregelmässigkeit der Glieder, besonders ihrer Anzahl in der Periode, wozu auf der Aussenseite der angegebene Unterschied in der Beblätterung hinzukommt. Auch die Stellung der Astnarben am Steinkern in einem kleinen Abstande über der Nodiallinie und am unteren Theile des sie tragenden Gliedes ist anscheinend insignis und inconstans gemeinsam. Calamitina Solmsi Weiss (Calam. 1876, S. 129, Taf. XVII Fig. 1) ist zwar ähnlich, hat aber abgekürzte Glieder wie var. ab- breviatus (s. diesen), Astnarben nicht hinreichend gut erhalten, stellt eine besondere Varietät dar. Der Steinkern des Srerxgere’schen Originals wurde von Srur (Culmflora d. Waldenb. Schichten S. 59) näher beschrieben. Herr Dir. K. Feısrmanten in Prag setzt mich in den Stand, im nebenstehenden Holzschnitt (5. 71) eine genaue Wiedergabe dieses wichtigen Stückes in halber natürlicher Grösse zu liefern, welche nach seiner für diesen Zweck gütigst angefertigten Zeichnung hergestellt wurde. Nach Lage der Knötchen am oberen Ende jeden Gliedes, sowie der Astnarben, muss man die hier gewählte Stellung als die richtige annehmen, ob- schon das obere Ende mit seinen abgekürzten Gliedern fast wie ein kegelförmiges Ende erscheint, das sonst das untere des Stammes zu sein pflegt. Indessen ist der Stamm hier abgebrochen, ein Conus nicht erhalten. Nach den Erläuterungen von K. Feıstmanter kann man am Stamm 20 vollständige Glieder auf ihre Länge bestimmen, welche in der Figur beigeschrieben ist. Die einzige vollständige Pe- riode mn zählt 10 Glieder, welche bis zum sechsten zunehmen, dann wieder etwas abnehmen. Vereinzelt finden sich innerhalb dieser Periode bei a, d, ce noch eine oder wohl mehrere kleine Astnarben, welche die Periode unregelmässig erscheinen lassen. Knötchen an mehreren Gliederungen sehr deutlich. Bei xy ist die Wöl- bung des Stammes in einer Profillinie wiedergegeben. A und B sind getrennt vom Stamme auftretende Bruchstücke. Die äussere Oberfläche ist, wie Herr Feıstmanzer ausdrücklich erwähnt, am ganzen Calamiten nirgends erhalten, son- dern nur ein wenig unter dem Bruchstücke 4. Auch die Fortsetzung von B nach rechts ist glatt und etwas runzelig. 2. An den Stücken mit erhaltener Oberfläche ist, wenigstens bei mittleren Stücken (Weiss 1. c. Taf. XVII Fie. 2), die Längenzunahme der Glieder in einer Periode nach oben deutlicher ausgesprochen. An der Spitze des Stammes stellen sich grössere Abweichungen ein (l. c. S.129 u. Fig. 1), wie sie ja auch an der nach unten gerichteten Spitze der STERNBERG’schen Figur auftreten. Es sind Fälle von 6, 8 und 10 Gliedern in der Periode bekannt geworden. a - W E I" Iyfı c Er I I ' in n N "N rl > le) = m) 712 Calamites varians. [158] Auf Taf. XVIa sind in Fig. Tu. $ zwei Stellen der früher publieirten Ober- flächenansicht (l. ec. Taf. XVII Fig.2) nochmals reprodueirt, um das Auftreten der Ast- und Blattnarben noch besser als dort wiederzugeben. Fig. 7 ist der obere, Fig. 8 der untere Astquirl. Die Blattnarbenreihe nn in Fig. 7 ist eine ganz normale, die nächste nını befindet sich unmittelbar unter den grossen Ast- narben und ist von diesen fast verdrückt, dennoch überall noch erkennbar; n9na liegt dann wenig über den Astnarben und zeigt wieder normale Formen. Ebenso in Fig. 8: nını noch deutlicher als Blattnarbenreihe kenntlich, nana so dieht über den Astnarben, dass diese fast berührt werden, n3n3 endlich wenig höher an einem sehr kurzen Gliede, die einzelnen Närbehen von normaler Form. Dieses Stück zeigt an Länge der Glieder von unten nach oben: 35 über 15 | 11-14, 5, 9, 11, 12, 14, 16, 18, 21, 15-20 | 21-15, 7, 8, gun a a und ein unvollständiges Glied. Die Astnarben sind in das nächst tiefere Glied beträchtlich eingesenkt, daher verläuft die Nodiallinie zwischen dem Astnarben- gliede und dem nächst tieferen stark bogig. Deshalb sind auch die Höhen am 2., 11. und 12. Gliede, je nachdem sie vom tiefsten Punkte des Astnarbenrandes an oder vom höchsten zwischen je 2 Astnarben gemessen werden, ungleich. Be- ginnt man die Periode über dem Astnarbengliede, so fängt dieselbe mit dem niedrigsten Gliede an. Dies hat in der That hier mehr Wahrscheinlichkeit. 3. Taf. XXV Fig. 2 von der Carl-Georg-Victorgrube bei Gottesberg in Niederschlesien, Geschenk des Herrn Geh. Rath SCHUMANN in Dresden. | | An die obigen Radnitzer Stücke muss man gewiss das hier abgebildete ausgezeichnete Exemplar von Schlesien anreihen. Es ist ganz flach gedrückt, 44—45°” lang, oben bis 52””, weiter unten nur 47” breit, hat 37 Glieder mit 6 Astnarbenquirlen und 3 ver- einzelten Astnarben. Die Quergliederung ist im Abdruck der Oberfläche durch die kettenförmigen Reihen der Blattnarben scharf ausgeprägt, letztere sind etwa 1”" hoch und 2”" breit. Die Rippen treten auf dem äusseren Abdruck wenig hervor oder ver- schwinden ganz. Die meisten Glieder sind kurz, nur die obersten der oberen Periode verlängert, daher hier der Stamm vom Habitus des Rad- nitzer inconstans; wo aber die abgekürzten Glieder vorwalten, ent- spricht er mehr dem Radnitzer abbreviatus (s. var. d). Von den 5 vollständigen Perioden umfassen vier je 7 Glieder, nur eine 6. Von unten nach oben haben die Glieder die folgenden Längen (das erste und letzte unvollständig): 1 5 9] Calamites varians. 13 ei: ss senlils less SEn1 a) F HASSERSERIEHEHOS DESSEN) 12; 9; 11: 12; 11; 12 a ale 7/s Ihle IS 193 25 08 18; jum (a) Ja Die Astnarben sind meist 7“® hoch; an den drei mittleren a Reihen finden sich 7—9 Narben, so dass der Stamm wahrschein- lich 16 Astnarben ringsum besessen hat. Centraler Insertionspunkt und radiale Streifung sind gut erhalten. Die 3 einzeln stehenden Narben sind verhältnissmässig breiter, weil sie nicht von benach- barten gedrückt werden. Uebrigens stehen die Astnarben nicht auf der Gliederung selbst, sondern etwas nach oben abgerückt, am Grunde des folgenden Gliedes; nur 2 von den isolirten Narben fallen auf die Nodiallinie selbst. Die Blattnarben gehen überall unter den Astnarben herum und umziehen die letzteren bogenförmig. — Die Kohlenschicht, wo sie vorhanden, ist kaum 1""® dick und zeigt dann die Ober- fläche der anderen Seite des mithin sehr stark zusammengedrückten Stammes. Vorkommen. Dass die Varietät inconstans weiter verbreitet ist, wird durch Vorstehendes und einige Stücke der geologischen Landessammlung erwiesen. Danach tritt sie bei Radnitz in Böhmen auf, sodann in Niederschlesien bei Gottesberg (auch ein von BEINERT gesammeltes Stück ohne nähere Fundortsangabe gehört hierher); sowie in Westphalen, Schacht Rhein-Elbe bei Gelsen- kirchen (im Besitz von Herrn WEDEKIND, sehr ähnlich dem in Taf. XVII Fig. 1 meiner ersten Calamarienabhandlung, auch mit Spuren von Blättern daran, eine Astnarbenreihe mit 8 astlosen Gliedern darunter). d) Calamites (Calamitina) varians abbreviatus W., Taf. XVIa Fig. 10, 11. ©. Göpperti Errınssuausen, Steinkohlenflora von Radnitz. Abhandl. der k. k. geol. Reichsanst. II. Bd. 1855, Taf. I Fig. 3, 4. Diese Form, deren Diagnose auf S. 62 gegeben wurde, bildet anscheinend den Uebergang von (. varians (Göpperti) zu (Ü. ap- 74 Calamites varians. [160] proximatus. Gerade deshalb erscheint ihre gesonderte Betrachtung geboten und ihre Vereinigung mit der vorigen zur Zeit zweifelhaft. Sehr abgekürzte Glieder, die nur wenig verschieden sind oder doch in jeder Periode nach oben hin sich nur wenig ver- längern. Nur der äussere Abdruck der Oberfläche bekannt, Blatt- narben verhältnissmässig gross, halbkreisförmig; Astnarben nehmen den grössten Theil des Gliedes ein, meist sich berührend, rund, in Perioden von 8 oder mehr Gliedern sich wiederholend. Besitzt einerseits den Typus von Calamites Göpperti Ett., anderer- seits von (. approwimatus. Unsere Fig. 10 ist so entsprechend der Fig.4 beiETTINGSHAUSEN, auch das kleine Bruchstück von Fig. 3 bei ETTINGSHAUSEN lässt sich mit unserer Fig. 11 so leicht vereinigen, dass an der Identität der Species oder Formen nicht zu zweifeln ist. Es müsste daher auch der Name Göpperti auf sie übertragen werden, wenn nicht nach STUR die von mir früher (Beitr., Steink.-Calam. 1876, S. 127) so bezeichneten Vorkommen zu (. varians gezogen würden. Daher die obige Aenderung des Namens. Calamitina Solmsi Weiss (1. c. 1876 5.129 Taf. XVII Fig. 1) könnte man fast als älteren Stamm zu obiger Form ansehen, doch liegen bei ihr die längeren Glieder in der Mitte der Periode. Fig. 10. Obgleich das Bruchstück klein ist, nur 9m Länge und höchstens 19mm Breite misst, zeigt es doch 20 Glieder, die also im Durchschnitt 4,5mm hoch sind, aber sich in den Grenzen von 3 und 7Wm halten. Die Glieder der Periode nehmen nach oben an Länge zu, doch ist das oberste nicht gerade das längste. Zwei Astnarbenwirtel (a) machen die Periode deutlicher. Die untere besitzt 3 auf die Breite des Stammes und den Anfang eines vierten auf der Seite; der obere 3 ein wenig auseinandergerückt und nicht gerade senkrecht über den unteren, wie man nach Zahl der Glieder erwarten könnte. Diese Narben sind rund und mit centralem Fleck und stehen am unteren Ende des Internodiums dicht über der unteren Nodiallinie.e Dem jugendlichen Alter des Stückes angemessen, besitzen die Astnarben nur einen Durchmesser von 4—5,5"m, Blattnarben (n) an den Gliederungen deutlich; ihre Lage unter der Nodiallinie, ihre Form nebst dem centralen Närbchen ist in Fig. 1OB (3fach vergr.) dargestellt. Fig. 11. Länge 8°®, Breite unvollständig, über 3°%; 20 niedrige Glieder, im Durchschnitt mit 4mm Höhe, zwischen 3 und 4,5" m variirend, also fast gleich. Die sehr abgekürzten Glieder erinnern zwar sehr an (©. approximatus, indessen darf man das Stück wohl nicht von dem vorigen trennen; auch zeigt es wie jenes die freilich nur um ein Geringes längeren Glieder am oberen Ende der Periode, welche dadurch erkennbar ist, dass bei aa eine Astnarbenreihe mit 6 Narben [161] Calamites varians. 75 quer über das Stück geht und 11 Glieder tiefer unten noch eine einer Ast- narbe zuzurechnende Spur sichtbar wird. Quergliederung scharf, Blattnarben n (s. Fig. 11B 3fach vergrössert) ein Weniges grösser als in Fig. 10, sonst wie dort. Von Rippen und Furchen fast nichts vorhanden, nur zufällige unregel- mässige Rippen sind durch Hervorquellen von Gesteinsmasse entstanden. Vorkommen. Die abgebildeten Stücke sind von Herrn WEDERIND auf Zeche Heinrich Gustav bei Werne gesammelt und der geologischen Landesanstalt geschenkt. e) Calamites (Calamitina) varians semieireularis W., Taf. XVI Fig. 6. K. Feısrmanter, Abhandl. d. k. böhm. Ges. d. Wissensch. II. Bd. 1868. Fig. A—D (»Cyelocladia major«). O. FeisrmanteL, die Verstein. d. böhm. Kohlenablagerungen. Palaeontogr. 23. Bd. Taf. II Fig. 1, 2 (»Cyelocladia major«). Dazu: Errısesuausen, Steinkohlenflora von Radnitz in Böhmen. Abhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. II. Bd. 1855. Taf. I Fig. 1, 2 (» Calamites communis«). Nur die äussere glatte Oberfläche erhalten. Periode wenig markirt und unvollständig erhalten. Blattnarben querelliptisch, schmal; Blätter schmal lanzettlich bis fast pfriemenförmig, von etwa 1!/s Gliedlänge. Astnarben gross, meist gedrängt, mit dem oberen Rande an die nächste Gliederung stossend, oben geradlinig abgeplattet, nach unten stark convex, daher halb- kreisförmig; ihr Insertionspunkt liegt hoch. Die Astnarbe füllt vielleicht ein ganzes Internodium aus. Weder die Zu- und Abnahme der Glieder, noch die Form und Stellung der Astnarben stimmen mit denjenigen Stücken überein, welche nach Srur’s Vorgang zu Calamitina inconstans (var. e) gerechnet wurden, so dass eine Abtrennung dieser Reste geboten erscheint. Mit Cyclocladia major Lindl. a. Hutt. (foss. flora of Great Britain vol. II Taf. 130), einem sehr unvollständigen Bruch- stücke mit nur 2 Gliedern und 4 fast runden, etwas von einander abstehenden Astnarben, die mitten auf die Nodiallinie gestellt sind, kann die Radnitzer Pflanze um so weniger identificirt werden, als es bei dem englischen Reste nicht auszumachen ist, ob er der Gruppe (Calamitina angehört. 76 Calamites varians. . M62i Das hier abgebildete Stück ist dasselbe, welches auch K. und OÖ. FEISTMANTEL abgebildet hatten; die erneute Darstellung nach dem Originale wurde mir durch die gütige Gefälligkeit des Herrn K. FEISTMANTEL ermöglicht, der mir das Stück zu diesem Zwecke nebst einem zweiten zum Vergleiche lieh. Es ist dadurch, dass es noch die Beblätterung besitzt, sowie bezüglich der Astnarben- stellung von hohem Interesse, weshalb hier die genaue Beschrei- bung des Stückes folgen soll. Bezüglich der Beblätterung habe ich schon oben (S. 22) der FEISTMANTEL’schen Beschreibung zu- gestimmt. Das Stück (Taf. XVI Fig. 6) zeigt 5 Glieder deutlich, doch ist es möglich, dass die Astnarben ein ganzes Glied einnehmen und daher 6 Glieder vorliegen ; das oberste ist über 23S®m hoch, Breite unvollständig. Die Oberfläche ist ganz glatt, keine Spur von Längsrippung. Die Nodiallinien sind auf vorspringendem, schmalen Walle mit einer kettenförmigen Reihe von querelliptischen, niedrigen Blattnarben nn decorirt, welche meistens sich berühren, zum Theil auch etwas von einander abstehen. Die kleinen Narben tragen einen punkt- oder linien- förmigen Eindruck in der Mitte, sind 4 bis fast 5WM breit, so dass auf der zweiten Nodiallinie (von unten) 10 Narben auf 42mm kommen, sonst auf mehr. Es ist deutlich, dass diese Narben auf dem oberen Ende der Stammglieder stehen, denn die eingesenkte Linie über ihnen verläuft sehr scharf und gradlinig, die unter ihnen dagegen weniger tief eingesenkt und bogig und verfliesst mehr mit der Oberfläche des Gliedes, auf dem die Narben sitzen. Nur die oberste Gliederung lässt keine Blattnarben erkennen. Von den Blattnarben aus gehen die angedrückten Blätter, deren grösste Breite von 2mm dieht an der Narbe sich befindet und die sich von hier an sehr allmählich verschmälern, bis sie ganz spitz und pfriemenförmig auslaufen (Fig. 6a)- Sie erreichen die halbe Höhe des zweit höheren Gliedes und gehen dann über die nächste Gliederung hinweg. Ihr Abstand erscheint viel bedeutender als der ihrer Narben, doch trägt jede Narbe ein Blatt. Dicht unter der obersten Nodiallinie befinden sich eine Reihe von 5 Ast- narben a, denen rechts noch eine schwache Spur einer sechsten sich hinzu- gesellt. Die grösste von ihnen ist 11m hoch und 15" breit, die kleinste 10,5mm hoch und 12mm breit. Sie sind halbkreisförmig, weil sie oben durch die Nodiallinie geradlinig abgeschnitten werden, unten dagegen stark convex gewölbt sind. Ihr Insertionspunkt liegt sehr excentrisch, nur etwa SW unterhalb der oberen Nodial- linie, so dass das untere Feld sehr breit ist, welches eine Spur radialer Struetur wahrnehmen lässt. Am unteren Rande der Astnarben verläuft eine bogige Reihe von leichten Eindrücken n'n’ als Einfassung. Der Analogie nach mit der Calamitina var. in- ' signis von Wettin (Taf.1 Fig. 1) darf man diese Eindrücke wohl ebenfalls für Blattnarben ansehen, die bei dem Wettiner Stück vollkommen deutlich erhalten sind. Dann aber müsste über den Blattnarben, zwischen ihnen und den Ast- [163] Calamites varians. 77 narben eine Gliederung verlaufen, und es würden die Astnarben die ganze Höhe des einen Gliedes oceupiren. Die Befestigung der Aeste ist auch bei dieser An- nahme sehr hoch, am oberen Ende des Gliedes gelegen. Anderenfalls, wenn man annehmen müsste, dass die Astnarben von dem 4. Gliede (von unten) an dessen oberem Ende getragen würden ohne Abgliederung und Blattnarben darunter, so würde hier ein von dem Wettiner Vorkommen gänzlich verschiedener Fall vorliegen. Ein zweites Stück von demselben Fundorte enthält 2 über einander liegende Stammfragmente mit Blättern und Blattnarben; erstere noch pfriemenförmiger und etwas länger, sonst ganz wie voriges Stück. f) Calamites (Calamitina) varians Sachsei STuR sp. Sehr nahe an die Form inconstans von Radnitz schliesst sich ein auf der Orzeschegrube bei Orzesche in Oberschlesien öfter vor- kommender, von dem Dir. SACHSE gesammelter Calamit an, der sich ganz wie inconstans auf dessen äusseren Abdrücken (Beitr. I Taf. XVII Fig. 2) auszeichnet durch allmähliche Längenzunahme der Glieder einer Periode (von unten nach oben, z. B. von 8 bis 25"% und mehr). Diese Periode erstreckt sich indessen auf meist nur 4 (selten 3) Glieder und die Astnarben sind bedeutend kleiner als bei der Radnitzer Form. Var. Sachsei würde eine Mittelstellung zwischen inconstans und Cal. tripartitus Gutb. ein- nehmen. Kohlenrinde dünn. Herr Stur wird nach brieflichen Mittheilungen diesem von ihm als neue Art betrachteten Calamiten eine ausführliche Be- arbeitung in der Fortsetzung seines grossen Steinkohlenwerkes widmen, worin daher eine bedeutende Ergänzung der nach dem beschränkten mir vorliegenden Materiale hier mitgetheilten kurzen Angabe zu erwarten ist. g) Anhang zu dem Formenkreise des (, varians. Dem Cyclus des (’alamites varians fügen sich noch manche andere Vorkommen ein, welche gleichwohl besondere Eigenthüm- lichkeiten erkennen lassen. Ich gebe als Beispiele hierfür folgende interessantere Fälle von Steinkernen, welche darin überein- stimmen, dass entwickelte Astnarben an ihnen nicht auf- treten, sondern nur Astspuren, die genau auf der Nodial- linie, nicht über derselben liegen. 78 Calamites varians. 1 04] 1. Ein von Röhl (foss. Flora d. Steink. Westphalens, Palaeontogr. 18. Bd, 1869, S.14 Taf.1 Fig. 1) als »Calamites varians« publicirtes Stück, welches jetzt im Besitz der Sammlung der geologischen Landesanstalt sich befindet, von Gelsen- kirchen oder Essen !), ist ein zusammengedrückter Steinkern von 39,8°® Länge, 65 — 74mm Breite, mit Gliedern und nur spurweise erhaltener dünner, vielleicht auch in der Dieke nicht vollständig erhaltener Kohlenrinde. Das Exemplar ist nach Berippung (41/g—6!/s Rippen auf 10®m Breite, stark gewölbt, wo nicht durch Druck flach, mit schwach ziekzackförmiger Nodiallinie, weil die Rillen meist alterniren, seltener durchlaufen), nach der starken Einschnürung der Knoten und den periodisch wechselnden Längen der Glieder leicht und deutlich als Cal. varians zu erkennen. Doch ist die Periode nicht vollständig erhalten; die Glieder messen von unten nach oben an Länge: 13 (unvollst.), 30, 45, 51, 57, 57, 66 | 11, 29, 39 (nicht vollst.) Millimeter. (a) Die Astspuren zwischen dem längsten und kürzesten Gliede bestehen in dem Zusammentreffen von 2—4 Rillen jederseits der Nodiallinie in einen Punkt. Diese Punkte stehen 6— SWm von einander ab; ihre Anzahl lässt sich nicht sicher fest- setzen, da einzelne sehr wenig deutlich sind; doch kann man auf einer Seite 10 zählen, also vielleicht 20 im Wirtel. Die sehr regelmässige Zunahme der Glieder deutet auf C. varians insignis von Löbejün, womit Röhl das Stück vergleicht, weniger auf die Radnitzer Form inconstans; doch ist das Stück noch zu unvollständig. Knötchen sind nur manchmal deutlich; von den Astspuren zeigt die Röhl’- sche Figur nichts. 2. Ein Stück von Waldenburg in Schlesien aus Schatzlarer (— Saarbrücker) Schichten (näherer Fundort unbekannt) wurde von mir schon 1870 erwähnt (foss. Flora d. jüngst. Steink. u. d. Rothl. im Saar-Rheingebiete, S. 110). Es ist 61/, Fuss lang, bei 8,5°® Breite auf 2,5°® Dicke zusammengedrückt und hat 48 Glieder. Von diesem im Besitze der Bergschule zu Waldenburg befindlichen Calamiten wurde mir von Herrn Bergrath ScuhürzE das obere Stück mit 17 Gliedern geliehen, wonach das Bild des Ganzen sich so gestaltet: Quergliederung scharf, Knoten etwas eingeschnürt; Rippen 12— 13 auf 20mm Breite, mit einer nicht ganz unbedeutenden Anzahl durchlaufender Rillen; Knöt- chen selten deutlich am oberen Ende der Glieder. Mit Hinzufügung der Angaben von Schürzz messen die einzelnen Glieder des Stammes von unten an: !) Das Exemplar trägt 2 aufgeklebte Etiquetten, die eine mit der Fundorts- angabe Zeche Hibernia bei Gelsenkirchen, die andere blos Essen. [165] Calamites varians. 79 GIG, 10735239,31:6,436,5506,9846 6:4] (a) (a) D:73°9E01:9575..15235,57:55523 9592205 |101537392:23,5174,3.74.5925.24,3:34,74.25:52] (a) (a) Ar2]ES272,92 2,8 3, och 1,28 1.0) 0 a Die 4 vollständigen Perioden von je 9 Gliedern beginnen mit dem kürzesten und enden mit längeren Gliedern, wenn auch das letzte nicht immer das längste ist. Wo die Perioden zusammenstossen, finden sich Astspuren, jedoch in auf- fallend schwacher Entwicklung und im Ganzen so wenig bestimmt, dass man deren Anzahl im Quirl nicht sicher bestimmen kann. An einer Seite zählt man 6, es mögen aber ringsum mehr als 12 gewesen sein. Diese Astspuren sind durch Zusammenneigen weniger (2—3) Rillen von beiden oder nur einer (der oberen) Seite der Nodiallinie in einen Punkt derselben gebildet. Die anderen Gliederungen tragen keine Spur von solchen Contractionen der Rippen. Die grosse Regelmässigkeit der Periodenbildung bei diesem Stamm stellt ihn offenbar neben Cal. varians insignis von Wettin, wobei man nur von der schwachen Astbildung abzusehen hat. 3. Taf. XXVIII Fig. 4 ist das dritte hier zu erwähnende Stück von Zeche Krone bei Hörde in Westphalen abgebildet. Es ist ein 25,5°m langer Abdruck, 20 — 25% m breit, mit 25 Gliedern, welche an Längen in Millimetern besitzen: 11:89:82:8:8:29,5210:12 | 99288829598: 1035: 105212 || (a) (a) (a) ee: 1 || Ainer 10, (a) (a) Nur am 12. Gliede, an der Gliederung mit dem dreizehnten, sind Spuren von Knötchen vorhanden, daher aber die obige Reihenfolge der Glieder von unten nach oben anzunehmen. Quergliederung sehr deutlich; Nodiallinie fast gerade, Rillen öfters durchlaufend; Rippen schmal, 7—9 auf 10% Breite; Kohlenrinde papierdünn. Das Merkwürdige an dem Stück ist das Auftreten von Astspuren (durch 3—4 zusammengezogene hillen markirt). Eine Andeutung derselben ist am untersten Gliede noch erkennbar, danach 2 Perioden von je 8 Gliedern, durch Astspuren abgeschlossen. Ueber der letzten jedoch folgen nach 7 und 8 Gliedern hinterein- ander an 2 Gliederungen 2—3 sehr deutliche Astspuren in alternirender Stellung, Diese Unregelmässigkeit im Auftreten der Astspuren bildet zwar einen Aus- nahmefall, ist aber stets möglich, da ja in jeder Gliederung die Anlage zur Astbildung vorhanden ist. Das Stück reiht sich, von seinen Eigenthümlichkeiten abgesehen, näher an die Var. inconstans als an insignis. 4. Besondere Eigenthümlichkeiten zeigt noch ein viertes Stück von Zeche 7 Planeten bei Langendreer in Westphalen, von Herrn WEDEKIND gesammelt und geschenkt, auf Taf. XXI Fig. 5 ab- 80 Calamites varians. [166] gebildet. Es gehört nach Habitus, Ungleichheit der Glieder, stärkerer Wölbung der schmalen Rippen am Steinkern der Gruppe varians an, hat aber eine derartige Vertheilung der Längen der Glieder, dass es scheint, dass die Astnarbenreihen, welche an dem Stücke sichtbar sind, nicht wirklich die Periode bezeichnen, sondern eingeschaltete Astnarbenwirtel seien, vielleicht auch nur einer (der obere) von beiden. Das Stück gleicht auch etwas dem Calamites Schützei Stur!) (Zur Morphologie der Calamarien, Sitz.- Ber. d. k. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, 83. Bd. 1881 S.8 Taf. I Fig. 1) von Anzin bei Valenciennes, das sich indessen wieder durch fast gleich lange Glieder (wie Cal. arborescens), durch deutliche Knötchen und Astspuren unterscheidet, welche bei 7 Gliederungen sich noch nicht wiederholen. Indessen lassen sich beide vielleicht als C. varians var. Schützei (Stur. sp.) zu- sammenfassen. Das Stück ist die eine Seite des zusammengedrückten Steinkernes mit dicker, kohliger Hülle beiderseits. Es ist 7% lang, unten 23®%, in der Mitte kaum über 22mm, oben 31m breit und besitzt 9 Glieder, in der gewählten Stellung von unten nach oben messend: über 17:19,8 | 13.228710 :15,5 [12:12 1922 Tanse (a) (a) Die oberen Glieder sind stärker, die unteren schwächer angeschwollen. Nodiallinie scharf, die Quergliederung hat auch m dem Abdruck der dicken Kohlen- rinde noch links ihre Spuren hinterlassen. Rippen convex; auf dem obersten Gliede 6—7, an den kurzen Gliedern 9— 10 auf 10mm Breite. Die meisten Rippen und Furchen alterniren, doch liegen sie öfters auch genau senkrecht über einander. Sehr deutliche Astnarbenspuren, in kleinen Grübchen markirt, treten im Zwischenraum von 4 Gliedern auf und zwischen ihnen befinden sich die kür- zesten Glieder des Stückes. Auf dem unteren Halbquirl sind es 4, auf dem oberen nur 2. — Die Hülle, in welcher der Steinkern liegt, zeigt nur noch an einer Stelle kohlige Schicht von geringer Dicke; links ist sie 12—15, rechts breiter bis 20"m, wohl in Folge von Quetschungen. 5. Taf. XXVII Fig. 2, von der Friedenshoffnunggrube bei Hermsdorf, Nied.-Schlesien, Sammlung der geolog. Landesanstalt. Habitus der Berippung wie bei vorigem Stück und (al. Schützei, dazu sehr regelmässige Periode von 4 Gliedern, davon die äusseren länger, die 2 mittleren kürzer. Kohlenrinde dick. !) Herr Srur hielt das westphälische Stück bei flüchtiger Besichtigung der Zeichnung hier in Berlin für seinen Cal, Schützei. [1 6 7] Calamites approximatus. | s1 Die Länge der Glieder beträgt in der gewählten Stellung von unten nach oben: ’ le uilans aloe Türe Seele ers (a) (a) (a) (a) Der ganze Stamm ist flach gedrückt; auf der einen Seite als Steinkern, auf der anderen mit 1—2mm dicker Kohlenrinde bedeckt, der Steinkern etwa 7m breit. Die Rippen, deren meist 9 auf 10m Breite gehen, sind verhältnissmässig stark gewölbt, wie bei den Varians-Steinkernen überhaupt. Sie verschwinden auf der mit Kohle bedeckten Seite gänzlich, welche ganz glatt ist und nur Quer- gliederung, auch nichts von Astspuren zeigt. An den Astspuren tragenden Gliede- rungen erweitern sich viele Rippen am Ende, ähnlich wie im Taf. XII Fig. I oder Taf. XIII Fig 3, und stossen dann auch öfters senkrecht auf einander. Die Ast- spuren veremigen bis 4 Rippen jederseits in einen Punkt. Man zählt auf der Steinkernseite über 6, bis 9 Astspuren. Knötchen nicht erkennbar. Die Kohlen- rinde ist auf den Seiten diek herausgequetscht und würde hier eine ähnliche breite Zone liefern wie voriges Stück (Taf. XXI Fig. 5), wenn sie nicht abge- brochen wäre. Von derselben Grube rührt ein zweites Stück, ebenfalls mit Ast- spuren in Perioden von 4 Gliedern und dicker glatter Kohlenrinde, aber mit Gliedern, deren Längen sich folgen (bei 5°% Durchmesser des wenig zusammengedrückten Steinkernes): 37:44:41] | 20:35:30:31 | 20:34:22 (unvollst.) Millimeter. (a) (a) Entstammt auch dieses Stück demselben Calamiten, so ist die Variation seiner Glieder beträchtlich. Sehr ähnlich dem Stücke No. 4 von Langendreer (Taf. XXI Fig. 5) ist endlich ein solches vom Schwalbacher Flötz bei Gries- born bei Saarbrücken (untere Ottweiler Schichten), jedoch ohne deutliche Astnarben, mit derselben dicken Kohlenkruste, die den 25m breiten Steinkern mit mindestens 18”” breitem Bande umgiebt. 2. Calamites approximatus BRONGN. techt nahe an den Typus des (alamites varians schliessen sich eine grosse und in der Hauptstufe der productiven Stein- kohlenformation sehr verbreitete Zahl von Formen, welche in der starken Einschnürung der Glieder am Steinkern und in den hoch- sewölbten und durch scharfe Furchen getrennten Rippen eine ganz ähnliche Tracht wie jener besitzen, auch die Periodicität der Glieder und Astbildung (entwickelte Astnarben und Astspuren, von bündelig 6 82 Calamites approximatus. [1 68] zusammengezogenen hillen gebildet) mit jenem gemeinsam haben, sich aber durch sehr abgekürzte Glieder von ihm unterscheiden, welche sich am ganzen Stamme oder mindestens über grössere Strecken desselben fast gleich verhalten. Im Allgemeinen ist auch der Abstand der Astnarben ein grösserer als bei ©. varians, so dass dieselben sich nicht berühren wie dort. Periode meist 8 Glieder, schwankt aber von 5—12. Knötchen fehlen. Nicht alle Calamitenstücke mit abgekürzten Gliedern dürfen zu C. approwimatus gezogen werden, und es ist daher manches unter diesem Namen aufgeführte Stück (so z. B. OÖ. FEISTMANTEL, böhm. Steinkohlenflora, Palaeont. Bd. 23, Taf. VII Fig. 1, offenbar ein ©. Suckowi) zu eliminiren. Als typisch bezeichnet SruR wohl mit Recht die Stücke bei BRONGNIART, hist. d. veg. foss. I, Taf. 24 Fig. 2, 3, zu denen man aber auch Fig. 4 u. 5 unbedenklich rechnen kann. Ebenso würde in GEINITZ, Steink. Sachsens Taf. 11 Fig. 5, vielleicht auch Taf. 12 Fig. 3 als typisch zu bezeichnen sein. Dagegen spricht Alles gegen die Vereinigung dieser mit den anderen von beiden Autoren hinzugezogenen Figuren mit durchgehends verlängerten Gliedern oder mit Astnarben, resp. Astspuren an den benachbarten Gliederungen, also ohne periodische Entwicklung. Auch bei diesem Formenkreise kann man emige Eigenthüm- lichkeiten beobachten, unter denen ich die folgenden hervorheben möchte. a) €. var. subaequalis W. Brongn. 1. c.; Geinitz, Fig. 3 Taf. 12. Glieder fast gleich lang, auch die an den Gliederungen mit Astspuren anstossenden nur wenig oder kaum verschieden, so dass die Periodiceität kaum hervortritt. Periode von 5—8 Gliedern beob- achtet, ziemlich unregelmässig, durch die bündelig gruppirten Rillen gebildet. b) €. var. vulgaris W. Die meisten Glieder gleich lang, aber die beiden an die mit Astspuren oder Astnarben versehenen Gliederungen anstossenden Glieder oder mindestens eins merklich grösser als die anderen. [169] Calamites approximatus. 83 Obschon dieser Fall nicht selten zu sein scheint, finden wir in der oben citirten Fig. 5 Taf. 11 bei GEINITZ nur den einen Fall abgebildet, dass das Glied auf einer Seite der Astnarbenreihe ein längeres ist. Aber auch ohne Abbildung ist es leicht, sich eine Vorstellung von dem anderen Falle zu bilden, wozu folgende Bei- spiele dienen mögen. l. Ein Stamm vom Saarstolln (Flötz No. 3) bei Saarbrücken wurde bereits in meiner foss. Flora d. jüng. Steink. ete. im Saar-Rheingebiete S. 110 erwähnt, ist in der Bergschulsammlung in Saarbrücken befindlich und für die nähere Beschrei- bung von dem Director Römer mir gütigst zugesandt worden. Derselbe ist reichlich 52m lang, breitgedrückt, auf beiden Seiten erhalten und hat 45 kurze Glieder. Wie Bronentarr’s Fig. 3 u. 4 besitzt der Stamm breitere und schmalere Stellen und ist oben 14,5, unten 15,5 — 14m breit. Es sind Astquirle vorhanden, durch Astspuren mit meist 6 von beiden Seiten der Nodiallinie zusammenneigenden Rillen gekennzeichnet. Auf einer Seite ist noch Kohlenbedeckung mit den äusseren Astnarben erhalten, welche ein wenig über der Gliederung stehen, während die Astspuren des Steinkernes auf derselben gelesen sind. Die Astnarben sind nur ymm hoch, in Abständen von 15 — 17mm, Das- breitere Ende des Stammes ist nach oben zu stellen; alsdann zeigen sich von unten nach oben folgende Glieder und Perioden: BETERET BED | dere] (a) (a) 14,5:8:8:10,5:10,5:12,5:14:14,5:14:14| 13:7,5:8,5:10,5:13:14,5: 15,5:15,5:15,5 | (a) (a) 1285 dieeledeteeeteldele || 15T, (a) also die vollständigen Perioden: 9, 10, 9, 9 Glieder auf bezüglich 97, 120,5, 113,5, 122,5um, Das 2. Glied der Periode ist das kürzeste, nach oben nehmen sie an Länge allmählig zu, doch ist nicht immer das oberste unter dem Astwirtel das längste. — Rippen gehen 5—6 auf 10mm Breite, ziemlich viele Rillen gehen senkreeht durch die Gliederung hindurch. — An einem Astwirtel lassen sich 18 Astnarben rings um den Stamm zählen, an einem anderen könnten es 19 ge- wesen sein. 2. Ein zweites Exemplar, Taf. XXV Fig. 1, in der Sammlung der geolo- gischen Landesanstalt, von mir auf Grube Dechen, Flötz Aster bei Saarbrücken sesammelt, zusammengedrückt, auf einer Seite noch zumeist mit ziemlich dünner Kohlenrinde bedeckt, ist 37,5°% lang und bis 9,5°% breit, hat 55 — 56 Glieder und 8 Astquirle, also 7 vollständige Perioden. Das breitere Ende nach unten ge- stellt, folgen sich die Perioden von unten an mit 6, 8, 7, 6, 7, 8, 7 Gliedern und den bezüglichen Längen von . . . . 44, 50, 46, 43, 50, 50, 47mm, Am Astnarbenwirtel stossen die beiden längsten Glieder zusammen, doch ist das obere stets das etwas grössere; das obere misst 10— 11, das darunter stehende 3S—9um, Nach der Mitte zu werden die Glieder kleiner, so dass die mittleren 2—4 Glieder bis auf 5m Höhe herabgehen. An einem der Astwirtel 6° 84 Calamites approximatus. [170] kann man 18 Astnarben ringsum zählen. Da die eine Seite des Stammes noch mit dünner Kohlenrinde zum grössten Theile bedeckt ist, so trägt diese auf der Aussenseite rundlich elliptische Astnarbenmale, deren längerer Durch- messer von 4—5,5"m senkrecht steht. Sie stehen von einander ab, ihre Mittel- punkte haben meist 12, auch bis über 16” Entfernung von einander. Wo die Rinde abgesprungen ist, sieht man statt der Male auf dem Steinkern 5—6 Rippen _ jederseits der Nodiallinie bündelig sich zusammenneigen. Diese Astspuren stehen am Steinkern auf der Gliederung, die Astnarben auf der Rinde dagegen befinden sich ein wenig über der Nodiallinie, so dass sie nur mit ihrem Unterrande die letztere berühren. Unentwickelte Astspuren des Steinkernes mit 2—3 conver- girenden Rippen fehlen. An einem Astwirtel sind 1S Astnarben zu zählen. Auch ist an einer Gliederung eine Reihe sehr kleiner, aber scharfer Knötchen (%k in der Figur) zu bemerken, welche die normale Stellung unter den Astnarben und an der Spitze der Rippen einnehmen. Quergliederung und Rippung ist wegen dünner Beschaffenheit der Kohlenrinde noch recht deutlich. 3. Ein drittes Stück von Grube Dudweiler, Hangendes von Flötz No. 8 bei Saarbrücken (Jorvax legit), weicht darin von den vorigen ab, dass nur das eine (obere?) Glied an der Astnarbenreihe (deren 3 vorhanden) merklich grösser (10mm), als die anderen ist, die nach unten von 7" bis 4,5mm abnehmen, bis das kleinste wieder an das grösste der folgenden Astnarbenreihe stösst, wie bei dem Stück No. 1. Kohlenrinde über I"m dick. 4. Bei einem anderen Stück von Dudweiler sind die Glieder nur grösser, sonst Alles wie vorher (No. 8), die grössten Glieder am Astnarbenquirl 16 und 15" m, die anderen, soweit vorhanden, bis auf 12mm herabgehend. 5. Dem obigen Stück No. 2 von. Flötz Aster entspricht ein anderes von Grube Itzenplitz, 46zölliges Flötz, das aber bei geringerer Breite (oben 59, weiter unten 41m) relativ höhere Glieder besitzt. 4 Astnarbenquirle in Abständen von je S Gliedern bilden von unten an Perioden von 79, 75, 74wm Länge. Auch hier sind die beiden Glieder, welche an der Astnarbenreihe zusammenstossen, die längsten, aber das obere zum unteren verhält sich in der Länge = 11,5: 11, 11:12, 11:11, 10,5:10,5. Die übrigen werden von oben nach unten kürzer, bis das kürzeste von 7 — SM wieder an das unterste längere Glied stösst, wie bei No. 1. Die entwickelten Astnarben befinden sich etwas über der Nodiallinie, sehr merklich da, wo sie auf der Kohlenrinde erscheinen, aber zum Theil auch ihre grossen Spuren auf dem Steinkern. Die Astmale auf der Rinde sind elliptisch, 3,5mm hoch und 3" M breit, aufrecht gestellt, ihre Mittelpunkte bis 13mm entfernt. Die dünne Rinde trägt an vielen Gliederungen rundliche, grubige Eindrücke, Astnarben nicht unähnlich, aber nicht damit zu verwechseln, da ihnen auf dem unterliegenden Steinkern keine Spur von Zusammenziehung der Rippen entspricht. Auch in dem obigen Beispiele No.3 von Dudweiler findet sich die gleiche täu- schende Erscheinung. 6. Steinkerne von Hermsdorf, Niederschlesien, Brrserr’sche Sammlung, ab- wechselnd breiter (an den Astnarbengliedern) und schmaler (in der Mitte), Periode von 8 Gliedern, sehr schmalen Rippen, gleicht im Uebrigen völlig Geinızz’ Fig. 5 auf Taf. 11. [ 17 1] Calamites vertieillatus, 85 e) €. var. acerescens W. Arrıs, Antediluvian Phytology 1825 Taf. IV. — Broxentarr, hist. d. v&g. foss. Taf. 15 Fig.7. — Linprey and Hurron, foss. Flora of Great-Britain 1. Taf. 77. Die eitirten Abbildungen zeigen nach einer grösseren Anzahl abgekürzter Glieder allmählig länger werdende bis endlich sehr verlängerte (viel länger als breit). Aehnliche Beispiele sind seitdem nicht publicirt worden, mir nie zu Gesicht gekommen. Zwei von OÖ. FEISTMANTEL (Palaeontogr. 23. Bd. Taf. VI Fig. 2 u. Taf. VII Fig. 2) als Cal. approximatus bezeichnete Stücke, welche jedoch eher zum echten varıans zu gehören scheinen, verlängern sich schneller als in obigen Figuren und tragen Knötchen. 3. Calamites (Calamitina) verticillatus L. et H. Lisprer and Hourronx, foss. Flora of Great-Britain II. Taf. 139 (1833 — 35). Für die Beurtheilung der nächstdem in dieser Abhandlung folgenden Arten der Calamitinen-Sippe ist es wesentlich, an eine der ältesten publicirten Formen zu erinnern, welche häufig mit den verschiedensten Resten identisch erklärt worden ist. Das Lixprey’sche Stück besitzt 7 Glieder; Quergliederung und Längs- rippung ist sehr deutlich, obschon die äussere Oberfläche vorliegt, daher war die Rinde wohl dünn. Ueber dem 3. Gliede von unten reihen sich 6 grosse, sich berührende und etwas 4seitig sich ab- plattende Astnarben an einander, so dass wohl ringsum 12 Ast- narben sich hier befunden haben. Die längeren Glieder über, die kürzeren unter dem Astnarbengliede (in der Stellung der Figur). Ueber ihm 4 Glieder ohne Wiederholung der Astnarbenreihe; die Periode hat daher mehr als 4, nach der Abnahme der Gliedlänge zu urtheilen vielleicht 7— 8 Glieder betragen. Mit diesem Reste sind wiederholt andere verglichen und diese mit demselben Namen belegt. worden, welche recht bedeutende Unterschiede zeigen, vorzugsweise aber solche, wo die Astnarben sich berühren und periodisch wiederkehren. Bei ETTINGSHAUSEN 86 Calamites verticillatus. [172] (Beitr. zur Flora d. Vorwelt. Naturwiss. Abhandl. von HAIDINGER IV. Bd. 1851 Taf. VIII Fig. 1 S. 68) ist von Zaukerode bei Dresden sogar ein Stück hierher gestellt, das an 3 aufeinander folgenden Gliederungen dicht stehende Astnarben trägt. Namentlich finden sich aber ähnliche Reste wie (. verticrllatus L. and H. mit grossen gedrängten und sich berührenden Astnarben an Exemplaren mit einer Periode von drei (auch 4) Gliedern. GEINITZ zieht dieselben zu seinem Zquwisetites infundibuliformis (Steink. von Sachsen 1855 S. 3 Taf. X Fig. 4, 5), unter welchem er aber auch die LiwpLey’sche Art begreift. WILLIAMSON (on the organis. of the foss. plants of the Coal-measures, Part V, 1873 Taf. VII Fig. 45, ?/; nat. Gr.) nennt dagegen ein Vorkommen von Lancashire »Calamites« vertieillatus, das sehr regelmässig Perioden von 3 kurzen Gliedern zeigt und überhaupt nicht mit der Art von LinpLey, sondern mit den vorhin erwähnten GeEInITZ’schen Figuren stimmt, indem er nur bemerkt, dass diese sogenannten Calamites vertieillatus keine Verwandtschaft zur Gattung Calamites haben, vielleicht die baumförmigen Stämme zu Asterophyllites oder Sphenophyllum seien. Wollte man alle Calamitinen mit grossen, sich berührenden und periodisch sich wiederholenden Astnarben zu der Art von LinpLey stellen, so müsste man auch (al. varıans (Göpperti etc.) hier einreihen. Wir glauben daher, die Formen mit constant oder vorwiegend 3 Gliedern der Periode abscheiden zu müssen. Doch auch solche mit grösserer Anzahl scheiden sich von vertieillatus, wie die nächst folgenden 2 Arten beweisen. Vorkommen. Das englische Original stammt aus der upper series of the Yorkshire Coal-field, Hound-Hill bei Pontefract. In neuerer Zeit habe ich bei Saarbrücken am Camphausenschacht im Fischbachthale ein Stück gesammelt, das zwar unvollständiger ist, aber bei 3 Gliederungen noch keine Wiederholung der Astnarben- reihe zeigt, auch sonst, soweit erhalten, mit jenem so gut stimmt, dass ich an der Zugehörigkeit zum echten (. vertieillatus nicht zweifele. [1 73] Calamites extensus. 87 4. Calamites (Calamitina) extensus n. sp. Taf. IV Fig. 2. Caulis articulatio distineta costis perconspicwis. _Internodia plerumque diametro paullo breviora, rarius magis brevia, internodium autem ramos jferens brevissimum. Intervallum 7—8 internodia subaequalia complectens. Ramorum cicatrices ex inferiore articuli parte orientes, confertae, rotundato-quadratae, con- tingentes. Foliorum cicatriculae tenwissimae, catenatae. Plantae adspectus ©. arborescenti haud dissimils. Quergliederung scharf, Längsrippen deutlich. Die Glieder meist nur wenig kürzer als die Breite des zusammengedrückten Stammes, nur einige (die unteren in der Periode) merklich kürzer; das Astnarbenglied dagegen sehr abgekürzt. Die Periode beträgt 7—8 Glieder. Astnarben stehen am unteren Ende ihres Gliedes, dicht gedrängt, berühren sich und platten sich ab, daher rundlich-vierseitig. Blattnarben klein, sehr schmal, kettenförmig. Habitus etwa der von (. arborescens oder varians. Das vorliegende, in °/4 der natürl. Grösse abgebildete Stamm- stück würde man unter allen ähnlichen am ehesten mit Calamites verticillatus L. et H. vereinigen können, allein es zeigt nicht dessen abgekürzte Glieder unter dem Astnarbengliede, daher ein anderes Wachsthumsgesetz, welches sich dem von €. arborescens nähert. Das Stammstück ist ganz flach zusammengedrückt, 45°® lang, unten 52, oben 36® m breit. Der grössere Theil ist nur Abdruck, der kleinere Ansicht der äusseren (vorderen) Kohlenrinde. Man kann 18 Glieder zählen, von unten an Länge messend: salunyollst)21r 13, 22,12/1..30734,,39735, 38 9710,77 95322235 325532: 32 a a 15, x (unvollst.). a Die meisten Glieder sind daher nicht viel verschieden, das Astnarben -tra- gende ist aber besonders kurz. Die untere Periode umfasst 8, die obere 7 Glieder. Ihre [®m breiten Rippen sind durch Druck geglättet, doch besonders am Abdruck deutlich, daher war die Rinde wohl nur dünn. Die Nodiallinie ist vorspringend, daher ım Abdruck eingesenkt, geradlinig; sie trägt eine kettenförmige Reihe sehr niedriger, querelliptischer, sich fast berührender Blattnarben n; doch zählt man weniger Narben als Rippen, was an das Verhältniss bei (©. varians 88 Calamites Wedekindi. [174] insignis von Wettin erinnert. Dies lässt sich an der 4. und 5. Nodiallinie gut verfolgen, wo auf 10mm Breite nur 4!/s Narben, dagegen 9—10 Rippen sich finden. Von den 3 Astnarbenreihen trägt die oberste 7 Male, davon 2 kaum noch erkennbar. An den übrigen Astwirteln sind die Astnarben nicht einzeln mehr unterscheidbar. Ausserdem hat bei a’ a' eine Verdrückung der Nodiallinie statt- gefunden. Höhe der Astnarben im unteren Wirtel 9,2", in den anderen 7 bis 7,2», Im oberen Wirtel sind sie scharf umgrenzt, scheibenförmig mit centralem Insertionspunkt. Vorkommen. Orzeschegrube bei Orzesche in Oberschlesien, von Herrn Dir. SACHsE gesammelt und der geologischen Landes- anstalt geschenkt. 5. Calamites (Calamitina) Wedekindi n. sp. Taf. XVII Fig. 1. Internodia aequala brevia, costae planae, tuberculis cate- natıs instructae, linea nodialis distineta subrecta. Intervallum inter- nodia plus quam 5 complectens. Ramorum cicatrices secundum articulationem dispositae, confertae, transverse ellipticae, area interna magna instructae. Plantae aspectus U. Suckowi prowimus. Kurze, fast gleich lange Glieder mit scharfer geradlinig verlaufender Nodiallinie, flachen Rippen, an deren Ende ein Band von Knötchen (Blattnarben). Die Periode über 5 Glieder betragend. Astnarben dicht über der Gliederung, gedrängt, querelliptisch, mit grossem inneren Feld (Insertionspunkt). Habitus der von ©. Suckowi. Das Stück ist nicht in ganzer Breite gezeichnet, die bei 10°" noch nicht vollständig erhalten ist. Das Original erscheint daher noch kurzgliedriger als die Figur; Glieder 17” hoch. Das An- sehen von (©. Suckowi wird durch die (allerdings breitgedrückten und zum Theil verwischten) flachen, 21/5" breiten Rippen, welche am oberen Ende grössere Knötchen (Blattnarben) getragen haben, bewirkt. Letztere bilden freilich mehr eine zusammenhängende Reihe, ein etwas vorstehendes Band über den Rippen. Von den gedrängten Astnarben stehen 5 am obersten Gliede, welche bei en [1 75 Calamites tripartitus. 89 6—7®® Höhe 9,5—12,5”" Breite besitzen, nicht ganz so dicht wie bei vorigen 2 Arten, aber doch sich meist berührend. Das grosse centrale Feld in ihnen, welches dem Diaphragma entspricht und von einem peripherischen Ring concentrisch umgeben wird, zeigt zum Theil noch einen centralen Punkt oder excentrischen Höcker. Bemerkenswerth ist, dass die Astnarbenreihe hier unter den Astnarben durch die Nodiallinie geradlinig abgeschnitten wird, während bei €. varians semiceircularis (vergl. Taf. XVI Fig. 6) dies gerade entgegengesetzt durch die folgende Nodiallinie über den Astnarben geschieht. Die Blattnarbenreihe des nächst tieferen Gliedes verläuft hier ganz deutlich und ungestört unter den Ast- narben. Die theilweise noch aufliegende Kohlenrinde ist sehr dünn, zum Theil von der Epidermis sehr fein gestreift. Gegen die Vereinigung des Stückes mit (. verticillatus L. et H. spricht die Form der Glieder und der Astnarben, gegen diejenige mit ©. Suckowi das Auftreten eines solchen Wirtels gedrängter Astnarben, der dieser Art nicht zukommen dürfte (vergl. unten bei ©. Suckowi). Vorkommen. Herr WEDEKINnD in Witten fand das Stück auf Zeche Bruchstrasse bei Langendreer in Westphalen. Seinem Eifer verdankt man in neuester Zeit viele interessante Funde, deren einen ich mit seinem Namen verbinde. — Hierher möchte ich ein Stück von der Rubengrube bei Neurode in Schlesien rechnen, welches nur in kreisrunden, etwas auseinander stehenden Ast- narben vom obigen abweicht; unter der Astnarbenreihe folgen hier 11 fast gleich hohe Glieder ohne Astnarben. 6. Calamites (Calamitina) tripartitus Gure. Geisirz, Verstein. der Steink. Sachsens, 1855, Taf. X Fig. 4, 5 (» Equisetites in- Fundibuliformise«). Wirrrauson, on the organis. of the foss. pl. of the Coal-measures. Part V, 1873, S. 66 Taf. VII Fig. 45 (»Calamites verticillatus«). ?/3 natürl. Grösse (wohl umzukehren). Die citirten, wohl bekannten Reste zeichnen sich durch eine Periode von je 3 oder auch (GEINITz, 1. c. Fig. 4) 4 mehr oder 90 Calamites tripartitus. [176] weniger abgekürzten Gliedern aus, sowie durch die grossen, meist gedrängten, seltener etwas aus einander gerückten Astnarben, deren vielleicht bis 6 im Halbquirl sich befanden und welche nicht auf der Internodiallinie, sondern über derselben auf dem unteren Theil des nächsten Gliedes stehen. Oberfläche glatt, Steinkern (GEINITZ, 1. c. Fig. 4 zum Theil) gerippt mit etwas breiten Rippen und flach ziekzackförmiger Nodiallinie. So häufig auch das Vorkommen der hier mit dem GUTBIER- schen Namen belegten Art angegeben ist, so bedürfen diese An- gaben doch sehr der Revision und es können bis jetzt genügend übereinstimmende andere Vorkommen nicht bezeichnet werden, wenn man eben an den hier angenommenen Unterschieden fest- hält. Das Verhältniss zu (. vertieillatus ist oben (S. 86) erörtert worden. Mit den nachfolgenden Arten, die ebenfalls eine 3 gliedrige Periode zeigen, kann die obige gewiss ebenso wenig vereinigt werden. Ich habe früher (Beitr. 1876, S. 127) auf obige Art den Namen ©. Germariana Göpp. (Flora d. Uebergangsgeb. 1852, S.122 Taf. 42 Fig. 1 »Calamites Germarianus« von der Agnes-Amanda-Grube in Oberschlesien) übertragen zu sollen geglaubt. Da indessen, wie STUR richtig bemerkt, die Figur keinen genügenden Vergleich mehr gestattet!), das Original aber verloren gegangen ist, so schliesst man sich zweckmässig der GUTBIER schen Bezeichnung an. Ein Stück von der Oarl-Georg-Victor-Grube bei Neu-Lässig bei Waldenburg (leg. WALTER) hat zwar die Periode von 3 Gliedern, wovon das mittlere das kürzeste, aber mit Astnarben, welche sich nicht berühren, sondern bei 8— 9" srösstem Durchmesser mit ihren Centren 14—17”” auseinander stehen. Ich bezeichne dies als C. tripartitus var. distans. 1) Für jeden Vergleich ist der Abbildung des dürftig erhaltenen Stückes nur so viel zu entnehmen, dass der Stamm in Perioden von 3 ziemlich gleichen Glie- dern, das mittlere zwar wohl ein wenig kürzer, jedoch noch nicht 4mal breiter als hoch, zerfällt, und dass die grossen (wo sie erhalten, sich berührenden) Ast- narben, mindestens 3 im Halbquirl, auf der Gliederung zu stehen scheinen. 4 } L 1 q [177] Calamites discifer. ’ 9] 7. Galamites (Calamitina) discifer nov. sp. Taf. VII Fig. 3. O. Feistuanter, Verstein. d. böhm. Kohlenabl., Palaeontogr. 23. Bd., 1875 — 76, Taf. I Fig. 5 (» Equisetites infundibuliformis<). Caulis ternorum internodiorum intervallis divisus; internodia vel breviora vel tam longa quam lata, partim subaequalia partim inter- valli medium alüs brevius. Ramorum cicatrices magnae, discoi- deae, circulares vel ellipticae, remotae, ternae mediam in lineam nodialem positae, alternantes. Superficies laevis; fohorum eicatriculae catenatae, subrotundae. Stamm mit Perioden von je 3 Gliedern, welche kürzer oder auch so lang als breit sind, das mittlere kürzer als die 2 anderen oder alle ziemlich gleich. Astnarben gross, scheibenförmig, kreisförmig oder elliptisch, von einander abstehend, zu 3 im Wirtel auf der Nodiallinie gelegen, daher ab- wechselnd eine und zwei Narben auf einer Seite des Stammes auftretend. Selten noch Astnarben 2. Ranges an den anderen Gliederungen eingeschoben. Glatte Oberfläche; kettenförmige, rund- liche Blattnarben. Es liegen 2 Abänderungen dieser Art vor, welche in der Stellung der Astnarben übereinstimmen, in dem Verhältniss der Gliedlängen einer Periode sich aber unterscheiden. 1. Taf. VII Fig. 3 von Hermsdorf in Niederschlesien. Das plattgedrückte Stück ıst 20°® lang, 25 — 27mm breit. Die glatte Ober- fläche durch Aufreissen längsrippig, nur die hie und da noch erhaltene Kohlenrinde schwach längsgerippt. Quergliederung durch viele Runzeln und Risse verdeckt, aber meist deutlich, vorzugsweise durch eine horizontale heihe kettenförmiger Blattnarben n markirt, die sich berühren und deren jede eine centrale Gefäss- spur zeigt. Durch grosse Astmale a, @’ wird der ganze Stamm in 6 Perioden » zu je 3 Gliedern getheilt, wovon das mittlere kürzer ist (6— 9m) als die beiden anderen (1]®m und mehr). Zunächst fallen 4 senkrecht über einander gestellte, fast kreisförmige Male a in der Mitte des Stammabdruckes auf, 15 bis 17mm hoch, im Abdruck convex, also auf der Oberfläche flach eingesenkte Gruben bildend, mit fast centraler Narbe als Insertionspunkt (Diaphragma) des abgefalle- nen Zweiges, von radialen Linien umgeben. Zwischen diesen, nur einzeln auf der Breite des Abdrucks auftretenden Narben befinden sich, weniger in die Augen fallend, noch je 2 ähnliche Male a’, die nur in Folge ihrer seitlichen Stellung 92 Calamites discifer. [178] und erlittenen Druckes kleimer und elliptisch erscheinen. Diese Paare alterniren in ihrer Stellung mit den vorigen und stehen unter sich ebenfalls senkrecht über einander. Es ist daher wohl als sicher zu betrachten, dass die Astmale zu je 3 im Kreise standen. Sie befinden sich anscheinend gerade auf der Gliederung und sind in beide anstossende Glieder gleich weit eingesenkt. Man bemerkt nament- lich an den mit a’ bezeichneten Stellen in halber Höhe der Male eine Quergliede- rung quer über den Stamm verlaufend. Der Abstand der Astnarben desselben Wirtels beträgt mehr als den halben Durchmesser einer solchen. Trotz mangelhafter Erhaltung lässt sich feststellen, dass die (freilich undeut- lichen) Blattnarbenabdrücke unter den Astnarben fortsetzen. Ein mitunter be- merklicher, leichter, bandförmiger Eindruck über den Astnarben ist nicht ebenso scharf, sondern nur Wölbung der Oberfläche, daher nicht Blattnarbenreihe. Der Verlauf der Blattnarbenreihen an den astlosen Gliederungen ist durch die grossen benachbarten Astmale beeinflusst, mehr oder weniger bogig ausbiegend. 2. Grössere Unregelmässigkeiten zeigen 2 Stücke von Witten in Westphalen, welche beide darin von dem vorigen abweichen, dass viele Glieder so lang wie breit erscheinen, die in einer Periode gelegenen fast gleich gross sind, so dass sie der folgenden Art (©. paueiramis) nahe treten und sich von ihr wesentlich nur durch die Astnarbenzahl unterscheiden. Besonders folgendes Stück verdient nähere Beschreibung. Es ist 25°® lang, unten 25, in der Mitte 20, oben 1SW® breit, hat 16 Glieder, und 5 Perioden zu je 3 Gliedern, welche von unten nach oben messen: 25,0.23,.24 ] 24,. 18/18] 18, 11,8] 86,8 [8,8 9 Paz ar b ar ‚ubyukbe 2a a a a ; Die Astnarben (a) sind his 15mm hoch, elliptisch, nur eine (die 3. Astnarben- reihe von oben) ist klein geblieben (6,5"®), die oberen stehen mitten auf der Gliederung, die unteren sind ein wenig mehr nach oben gerückt (wie bei Cal. pauciramis). Die zweite Astnarbenreihe von oben lässt 2 Male, die vierte ein 2. Mal nur in Spuren, die übrigen nur je 1 Mal erkennen, auch die sechste (unterste) Reihe nur 1 Narbe, weil hier die Erhaltung unvollständig ist. Ausserdem findet sich aber an den oben mit (5) bezeichneten Gliederungen noch je eine kleine (höchstens 4m srosse), ähnlich wie die grossen beschaffene Narbe, etwas über die Internodiallinie gestellt und in abwechselnder Stellung mit den grossen Astnarben. Dieser Stellung nach möchte man dieselben für Ast- narben 2. Ranges, secundär in die Perioden eingeschoben, halten; doch ist es auch möglich, sie auf vereinzelte Wurzelnarben zurückzuführen, da am unteren Ende des Stammes unter demselben eine Wurzel in der Richtung von einer der Narben 5 her auftritt. Ein 2. Stück von Witten zeigt eine weit regelmässigere Abnahme der Glieder, die grossen Astnarben nur wenig in das untere Glied eingesenkt, die eingescho- benen Narben 2. Ranges fehlen. [179] Calamites paueiramis. 95 Vorkommen. Glückhilfgrube bei Hermsdorf in Nieder- schlesien, hangender Schieferthon des 7. Flötzes, BEINERT legit (Taf. VII Fig. 3). Von dem Stammstück liegt Druck und Gegen- druck vor, die Abbildung ist nach dem besseren davon gefertigt. Zeche Helene bei Witten, Westphalen, WEDEKIND leg. (das erste oben unter No. 2 beschriebene Stück); Zeche Franzika Tiefbau bei Witten auf Flötz No. 4 — Mausegatt-Hundsnocken, v. BRUNN leg. FEıstmantEL bildet ein hierher gehöriges Stück (s. oben) aus Böhmen ab, giebt aber den näheren Fundort nicht an (Radnitz oder Pilsen?) 8. Calamites (Calamitina) pauciramis nov. sp. PART Caulis ternorum internodiorum subaequalium intervallis divisus; internodia vix latiora quam alta. Ramorum cicatrices magnae, discoideae, circulares, in caulıs parte conservata singulae, alternantes, in tertiam quamque lineam nodialem wel paullulo supra eandem positae. Superficies costata, foliorum cicatrieulae con- tiguae rotundae. Stamm mit Perioden von je 3 gleichen bis fast gleichen Glie- dern, welche kaum etwas breiter als hoch sind. Astnarben gross, scheibenförmig, kreisförmig, einzeln auf der erhaltenen Seite des Stammes stehend und abwechselnd, auf jeder dritten Gliederung oder wenig darüber gelegen. Oberfläche gerippt; Blatt- narben dicht stehend, rund. Es liegt ein 37°% langes Stück mit 13 Gliedern vor, an einen Ende 40, am anderen 322 breit. Glieder 33— 36mm, die obersten 25%M lang. Berippung eng und flach, mit sehr ungleicher Schärfe ausgeprägt; Quergliederung sehr scharf durch die rundlichen, dicht gedrängten Blattnarben n an derselben. Nahe kreis- förmige Astnarben a von l5"m grösstem Durchmesser stehen im den regel- mässigen Intervallen von je 3 Gliedern, und zwar bei der gewählten Stellung auf der oberen Seite der Gliederung, jedoch mehr oder weniger tief in das untere Glied eingesenkt, so dass ihr Insertionspunkt manchmal in fast gleicher Höhe mit der Nodiallinie liegt. Das centrale, dem Diaphragma der Seitenaxe entsprechende Feld ist in ihnen deutlich, der umgebende Hof breit und glatt. Diese Astnarben erscheinen auf der allein erhaltenen einen Seite des Stamm- stückes an jeder 3. Gliederung nur einzeln und abwechselnd mehr rechts 94 Calamites macrodiscus, [180] oder links gelegen, was wohl ziemlich sicher beweist, dass die Aeste m jedem Wirtel zu 2 gegenständig vorhanden gewesen sind. Da man die Blattnarben am obersten Astnarbenwirtel deutlich unter der Ast- narbe herumgehen sieht, so wurde diese Aufstellung der Figur gewählt. Dieselbe würde mit der Richtung des vom Stamme A scheinbar abgehenden Zweiges B zusammenfallen; indessen halte ich den letzteren für eimen fremden Theil, der nur zufällig hierber gerathen und durch den Verkohlungsprocess fast mit dem Körper 4 verschmolzen ist. Dasselbe gilt von dem höher gelegenen schwächeren Zweige, während ein dritter unzweifelhaft seine zufällige Lage erkennen lässt. Müsste man jedoch den Stamm in umgekehrter Lage betrachten, so würden jene eigenthümlichen, von den Astnarben (jetzt nach unten) ausstrahlenden lanzett- förmigen Eindrücke die Abdrücke von Blättern darstellen können, während sie bei der jetzigen Aufstellung nur als Falten, durch Druck in der locker gewor- denen Oberhaut des Stammes beim Erweichen des Rindenkörpers erzeugt, zu er- klären sind. x Die Kohlenrinde ist ziemlich dünn. Die angenäherte Gleichheit der Glieder würde bei C. pauei- ramis ebenso wie theilweise bei ©. discifer die Erkennung der Periode unmöglich machen, wenn die Astnarben fehlten. Legt man daher auf die Stellung der Aeste zu 3 im Wirtel bei discifer und zu 2 bei pauciramis kein Gewicht, so müsste man beide Cala- miten in eine Art vereinigen, welche ausserdem, von den Ast- narben abgesehen, sich auch, wenigstens bei paweiramis, der Tracht von (©. arborescens nähern würde. Vorkommen. Sophiengrube bei Charlottenbrunn in Nieder- schlesien, BEINERT lesit. 9. Calamites (Calamitina) macrodiscus nov. sp. Taf. XI Fig. 2. Caulis ternorum internodiorum aequalium vel subaequalium inter-. vallis divisus; internodia latiora quam alta. Ramorum cica- trices maximae, discordeae, ellipticae, in caulıs parte con- servata usque ternae alternantesque, paullo distantes, mediam in lineam nodialem positae. Superficies laevis, Foliorum eicatrieulae catenatae, rotundae, magnae. Stamm mit Perioden von je 3 gleichen bis fast gleichen Glie- dern, diese breiter als hoch. Astnarben sehr gross, scheiben- förmig, elliptisch, bis zu 3 auf der unvollständig erhaltenen [1 S 1] Calamites macrodiseus. 95 Breitseite des Stammes und abwechselnd gestellt, etwas auseinander gerückt, fast mitten auf der Nodiallinie. Oberfläche glatt, nur durch Risse gerippt, Blattnarben kettenförmig, rund, gross. Stammstück fast 30°“ lang, in der Breite unvollständig, jedoch bis 7°® erhalten, mit 7 Gliedern, die 46—55"” hoch sind. Quer- gliederung stark markirt durch eine tief eingedrückte Kette von Blattnarben (n), die einzeln nicht mehr zu erkennen, aber ziemlich gross sind. An 2 Gliederungen treten sehr grosse Astnarben auf, bis 37wm hoch und 25% breit. Die oberen stehen über den Zwischenräumen der unteren. Anzahl nicht bestimmbar; ihr Zwischenraum bis 11" oross. An einigen Stellen kann man deut- lich beobachten, dass die Blattnarben unter den Astnarben hin verlaufen. Eine grössere Zahl entblätterter Stengel, wie die rechts neben dem Stamm gezeichneten, entsprechend manchen Sphenophyllen und Asterophylliten, liegen auf derselben Platte. Dieser Abdruck ist vielleicht am meisten mit Calamites Ger- marianus Göpp. (s. S. 90) zu vergleichen, abgesehen von der be- deutenderen Grösse. Vorkommen. Glückhilfgrube bei Hermsdorf, Niederschlesien, aus dem liegenden Schieferthone des 5. Flötzes; BEINERT lesgit. 2. Sippe: Eucalamites. Astansätze — Astnarben oder Astspuren — treten an den benachbarten Gliederungen auf; die Glieder sind demgemäss alle gleich oder regellos verschieden. Insofern diese Calamiten sich bezüglich der Entwicklung ihrer Aeste an allen Nodiallinien gleich verhalten, stehen sie den Equi- seten am nächsten, doch gilt auch bei ihnen das thatsächliche, die ihrige von der Equiseten-Verzweigung unterscheidende Gesetz, dass nicht alle Punkte, welche letzteren analog Aeste liefern könnten, auch Aeste treiben, sondern dass die allein oder vorzugsweise zur Entwicklung gelangenden Aeste nach gewissen Gesetzen am Stamme vertheilt sind. Das verbreitetste dieser Gesetze ist, dass die Astnarben an den benachbarten Gliederungen in ihrer Stellung abwechseln, so dass die Narben der nächst höheren Gliederung über den Zwischen- räumen der darunter gelegenen auftreten, die Narben der ab- wechselnden Gliederungen aber senkrecht über einander gestellt sind. Es ist dies die Stellung bei Calamites eruciatus STERNB., welche aber so häufig wiederkehrt, dass man auf sie allein die Unterscheidung dieser Species nicht gründen darf. In dem einfachsten Falle hat man an jeder Gliederung nur eine Astnarbe (C. ramosus z. Th.); die folgende Gliederung trägt dann eine Astnarbe an der entgegengesetzten Seite, so dass danach der ganze Stamm bei regelmässiger Fortsetzung dieser Aststellung 2zeilig verzweigt ist. Hierbei stellen sich schon kleinere oder grössere Abweichungen ein, so dass nach GRAnD’ Eury bei einem Calamites ramosus mit einzeln stehenden Aesten die der abwechseln- den Gliederungen nicht senkrecht über einander gestellt sind, son- dern einige Drehung zeigen. 11 83] Eucealamites. : 97 Dieselbe Abweichung hat auch GERMAR schon 1828 bei sei- nem Calamites alternans (Acta Caes. Leop. Carol. vol. XV p. 2) bemerkt, wo die Astnarben der abwechselnden Gliederungen nicht völlig senkrecht über einander stehen, ohne dass man die schiefe Stellung auf Druck zurückführen könnte. So lange an dem Stamm die Anzahl der entwickelten Aeste dieselbe bleibt, muss die regelmässig senkrechte Stellung der Ast- narben an den abwechselnden Gliederungen als die normale gelten und lässt sich in der That auch häufig und auf längere Strecken hin verfolgen. Eine solche schiefe Stellung müsste freilich stets da eintreten, wo irgend am Stamm das vorhandene Zahlengesetz sich ändert. Gleichwohl ist bis jetzt noch kein Fall bekannt geworden, wo an demselben Individuum eine solche Aenderung der Anzahl der Aeste in verschieden hoch gelegenen Wirteln sicher nach- weisbar gewesen wäre, sondern verschiedene Astzahl ist bisher nur an getrennten Stücken beobachtet worden. Dagegen findet sich eine grosse Unregelmässigkeit der Ver- theilung der Astnarben bei der 4. Sippe von Calamiten, den Archaeocalamiten. Beachtet man bei diesen nur die Verzwei- gung, die an allen Gliederungen stattfindet, so könnte man sie als einen Fall von Eucalamiten betrachten. Indessen ist bei ihnen Stellung und Zahl der Aeste an den aufeinander folgenden Gliede- rungen so verschieden und ohne Regel, dass diese Calamitengruppe auch hierin von anderen beträchtlich abweicht, wie in sonstigen Charakteren. Bei unserer Gruppe der Eucalamiten kommen verwandte Er- scheinungen nur insofern vor, als Varietäten mit verschiedener Anzahl von Aesten, an verschiedenen Pflanzen derselben Art auf- tretend, in der That existiren, wie schon das erste Beispiel des Calamites ramosus lehrt. Freilich folgt hieraus noch nicht, dass auch die anderen Arten gleiche Variationen zeigen müssten; über- haupt gilt es hier, das Hauptgesetz für jede Art zu erkennen und die Grenzen der Variabilität festzusetzen. Nur in einem Falle, bei Calamites ramosus, den wir deshalb voranstellen, ist es möglich gewesen, die Pflanze von den be- Ü 98 Calamites ramosus. [184] wurzelten unterirdischen Stämmen an bis in die letzten Verzwei- sungen mit Blättern und Aehren zu verfolgen. Dieser Calamit bildet einen eigenen, wohl charakterisirten Typus. Die anderen gehören der Gruppe des C. cruciatus an, wobei zu bemerken, dass gerade letzterer von Granp’ EuryY und ZEILLER zu der Gattung Calamodendron gestellt wird. 10. Calamites (Eucalamites) ramosus Arrıs. Hierzu: Annularia ramosa (= Ann. radiata BRoNGN. neque Aur.), Calamostachys ramosa. Taf. IX Fig. 1 (bewurzelter Stamm). — Taf. VII Fig. 1, 2, 4 (desgl.). — Taf. X Fig. I (desgl.). — Taf. IX Fig. 2 (älterer Stamm ohne Wurzeln). — Taf. VII Fig. 1, 2 (Stämme mit Verzweigung). — Taf. V Fig. 1 (wiederholte Verzweigung). — Taf. II Fig. 3 (mit 3 Astnarben). — Taf. VI; Taf. V Fig.2; Taf. XX Fig. 1,2 (Zweige mit Blättern und Aehren). Rhizomata et caules subterraneae vel submersae caulisque partes inferiores radicantes. (Caulis majoris internodia gracilia, plerum- que multo longiora quam lata, articulationibus distinetis costisque conspieuis instructa; costae millim. 1!/s—9 latae, planae, suleis distinetis disyunctae, tuberculis rarius conspieuis elliptieis ornatae. Caulıs partes superiores atque vramı gracıles, sed minus distincte cos- tati, ramuli asterophylloidei. Rami eorumque cicatrices plerumqgue bini oppositi, vel etiam terni vel simplices. Ramorum eicatrices saepissime magnae, circulares, zonatae, multıs suleis convergentibus notatae. Folia ramulorum conservata, lanceolata et apicem et basin versus acuminata, uninervia, patentia, ad basin annulo coalita. Ramuli foliati Annularia radiata appellati. Spicae plerumgue parvae, rarius elongatae, tenuissimae, terminales vel in paniculam irregularem collatae, bracteis temuissimiüs acutis brevibus patentibus. Sporangia sporangiophoris medio in spiecae articulo orientibus affixa. Radices eylindricae, longae et latae, medio fasciculo fibrovasali instructae, articulationi sub ramis enascentes. [1 85] Calamites ramosus. 99 Rhizome sowie die unteren Stammtheile wurzelbildend. Internodien an den älteren Stammtheilen schlank, meist viel länger als breit; Quergliederung scharf und Rippung deutlich. 9—3"m breit, flach, mit scharfen Rillen; Knötchen Rippen 1! nur manchmal deutlich. Die oberen Stengeltheile sowie die Zweige schlank, jedoch weniger bestimmt gerippt; Aestchen Asterophyllites ähnlich. Die Zweige und ihre Narben meist zu 2 gegenständig, doch auch zu 3 oder einzeln gestellt. Astnarben häufig gross, kreis- förmig, mit Hof, durch viele zusammenneigende Rillen gebildet. Blätter nur an den Aestchen erhalten, lanzettförmig, nach beiden Enden hin zugespitzt, einnervig, ausgebreitet, am Grunde ringförmig. Die beblätterten Zweige wurden gewöhnlich Annularia radıata genannt. Aehren meist klein, seltener verlängert, sehr schmal, end- ständig an kleinen beblätterten Zweigen oder in eine unregel- mässige Rispe vereinigt, mit sehr feinen spitzen und kurzen ab- stehenden Deckblättern. Sporangien an Haltern befestigt, welche mitten aus dem Aehrengliede entspringen. Wurzeln eylindrisch, lang und breit, mit centralem Fibrovasal- bündel, aus der Gliederung unter den Aesten entspringend. SteErnBErg, Versuch I S. 36, 39 Taf. 52 Fig. 1 p. XXVI (1825). »C. carinatus«. Arrıs, Antediluvian Phytologie, Taf. II (1825). Bronentarr, histoire des veg. foss. I S. 127 Taf. 17 Fig. 5, 6. Gras’ Eury, flore carbonifere du depart. de la Loire et du centre de la France, 187% S. 20, Par 1 R1924, 4% Srtur, Culmilora d. Ostr. u. Wald. Schichten, S. 82 Taf. III Fig. 3, 4; Taf. IV Fig. 2—4 und Fig. 18 auf S. 86: »C. ramifer«. Derselbe, ebenda S. 107: »C. ramosus«. Der Calamit, in seinen älteren Stammtheilen besonders leicht kenntlich durch Form der Glieder, Berippung und die grossen Astnarben, sowie durch seinen ganzen Habitus, gestattet das sichere Zusammenstellen einer grossen Anzahl von Bruchstücken zu derselben Species. Die beträchtliche Menge von Individuen, welche in neuerer Zeit auf der Rubengrube bei Neurode in Niederschlesien, fast alle im hangenden Schieferthon des Flötzes No. 7 vorgekommen und durch Herrn Obersteiger VÖLKEL hier = 100 Calamites ramosus. [186] mit grossem Fleiss, oft in grossen Platten gesammelt worden sind, hat uns in Stand gesetzt, ein so vollständiges Bild der ganzen Pflanze zu gewinnen, wie in keinem zweiten Beispiele. Die zahl- reichen Figuren, welche wir von ihr gegeben haben, werden von einer weit grösseren Zahl von Originalstücken unterstützt, so dass wir da, wo man in unserer bildlichen Darstellung etwa noch Lücken bemerken sollte, dieselben als in der That vollkommen ausgefüllt bezeichnen dürfen und ein Zweifel über die Zusammen- gehörigkeit aller der hier zusammengestellten einzelnen Stücke, wie wir glauben, nicht bestehen bleiben kann. Danach erhalten wir das folgende Gesammtbild. Das eigentliche Rhizom ist vielleicht unter den gesammelten und in meine Hände gelangten Stücken nicht vorhanden, da die abgebildeten bewurzelten Stämme (Taf. VIII, IX, X) wegen ihrer Verzweigung oder ihrer Astspuren sich als aufwärts gerichtete Stämme erweisen. Allerdings kommen am gleichen Fundorte auch anscheinend Wurzelstöcke von Üalamiten vor, welche möglicher Weise zu Ü. ramosus gehören könnten, aber wegen glatter, wenig gerippter Oberfläche so verschiedenes Aussehen haben, dass sie nur, wenn sie in Verbindung mit den Stämmen gefunden würden, als zugehörig erkannt werden könnten. Hiermit im Zusammenhange ist es wohl auch, dass bei C. ra- mosus nichts von den kegelförmig und mit abgekürzten Gliedern beginnenden Stammanfängen bekannt geworden ist, welche bei anderen Calamiten nicht selten gefunden werden. Der untere Theil des Stammes ist bewurzelt, obschon be- reits verzweigt, daher wohl im Wasser befindlich, noch untergetaucht zu denken, oder es sind die noch unterirdischen, aber bereits nach oben gerichteten Theile. Die hier angehefteten Wurzeln (die der Figuren) sind meist sehr kräftig, lassen sich trotz Unvollständigkeit auf 13 und mehr Centimeter Länge verfolgen und sind bis 7” breit (Taf. VIII, IX). Wo sie zarter und schmaler erscheinen (Taf. X Fig. 1, d) ist theil- weise die Erhaltung die Schuld, indem die Substanz zum grossen Theile verschwunden ist. Sie sind wie die ganze Pflanze flach zusammengedrückt und daher im Abdruck bandförmig. Ihre Ober- [187] Calamites ramosus. 101 fläche ist feiner oder gröber längsstreifig, bei guter Erhaltung wird die mauerförmige Zeichnung der Oberhaut gut wahr- nehmbar. In sehr vielen Wurzelabdrücken verläuft in der Mitte ein dunkel gefärbter Strang, bis 2"” breit, der übrigens nicht immer ganz parallel mit der Axe der Wurzel geht, sondern bis- weilen bald dem einen, bald dem anderen Rande näher liegt, also unabhängig von dem umgebenden Körper Verbiegungen er- litten hat. Diese Wurzeln sind seltener gleichförmig um den Stamm vertheilt (Taf. VIII Fig. 4), vielmehr meist an einzelnen Punkten der Gliederung, bisweilen büschelförmig (Taf. VIII Fig. 1) be- festigt. In Taf. IX Fig. 1 sieht man sie unter den Acsten ent- springen. Mit dem Vorhandensein von Knötchen am Ende der Rippen ist das Auftreten der Wurzeln nicht immer verbunden. Die älteren Stämme zerfallen in Glieder, welche oft be- deutend länger als breit sind, z. B. Taf. VIII Fig. 1 (12—12,5“ lang und 4—5°% breit), Taf. IX Fig. 2 (15% lang, 6,5°° breit); die etwas höher gestellten noch beträchtlich länger, z. B. Taf. VII Fig. 1 (über 59°” lang und 5,2%“ breit). Doch werden die Glieder auch kürzer (Taf. IX Fig. 1). Ungefähr dieselben Variationen zeigen auch die jüngeren Stämme und Zweige, sehr schlank z. B. in Taf. V Fig. 1, recht kurz in Fig. 2 ebenda. Oft sind die ab- gehenden Aeste weit schlanker als die Stammglieder, an welchen Siegstehena (Dax Ko] Dar VIE Bio. 1), Die Rippen sind sehr flach, trotzdem die Rillen sehr be- stimmt und scharf liniirt. Die letzteren stossen an den Gliederungen theils abwechselnd, theils unregelmässig, aber recht oft auch senk- recht zusammen, so dass eine solche Rille über die Gliederung fortsetzt. Dies letztere ist besonders zu beachten, da der Calamites ramifer Stur (Oulmflora d. Ostrauer u. Waldenburger Schichten S. 82) sich hauptsächlich durch dieses Fortsetzen der Rillen über die Gliederung von (©. ramosus unterscheiden soll (ausserdem nur durch etwas dickere Kohlenrinde). Indessen ist hierauf um so weniger Werth zu legen, als dieser Charakter bei echten Ü. ramosus oft weit schöner und entschiedener hervortritt als bei C. ramifer STUR’S. 102 Calamites ramosus. [188] Die äussere Oberfläche der Glieder ist bei Exemplaren vom Piesberg bei Osnabrück (von beiläufig über 10,5°® Breite) wohl erhalten, fast glatt, querrunzlig und feinwarzig, dies wahrscheinlich in Folge Austrocknens vor der Ablagerung. Die Epidermis hat in mauerförmig an einander gereihten Zellenreihen ihre deutliche Spur hinterlassen. Knötchen treten am Ende der Rippen theils gar nicht oder sehr undeutlich, theils aber auch ganz scharf und an beiden Enden auf. Die Verzweigung geschieht unter sehr verschiedenen Winkeln: sehr steil abstehend Taf. IX Fig. 1, Taf. VII Fig. 1—2, oder schief aufsteigend Taf. X Fig. 1, Taf. VI Fig. 1, oder auf- recht und wenig abstehend Taf. V Fig. 1. — Die Zweige gehen von der Gliederung so aus, dass sie wie die Astnarben fast stets mitten auf der Gliederung stehen, selten nur sind sie ein wenig nach oben gerückt (Taf. X Fig. 1). Sie hinterlassen oft sehr grosse Astnarben, welche in den abgebildeten Stücken einen äusseren Durchmesser von nur 2° erreichen, aber bei anderen Stücken weit mehr. Von Zeche Helene bei Witten habe ich sie fast 3°® gross gesehen, STUR (Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1875, S. 156) berichtet von einem sehr grossen Stück von St. Ingbert im Saargebiete mit 3— 4°” orossen Astnarben und 4—5°" breiten Aesten und die Astnarbe in der Abbildung von BRONGNIART ist 4° gross. Das Original zu Rönr’s (Stk. Westph.) Taf. 1 Fig. 4 (1/ı nat. Grösse) besitzt eine Astnarbe von 4,5% sgrösserem, 3,9°" kleinerem Durchmesser bei innerem Lumen von nur 4"”, An einer solchen Astnarbe betheiligen sich bei mässiger Grösse (Taf. X Fig. 1) 30— 34 Rippen ringsum durch strahlenförmiges Zusammenneigen unter Bildung eines Hofes oder Ringes, welcher ein inneres grösseres, durch das Diaphragma (Taf. VIII Fig. 2, ©) geschlossenes Feld mit grossem, nur ausnahmsweise kleinem Lumen umgiebt und nicht blos durch die abweichende Richtung der tippen und Rillen, sondern auch dadurch hervortritt, dass das Ganze eine grubenförmige Vertiefung bildet. Die den Rillen ent- sprechenden Gefässstränge bleiben indessen am äusseren Rande der Grube getrennt und sind nicht etwa quer verbunden, wie man [189] Calamites ramosus. | 103 z. B. aus Abbildungen wie bei Arrıs (l. c.) oder BRONGNIART, oder bei WILLIANSON, on the org. ete. Part I Taf. 27 Fig. 32, schliessen könnte. Am inneren Rande des Hofes dagegen neigen manchmal meh- rere Rillen bündelig zusammen und erzeugen das Bild wie von Astspuren oder unentwickelten Astnarben, indem sie von der radıalen Stellung abweichen. Ausser diesen grossen Astnarben der älteren Stämme sind natürlich weit kleinere und blosse Astspuren oft zu beobachten (Taf. VIII Fig. 1, C; Taf. U Fig. 5). Letztere bilden keine Male und sind öfters zwischen die entwickelten Astnarben gestellt, wie bei anderen Oalamiten. In der Zahl der Aeste und Zweige oder deren Astnarben an je einer Gliederung ist mehr als ein einziges Gesetz bei dieser Art zu constatiren. In der Mehrzahl der Fälle, welche mir vor- gelegen haben, finden sich die Astnarben oder Zweige zu zwei gegenständig an der Gliederung, entweder vollständig nachweisbar oder so, dass die Stellung hierauf zurückführbar ıst. Zweifel kann allerdings nur in Fällen unvollständiger Erhaltung übrig bleiben, wenn nur eine Seite des plattgedrückten Stammes oder deren Abdruck sichtbar ist und die aufeinander folgenden Gliederungen nicht vollständig genug vorliegen. Indessen sind bestimmt auch die Verzweigungen zu drei im Wirtel, sowie nur zu je einem Ast nachweisbar. Da aber bisher an einem und demselben Stück nicht verschiedene dieser Verzweigungen gefunden worden sind, so lassen sich die vorliegenden Fälle als Calamites ramosus « monobrachiatus, je ein Zweig an der Gliederung, an den benachbarten abwechselnd gestellt, Calamites ramosus P dibrachiatus, 2 gegenständige Zweige, » » y tribrachiatus, 38 Zweige, öfters noch "mit un- entwickelten Astspuren, unterscheiden. Ob hier und da eine noch grössere Anzahl von Aesten vorkomme, hat sich nicht sicher ausmachen lassen. Die erste Form der Verzweigung (monobrachiatus) ist die- jenige, welche GRAnp’ Eury seinem Bilde dieses Calamiten allein 104 Calamites ramosus. [ 190] zu Grunde legt, wenn auch mit der oben (S. 96) angegebenen Abweichung in der senkrechten Stellung. Sie wurde von mir bisher nur zweimal wirklich beobachtet, nämlich an einem Stücke von Dudweiler bei Saarbrücken, wo der Abdruck auf genau entgegen- gesetzten Seiten an 2 benachbarten Gliederungen nur je eine. grosse Astnarbe zeigt, sowie an einem Stücke von Gelsenkirchen, Schacht Rhein-Elbe, Westphalen, wo ein zusammengepresster, aber auf beiden Seiten erhaltener Stamm an 2 Gliederungen ringsum nur je eine Astnarbe trägt. « Die zweite Form (dibrachiatus), welche bei uns am häufigsten aufzutreten scheint, zeigt die gegenständigen Zweige an den be- nachbarten Gliederungen in abwechselnder, mindestens nicht in einer Stellung senkrecht über einander. Wenn die gekreuzte Stellung der, Aeste nicht überall deutlich hervortritt, so beruht dies zum Theil auf einiger Drehung des Stammes. In Fällen wie Taf. 10 Fig. 1 kann man aus der Stellung der Astnarben gewiss auf je 2 an jeder Gliederung schliessen, trotzdem nur eine sicht- bar ist, weil sie abwechselnd links und rechts auf derselben Seite des Stammes liegen, daher die Divergenz nur 1/4 des Kreises beträgt. Nicht ganz selten ist auch die dritte Form (tribrachiatus), wobei zu bemerken, dass die 3 Aeste theils sehr regelmässig um den Stamm gestellt vorkommen, theils aber auch recht unregelmässig. Taf. II Fig. 3 enthält den letzteren Fall, ein comprimirtes Stammstück, dessen Fortsetzung auf einer grösseren Platte befindlich ist, von beiden Seiten gezeichnet; links die entwickelten Astnarben 1 und 2, rechts die dritte 3, deren Entfernung von 1 jedoch weit grösser als die von 2 ist. In dem Zwischenraume zwischen 1 und 3 liegen mehrere durch wenige bündelförmig zusammengezogene Rillen markirte Astspuren, die jedoch keine Aeste entwickelt haben. Man beobachtet unter den älteren Stammstücken auch wohl solche, wie Taf. IX Fig. 2, welche, obwohl gut erhalten und sicher zur gleichen Art gehörig, doch von Astnarben nichts wahrnehmen lassen. Es kann dies bei der Varietät monobrachiatus allerdings daher rühren, dass man gerade nur die Seite ohne Astnarbe vor sich hat; allein es bleibt die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, [191] Calamites ramosus. 105 dass die Verzweigung einmal eine Anzahl Gliederungen über- springen kann. Ausschliesslich auf bestimmte Regionen der Pflanze ist nach dem vorliegenden Materiale die Verzweigung nicht be- schränkt, sondern setzt von den bewurzelten Theilen nach oben beständig fort. Zu solchen jüngeren Stammtheilen gehört auch das schöne auf Taf. V Fig. 1 dargestellte Stück, das in seinem unteren Theile noch recht deutlich die bezeichnende Rippung des Cal. ramosus zeist, oben und in den Aesten dagegen glatter wird und nur unbestimmtere Streifung behält. Mit A, BD, B’ ıst doppelte Ver- zweigung bezeichnet und auch der Zweig links ist höchst wahr- scheinlich demselben Individuum angehörig. Wie sich dieses Stück (Taf. V Fig. 1) an die älteren Stämme durch Taf. VII Fig. 1, sowie Fig. 2 und Taf. II Fig. 3 unmittel- bar anreiht, so schliessen sich noch weiter jüngere Theile wie Taf. VI Fig. 1 und die übrigen derselben Tafel, sowie Taf. XX Fig. 1, Taf. V Fig. 2 und eine Reihe nicht abgebildeter Stücke so eng und naturgemäss an, dass in allen diesen einzelnen Bruch- stücken gewiss nur die weiter fortgesetzte Verzweigung derselben Pflanze zu erblicken ist. Bei allen vorliegenden Beispielen waltet die Verzweigung zu 2 Aesten an der Gliederung vor. Es ist aber zu beobachten, dass die auf einander folgenden Zweigpaare nicht in dieselbe Ebene fallen wie bei Asterophyllites und mehreren Annularien. Die Zweige bleiben zunächst noch recht schlank wie Taf. VI Fig. 1, je mehr man aber den Spitzen der Zweige sich nähert, um so kurzgliedriger werden dieselben. Hier erst finden wir nun auch die noch ansitzenden Blattorgane. Die an den stärkeren Aesten befindlichen Blätter sind noch ziemlich breit (bis über 2"”) am Grunde, lanzettlich, spitz, auch am-Grunde in einen breiten Ring vereinigt. Aber bei weitem die meisten Blattwirtel an den dünneren Aestchen tragen viel feinere und schmälere, nach beiden Enden hin lineal-lanzettliche Blätter, deren grösste Breite noch unter der halben Länge des Blattes, meist in !/; derselben vom Grunde aus liegt. Sie sind sehr spitz, manchmal fast lineal, die ringförmige Verwachsung ist 106 Calamites ramosus. [1 92] auf ein Minimum reduceirt, aber stets sind sie flach ausgebreitet. Sie nehmen an Grösse gegen die Spitze des Aestchens hin ziem- lich schnell ab. Ihre normale Zahl im Quirl ist vielleicht 12; oft sieht man weniger Blätter, aber zugleich dass der Quirl dann rudimentär ist. Die pfriemliche Form der Blätter, wie sie GEINITZ (Verst. d. Steink. Sachsens Taf. XVII Fig. 6 u. 7) und früher BRONGNIART für Annularia radiata zeichnen und verbreitetem Vorkommen ent- spricht, habe ich bei unseren Zweigen nie mit den hier abgebilde- ten vereinigt gefunden. Ich glaube daher unsere Annularienform, die man bisher wohl meist zu Ann. radiata gezählt hat, von jener echten mit pfriemen- oder schmal-lanzettförmigen Blättern unter- scheiden zu müssen, wofür sich die Benennung A. ramosa ergiebt. An den Gliedern unter den Aehren sind die Blätter noch weniger verkürzt, aber schmal. In den Deckblattwirteln dagegen werden sie sehr fein und kurz. Taf. V Fig. 2 bei s, Taf. VI, Taf. XX Fig.1 zeigen dies und zugleich, wie die Aehren an den sterilen Endästchen sich entwickeln. Der rispenförmige Fruchtstand unterscheidet sich von den meisten der Calamostachysähren durch eine gewisse Unregelmässigkeit, insofern die meisten Aehren auf mehrgliedrigen beblätterten Zweigen stehen, die erst zu rispen- förmigem Stand vereinigt sind, manchmal aber fast vereinzelt bleiben, ohne einen grösseren Fruchtstand zu bilden. Die Aehren (s) selbst sind meist klein und kurz, doch auch manchmal mehr verlängert (Taf. VI Fig. 2); die Axe dünn, die Axenglieder etwa 3"” lang. Ihre Bracteen sind zwar abstehend, oder in älteren Aehren ausgebreitet, doch an den Spitzen meist aufrecht gebogen, am Ende sogar öfters knospenförmig zusammen- schliessend. Zwischen ihnen die Sporangialkreise, deren Träger einige Male auf halber Höhe des Axengliedes stehend gefunden wurden; deutlicher die runden Sporangien. Taf. VI Fig. 7 ist nach einzelnen Beobachtungen, besonders an den Stücken zu Fig. 2 u. 6 entworfen worden. Die Sporangien scheinen leicht ausgefallen zu sein, da man zahlreiche Aehren findet, wo die Zwischenräume zwischen den Bracteenwirteln ganz leer sind. 1 93] Calamites ramosus. 107 Die Organisation der Aehren ist, wie man sieht, ganz die von Calamostachys, weshalb die isolirten Aehren als Calamostachys ra- mosa zu bezeichnen sein würden. Bei der bedeutenden Grösse, welche die Stammglieder er- reichen, haben die kleinen Blattwirtel und noch mehr die ver- - hältnissmässig winzigen Aehren etwas Ueberraschendes, ein Ver- hältniss, welches sich durch den hohen Grad von Zertheilung des Pflanzenkörpers mittelst Verzweigung erklärt, welche in die feinsten Spitzen ausläuft. Den Namen ramosus trägt die Pflanze daher sehr mit Recht. Bei Betrachtung der Stücke in nachstehender Reihenfolge gewinnt man ein ziemlich vollständiges Bild des Ganzen. Die- selben stammen sämmtlich von der Rubengrube bei Neurode aus dem Hangenden des 7. Flötzes. 1. Taf. IX Fig. 1. Bewurzelter Stamm mit Zweigen. — Stamm 4 von mittleren Dimensionen; die Glieder haben einige Verdrückung und Drehung er- litten, von unten an 87, 70 und 90mm lang. Aeste B bedeutend schmaler, viel weniger gerippt, gegenständig, aber paarweise in Zwischenstellung zu der benach- barten, wie die Stellung der Astnarbe C' lehrt. Aestchen 3’ wieder viel schmaler, den Spuren nach gewiss ebenfalls gegenständig. An der flachen Nodiallinie stossen manche Rippen ganz spitz ab in Punkten, die man für unentwickelte Astspuren halten kann. Die Wurzeln d etwa 6m m breit, mit erhaltenem, wenn auch schwach sichtbarem, centralem Gefässstrang, häufen sich da, wo die Zweige abgehen und entspringen unterhalb derselben, haben aber nichts von Narben hinterlassen, wie z.B. bei dem folgenden Stücke. 2. Taf. VII Fig.1, 2. Bewurzelter Stamm mit Astnarben, der flachge- drückte Steinkern noch aufliegend. — 2 vollständige Stammglieder messen 12 und 12,5°® Länge, 4—5°® Breite. Nodiallinie sehr flach, da die meisten Rippen senkrecht auf einander stossen, die Rillen selten alterniren, meist durch- laufen. Rippen sehr typisch, breit und flach, 6—7 auf 20mm Breite, Rillen sehr scharf. Beiderseits der Nodiallinie sind Knötchen angedeutet, zum Theil recht deutlich. Die deutlicheren sind die unterhalb der Nodiallinie, welche unter den Astnarben fortsetzen (s. Fig. 2). An der mittleren Gliederung sind 2 Astnarben vorhanden, die eine C' in Fig. 1 bei aufgelegtem Steinkern, die an- dere Ü in Fig. 2 bei abgehobenem Steinkern als Abdruck gezeichnet. An der Stelle rechts, wo ein Büschel Wurzeln absetzt, scheint keine 3. Astnarbe sich zu befinden. An der oberen Nodiallinie dagegen rechts und links eine Astnarbe, also in abwechselnder Stellung mit den unteren. In den Wurzeln d ist der mitt- lere Gefässstrang ziemlich breit, sie sind büschelförmig gehäuft, nicht gleichförmig vertheilt. 108 Calamites ramosus. i 1 94] 3. Taf. VII Fig. 4. Ein Stück mit quirlförmig gestellten, kräftigen Wur- zeln (7m breit) und beblätterten Zweigen. 4. Taf. X Fig. I. Verzweister Stamm mit Wurzelresten; grösstentheils Ab- druck. — Die 3 vollständigen Glieder des Stammes A messen 8,4, 9, 9,4°m Länge bei 5—5,5°m Breite, Cannelirung scharf, 9—13 Rippen auf 20mm Breite; Rillen durch 2 parallele Linien eingefasst.. Die 3 Zweige B dürfen wohl sicher als an die Astnarben gehörig betrachtet werden, von denen sie auszugehen scheinen. Ihre Cannelirung ist noch recht scharf, die Gliedlänge des mittleren beträchtlich (gegen 19°%). Die Astnarben sind ihrer Stellung nach auf je 2 an jeder Gliede- rung zurückzuführen, was sich an der untersten Gliederung bestätigt, wo links eine Astnarbe auf der Vorderseite am Steinkern, rechts eine solche auf der Hinterseite im Abdruck sichtbar ist, also genau gegenständig. Die letztere er- scheint wie aus 2 Narben zusammengeflossen. — Wurzelreste d sind nur wenige vorhanden, z. Th. nur der axiale Strang erhalten. 5. Taf. IX Fig. 2. Sehr flach zusammengedrückter Steinkern, im oberen Theil nur Abdruck der Hinterseite. Das obere Glied von 15°% mas in seiner Länge fast vollständig erhalten sein, obschon die obere Gliederung fehlt; Breite 6,5°m, Rippen sehr flach, 7— 7! auf 20mm Breite, Rillen scharf, durch 2 dieht neben einander verlaufende Linien begrenzt. Nodiallinie sehr flach, weil mehrere Rippen und Rillen genau senkrecht auf einander treffen. Auf ihren beiden Seiten Knötchen; die oberen (in der Stellung der Figur) sind die grösseren, bis 5"M hoch, wenig schmaler als die Rippen, länglich; die unteren sind kleiner, rund, auch fällt auf, dass während der ganze Stamm, auch die un- teren Knötchen, mit leichtem, kohligem Ueberzug bedeckt ist, die oberen davon ganz frei sind. Astspur schwach, wohl nur durch das Zusammentreten der Rillen an der Gliederung links angedeutet. Die Figur ist vielleicht umzukehren. 6. Taf. VI Fig.1u.2. 2 Stämme (A) mit je 2 Seitenzweigen (B) von einer grossen Platte, die Variationen der Gliedlängen. bei verschiedenem Alter zeigend. Das obere Glied in Fig. 1 ist über 30% lang gewesen bei 5,1°” Breite, dagegen das vollständige in Fig. 2 nur S°® lang bei 3,4°M Breite. Astnarbe C in Fig. 2 in abwechselnder Stellung zu den Zweigen darunter; indessen kann der Stamm hier 3 Aeste an der Gliederung getragen haben. m 7. Taf. V Fig. 1. Dieses Stück, offenbar aus einem oberen Theile der Pflanze, zeichnet sich durch die wiederholte Verzweigung aus. Der Hauptstamm A, ob- schon 36,5°® weit erhalten, hat nur ein vollständiges Glied von 20°M Länge, daran je 2 gegenständige Zweige B, die etwas kürzer und aufrecht gestellt sind und wieder Zweige B’ absenden. Vermuthlich gehört der verästelte Zweig links unten der nächst tieferen Gliederung an. Sämmtliche Stengel sind sehr schlank, die Zweige B nicht so viel schmaler als die Stammglieder, wie sonst meistens. Dazu kommt die fast glatte, aber doch bestimmt cannelirte Oberfläche, flache Wölbung der Rippen, deren S—9 auf 10mm Breite gehen, die flache Nodial- linie, die charakteristische Astnarbe bei a, auch die sehr dünne Beschaffenheit der Kohlenrinde, welche Merkmale mit dem Vorkommen zusammen das Stück gewiss der Art ramosus zuweisen. u nn Me ee 1 95] Calamites ramosus. 109 Während der Hauptstamm nach oben merklich an Breite abnimmt (unten 36mm, das mittlere Glied unten 35, oben 29Wm, das obere Glied 25— 20mm. breit), sind die Zweige darin constanter (die 5 13 — 15Wm), Bei genauerer Betrachtung sieht, man, dass die Zweige nicht alle in einer Ebene lagen, sondern sich mehr oder weniger kreuzten, da die Insertionsstellen der Zweige an den benachbarten Gliederungen abwechselnd- vorn und hinten liegen. — Auf derselben Platte liegen viele isolirte Blattwirtel f der Annularia ramosa, auch Aehrenreste s. S. Taf. II Fig. 3. Zusammengepresstes Stammstück mit 3 Astnarben, schon oben (S. 104) beschrieben. Das Stück befand sich mit mehreren auf derselben Platte, die zum Theil ebenfalls 3 regelmässiger vertheilte Astnarben zeigen. 9. Taf. VI Fig. 1—7. Weitere und End-Verzweigung. Zunächst zeigt Fig. 1 die Verzweisung der jüngeren Enden des Stammes oder der Aeste. Wenn zwischen diesem Stück und dem von Taf. V Fig. 1 noch eine gewisse Lücke zu herrschen scheint, so muss bemerkt werden, dass dieselbe durch andere nicht abgebildete Stücke ausgefüllt wird, die zwischen beiden stehen. Auch hier ist die Cannelirung des Hauptstammes A noch recht deutlich, die der Zweige viel weniger scharf. Die Länge der Zweigglieder 3 ist recht verschieden, die der nächsten Ordnung 3’ nicht vollständig. Zwei Gliederungen des Haupt- stammes zeigen keine Aeste, die wahrscheinlich wegen gekreuzter Stellung nicht sichtbar oder nicht erhalten geblieben sind. In Fig. 2 setzt sich die Verästelung weiter fort, A, B, B’ sind zarter und kleiner, Längsstreifung fein, Aeste zu 2 erhalten, könnten aber zu 3 gestanden haben, Insertionsstellen anscheinend nicht senkrecht über einander, da wohl die einen vorn, die anderen hinten liegen. Die auf derselben Platte liegenden Aehren zählen zu den längsten, welche von dieser Art vorgekommen sind (s. unten No. 11). Fig. 3 u.4 zeigen die Verbindung solcher Aehrchen mit den Zweigen, in Fig. 3 kaum noch als Rispe zu denken. Aehren kürzer und länger gestielt. Fig. 5, ein ähnlicher Zweig mit Blättern und beblätterten Aestchen; jene etwas grösser und die Gelenke, woran sie stehen, etwas ringförmig verdickt; die Aestehen wohl in einer Ebene. Fig. 6 ist eine letzte Verzweigung, die Enden mit Aehren gekrönt, deren Sporangien zum Theil noch erhalten sind. Die Aehrchen stehen auf gegliederten und beblätterten Stielen oder abgekürzten Zweigen. Fig. 7, vergrösserte Darstellung der Organisation eines Aehrengliedes, be- .sonders nach Fig. 2 und 6. 10. Taf. V Fig. 2. Eine Ergänzung zu Taf. VI. Verzweigung in fertile aus- laufend. Verhältnissmässig noch dicke Stamm- oder Zweigenden tragen die durch Aehren s abgeschlossenen Aestchen. Wo die fertilen Aeste entspringen, sind Blattspuren noch sichtbar, natürlich unterhalb der Aestchen, an diesen selbst nicht, doch sind Blatt- und Bracteenkreise nicht immer leicht unterscheidbar. Der Fruchtstand kann hier als Rispe bezeichnet werden. Nur wenige rundliche Eindrücke von Sporangien sind vorhanden. 11. Taf.XX Fig.1 u. 2. Weitere Vervollständigung zu Taf. VI und V, 2. Fig. 1 zeigt allerdings 3 getrennte Stücke, aber ihre Zusammengehörigkeit ist von 110 Calamites ramosus. [1 96] hoher Warscheinlichkeit. Stämmehen A (wohl eigentlich Zweig) entspricht denen auf Taf. VI Fig. 1 und trägt den Zweig B und dessen Seitenzweige mit beblät- tertem Aestehen. Der benachbarte verästelte und beblätterte Zweig C, der auch eine Aehre s trägt, ist denen von Taf. VI analog, die Annularienwirtel deutlich. Endlich ist der Fruchtstand D, eine lockere Rispe darstellend, worin wohl alle Aehrehen auf beblätterten und gegliederten kleinen Zweigen stehen, ebenfalls den übrigen entsprechend, die Aehren auch ganz der am Zweige (. In Fig. 2 könnte man sich das Ende einer solchen Aehrenrispe denken. Die Aehren sind hier länger, die Sporangien deutlicher als in Fig. 1, doch noch nicht so gross wie in Taf. VI Fig. 2. Bracteen pfriemlich, ausgebreitet, 5 — 3,0" lang, die nächsten Blätter darunter dagegen schon über 5uW lang. Sporangien rund- lich oder elliptisch. An der unteren Aechre links an 2 Stellen auch deutlich das Vorhandensein von Sporangiophoren zwischen 2 Sporangien zu bemerken, erstere etwa 1,5mm lang, senkrecht abstehend, in der Mitte des Achrengliedes als dünne Stielehen ohne erkennbare Verbreiterung der Spitze. Auch dies ist analog Tasayı lo Rıe2220.206. Vorkommen. Die Art ist recht verbreitet auch ın unseren Steinkohlengebieten, geht aber wohl nicht über die Stufe der Saar- brücker Schichten hinaus. Dagegen tritt sie nach StuUR auch in der Stufe der Ostrauer Schichten bei Ostrau auf und ist in diesen und den gleichstehenden Waldenburger Schichten gewiss mit Cal. ramifer Stur zu vereinigen, der sich nach STur einzig durch ein wenig stärkere Kohlenrinde (noch immer papierdünn) unterscheiden soll. In der Saarbrücker Stufe des niederschlesisch-böhmischen Steinkohlenbeckens ist (. ramosus z. B. vorhanden: auf der Rubengrube bei Neurode, Hangendes vom 7. Flötz, in vorzüglicher Vollständigkeit; alle hier besprochenen Stücke sind von Obersteiger VÖLKEL gesammelt worden (var. 8 und „). Rothen- bach in Niederschlesien, Pauline-Schacht (leg. BREITER, var. f), Schatzlar in Böhmen, Sohle des 15. Flötzes (ded. ALBRECHT), Oberschlesien: Niederflötz der Heinrichsglückgrube bei Ni- colai (SATrıG leg.), Westphalen: Zeche Helene bei Witten, Sieben Planeten bei Langendreer (leg. WEDEKIND), Plätzgersbank bei Curl bei Camen, Morgenstern bei Herbede (Röut leg.); Gelsenkirchen, Schacht Rhein -Elbe (var. «), Piesberg bei Osnabrück, Flötz Mittel (ded. Dir. TEMME und PAGENSTECHER), Saargebiet: Dudweiler bei Saarbrücken (var. «), [1 97] Calamites eruciatus. al Sachsen: tiefes Planitzer Flötz bei Niedercainsdorf und Pla- nitz, Segen-Gottes-Flötz bei Zwickau (GEINITZ, » Asterophyllites ‚Foliosus«, Steink. Sachsens Taf. XV, Taf. XVI Fig. 2, 3). In vielen anderen Gebieten findet sich das Vorkommen dieser Art angegeben, so von Yorkshire; aus Frankreich in den dort so- genannten mittleren Schichten (Bassin du Nord, Pas de Calais), während in oberen selten (Loire etc.) und nur in deren unterem Theile; Illinois, Pennsylvanien. Nach einem von mir gefundenen Rest auch an der Klamm am Semmering, Tyrol. I1.—13. Gruppe des Calamites eruciatus STERNE. Da Calamiten, deren Verzweisung an allen Gliedern sich wiederholt, stets die entwickelten Astnarben in quincunxialer An- ordnung zeigen werden, wenn dieselbe überhaupt eine regelmässige ist, SO haben wir uns nach weiteren Merkmalen für die Begrenzung des Typus des Calamites eruciatus umzusehen. Die STERNBERG-BRONGNIART' sche Art hat entfernt stehende Astnarben, welche sich nicht berühren; diese stehen an un- gefähr gleich langen, mehr oder weniger abgekürzten Gliedern und deren Rippen sind schmal und stark convex mit kräftig eingedrückten Rillen, die Kohlenrinde dünn. — Doch selbst bei einer im Wesentlichen stattfindenden Uebereinstimmung dieser Merkmale können noch so bedeutende Abweichungen eintreten, dass die Vereinigung aller vorkommenden Fälle zu einer Art so lange nicht thunlich erscheint, als ihre Verschiedenheiten nicht durch directe Beobachtung widerlegt sind. Die folgenden Reste sind zunächst für den eigentlichen Cal. cruciatus als typisch zu betrachten: STERSBERG, Versuch I, fasc. 4, S. 27 Taf. 49 Fig. 5, Broxentart, histoire des veg. foss. I, S. 128 Taf. XIX, Geisırz, Verstein. der Steink. Sachsens Taf. XI Fig. 3. — Taf. XII Fig. 2 (?) »C. approximatus«, während schon STERNBERGs (. regularis durch breite Rippen sehr abweicht, der ©. erwciatus bei ZEILLER jedoch zu unserem Ü. multi- ramis zählt. 112 Calamites erueciatus. [1 98] | Aus Rothliegendem von Reinsdorf in Sachsen hat GUTBIER (Verst. d. Rothl. in Sachsen Taf. I Fig. 4) ein Stück unter dem Namen (. infractus abgebildet, das unserm senarius nahe zu kommen scheint. Die citirten Stücke haben grössere Dimensionen und eine grössere Anzahl entwickelter Astnarben im Wirtel bei weniger ausgeprägten unentwickelten Astspuren. Die folgenden 3 Vorkommen könnten am ehesten unter den Artbegriff von Ü. eruciatus gebracht werden. Ihre Unterscheidung unter besonderem Namen ist mit Rücksicht namentlich der bei ihnen sehr constant erscheinenden verschiedenen Anzahl der Ast- narben im Wirtel geschehen, weil gewiss nicht vorausgesetzt wer- den kann, dass diese Anzahl mit dem Alter des Stammes sich änderte, also die Dimensionen desselben hierfür ohne Einfluss sind. Die Zweige aber müssen eine vom Stamme sehr verschiedene Gestalt besessen haben, wenn man aus der verhältnissmässigen Kleinheit der Astnarben einen Schluss ziehen darf. Es schien daher gegenwärtig am passendsten, die folgenden Formen wie besondere Arten besonders zu benennen. Für die bildliche Darstellung auf Taf. XIII ist zu bemerken, dass der Cylinder an einer Seite aufgeschlitzt und die Oberfläche in eine Ebene aufgewickelt gedacht und so gezeichnet wurde. Wenn man daher die drei Figuren sich so zusammengebogen denkt, dass b’b’ auf 55 fällt, so erhält man die natürliche Form des abgebildeten Stammstückes, die Linie aa liegt dann in der Mitte der aufgeschlitzten Seite dd gegenüber. Il. Calamites (cruciatus) ternarius nov. form. Taf. XIII Fig. 2. Ramorum ceicatrices haud magnae, ternae in articulatione qua- que positae; fasciculi suleorum convergentium numerosi. Astnarben nicht gross, zu drei im Wirtel, dazwischen viele Punkte büudelförmig zusammenlaufender Rillen. Nur einmal ist mir unter den ringsum erhaltenen Stämmen dieses Cyclus der hier vorliegende Fall vorgekommen, dass nur N 99] Calamites erueiatus. 113 3 Astnarben auf jeder Gliederung auftreten, weit regelmässiger als bei der var. tribrachiatus des Cal. ramosus. Stammstück wenig zusammengedrückt, 22°® lang mit 7 wohlerhaltenen Glie- dern. Umfang 17—1S°® und darüber. Länge der Glieder 27 — 49mm, Rippen stark gewölbt, 13 — 16 auf 20mm Breite, Rillen scharf. Nodiallinie tief eingesenkt, fast geradlinig verlaufend, weil wenige Rippen alterniren, vielmehr die bündel- förmige Zusammenziehung der einen eine Verbreiterung der Enden anderer Rippen und deren senkrechtes Zusammentreffen bewirken. Die grösseren Astnarben alterniren in den benachbarten Gliederungen und stehen mitten auf denselben. Sie sind grubig vertieft, kreisrund, mit einem Durch- messer von etwa 7Wm und zeisen manchmal die centrale Marke. Auf der No- diallinie sind die Astnarben 60— 6S"W entfernt. Sie vereinigen jederseits eine grössere Anzahl (8— 11) Rillen und unterscheiden sich dadurch beträchtlich von den Astspuren mit 2—4 vereinigten Rillen von jeder Seite. Vorkommen. Das schöne Stück stammt aus dem Donetz- gebiete im Gouvernement Perm, Russland. 12. Calamites (cruciatus) quaternarius nov. form. Par xINERie 1. Ramorum cicatrices majores, quaternae in articulatione qua- que sitae; fascieuli sulcorum convergentium rvarı. Astnarben mässig gross, zu vier im Wirtel; bündelig zusammen- neigende Rillen dazwischen selten. Die Figur giebt nur einen abgewickelten Theil eines 22°® langen Stamm- stückes wieder, das als flach gedrückter Steinkern auf beiden Seiten gut erhalten vorliegt, nebst Abdruck der einen Seite. Der Steinkern ist 75 — 77mm breit, muss jedoch an manchen Stellen bis zur Linie b'd’ und 5b ergänzt werden. Die Höhe der Glieder steigt von 28 bis 48Wm; die etwa 1°/,"® breiten Rippen flach, wohl mehr durch Druck, doch scharf, Nodiallinie ziemlich tief eingeschnürt. Rippen und Rillen alterniren und treten kaum zu unentwickelten Astspuren zusammen. Kohlenrinde dünn. Die Astnarben sind kreisförmige, grubige Vertiefungen von etwa 13mm Durchmesser, die nach dem Mittelpunkte zusammenneigenden Rippen und Rillen darin werden durch eine kleine centrale Narbe begrenzt, die auf der Nodiallinie liest. Diese Centren der benachbarten Astnarben liegen 44mm aus einander (hieraus würde sich beiläufig für den Steinkern eine Zusammenschiebung in der Breite von 5um berechnen lassen). Die Astnarben stehen zu vier im Kreis und die der benachbarten Kreise abwechselnd. Vorkommen. Schatzlar in Böhmen, 15zölliges Flötz — 3. han- gendes Flötz, leg. Bergakademiker ALBRECHT. 114 Calamites eruciatus. [200] 13. Calamites (cruciatus) senarius n. f. Taf. XII Fig. 2. Ramorum cicatrices majores, senae in articulatione quaque sitae; Fascieuli sulcorum convergentium sparsi. Astnarben mässig gross, zu sechs im Wirtel; bündelig zu- sammenneigende Rillen dazwischen nicht zahlreich, hier und da. Das Stück, von welchem die Fig.2 einen Theil mit 2 Gliederungen abge- wickelt darstellt, ist ein wenig zusammengedrückter, ringsum wohl erhaltener Steinkern von 19°® Länge, 19—21® Umfang und 5 Gliedern, welche 36—52mm hoch sind. Rippen scharf, schmal, 8 auf 10mm Breite, gewölbt, mit tiefen Furchen. Die Glieder an den Gelenken tief eingeschnürt. Kohlenrinde dicker als im vorigen Falle. Jede Gliederung trägt sechs grössere Astnarben ringsum, tiefe, kreis- förmige Gruben von SW im Durchmesser, mit kleiner centraler Narbe, gegen welche die benachbarten Rillen, jedoch nur spurweise, zusammenneigen. Die Centren stehen horizontal 33 — 40" aus einander. Zwischen den grösseren Astnarben neigen in der Nodiallinie an manchen Stellen wenige Rillen bündelig zusammen, z. B. auf der rechten Seite der Figur, unentwickelte Astspuren hervorrufend. Auch finden sich an diesen Vereinigungs- punkten hie und da grubenförmige Vertiefungen, also kleimere Astnarben, wie deren schon Broxestarr bei seinem Calamites eruciatus beschrieb. Diese stören nicht die Regelmässigkeit der Stellung der grösseren Astnarben. Unter den 3 auf Taf. XIII abgebildeten Stücken würde dieses am nächsten dem eruciatus bei Broxentarr und Srernpere kommen. Vorkommen. Saarbrücken, Grube Heinitz (liegender Flötz- zug), von mir gesammelt, untere Saarbrücker Schichten. 14. Calamites multiramis nov. sp. ParXRTe2 2, Baraxle Caulis magnus ex internodüs valde abbreviatis compositus, articulationibus constrietis. Costae et sulei distineti, permulti bini ternive vel complures in Fasciculum conjuncti, costae nonnullae dilatatae. Praeterea in articulatione quavis sitae ramorum cica- trices majores novenae vel fortasse plures, quae impressiones con- cavae suleis radialibus compluribus circumdatae formant. Caules minores cicatrieibus ramorum minus numerosis praediti. Planta ('a- lamitae approwimato simillima. [20 1] Calamites multiramıs. 165 Ein grosser Stamm mit sehr abgekürzten Gliedern, an den Gliederungen ziemlich stark eingeschnürt. Rippen und Furchen scharf, viele davon auf der Nodiallinie zu 2 oder 3 oder auch meh- reren bündelförmigs veremigt, einzelne Rippen verbreitert. Ausser- dem stehen auf jeder Gliederung je 9 oder vielleicht auch mehr grössere Astnarben, welche kreisförmige Gruben mit radial nach innen verlaufenden Rillen bilden. Kleinere Stämme mit weniger Astnarben. Das Ansehen der Pflanze wie Calamites approximatus. Hierher: ZEILLER, veg. foss. du terr. houill. de la France, 1880, S.152, Taf. 174 Fig. 3, »Calamodendron ceruciatum«, Decize (Nievre). Andere Varietät: Geiserz, Verstein. der Steink. Sachsens Taf. 9 Fig.2, »Calamites approximatuse, Zaukerode im Plauenschen Grunde. Gerwar und Kaurruss, Act. Acad. C. L. €. Nat. Cur. vol. XV pars 2, S. 221 Taf. 55 Fig. 1, »C. alternans«, von Wettin. Aus der nachstehenden Detailbeschreibung unserer abgebilde- ten Stücke geht zunächst deren Charakter genauer hervor. In Taf. XII haben wir einen kleinen Theil eines etwa 49m langen Stamm- stückes mit 29 Gliedern, das breitgedrückt unten etwas über 26%, oben etwas über 25°m breit ist, ringsum erhalten. Taf. X Fig. 2 dagegen ist ein Bruchstück des Abdruckes eines ähnlichen Stammes. Die Quergliederung ist stark, die Glieder bei dem ersteren Stücke 16 — 20mm, bei dem zweiten 13 — 14mm hoch, also stark an (. approximatus erinnernd. Da Knötchen nicht vorhanden sind, so ist über das obere und untere Ende, namentlich des Stückes Taf. X Fig. 2, nichts zu entscheiden. Die Rippen sind nicht sehr eng, es gehen 9—12 Rippen auf 20mW Breite. Ganz eigenthümlich ist deren Verlauf zunächst bei Fig. 2 Taf.X. Auf der No- diallmie treten zwischen den Astnarben eine Menge Punkte (im Abdruck erhaben) hervor, in welchen von jeder Seite her je 1--4, meist 3 Rillen einmünden und welche etwa 3 —6MM aus einander stehen. Einzelne Rippen (meist die dritte oder zweite) sind also hier stark verbreitert, während die zwischenliesenden ganz verschwinden. Da dies ohne bestimmte Regel geschieht, so wird dadurch das in Fig. 2A in doppelter Vergrösserung gezeichnete Bild erzeugt. In Taf. XII, wo man die Ansicht des Steinkernes von aussen hat, wird durch die fast gleiche Erscheinung des Erweiterns und Verschwindens der Rippenenden an der Nodiallinie und das Ausbiegen der Rillen jedes Glied in 3 über einander liegende Felder getheilt: das mittlere etwas vertieft, die endständigen stärker vor- tretend, das untere etwas weniger als das obere. Alle diese Punkte mit zusammen- neigenden Rillen würden als Astspuren aufzufassen sein, die mitunter in Narben von schwach entwickelten Aesten übergehen. Meist sind bei ihnen die von unten her eintreffenden Rillen I—2 mehr als die von oben. g# 116 Calamites multiramis. [202] Die Oberfläche ist ausserdem fein längsstreifig und in Fig.2 Taf. X ver- laufen, wie Fig. 2A darstellt, senkrechte feine gerade Linien über die Ober- fläche hin, stellenweise mit den Rillen oder Rippen zusammenfallend, aber über alle Theile, oft auch noch über die Gliederung fortsetzend. Diese können wohl nur als Risse der Oberhaut gedeutet werden. Ausser den büschelförmigen Vereinigungen der Rillen befinden sich auf der Nodiallinie noch eine Anzahl weiter aus einander gerückter grösserer Astnarben, n Taf. X als vorstehende, kreisförmige Male, in Taf, XII als vertiefte Gruben. Ihr horizontaler Abstand ist in ersterer Figur 49—52"m, in letzterer 64— 77mm, an den Seiten natürlich beträchtlich weniger in Folge der hier stattfindenden Zusammenschiebung. Diese Astnarben bestehen aus einem centralen, glatten Theile und einem äusseren Hofe mit speichenartiger Zeichnung durch die convergirenden Rillen. Es vereinigen sich deren 5—9 jederseits, im Ganzen bis zu 15. Es kommt vor, dass dicht neben einer grossen Astnarbe eine zweite, fast gleich grosse liegt, so dass man beide als zusammengehörig betrachten kann. Von den kleineren Astnarben und den Astspuren abgesehen, befinden sich auf jeder Glie- derung 9. Um dies vollständig zu zeigen, wurde auf Taf. XII in Fig. 2 die hintere Seite desjenigen Gliedes gezeichnet, welches in Fig. 1 das zweite vollständige von oben gezählt bildet und die Astnarben der einschliessenden Gliederungen von 1—9 numerirt. In den benachbarten Reihen alterniren dieselben, in den ab- wechselnden stehen sie senkrecht über einander. Nur diese entwickelten Ast- narben befinden sich in regelmässiger Stellung. Die Kohlenrinde ist bei Taf. XII etwa 1, mm dick, bei Taf. X noch dünner. Wenn man die oben aufgeführten von GEINITZ und von GERMAR abgebildeten Stücke mit hierher rechnet, was man wohl ohne An- stand thun darf, so ergiebt sich aus den weniger zahlreichen Ast- spuren in beiden Figuren und dem hierdurch bedingten anderen Rippenverlaufe der Rinde, dass nicht dies die wesentlichen Merk- male der Art sind, also deren Formenkreis sich erweitert. Ein Exemplar vom Plauenschen Grunde, welches die Landes- sammlung besitzt, zeigt eine geringere Anzahl von Astnarben (vielleicht 6) im Wirtel bei viel geringerem Durchmesser des Stammes, aber auch die oben erwähnte Dreitheilung des Rippen- feldes, indem die oberen und unteren Enden der Rippen stark hervortreten und die Gliederung beiderseits wie mit einem Walle einfassen. Vorkommen. Unsere Stücke stammen von Ilmenau (Ött- weiler Schichten), aus gleicher Stufe das von GERMAR von Wettin und das vom Plauenschen Grunde. In unteren Ottweiler Schichten bei Griesborn bei Saarbrücken (früher von mir »C. approsimatus« genannt) neuerlich in schönen Stücken durch Bergreferendar Haas [205] Calamites elongatus. 147 gesammelt und der Landesanstalt überwiesen. Jenes von ZEILLER von Decize wird ebenfalls aus oberer Stufe angegeben. 15.19. Anhang zu der Formenreihe des Calamites cruciatus. Die Mannigfaltigkeit der Formen ist in dem Oyclus des Ca- lamites eruciatus, wenn wir die vorstehend beschriebenen Arten hierzu rechnen, noch nicht abgeschlossen. In welcher Weise sich in der Natur noch weitere Formen anreihen, geht aus folgenden Beispielen hervor. 15. €. eueullatus n. sp. Taf. XX VII Fig. 3, von Grube König bei Neunkirchen im Saargebiet, untere Saarbrücker Schichten. Ein zierlicher, etwas über 26°% langer, 29 — 37" breiter, zusamengedrückter Steinkern, beiderseits erhalten. Enggliederig, mit 19 fast ganz gleich langen. Gliedern, 12— 15®m Jang, welche eine eigenthümliche Triehter- oder Düten- gestalt besitzen: am einen (unteren?) Ende schmäler als am anderen (oberen ?), z. B. oben 36, unten 34, oder oben 55, unten 3l=M breit. Die Glieder sind daher an den Knoten sehr stark eingeschnürt. Rippen schmal, nicht gut erhalten; Rinde dünn. Astnarben zu vier ringsum auf der Gliederung; unentwickelte Astspuren kaum vorhanden. Durch die Stellung der Astnarben tritt das Stück in Beziehung zu (C. quaternarius, ist aber viel kleiner und hat ganz eigenthüm- liche Gliederform. Ein Stück, dessen Glieder zum Theil ähnliche starke Ein- schnürung, jedoch nicht ganz die gleiche Dütenform zeigt, ist bei GUTBIER (Verstein. d. Rothlieg. in Sachsen Taf. I Fig. 1) als Cal. infractus von Reinsdorf abgebildet. 16. €. elongatus n. sp. von Grube Gerhard bei Saarbrücken, mittlere Saarbrücker Schichten. — Ein breitgedrückter Steinkern mit nur 2 vollständigen, aber sehr ungleichen Gliedern von 8,2 und 16°“ Länge bei 8°“ Breite. Quergliederung sehr stark, beiderseits der Internodiallinie etwas wallartig verdickt. Rippen undeutlich, Rinde dünn. Astnarben auf allen Gliederungen, an der mittleren . vollzählig zu 6 ringsum erhalten; dazwischen einige undeutliche unentwickelte Astspuren. Das Stück lässt sich dem von GEMITZ, Verst. Steink. Sachs. Taf. XII Fig. 2 abgebildeten und zu (Ü. approximatus gestellten Stücke von Oberhohndorf anreihen und gleichsam als Fortsetzung betrachten. Das sächsische Stück misst an Länge der Glieder von 118 Calamites decurtatus. [204] unten nach oben 36, 43, 59"” bei 10,5 Breite, woran sich die obigen Maasse anschliessen. In diesem Falle würde der Oalamit zu ©. varians in Beziehung treten durch die Längenzunahme der Glieder. 17. Ein anderes Stück, Saargebiet?, hat gleiche Glieder etwa vom Typus des (. arborescens, aber an allen Gliederungen Ast- narben. 18. (. decurtatus n. sp., von Ilmenau in Thüringen, coll. MAHR. Vorderseite eines Steinkernes, etwa 35°” lang, oben 14°” breit, aber die Breite wohl nicht vollständig. Sehr enggliederig und an C. multiramis erinnernd. Glieder und Rippen etwas verwischt, aber deutlich erkennbar. 24—25 kurze Glieder, nahe 14" hoch, fast gleich. Rippen viel breiter als bei ©. multiramis, 21/,—31/4”” breit. Auf der ganzen Oberfläche des Steinkernes treten nur 2 senkrechte Reihen von Astnarben in 5-—6°® Entfernung von einander auf, die an den abwechselnden Gliederungen senkrecht unter einander stehen. Also viel weniger Orthostichen der Astnarben als bei ©. multiramis. Die Astnarben stehen ein wenig über der Gliede- rung, welche eine kleine Depression unter ihnen zeigt; über ihnen noch eine schwache horizontale Falte. 19. Auch auf das oben (S. 86) bei (©. vertieillatuws erwähnte Stück von Zaukerode bei Dresden, das ETTINGSHAUSEN abbildete, ist als eigenthümliche, wohl hierher gehörige Form zurück zu verweisen, das aber durch seine gedrängt stehenden Astnarben, die sich berühren, von den vorhergehenden sogleich unter- schieden ist. 3. Sippe: Stylocalamites. Astansätze — Astnarben oder Astspuren — ohne be- stimmte Regel auftretend, untergeordnet, oft auf lange Strecken ganz fehlend; die Glieder sind demgemäss gleich oder regellos verschieden. Die Verzweigung des Stammes ist bei diesen Calamiten sehr viel weniger ausgebildet als bei den vorigen 2 Sippen. Vielleicht sind einige von ihnen überhaupt nicht verzweigt, jedenfalls tritt der Stamm bei ihnen weit mehr als isolirte Säule hervor, als dies bei den anderen der Fall ist, worauf auch der obige Name deuten soll. Es zählen zu den Stylocalamiten gerade einige der häufigsten Arten, deren Verbreitung eine sehr allgemeine ist, wie ©. Suckowi ete. Von deren Verzweigungen werden besonders die kegelförmig be- ginnenden am Rhizom oder bewurzelten Stämmen gefunden. Auf lange Strecken treten dann keine Verästelungen weiter auf. Wo wirklich noch Aeste oder Astspuren erscheinen, geschieht es unerwartet, ohne Anzeige durch periodische Entwicklung, sei es an einem plötzlich eingeschalteten abgekürzten Gliede, sei es ganz ohne Verschiedenheit der asttragenden Glieder. Auch die fertilen Zweige mit Aehren, welche nur in dem einzigen Falle des Ü. arborescens beobachtet sind, werden nicht in regelmässiger Stellung gefunden. Aus den folgenden Beschreibungen werden sich die besonders erwähnenswerthen Eigenthümlichkeiten ergeben. 120 Stylocalamites. [206] 20. Calamites (Stylocalamites) arborescens STERNE. sp. Hierzu: Palaeostachya arborescens STERNE. sp. Taf. II Fig.2 (bewurzelter Stamm, verzweigt). — Taf. III Fig. 1 (desgl.;?) — Taf. VIII Fig. 3 (Stamm, verzweigt). — Taf. XIV; Taf. XV; Taf. XVI Fig. 1 (Aehren an Stämmen ansitzend). — Taf. XVI Fig. 2; Taf. XXI Fig. 1,2 (Aehren). Rhizomata et caules subterraneae vel submersae radicantes. Caulis internodia plerumque minus alta guam lata vel abbreviata; articulationes distinctae; costae angustae, convexae, substriatae, suleis distinetis interpositis, tuberculis inconspieuis. (aulis internodia superiora angustıssime costata. Spicae magnae, Macrostachyae simillimae, caulis partibus superioribus affiwae, numerosae, pedunculatae, pedunculo simplei vel articulato articulationi oriente.e Bracteaelanceolatae, erectae, longitudine 3—4 internodiis aequales; sporangiophora brac- tearum azillis orientia; sporangia globosa, punctata. Wurzelstock, sowie die unterirdischen oder untergetauchten Stammtheile mit Wurzeln versehen. Glieder gewöhnlich wenig breiter als hoch oder auch kurz. Gliederung scharf, Rippen schmal, convex, etwas streifig, Rillen scharf, Knötchen undeut- lich oder fehlen. Die oberen Glieder sehr schmal gerippt. Aehren gross, wie Macrostachya, dem oberen Theile des Stammes seitlich angeheftet, zahlreich, gestielt, der Stiel einfach oder gegliedert, an der Gliederung entspringend. Deckblätter lanzettlich, schmal, aufrecht, etwa 3—4mal so lang als ein Aehrenglied, mit stielförmigen Sporangiophoren, die aus den Bracteenwinkeln entspringen wie bei Palaeostachya; verhältniss- mässig grosse kuglige, warzig punktirte Sporangien. StEernBERG, Vers. I (1825) S. XXX Taf. 48 Fig. 3 » Volkmannia distachyas (Stamm- stück mit Aehren). Ders., Vers. II (1838) S.52 Taf. 14 Fig. 1 » Volkmannia arborescens« (Stämmcehen mit Aehren daneben). OÖ. Feistmanten, Fruchtstadien ete., Abhandl. d. k. böhm. Ges. d. Wiss., 1872, Tas 11L3S..13: Ders., Verst. d. böhm. Kohlenablag., Palaeontogr. 23. Bd., 1875, S. 106 u. 107 Taf. VI Fig.2, » Calamites approximatus und Huttonia arborescens Stbg. sp.« (Neue Abbild. der Srersgere’schen Figur von V. arborescens). [207] Calamites arborescens. 121 Srur, Culmflora der Östrauer u. Waldenb. Schichten, Abhandl. der k. k. geol. Reichsanst. S. Bd, 1875 — 1877, 8.28 ff. mit Fig. 11 auf $.29: »Cala- mites distachyus Stbg. sp.« (Vollständigere Abbild. der Srerngere’schen Figur von V. distachya). Errinesuausen, Flora von Radnitz (1855), Taf. IX, Taf. X »Calamites communis« (Stämme). Ders., Beitr. in: Naturw. Abhandl. von Hamıncer IV. Bd., 1851, vereinigt schon Volkmannia arborescens mit V. distachya, freilich noch mancherlei Arten dazufügend. Vielleicht hierher: Palaeostachya Schimperiana Weiss, Calamarien S. 105 Taf. V. Nachdem Srur (]. c.) die Identität der beiden STERNBERG’schen Arten Volkmannia distachya und V. arborescens als kaum zweifel- haft erwiesen hat, muss man, wenn man dem zustimmt, für die ganze Pflanze den Artennamen arborescens annehmen, da der aller- dings wenig ältere Name distachya eine falsche Bezeichnung ent- hält. Dass nun auch unsere schlesischen Reste derselben Art an- gehören, folgt, wie wir sehen werden, nicht nur aus der Gleich- heit der Stämme, sondern auch aus der der Aehren und es wird somit eine neue Bezeichnung unzulässig. ©. FEISTMANTEL’s Ein- reihung unter (al. approwimatus BRONGN. kann man bei der ganz verschiedenen Beschaffenheit des echten approximatus nicht an- nehmen. Etwas grössere Aehnlichkeit würde auch nur zwischen V. arborescens und der var. accrescens des Ü. approximatus (s. oben S. 85) bestehen. Das wirkliche Rhizom des Calamiten liegt, wie es scheint, unter den hier abgebildeten und sonst vorhandenen Stücken nicht vor, wohl aber der untere noch bewurzelte Theil des Stam- mes. Bei Vergleichung des Stückes Taf. II Fig. 2 mit denen auf Taf. XIV gewinnt man die Ueberzeugung, dass dieselben zur gleichen Art gehören, obschon diese nicht in der Vollständigkeit bekannt geworden ist wie (. ramosus. Danach besitzt ©. arborescens ebenso kräftige Wurzeln (d), welche mit ziemlich breiter Basis den Gliederungen anhängen, ihre längsstreifige Beschaffenheit meist deutlich erkennen lassen und einen starken axialen Gefässstrang von gewöhnlich dunklerer Farbe besitzen, der in dem bandförmigen Abdruck ein bis zwei Drittel der Breite einnimmt. 122 Calamites arborescens. [20 8] Die längsten, aber noch sehr unvollständigen Wurzelbruch- stücke betrugen 7,5°® in der Länge bei etwa 9"® Breite. — In der kräftigen Beschaffenheit der Wurzeln stimmt das schöne Stück Taf. III Fig. 1 überein; in Fig. 1A ist die Streifung der Wurzeln dargestellt. — Bei einem anderen Exemplare konnten auch dünne Würzelchen in Spuren von den dicken Wurzeln abgehend beob- achtet werden, wie bei Cal. Suckowi (Steink.-Calamarien 1876, Taf. XIX Fig. 1A). Auch die mauerförmige Oberflächenzeichnung ist beobachtet. An den bewurzelten Stämmen ist Verzweigung wiederholt direct gefunden (Taf. II Fig. 2, Taf. III Fig. 1, Taf. VIII Fig. 3), welche das Eigenthümliche hat, dass der abgehende seitliche Stamm (B) in manchen Fällen (vielleicht gewöhnlich) eine sehr breite Ansatzfläche mit starker Verdickung der Rinden- oder Holz- substanz zeigt, auch bei Taf. VIII Fig. 3 und bei anderen Stücken in der sonst gewöhnlichen Weise schmal kegelförmig und mit ab- gekürzten Gliedern beginnt. Diese Verdickung erstreckt sich in Taf. II Fig. 2 schon über mehr als ein Glied, und zwar recht normaler Weise unterhalb des Insertionspunktes, bei Taf. III Fig. 1 dagegen ist sie noch viel auffallender und nimmt die Länge von 3—5 Gliedern ein, welche allerdings hier mehr abgekürzt sind. Da in beiden Fällen der ganze untere Theil des Seitenstammes B von dessen verkohlter Masse umhüllt wird, so kommen seine untersten Glieder nicht zum Vorschein, die man sich indessen ebenfalls kegelförmig zu denken hat, so dass der seitliche Stamm nur einer Gliederung inserirt ist. Der hohe Grad dieser Verdickung verleiht dem Stücke in Taf. III Fig. 1 ein etwas fremdartiges Ansehen; indessen ist die Abweichung von anderen (. arborescens doch nicht bedeutend. — Die Verdickung dient offenbar zur Verfestigung der abgehenden Aeste und dürfte mit dem Alter zunehmen. Die Verzweigung der oberen Stammtheile, welche STUR (]. c. S. 29 Fig. 11) darstellt, zeichnet sich ebenfalls durch breite Basis der abgehenden Aeste aus, diese beginnen aber nicht mit ab- gekürzten Gliedern. [209] Calamites arborescens. 123 Von Astnarben ist in Folge der Seltenheit der Verzweigung sehr selten Deutliches beobachtet. Ein Bruchstück mit 9 Gliedern zeigt am plötzlich verkürzten Gliede wohl 10 Astspuren in Form kleiner runder Grübchen mit centralem Höcker, auf die Gliede- rung gestellt. Die Glieder des Stammes sind nicht mit periodischen Ver- änderungen der Längen ausgebildet, sondern auf grössere Strecken ungefähr gleich lang oder unregelmässig verschieden, aber gewöhn- lich kürzer als der breit gedrückte Stamm breit ist. Ziemlich starke Verkürzungen kommen sowohl an den unteren bewurzelten Stammtheilen (Taf. III Fig. 1) als an den mit Aehren versehenen oberen (Taf. XV Fig. 1) vor, die deshalb auch am meisten an Calamites approwimatus erinnern. An einem Exemplare von Neurode von 45°% Länge mit 19 Gliedern nehmen die Glieder von einem Ende gegen das andere an Länge ziemlich gleichmässig; ab, nämlich von 23— 30% bis 15Um, was an Ü. approximatus accrescens (5.85) erinnert. Die Berippung ist in der Art wie bei (©. varians beschaffen, Rippen bisweilen bis 11/,”" breit, meist aber schmäler und an den oberen Stammtheilen oft sehr schmal, kaum über 11/5"® breit. Oefters gehen die Rillen über die Gliederung weg ohne zu alter- niren, besonders auch bei den ährentragenden Stämmen. Die Enden der Rippen sind meist flach, doch auch spitz, besonders in den Figuren von ETTINGSHAUSEN; Knötchen zeichnet Letzterer sehr deutlich, wurden dagegen von mir nur an Aehren tragenden Theilen und sehr selten bemerkt. Beblätterung ist an dem vorliegenden Materiale nicht ausrei- chend zu beobachten und beschränkt sich auf das, was an Taf. XVI Fig. 1 zu sehen ist. Wahrscheinlich ist es allerdings, dass die langen linealen Blätter / dieser Figur zu dem Stamme gehören, von dem sie auszugehen scheinen, doch ist an keiner Stelle ihre Verbindung mit dem Stamme erhalten. In Taf. XIV Fig. 1 ist ein abgehendes Blatt vorhanden, aber sehr rudimentär. Sehr merkwürdig ist die Entwicklung der Aehren. Sie stehen in grosser Zahl auf schwachen Stielen oder Zweigen seitlich am oberen Theile des Stammes und beginnen hier schon recht früh 124 Calamites arborescens. [2 10] an Theilen, die an Breite der Glieder bis 3°® (Taf. XIV Fig. 2), auch 3,5°” und vielleicht noch mehr, besitzen und demgemäss auch etwas breitere Rippen haben, deren 12—14 auf 10”" Breite gehen. Die Aehrenstiele entspringen an den Gliederungen, allein nicht an Stellen, welche durch Länge oder Beschaffenheit der Glieder irgendwie ausgezeichnet wären, wie dies auch aus einigen unten mitzutheilenden Zahlen hervorgeht. Die Insertionsstellen sind meist undeutlich und eine regelmässige Stellung der Aehren nicht zu beobachten. Der Aehrenstiel ist höchstens 4”® breit und besteht in den meisten Fällen aus nur einem Gliede, steht schief aufrecht ab und ist 11/, bis 3°” lang. In anderen Fällen jedoch bildet sich dieser Stiel zu einem kurzen Zweige mit mehreren, wohl bis mehr als 8 Gliedern aus, an welchen die Aehre endständig be- festigt ist. Diese auffallende Varietät ist an einzelnen Aehren auf Taf. XXI Fig. 1 u. 2, letztere mit daneben liegendem Stämmchen, zu sehen, jedoch auch in Verbindung mit Stämmen beobachtet worden. Da dies sehr an Arten erinnert, wo das endständige Auf- treten der Aehre an der Spitze mehrgliedriger Zweige constant ist, so unterscheide ich diesen Fall als Palaeostachya arborescens var. Schumanniana. Exemplare der Varietät verdankt die geologische Landesanstalt Herrn Geh. Kriegsrath a. D. SCHUMANN in Dresden, der die Beob- achtung auch zuerst machte. Die Aehren selbst sind gross, lang walzenförmig und tragen bei ihrer dichten Beblätterung ganz den Üharakter von Macro- stachya oder Huttonia. Meist sind die Aehren unvollständig er- halten, aber doch habe ich sie bis nahe 20°“ Länge beobachtet bei 1,8°® Breite. An der Basis verschmälert, an der Spitze knospen- förmig. Die Aehrenglieder sind zahlreich, da sie im Mittel noch unter 5" Höhe besitzen. Die Bracteen der Aehren bilden meistens einen mehr oder weniger geschlossenen Oylinder, indem sie zuerst steil von der Axe abgehen, dann sich aufrecht richten und über- einandergreifend angedrückt liegen. Indessen stehen sie mitunter auch mehr von der Axe ab, so dass der Spitzentheil sich öffnet, wie Taf. XX] Fig. 1 und in anderen Exemplaren. Ihre Anzahl [2 1 1] Calamites arborescens. 125 im Halbquirl ist 12 und mehr, in einigen Fällen wohl 20 gefunden worden. Die am Rande der breitgedrückten Achre liegenden Brac- teen sind gewöhnlich etwas abgerückt, so dass sich ihre Länge bestimmen lässt, welche mindestens 3 Aehrengliedern gleich kommt. Ganz dieselben Verhältnisse zeigen auch die Aehren des STERN- BERG’schen Originals von Radnitz, wo sich nach brieflicher gütiger Mittheilung des Herrn Prof. A. FrırzscH in Prag die Bracteen eben- falls bis über das 3. Glied verfolgen lassen. Es bestätigt sich damit die Uebereinstimmung der schlesischen Exemplare mit den böhmischen. Ob die Bracteen am Grunde verwachsen oder frei seien, lässt sich in der Regel nicht ausmachen, jedoch zeigte ein Exemplar von Carl Georg Victor-Grube bei Neu-Lässig dieselben bis auf den Grund getrennt. ® Eine isolirte Aehre der BEINERT’schen Sammlung in der geol. Landesanstalt, wahrscheinlich von Neurode, ist im unteren Theile aufgeblättert und lässt hier Sporangien und deren Träger zum Vorschein kommen. Ein Stück davon habe ich in Taf. XVI Fig.2 in 1!/,facher Vergrösserung gezeichnet. Es zeigt an der Axea die Bracteenkreise 5 und zwischen diesen grössere und rundliche, bis etwas 3seitige, flachgedrückte Sporangien s mit gekörnelter Oberfläche, 4,2%" hoch, 2,3 und mehr breit. Dazwischen befinden sich dünne, geradlinige Eindrücke, Stielchen, welche schief auf- steigen und von den Blattachseln oder dicht dabei ausgehen, 4" lang: Sporangiophoren, deren Spitze nicht mehr erhalten ist. Es sind nicht Theilchen der Bracteen, da diese erst ein wenig nach unten gehen, ehe sie aufsteigen. Ihre Lage und Gestalt ent- spricht denen von Palaeostachya elongata am meisten, auch der von Palaeostachya Schimperiana. Hiernach ist die Stellung der ganzen Pflanze zu Palaeostachya unzweifelhaft. Ueber einige, besonders die abgebildeten Exemplare, gebe ich noch die folgenden Erläuterungen: A. Stämme ohne Aehren. 1. Taf. II Fig. 2, von Neurode, Rubengrube, Hangendes des 7. Flötzes. Hauptstamm A ziemlich flach gedrückt, mit 4 vollständigen, fast gleich langen Gliedern, deren Rippen theilweise etwas spitz enden, fein liniirt, gewölbt sind 126 Calamites arborescens. ä [212] und 8S—9 auf 10"mm Breite gehen. Der Seitenstamm steckt in einer verdickten Stelle der Rinde an der 2. Gliederung von unten und hat, soweit erkennbar, zuerst abgekürzte Glieder, die später von gleichem Charakter werden wie die des Haupt- stammes A. Dicke Wurzeln d mit diekem Gefässstrang (3— 4% bei 9mm Breite der Wurzel) gehen genau von seinen Gliederungen ab, während an A nur Spuren sichtbar sind. Kohlenrinde dünn. 2. Taf. III Fig. 1, von demselben Fundpurkte wie voriges Stück. Haupt- stamm A mit 3 einseitswendigen Seitenzweigen PD, welche schief aufsteigen, wes- halb A eher vertical als horizontal zu denken ist. Der 42% lange Stamm A hat 29 Glieder von 10— 18mm Länge bei 34— 41m flach gedrückter Breite. Viel länger sind die Glieder der Stämme 5 (23 — 33"), aber immer bei grösserer Breite (bis 45wm),. Rippen ‚nicht scharf, 6—7 auf 10mm Breite. Wurzen d finden sich zwar hauptsächlich an A, doch auch an B und Wurzelanfänge e an vielen Stellen des Stammes und der Zweige. Ihr Gefässstrang ist meist nicht kenntlich, die Oberfläche erscheint, wie Fig. 1A vergrössert zeigt. Anscheinend gehen die Zweige B von dem Stamme A ab, ganz ohne dass dessen Gliederung in ‘Betracht kommt. Indessen muss man sich diese Erscheinung, wie oben geschehen, durch seeundäre Verdickung des Pflanzenkörpers an der Anheftungsstelle erklären. Man kann sich wohl vorstellen, dass unterhalb der Stellen c in dem jetzt durch Kohle bedeckten Theile ein kurzer Kegel gesteckt habe, der ähnlich wie in Fig. 2 derselben Tafel einer mittleren Gliederung des Hauptstammes inserirt war. Diese Anheftungsstellen werden dann auf der 6., 15. und 19. Gliederung von unten anzunehmen sein. 3. Taf. VIII Fie.3. Ein kleinerer Rest derselben Fundstelle, der an dem Stamme A einen Seitenstamm mit verkürzten und etwas kegelförmig sich ver- jüngenden Gliedern trägt. Bei e Wurzelanfang. B. Stämmehen mit Aehren und isolirte Aehren. 4. Das stärkste Exemplar von Neurode in .der Sammiung des Herrn Geh. Kriegsrath Scnumans in Dresden, nicht abgebildet, hat einen Stamm mit 8 Achren, von denen 6 noch ansıtzend sind. Er ist unten 3,5, oben 2,7°% breit, hat 23 Glieder von 10— 16mm Höhe in einer Gesammtlänge von 30°®. Die Aehren- stiele bilden nur ein Glied, die längste Aehre fast 20°% lang bei 15mm Breite, deren Spitze übrigens noch fehlen kann, hat etwa 38 Glieder mit durchschnittlich 5,2mm Höhe derselben. Bracteen angedrückt. 5. Wenig schwächer ist das in Taf. XIV Fig. 2 abgebildete Exemplar von Neurode, dessen Glieder bis 3% breit sind und zwischen IS und 2ymm Länge schwanken. 2 Aehrenbruchstücke sind noch mit ihrem Stiel ansitzend zu sehen, der scharf längs gerieft ist, 4m breit. Die untere Achre verdickt sich am Grunde allmählig. Verschiedene Stellen der Gliederungen, unregelmässig vertheilt, könnten als Ansatzstellen von Achren gelten. Die Aehre rechts liegt unter dem Stamm. 6. Taf. XIV Fig I, von Neurode. Der 2,7% breite Stamm mit Schwan- kungen der Glieder von 21 — 285mm trägst 2 Aehren mit je einem Stielgliede; auch ist an der 2. Gliederung von oben noch die Insertion einer dritten Achre zu sehen. Blattspuren gering, aber doch ein 15"® langes Blattstück vorhanden. Die Aehren [213] Calamites arborescens. 197 verschmälern sich am Grunde allmählig in den Stiel; die Höhe ihrer Glieder be- trägt an der oberen 5,6, an der unteren 6WM; ihre Deckblätter lassen sich etwa auf 3 Gliederlängen verfolgen, sind aber am untersten Quirl weit kürzer. 7. Taf. XV Fig.2, von Neurode, Bergschulsammlung in Waldenburg. Ein 19,5% langes Stammstück mit 9 daneben befindlichen Aehren. Der Stamm ist unten 22, oben 18 — 19mm breit; seine Glieder unten noch 18% Jang, nach oben abnehmend bis 4,5wm, Von den feinen Rippen gehen 18 —20 auf 10mm Breite. 4 Aehren sind noch in ihrer Verbindung mit dem Stamme erhalten, davon 2 (an der 2. Gliederung von unten) gegenständig. Die 2. Gliederung darüber mag eben- falls 2 Aehren getragen haben, da ausser einer ansitzenden Aehre der Eindruck eines anderen Aehrenstiels, wohl von der obersten rechts, zu sehen ist. Von den übrigen ist eine solche regelmässige Stellung nicht wahrscheinlich. Das längste Aehrenbruchstück ist 16°“ lang, die Aehrenglieder fast 5®m, im oberen Theile 4,4mm Jang. An der Basis ist die Verschmälerung allmählig, der Stiel nur ein- gliederig, 16 —26WM Jang. Man kann wenigstens 12 Blattspitzen im Halbquirl zählen. 8. Taf. XV Fig.3, von Neurode. Das ebenfalls 19,5°% lange Stammstück ist weit näher der Spitze entnommen als das vorige, daher unten 13, oben 11mm breit. Die mittleren Glieder sind etwas länger (14mm) als die unteren (11mm) und die oberen (10mm). Ihre Rippen sind sehr fein, 17—18 auf 10mm Breite. 7 daneben liegende Aehren gehören gewiss an den Stamm, doch ist nur von der mittleren links der Ursprung an einer Gliederung zu verfolgen, indem der untere Theil des Aehrenstieles wenigstens im Abdruck bis dahin reicht. Die unterste Aehre rechts ist vielleicht vollständig, obwohl nur reichlich 9m lang, daher als jung zu betrachten. Die Aehren am unteren Ende verschmälert, 13m breit, die Glieder 4,3mm hoch. 9. Taf. XV Fig. 1, von Neurode, zeigt, dass die Stämmehen streckenweise auf recht kurze Glieder (von 4,5 — Tun Höhe) eingeschränkt sein können. Das Exemplar trägt eine gestielte Aehre, 2 Aehrenstiele und eine abgerissene Aehre. 10. Eine isolirte Aehre, theilweise auf Taf. XIV Fig. 3 abgebildet, ist an der Spitze erhalten und zeigt hier knospenförmig zusammenneigende Deck- blätter, deren man an anderen Stellen 13—20 im Halbquirl zählt. 11. Taf. XVI Fig. I, von Neurode. Stämmehen mit 6 Gliedern von 21 bis 23mm Länge, 22mm Breite. Es trug mehrere Aehren, 2 auf der rechten Seite, umgebogen, von einer dritten der Aehrenstiel links vorhanden und Insertions- narben ähnliche Eindrücke an einigen Stellen. Die dünnen Achrenstiele p sind verhältnissmässig lang, dicht unter der Aehre scheint sich ein kurzes, nacktes, etwa 4m langes Glied abzuschnüren, obwohl nicht deutlich. Dann beginnt die walzliche Aehre s mit allmähliger Verdickung, wobei am oberen Exemplar mit 18,5°® Länge noch nicht die Spitze erreicht ist. Dieselbe ist schlank, nur 13m" breit, wohl 37 Glieder vorhanden von reichlich 5wm Höhe. Die Aehren sind zurückgeschlagen, hängend. — Das Stück ist durch eine grosse Zahl linearer Blätter f ausgezeichnet, die am Gegendruck des gezeichneten Stückes bis an den Stamm selbst herangehen. — Fig. 1a zeigt ein Stückchen eines Blattes 3fach vergrössert. Diese Blätter sind sehr verschieden von denen, welche unter der Gruppe des Calamites varians sich fanden. 128 Calamites arborescens. [2 14] 12. Die oben hervorgehobene Abänderung, als var. Schumanniana bezeichnet, welche Aehren auf gegliedertem Zweige trägt, stimmt, wie die beiden Exemplare Taf. XXI Fig. I u. 2 lehren, im Uebrigen ganz mit der gewöhnlichen Form mit nur eingliedrigem Aehrenstiel überein. Fig. 1 zeigt eine grössere Aehre im Be- sitze des Herrn Kriegsrath Schumann, das Original zu Fig.2 befindet sich in der Sammlung der geologischen Landesanstalt. Beide von Neurolde. Fig. 1. Die Achre beginnt an der Basis mit kleinen und schwach ent- wickelten Deckblättern, darunter 3 Stielglieder von 4—5"m Länge, während der untere Theil des Stieles undeutlich oder nicht gegliedert ist. Das Aehrenbruch- stück hat Bracteen, deren aufwärts gebogener Theil die Höhe von 3 Aehren- gliedern überragt Fig. 2. Eine kleinere Aehre auf dem Stielstück p, das 37mm Jang, oben 6 kürzere Glieder von 2,6 — 3,3%" Länge, unten noch 4 längere von 4— 66mm besitzt. Hier kann man auch an den oberen Enden der Glieder kleine punkt- förmige Knötehen bemerken, die von abgefallenen Blättern herrühren. Die dabei liegenden Stengelreste A gleichen den oberen Theilen des ährentragenden Stammes wie Taf. XV Fig. 3. 13. Taf. XVI Fig. 2. Ein Theil von einem 10°® langen Achrenstücke aus Berserr’scher Sammlung, wohl von Neurode. Im unteren Theile dieser Aehre sind die Deckblätter weit aufgeblättert, dazu die nach vorn gerichteten weg- gebrochen, so dass der Bau der unterliegenden Sporangien dadurch zum Vor- schein gekommen ist, wie es die Figur in 1'sfacher Vergrösserung angiebt. Die Aehrenaxe a ist fast 4m breit, die Glieder 6Wm hoch. Bracteen 5 zuerst steil abstehend, dann aufwärts gebogen, erreichen die Spitze des 3. Gliedes darüber oder wohl noch etwas mehr. Sporangien s gross, meist etwas 3seitig-eiförmig, mit gekörnelter Oberfläche, 4,2mm hoch, z. Th. 2,53%W® breit. Dünne geradlinige Eindrücke wie Stielehen gehen schief aufsteigend von der Gliederung aus und liegen zwischen und auf den Sporangieu, 4" lang. Dies sind die Sporangio- phoren z, mit Blattresten schon deshalb nicht zu vergleichen, weil diese (5) zuerst steil abstehen, auch etwas nach unten gerichtet sind, ehe sie aufwärts steigen. Vorkommen. (. arborescens mit Palaeostachya ıst auf der Rubengrube bei Neurode in Niederschlesien durch Herrn Obersteiger VÖLREL häufig und recht vollständig gefunden, meist auf dem 7. Flötz, kommt aber auch an anderen Punkten des niederschlesisch- böhmischen Gebirges in Saarbrücker Stufe vor, wie Oarl Georg Vietor-Grube bei Neu-Lässig, bei Schatzlar im oberen Theile der Flötze (ALBRECHT ded.). — Hierher vermuthlich auch Palaeo- stachya Schimperiana von Grube Gerhard, mittl. Saarbr. Schichten im Saargebiet. [215] Calamites Suckowi. 129 21. Calamites Suckowi BRoNGNn. Taf. II Fie. 1. — Taf. III Fig. 2, 3. — Taf. IV Fig. 1 — (Untere Stamm- theile mit Verzweigung). Taf. XVII Fig. 4 (var. undulatus). — Desgl. Fig. 5. Taf. XXVIL Fig.3 (Stamm mit Zweigen). Für diese alte, so wohlbekannte und sehr verbreitete Art kann man noch immer die von BRONGNIART, GEINITZ u. A. betonten Merkmale als maassgebend annehmen. Danach zeigen die unteren und mittleren Stammtheile — mindestens vorherrschend — Glie- der, welche breiter als hoch sind, Rippen von mässiger Breite (8—9 auf 20”®), welche ziemlich flach sind, von schmalen rinnen- förmigen Rillen eingeschlossen werden und in flacher Nodiallinie endigen. Knötchen meist gross, elliptisch oder rund. Rinde ziem- lich dünn. Unter neuerlich abgezweigten Arten glaube ich Cal. Haueri Stur, auch vielleicht C. ostraviensis Stur (partim) hierher rechnen zu müssen, wie unten zu erörtern. | Trotz der grossen Verbreitung dieser Art ist die ganze Pflanze noch nicht so unzweifelhaft und vollständig bekannt, wie andere. Man findet zwar Vermuthungen und Angaben über Verzweigung, beblätterte Aeste, zugehörige Aehren, doch liegen denselben, wie es scheint, nicht so directe Beobachtungen zu Grunde, um hier eingehender davon zu sprechen. Die hier mitzutheilenden Beob- achtungen beziehen sich auf Verzweigung, Bewurzelung und be- sondere Eigenthümlichkeiten, können aber für Beblätterung und Fructification keinen Beitrag liefern. Ein vollständiges Bild der Art, soweit es die Stammtheile betrifft, hat Granp’ EurY in seiner flore carbonifere du dep. de la Loire et du Centre de la France 1877 zu geben versucht. Da- bei zeigt jedoch die eine der zu Grunde gelegten Beobachtungen l.c. Taf. I Fig. 1 nach Vorkommen aus einem Schacht von Treuil so abweichende Erscheinungen, dass man zweifeln muss, ob hier wirklich Cal. Suckowi vorliege und nicht eine andere Art, während Fig. 2, ein Exemplar aus einem Steinbruch von Treuil, meinen Beobachtungen entsprechen würde. 130 Calamites Suckowi. [2 Il 6] Nach der ersteren Figur treibt ein senkrechter unterirdischer bewurzelter Stamm dünne horizontal abgehende und etwas auf- steigende Verzweigungen, welche in z. Th. beträchtlicher Ent- fernung vom centralen Stamme sich umbiegen und schnell kegel- förmig verdicken, hier auch mässig abgekürzte Glieder zeigen, sodann aber im aufsteigenden Theile sich wieder etwas, doch sehr langsam verschwächen und verlängerte Glieder bilden, die länger als breit und bis über den verdickten Theil bewurzelt sind. Der untere Theil der umgebogenen aufsteigenden Stämme erhält da- durch ein flaschenförmiges Ansehen, der obere entspricht nicht dem Charakter von Suekowi. Nach der zweiten Figur dagegen existirt ein verzweigtes Rhizom, von welchem unmittelbar die bekannten kegelförmigen Anfänge der aufsteigenden Stämme mit ihren abgekürzten Gliedern entspringen. Was nun meine Beobachtungen betrifft, so zeigt 1. zunächst Taf. II Fig. 1 ein Exemplar von Wettin, einen Hauptstamm A mit einem kegelförmig beginnenden Seitenstamm BD verbunden, wovon nur B den gewöhnlichen Charakter des Cala- mites Suckowi trägt. A darf danach als Rhizom aufgefasst werden, wenn auch die Wurzeln hier fehlen. Dieses Rhizom ist zwar deutlich gegliedert, besitzt aber weit schmalere Rippen, deren S—10 auf 10®m Breite kommen, so dass es sich dem Ansehen von ©. Cısrı nähert. Dabei sind jedoch die Glieder noch von nahe normaler Form, nämlich bei etwa 4,5°% Breite 30 —42mm Jang, die Rippen flach mit scharfen Rillen, meist alternirend, Knötchen ausser an einer Stelle nieht vor- handen oder sehr unbestimmt. An der Stelle, wo der seitliche Stamm B ent- springt, findet sich eine kleine runde Astnarbe. Aechnliche eingedrückte Punkte sieht man auch an anderen Stellen der Gliederungen, jedoch ohne die conver- girenden Rippen, welche Astnarben anzudeuten pflegen. Die Spitze des seitlichen Kegels berührt zwar die Astnarbe nicht, gleichwohl wird man sie als Ursprung des Seitenstammes ansehen, mit welchem das etwas darunter liegende runde Mal auf der Gliederung des Rhizoms A in Verbindung gestanden hat. Unter der Astnarbe zeigt sogar das Stück noch Knötchen, die in der Figur fehlen. Die beiden Stämme A und B sind durch eine starke Ver- dickung c, welche als geglätteter Abdruck des verkohlten Pflanzen- cylinders erscheint, sehr solid verbunden, und da im Uebrigen die 2 1 7] Calamites Suckowi. 131 Wand dieser Stämme nur dünn gewesen ist, so ist auch die Trag- fähigkeit des Ganzen selbst in dem Falle wohl erklärlich, dass diese Theile nicht im festen Boden, sondern ım Wasser oder in freier Luft sich befunden haben sollten. Keiner von den beiden Stämmen A und 2 ıst mit Wurzeln versehen, allein da deren Erhaltung ein Werk des Zufalls ist, so kann das Fehlen der Wurzeln nicht beweisen, dass wir hier andere als die untersten, resp. unterirdischen Stengeltheile vor uns hätten. Der Stamm 2 trägt alle Merkmale der Art Suckowi so ent- schieden, dass die Zutheilung des Stückes zu ihr gesichert ist. Viele seiner Rippen zeigen auch die öfter vorkommende eingedrückte feine Längslinie auf ihrer Mitte, welche gleichsam die Rippe in zwei theilt. Es mag noch bemerkt werden, dass als 3. Glied von oben ein auffallend abgekürztes eingeschoben ist. Fast wie das hier beschriebene Stück verhält sich em durch Wıruıamson (Organ. foss. plants. PartIX, 1878, Taf. 21 Fig. 30) abgebildetes von Manchester, mit schmalrippigem Hauptstamm und breitrippigem, kegelförmigem Seitenstamm, aber mit schwacher, nur 7®m dicker Verbindung beider. 2. Ebenso merklich verschieden von dem -Wettiner Falle er- scheint bei Taf. Hi Fig. 2 u. 5 (Grube Gustav bei Schwarzwaldau, Schlesien) die Verbindung der sich abzweigenden Stämme. Beide, jedoch B etwas mehr noch als A, haben die für C. Suckowi bezeich- nenden breiten platten Rippen mit scharfen Rillen und die kurzen Glieder nebst grossen Knötchen. Ihre Verbindungsstelle bei C ist aber weit schwächer als in Taf. II Fig. 1, bis nur 11” breit. Diese Stelle liegt an der untersten Gliederung des Stammbruchstückes dA, wo man bemerkt, dass die beiden Knötchenreihen sich segen den Rand hin von einander entfernen. Sie umsäumen nämlich hier die nur zur Hälfte angedeutete Astnarbe. Fig. 2 giebt den flach concaven Abdruck der Stammstücke. Der Steinkern, welcher auf 3 gelegen, ist erhalten und in Fie.3 besonders gezeichnet, dieselbe Seite nach oben gekehrt, welche in Fig. 2 dem Abdruck B entspricht. Er zeigt, mit wie kurzen Gliedern der Kegel beginnt und wie rasch sich die Rippen ver- mehren, von denen das 3. Glied auf einer Hälfte 15, das siebente dagegen 26 trägt. Noch ist von Interesse zu bemerken, dass an beiden Stämmen sich eine grössere Anzahl Rillen befindet, welche senkrecht durch die Gliederung sich fortsetzen, neben alternirenden. Besonders tritt dies bei dem Stamme A sehr hervor. 5) 3. An das eben beschriebene Exemplar schliesst sich ein anderes von Or- zesche in Oberschlesien, von Herrn Dir. Sacusz geschenkt, an, welches nur in 075 132 Calamites Suckowi. [21 8] allen Theilen grösser ist, sonst in allem Wesentlichen mit jenem übereinstimmt. Haupt- und Seitenstamm von gleichem Charakter der Berippung. Rippen des Hauptstammes 7°® lang, die des kegelförmigen Seitenstammes im den ersten 9 Gliedern von 3,5 bis 55WM regelmässig zunehmend bei 73mm Breite der letzten Glieder. Eine kleine Abweichung zeigt das Stück bezüglich der Insertion des Seiten- stammes, welcher nicht genau auf der Gliederung entspringt, sondern ein wenig über der Nodiallinie, so dass von den beiden Reihen von Knötchen, welche wie in Taf. III Fig. 2A vorhanden sind, nicht nur die untere gänzlich unter dem Aste bleibt und etwas herabgedrückt erscheint, sondern auch die obere Knötchen- reihe unter dem Aste verschwindet, wo der Raum zwischen Nodiallinie und Ast zu gering wird. Auch hier beginnt der kegelförmige Seitenstamm erst in einer kleinen Ent- fernung sich zu gliedern, so dass er wie die vorigen Exemplare als kurz gestielt bezeichnet werden könnte. Würde sich dieser Theil stark verlängern, so bekäme man die von Granp’ Eury gezeichnete dünne, fast fadenförmige Verbindung der Stämme, welche oben eitirt wurde. — Er trägt Spuren von Wurzeln. 4. Auch Taf. IV Fig. I, ein grosses Stück von Orzesche, das die Landessammlung ebenfalls Herrn Dir. SACHSE verdankt, in ?/4 der nat. Grösse dargestellt, darf wohl zu Calamites Suckowi ge- zählt .werden, obschon die Glieder eine Neigung zur Verlänge- rung zeigen. Der Stamm A, wie das Ganze plattgedrückt, ist bis 66@® breit und ent- sendet rechtwinklig 2 Seitenstämme BD. Stellt man die Figur so, dass A hori- zontal, B nach oben geht, so zeigen die vollständigen Glieder von A von links nach rechts die Längen 65— 66, 60, 60—65, 57 —67, 54mm, sind also im Mittel ziemlich gleich. Die Glieder des links liegenden längeren Stammstückes D zeigen von unten nach oben: zuerst 2 undeutliche Glieder (in der Zeichnung nur eins) von je Jam Länge, dann von 6, 9, 12, 21,5, 23, 2327, 35-37, 4043, 5051; 62mm hei einer ganzen Länge von 32,5°® und bis zur Breite von 43WM am ober- sten Gliede. Die Längen nehmen also sehr allmählig und sehr constant zu. Nur Stamm 4A besitzt deutliche Knötchen, und zwar an der nach links gewendeten Seite bei obiger Stellung des Stammes. Bei allen springen an den Gliederungen die Glieder etwas vor, und hier sind mehr oder weniger erhaltene Wurzeln an- sitzend oder in Spuren angedeutet. Die Kohlenrinde ist sehr dünn. Astnarben an den oberirdischen Stämmen oder wirkliche Ver- zweigungen derselben hat man bisher vermisst. Ein von ETTINGs- HAUSEN (Steinkohlenflora von Radnitz Taf. 10 Fig. 4) gezeichnetes Stück mit diekerem eentralem Stamm und 3 radial auf einer Seite stehenden Zweigen macht den Eindruck von Calamites Suckowt. 5. Weit besser erhalten ist ein Stück, welches ich auf Camp- hausen-Schacht bei Saarbrücken sammelte, aus einem Block [219] Calamites Suckowi. 133 festen Kohlensandsteines herauspräparirte und in Taf. XXVII Fig. 3 abbilden liess: ein Stamm A mit 3 Zweigen B, C, D. A4A,B, C sind als Steinkerne aus dem Gestein herauslösbar und können an einander gesetzt werden, D war nur noch im Hohldruck erhalten, von welchem ein Guttaperchaabdruck gemacht und an Stelle des fehlenden Steinkerns angesetzt wurde, so dass das Ganze ohne Gesteinsmasse dazwischen dargestellt werden konnte. Der Stamm A, mit einem Durchmesser von 60mm im Mittel, lässt auf einer Seite noch 3 Glieder von 50, 24 und 15" Länge und darüber ein unvollstän- diges Glied sehen und trägt an der obersten Gliederung 3 Aeste von verschie- dener Stärke in fast gleichen Abständen von einander. Der kleinste © ist fast rund im Querschnitt, 14—20"M im Durchmesser, mit Gliedern von 7, 8, 13, 13mm und einem fünften, unvollständigen. Der Steinkern dieses Zweiges ist abnehmbar und zeigt an seiner untersten Gelenkfläche das verkohlte Diaphragma. Das zweite, kurze Zweigstück B ist das best erhaltene. Seine 4 Glieder tragen beson- ders deutlich den Typus von (©. Suckowi und die Knötchen sind hier am besten erhalten. Die Glieder haben von unten an die Längen 7, 8, 16, 22mm, Breite des etwas zusammengedrückten Zweiges 37mm, Das unterste Glied ist, zum Theil nach dem Zeichnen, etwas abgebröckelt, so dass es jetzt erscheint, als ob der Zweig nicht zur Gliederung herabgereicht hätte, was in der That der Fall war. Der dritte, nach einem Abdruck restaurirte Zweig D ist das längste Bruch- stück, 26% breit, mit 6 rudimentären Gliedern, deren Abgrenzung schwerer er- kennbar ist, etwa 12, 13, 23, 35, 40% lang, was für diese Art verhältnissmässig lang ist. 6. Ein flachgedrücktes Stammstück von über 24m Breite von Grube Ger- hard bei Saarbrücken, von mir gesammelt, hat 3 Glieder von 69, 59 und 37mm Höhe. Das obere, kürzere, trägt auf der oberen Gliederung mehrere Astspuren mit jederseits 4+—6 zusammenneigenden Rillen. Da die Gliederung nicht voll- ständig erhalten, kann man nur auf einer Seite des Steinkernes 4, auf der ent- gegengesetzten 2 solche Astspuren sehen, es mögen aber, nach den Entfernungen zu schliessen, jederseits 8 gewesen sein. So deutlich diese Astspuren auf dem Steinkern auftreten, so war von ihnen auf der (übrigens dünnen) Kohlenrinde, welche weggesprengt werden musste, um jene sichtbar zu machen, nichts zu be- merken. Rippen wie gewöhnlich flach gewölbt, 2!/;"m breit; Knötchen schwach entwickelt. Dieses Stück zeigt ausserdem noch dieselbe Eigenthümlichkeit, welche wir sogleich bei der Varietät undulatus von Werne zu er- wähnen haben werden, nämlich an einer Stelle zwischen 2 Gliede- rungen einen Punkt, wo 3 Rillen sich gerade so bündelig zu- sammenziehen wie in den Astspuren und eine »falsche Astnarbe» veranlassen. 134 Calamites Suckowi. [220] Die Knötchen bei Calamites Suckowr, welche bei dieser Art besonders constant erscheinen, heben sich am Steinkern meist stark hervor und bilden zuweilen sogar kurze Öylinder, die horizontal speichenartig durch die Wandung des Calamitenkörpers gehen. Ein solcher Fall ist 7. auf Taf. XVII Fig. 5 von Oberhohndorf bei Zwickau nach einem von Herrn Geh. Hofrath GEmITZ aus der Dresdener Sammlung mir gütigst geliehenen Stücke dargestellt, welches GEINITZ bereits in seinen »Versteiner. der Steink. in Sachsen« Taf. XIII Fig. 5 theilweise abgebildet hat!) und das schon oben (S. 20) Besprechung fand. Ein zusammengedrückter, aber sehr wohl erhaltener Steinkern mit flachen Rippen, scharfen Furchen, sehr scharfer Quergliederung. Auf 20mm Breite 8 bis 9 Rippen, diese an der Nodiallinie selten senkrecht zusammenstossend. Die Knötchen am oberen Ende der Rippen sind kurze vorstehende, meist zur Seite gedrückte Cylinderchen als Ausfüllung von Röhrchen, welche die Wandung des Calamiten horizontal durchsetzten. Sie endigen nach aussen in rundlicher oder elliptischer concaver Fläche, eine besondere Narbe bildend, in der sich wiederholt ein centraler Punkt markirt (s. Fig. 5a). Diese Zeichnung erklärt sich, wie schon oben angenommen, durch centrale Gefässbündel, welche in dem kleinen Cylinder verliefen und in das Blatt oder die Wurzel übertraten, welche man an dieser Stelle ansitzend anzunehmen hat. Fig. 5b würde einen radialen Längs- schnitt des an dieser Stelle restaurirten Calamitenkörpers vorstellen; % durch- bricht horizontal die Calamitenwand r, die Gefässe und Zellen sind zerstört und der Hohlraum mit Gestein ausgefüllt. 8. Cal. Suckowi var. undulatus Brongn. sp., Taf. XVII Fig. 4, von Zeche Heinrich Gustav bei Werne in Westphalen, gesammelt von Herrn WEDERIND. Das Stück, welches nur zum Theil abgebildet wurde, besteht aus 2 schief über einander liegenden Calamiten derselben Varietät. Der eine, welcher die Hauptfigur lieferte, ist ein zusammengedrückter Steinkern mit Gliederlängen von 23 — 40mm, Nodiallinie scharf, ziekzackförmig, Rippen flach, 1,7— 2,3Wm breit, mit scharf abgegrenzten Rillen; obere Knötchen scharf, untere selten und spur- weise. Rillen an den Gliederungen meist alternirend, an mehreren Stellen auch durchgehend, mehr oder weniger einen geschlängelten Verlauf zeigend. Diese Biegungen sind wohl kaum als Folge von Druck durch den Erhaltungszustand 1) Auch unsere Figur giebt nur einen Theil des ganzen Stückes, das eine viel grössere Breite besitzt, so dass das gewöhnliche Verhältniss von Höhe und Breite der Glieder, wie es bei ©. Suckowi besteht, an ihm sofort in die Augen fällt. [221] Calamites Suckowi. | 135 zu erklären, da die schief sich kreuzenden Exemplare die gleiche Erscheinung zeigen, andere können in einem unregelmässigen Verlauf der Fibrovasalstränge be- gründet sein, vermuthlich im Zusammenhang mit der Erscheinung von falschen (?) Astnarben mitten auf den Gliedern selbst. Nicht blos auf dem abgebildeten Exemplare, sondern auch auf dem unterliesenden (zum Theil sehr instructiv) und vereinzelt auch bei dem obigen unter No.6 (S. 133) beschriebenen, das nicht zu var. undulatus zu rechnen ist, bemerkt man ein Zusammen- treten mehrerer Rillen an verschiedenen Punkten der Ober- fläche des Steinkernes zu einer Gruppe, die sich in einen Punkt oder Ring vereinigen und eine Vertiefung erzeugen, in welcher sich ein centraler erhabener Punkt warzenförmig heraushebt. Wo eine grössere Anzahl Rillen convergiren (bei dem grossen Male des unteren Gliedes rechts 7 von jeder Seite), laufen einige Rillen noch über das vertiefte Feld hinweg. Auch auf der zweiten Gliede- rung von oben in unserer Figur sieht man 2 solche Eindrücke mit zusammenneigenden Rillen, welche nach ihrer Stellung Ast- spuren entsprechen und einigen der erwähnten Eindrücke völlig gleichen. Man kann diese eigenthümlichen Male nicht für zufällige, durch Druck oder fremde Körper erzeugte Eindrücke erklären, so unregelmässig ihr Auftreten und ungleich ihre Form auch ist. Calamites Suckowi var. undulatus, Zeche Heimrich Gustav bei Werne. 9 Stellen der Rückseite des auf Taf. XVII Fig. 4 äbgehildeten Stückes. Zwei auf der Rückseite des Stückes an dem unterliegenden Exem- plare befindliche Stellen sind hier im Holzschnitt wiedergegeben und zeigen das streckenweise vollständige Vereinigen von 2 Rillen (Fibrovasalbündeln), die bald wieder aus einander treten, die nächst 136 Calamites Suckowi. [222] benachbarten in ihrem Verlaufe mehr oder weniger beeinflussen und so den Anfang der obigen Erscheinung bilden, wo sie sich zu falschen Astspuren zusammensetzen. Denn ob hier wirklich zum Theil Aeste angesessen haben, ist bei der abnormen Stellung doch sehr fraglich. Da nun Spaltungen oder Vereinigungen von Fibrovasalsträngen oder Anastomosen im Internodium der Equiseten bekanntlich nicht vorhanden sind, behält die hier geschilderte Erscheinung etwas Auffallendes. Uebrigens ist zu bemerken, dass die beschriebene Erscheinung mit jenen Eindrücken auf den Rippen des Calamites variolatus Göpp. (Flora des Uebergangsgebirges 1852 Taf. V), welche mit Stur für zufällige zu halten sind, nichts gemein hat. Vorkommen. Dieser äusserst verbreitete und häufige Calamit ist in allen bedeutenderen Steinkohlenbecken gefunden und durch die ganze productive Steinkohlenformation und das Rothliegende bekannt. Hierzu rechne ich auch die in den Ostrauer und Walden- burger Schichten vorgekommenen Reste, welche Stur als Cal. Hawueri n. sp. abtrennt (Culmflora d. Ostr. u. Wald. Sch. S. 89 Taf. I Fig. 7; Taf. V Fig. 2, 3; sowie vermuthlich die auf S. 92, 93 im Holzschnitt Fig. 19, 20 abgebildeten Stücke). Die Häufigkeit der senkrecht durch die Gliederung durchlaufenden Rillen hat damals StuR bewogen, von der Zugehörigkeit zu ©. Suckowi ganz abzusehen und die auffällige Aehnlichkeit unbesprochen zu lassen. Da aber bei ©. Suekowi selbst durchgehende Rillen nicht selten sind und manchmal sich sehr vermehren (S. 131), so bleibt in der That kein unterscheidendes Merkmal für ©. Haueri übrig. Vielleicht kann man auch einen Theil der als (©. ostraviensis Stur (1. c. Taf. VI Fig. 3 u. 4) bezeichneten Stücke hierher stellen, während die typischste Fig. 1 zu C. acuticostatus W. gehört. Danach beginnt ©. Suckowi bereits in den (oberen) Ostrauer Schichten. SOSE TE BEZEEEELUEU [223] Calamites acuticostatus. 137 22. Calamites acuticostatus Weiss. Weiss, Beiträge zur foss. Flora, Stemkohlen-Calamarien I. Abhandl. z. geol. Specialkarte v. Preussen Bd. II Heft 1,.1876, S. 125_Taf. XIX Fig. 2. »Calamites ostraviensis« Stur, Culmflora der Ostrauer u. Waldenburger Schichten 1877, S.101 Taf. VI Fig. ]. Dieser Calamit, welchen ich a. a. ©. aufstellte, ist weiter ver- breitet und liegt in mehreren Stücken vor. Er ist ausgezeichnet durch Glieder, welche im Verhältniss von Höhe und Breite sich wie bei Suckowi verhalten, die Glieder sind meist ziemlich gleich, die Rippen flach gewölbt und endigen meistens in Spitzen, welche sehr spitz in einander greifen, insofern an (©. gigas erinnernd; einige jedoch stehen senkrecht über einander und die angrenzenden Rillen gehen dann durch die Gliederung durch. Knötchen sind überall vorhanden, klein. Kohlenrinde dünn wie bei Sweckowi. Auch Ast- spuren, durch 2—4 von jeder Seite in einen Punkt der Nodial- linie mündende Rillen gebildet, sind an einigen Gliederungen vor- handen, aber nur an wenigen, und nicht immer deutlich, klein. An dem oben citirten Saarbrücker Exemplare sind an der 3. Glie- derung von oben 6 Astspuren ringsum zu bemerken, die zum Theil durch Absprengen der Kohlenrinde blossgelest werden. Diese Rinde ist äusserlich fast glatt und zeigt die Astspuren nur un- deutlich, weshalb sie auch damals, als der Calamit gezeichnet wurde, nicht hervortraten. Indessen ist das Zusammenneigen der Rillen doch an 2 Stellen der Figur angedeutet. Die neu hinzusekommenen Stücke dieser Art stimmen genau in den angegebenen Punkten überein und nur die Grösse unter- scheidet sie von dem zuerst abgebildeten Stücke. Das eine von Reichhennersdorf bei Landeshut hat etwa 105"® Breite und 56" Höhe der Glieder; die Astspuren stehen am Grunde eines bis 30" abgekürzten Gliedes. Vollkommen übereinstimmend ist auch das typischste Exem- plar von Calamites ostraviensis Stur (a. a. O. Taf. VI Fig. 1) und von den mir vorliegenden schlesischen ununterscheidbar, während die Fig. 2—4 von acuticostatus vielleicht verschieden sind. 138 Calamites ef. giganteus. [2 24] Vorkommen. Zu dem zuerst bekannt gewordenen Fundorte: Grube Dudweiler bei Saarbrücken (untere Saarbrücker Schichten) gesellen sich nach Srur Mährisch-Ostrau (Heinrichschacht, Hangen- des vom Floraflötz, oberer Theil der »Ostrauer Schichten«), sowie nach neueren Funden: Reichhennersdorf bei Landeshut in Nieder- schlesien (Hangendes vom Günstig-Blick-Flötz, nach ScHürze den Saarbrücker Schichten zugehörig, wohl dasselbe Vorkommen, wel- ches Stur 1. c. S. 313 angiebt) und Paulusgrube bei Königshütte in Oberschlesien (Gotthardschacht, Dach des 1,4"-Flötzes, Kos- MANN legit). Anhang. Abtheilung unbekannt. 23. Calamites cf. giganteus Linpr. et Hurron sp. Taf. XVII Fig. 2, 3. Calamiten-Oberfläche mit Querrunzeln, Glieder breit und hoch, Blätter an der Gliederung mit etwas verbreiterter Basis beginnend, sehr bald sich verschmälernd und pfriemenförmig, sehr spitz, weit kürzer als die Höhe des nächsten Gliedes. IHppurites gigantea Lindl. et Hutt., foss. flora of Great Britain. II. (1833—35) BieilasSsan): Die 2 abgebildeten Reste dürfen wohl auf die LinpLeyY’sche Art bezogen werden, welche noch ein wenig kleinere und dichter stehende Blätter trägt, die am Grunde nach der Zeichnung mehr scheidenförmig verwachsen erscheinen als bei unseren Resten, wo sie getrennt sind. Fig. 2 rührt von einem nicht ganz vollständig abgebildeten Stück von 13,3°® Breite und 12°® Höhe her. In beiden Figuren liegt nur die äussere Oberfläche eines Calamiten vor, welche stark [225] Calamites ef. giganteus. 1108) querrunzelig ist, vermuthlich aber nur in Folge einer vor dem Einbetten im Gesteinsmaterial stattgefundenen Austrocknung, dabei jene feine senkrechte Streifung zeigt, welche die Epidermialtheile so häufig auszeichnet, besonders wo die äusserst dünne Kohlen- haut noch erhalten ist. Da in beiden Fällen nur eine Quergliede- rung vorhanden ist, so kann eine Einreihung zu den periodischen oder unperiodischen Calamiten nicht vorgenommen werden, nur ist die Zugehörigkeit zu den Eucalamiten unwahrscheinlich. An der Gliederung stehen nämlich nur Blätter, welche in Fig. 2 als erhabene Leistchen sich herausheben, in Fig. 3 das Gliedbruchstück gleichsam krönen. Sie sind schmal lineallanzettlich, entspringen deutlich unterhalb der Gliederung und gehören also dem oberen Ende des Gliedes an, an welchem sie bei Fig. 3 haften geblieben sind, obgleich das nächst folgende Glied abgerissen ist, also ganz wie bei Zguisetum (s. oben S. 27). In Fig. 2 liegt der Insertionspunkt der Blätter nur 1”" tiefer als die Gliederung; ihre Basis (2—21/"") verschmälert sich schnell und von hier an sind sie pfriemenförmig und enden in haarfeine Spitzen. In Fig. 5 ist die basale Ver- breiterung scheinbar zu einem dreieckigen Feld erweitert, welches indessen durch rudimentäre Theile der Oberhaut des abgerissenen oberen Gliedes erzeugt sein dürfte. Blattspitzen sind in Fig. 3 nicht erhalten, dagegen der Mittelnerv als Längsstreif. Das ganze Blatt misst in Fig. 2 nur etwa 33”” Länge, dürfte daher !/, der Höhe des nächsten Gliedes nicht überschreiten. In Fig. 3 stehen die Blätter in regelmässigen Abständen von 4"", dagegen fällt in Fig. 2 auf, dass sie mit ungleichen Entfernungen sich in Gruppen von 3, 2 und 2 Blättern (von rechts beginnend) zusammenfinden, vielleicht weiter links noch 1 isolirtes. Die ungleiche Entfernung wird zwar durch das Zusammen- biegen der Blätter scheinbar grösser als sie ist, aber doch ist sie vorhanden. Ein besonderer Nageltheil wie bei den Blättern der Wettiner Pflanze (Taf. I) ist nicht merklich. Die Stücke sind mit den analogen von Wettin (Taf. I) und Radnitz (Taf. XVI Fig. 6) zu vergleichen, stimmen jedoch mit ihnen nicht hinreichend überein. Bei den Wettiner sind die Blätter kräftiger, obschon solche wie Fig. 4 den hier vorliegenden 140 Calamites ef. giganteus. [226] nahe kommen, ihre Basis ist nicht verbreitert. Bei den Rad- nitzern ist zwar die Basis verbreitert, aber die Blätter selbst auf- fallend länger. In beiden Punkten stimmen die westphälischen Reste mit Hipperitus gigantea L. et H. Vorkommen. Westphalen und zwar Fig. 2 von Zeche Bruchstrasse bei Langendreer, von Herrn WEDEKIND gesammelt, Fig. 3 von Zeche Schlägel und Eisen bei Recklinghausen in Schieferthon 45" über Flötz Menzel, vom Verfasser gesammelt. 4. Sippe: Archaeocalamites Srur. Calamites Aut. seit 1820, Bornia Sternb. 1825, Asterocalamites Schimp. 1862 (terr. d. transition des Vosges), Archaeocalamites Stur 1875. Der Typus des bekannten Calamites transitionis Göpp. oder C. radiatus Brongn. ist wiederholt zur eigenen Gattung erhoben worden, zuletzt unter sehr ausführlicher Darlegung von STUR (Culmflora I S. 2, 1875, und II S. 74, 1877). Obschon der Name Bornia die befürchtete Verwechselung wohl kaum je bewirken würde, da das Original hierzu verloren gegangen und der Fundort wohl sicher von SCHLOTHEIM falsch angegeben worden war, da- gegen durch RÖMER u. A. auf wohl bekannte Reste übertragen war; obschon ferner auch der neue Name Asterocalamites bereits existirte, der für die neue Gattung bei Verwerfung von Bornia die Priorität fordern würde, welche ihm auch von ZEILLER (veg. foss. du terr. houill. de la France 1880) zugestanden wird; — obschon also das als das eigentlich gerechte anerkannte Princip der Priorität keinem neuen Namen in diesem Falle Raum geben würde, so ist doch die Stur'sche Bezeichnung so glücklich gewählt, dass man sich ihr anschliessen kann, sobald man nicht mit dem allge- meinen Namen Calamites auszukommen glaubt. Hier soll nur be- hufs Vergleichung mit den übrigen Calamiten auch auf diese, um den (. transitionis sich schaarende Formenreihe Einiges bemerkt werden. Die Abtrennung der Gruppe gründet sich bei allen Autoren, die diese Trennung vorgenommen haben, auf das senkrechte Durch- gehen aller oder fast aller Rillen an der Gliederung, ausserdem oft verschwindend sein kann. Dazu kommt aber, dass die Blätter nach Srur wiederholt gabelig sind statt einfach, wäh- welche selbst 142 Archaeocalamites. [228] rend freilich HEER dieselben Organe für Wurzeln zu erklären sucht. Auch die Insertion der Blätter (Blattspuren auf den Rillen) scheint eine andere zu sein und damit nun auch die gegenseitige Stellung von Blatt-, Ast- und Wurzelknospen. Indessen haben die Stellungs- verhältnisse dieser 3 Organe, wie sie von STUR angenommen wurden, durch ROTHPLETZ Correcturen erfahren, wonach Blatt- und Wurzel- narben in die Rillen fallen, diese über, jene unter der Internodial- linie gelegen, dazwischen die Astnarben auf den Rippen (Flora und Fauna der Culmformation bei Hainichen in Sachsen. Botan. Centralblatt 1880). Zu diesen abweichenden Merkmalen treten solche hinzu, welche den Vergleich mit unseren 3 Sippen der Oalamiten unmittelbar wachrufen, da sie sich auf Periodicität und Astbildung beziehen. Durch den Erwerb einer Reihe von diesen Archaeocalamiten aus dem Nachlasse des verstorbenen Prorector HÖGER in Landeshut in Schlesien ist die geologische Landessammlung zu grösserem Vergleichsmaterial gelangt, auf welches die nachfolgenden Beob- achtungen sich gründen (s. Mittheil. in Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. Bd. XXXV (1883) S. 396). Die Steinkerne, welche den Typus des Calamites transitionis unzweifelhaft tragen, sind schon in den Dimensionen der Glieder sehr verschieden. 11°% Durchmesser wird bei einigen Stämmen noch überschritten, und während gewöhnlich die Länge eines Gliedes zwischen 2 und 10°® schwankt, erreicht sie an einem Stücke 15,5°® (bei 8°“ Breite des halb zusammengedrückten Stammes), sinkt dagegen an einem anderen auf 3" (bei 30" Breite des ebenfalls zusammengedrückten Stammes)! Diese letztere Varietät, welche durchgehends so stark abgekürzte Glieder trägt, verdient die besondere Bezeichnung als var. abbrevvatus. Bei allen übrigen Exemplaren ist 10”"” das Minimum für die Gliederung. Kürzere Glieder zwischen längeren sind manchmal vorhanden, ein Stück zeigt Zunahme der Glieder von 14” allmählıg bis 45"®, worauf auch wieder geringe Abnahme folgt. Im Uebrigen sind die Längenschwankungen unregelmässig, es ist keine Perio- diecität vorhanden. [229] Archaeocalamites. 143 Selten erheben sich die Rippenenden convex, wo die Quer- gliederung stark ausgeprägt ist, so dass der Anschein von Knötchen erzeugt wird, und niemals werden dieselben deutlich und scharf wie bei anderen Oalamiten. Besondere Eisenthümlichkeiten zeigt die Astbildung Um diese indessen kennen zu lernen, muss man die Regionen der Pflanze aufsuchen, wo sie stattgefunden hat, denn ein grosser Theil der Stammstücke zeigt von ihr keine Spur. An den sie tragenden Theilen jedoch führen die Stämme entwickelte und grosse Astnarben, nicht selten zahlreich, aber in unregelmässiger Stellung. Meistens gehen bei ihnen, wie an den Gliederungen, die Rillen ungestört und aus der Richtung unabgelenkt durch den ganzen Astnarbeneindruck, nur dann und wann neigen 2, selten 3 Rillen in einen Punkt zusammen. Bei anderen aber ist ein entschiedenes starkes Ausbiegen der äusseren Rillen auffallend, welche eine eigen- thümlich augenförmige (Stigmatocanna-artige) Zeichnung an der Astnarbenstelle veranlassen. Astnarben dieser letzteren Art sind schon von STUR (Culmflora II, Taf. II Fig. 5) beobachtet und ge- zeichnet worden. Da wo die Verzweigung sich einstellt, tragen alle Gliederungen Astnarben, aber es ist unmöglich, eine bestimmte Regel in ihrer Stellung festzusetzen, die irgend einem der übrigen Fälle bei Cala- miten entspräche. Manchmal finden sich 4 Astnarben in ein Par- allelogramm gestellt, aber dann nicht abwechselnd an den benach- barten Gliederungen wie bei dem Typus des (. cruciatus, sondern schief auf 4 Nodiallinien vertheilt; oder es stehen 3, selten mehr, Narben anscheinend in einer schiefen Zeile, aber diese setzt sich nicht weiter fort, die nächsten Narben befinden sich nicht auf der gleichen Linie. Ausserdem muss man bei solchen Versuchen eine geregelte Stellung zu finden, meist je eine Gliederung überspringen und die an abwechselnden Gliederungen auftretenden Narben ins Auge fassen. Eins der besterhaltenen Stücke zeist an 13 nach einander folgenden Gliederungen die nachstehende Anzahl von Astnarben ringsum: 2 ea, ee ee ee 144 Calamites Beyrichi. [230] Andere Stücke tragen auf einer Seite mehrere Astnarben, auf der gegenüber liegenden gar keine. Die grösste Unregelmässigkeit ist eben hier die Regel. Nur das Eine hat die Verzweigung des Calamites transitionis mit denen der Gruppe Eucalamites gemein, dass dieselbe an allen Gliederungen auftritt, da wo überhaupt die Pflanze verzweigt ist. Ueber Fruchtähren, welche an gleichen Fundorten wie Archaeo- calamites transitionis vorkamen und deshalb zu dieser Art gezogen wurden, hatte STuUR (Culmflora d. mähr.-schles. Dachschiefers S. 15 Fig. 4, später verbessert in Culmflora d. Ostr. u. Waldenb. Schichten S. 23 Fig. 9) berichtet. In neuester Zeit hat R. Kıpston (Ann. a. Magazine of Natural History, May 1883, S. 297) das bisher sehr problematische Genus Pothocites Paterson von Glencartholm, Esk- dale, untersucht und glaubt es als Fruchtstand zu Archaeocalamites ziehen zu müssen. Wenn diese Ansicht sich bestätigt, so ist damit die Selbständigkeit der Gattung Archaeocalamites erwiesen. 24. Calamites Beyrichi n. sp. Taf. XXVI, Taf. XXVIH Fig. 1. Eetypus internus suleis percurrentibus irregulariter striatus subri- mosus; sulei indistincti modo convergentes atque conjluentes modo inter- mittentes vel desinentes, non profunde incisi; costae planae. Artieu- lationes satis guidem conspicuae sed lineam transversam incisam non Jormantes, leviter constrictae. Ramorum cicatrices magnae, circulares vel ellipticae, ad articulationes in vario numero et irregulariter dispo- sitae. (Cortex carbonarius crassus. Steinkern mit durchgehenden, aber sehr unregelmässigen Rippen und Rillen, welche keine gleichförmige Längsfurchung bilden, sondern eine etwas rissige, durch theilweises Verschwinden oder Zusammenneigen fast netzförmige Streifung erzeugen, ohne scharfe Liniirung des Steinkernes. Quergliederung noch deut- lich als flache Einschnürung, doch nicht als scharfe Nodiallinie ausgebildet. Grosse runde bis elliptische Astnarben auf allen Gliede- rungen, in verschiedener Anzahl und regelloser Stellung. Kohlen- rinde dick. [231] Calamites Beyrichi. 145 Die vorstehende Diagnose gilt für ein Stammstück von fast 95°m Länge. Es ist ein ziemlich flachgedrückter Steinkern, unten 21,5, oben 18,8%“ breit, mit 25 Gliedern, auf deren Gliederungen Astnarben stehen. Die Taf. XXVI giebt eine Abbildung des Stückes von beiden Seiten, etwa auf ®/ıı der natürlichen Grösse reducirt. Die Längsstreifung des Stammes hat ein sehr rissiges Aus- sehen, rührt zwar von den Längsrippen her und trägt daher deren Charaktere, ist aber sehr unregelmässig und von der oben ange- gebenen Beschaffenheit. Bei schiefer Beleuchtung von oben ist auch die Quergliederung recht deutlich, wie die Abbildung es wiedergiebt. Auf den Quergliederungen stehen je 1—6 (meist 3) flach schüsselförmig eingesenkte Astnarben, die oft nur undeutlich erkennbar und deshalb an manchen Stellen zweifelhaft sind. Sie erscheinen als grosse, flache Gruben ohne scharfen Umriss, rundlich- elliptisch, mit 11/, — 2°“ orösstem Durchmesser. Mehrere zeigen auch deutlich einen centralen Punkt. Von oben nach unten folgen sich die Glieder mit den Ast- narben zwischen ihnen, wie die Tabelle auf folgender Seite an- giebt, wobei zu bemerken, dass eine Anzahl sehr undeutlicher Astinsertionsstellen, wenn sie mitgezählt werden, die nebenbei in Klammern gesetzten Zahlen mit Fragezeichen ergeben, wäh- rend die anderen Zahlen nur deutlich erkennbare Astnarben auf- führen. Das Eigenthümlichste des Stückes ist, dass die Astnarben auf jeder der beiden flachen Seiten des Steinkernes an den abwech- selnden Gliederungen in grösserer Zahl erscheinen, an den zwischenliegenden dagegen, wo sie oft gänzlich fehlen, in gerin- gerer, sowie dass die an Astnarben reicheren Gliederungen auf den beiden Seiten nicht dieselben sind, sondern wieder mit einander abwechseln. Dies Gesetz erleidet am ganzen Stamme kaum eine Ausnahme, besonders im unteren Theile desselben (bis zur 15. Gliederung von unten) ist es sehr ausgesprochen. Um es in der Tabelle leichter hervortreten zu lassen, sind die narben- reicheren Halbquirle durch fette Ziffern gekennzeichnet. 10 146 Gliedlänge im Mittel mm (unvollst.) 34 6 (unvollst.) 36 Calamites Beyrichi. Astnarben der einen Seite (3?) (2?) (4?) (4?) (1?) (6?) (6?) Astnarben der anderen Seite nicht erhalten [232] [233] Calamites Beyrichi. 147 Nach den geschilderten Verhältnissen ist es selbstverständlich, dass die Astnarben der abwechselnden Gliederungen nicht senk- recht über einander stehen. Eine zweite, nur im unteren Theile hervortretende Eigenthüm- lichkeit besteht darın, dass die unteren 13 Glieder abwechselnd länger und kürzer sind, was allerdings weiter oben ganz ver- schwindet. Die Rippen des Steinkernes sind nur im unteren Theile regel- mässiger, meist über die Gliederung hinweg laufend, oft scheinbar mitten auf dem Gliede sich ausspitzend. Sie sind bis 4" breit; Nodiallinie nicht zu sehen. Die Fig. 1 auf Taf. XXVII giebt ein Stück der Oberfläche in natürlicher Grösse sehr genau wieder, man sieht darin nicht blos den unregelmässigen Verlauf der Rippen und Rillen, sondern auch die Zeichnung und Beschaffenheit der Astnarben. Vorkommen. Das Stück wurde von Herrn von DüÜckER auf der Rudolphgrube bei Volpersdorf in Schlesien (Waldenburger Schichten) gesammelt und wird in der Sammlung der geologischen Landesanstalt aufbewahrt. 10* DE Equisetites. Provisorische Gattung wie Calamites, durch stärkere beblätterte Stammstücke gebildet, deren Blätter am Grunde scheiden- förmig vereinigt sind. Die Stämme sind bei keiner bekannten Art der Steinkohlenformation durch solche scharfe Längsfurchen und Rippen cannelirt, wie bei Calamites, manchmal gestreift oder ganz glatt. Nur zwei Beispiele zu obiger Gattung stellbarer Arten sollen hier Erwähnung finden, welche im Uebrigen besonders grosse Verschiedenheiten zeigen. 1. Equisetites lingulatus GErRM. Aa ONE 108 Germar, Verstein. des Steinkohlengeb. von Wettin und Löbejün S. 27 Taf. X Fig. 3. Das abgebildete Stück ist das Original zu GERMAR’s Figur und Beschreibung; seine Benutzung verdanke ich der Güte meines Freundes Prof. C. von Fritsch in Halle. Es konnte an einigen Stellen mit dem Meissel vollständiger freigelegt werden, so dass die hier gegebene Figur im Vergleich mit der GERMARr’schen nicht unwesentlich ergänzt erscheint. Es ist ein Stück von 8°“ Länge mit nur einem Knoten, wel- cher so breit gedrückt und blossgelegt ist, dass man ihn zu ®/4 seines Umfanges vor sich hat, zugleich mit einem Theile der Blattscheide. Der Stamm ist nur auf höchstens 283”" Breite erhalten, glatt, ungerippt, die vorhandenen Längslinien sind durch Druck ent- [235] Equisetites mirabilis. 149 standen und nicht durch Rippung. Am Knoten ist der vordere Theil des unteren Stengelgliedes abgesprungen, so dass die Gelenk- fläche mit der Scheidewand oder dem Diaphragma sichtbar ist. Diese Fläche markirt sich durch einen Kreis von Fältchen oder ganz kurzen Riefchen, welche dem Beginn der Rippung an einem Calamitengliede entsprechen, im Abdruck eine elliptische Fläche von 27”® Längen- und 18"%”® Breiten-Durchmesser bilden. Nach innen gehen die Riefchen schnell in die glatte Scheidewand über, nach aussen werden sie von einem glatten etwa 8"" breiten Ringe umgeben, der zu ?/; horizontal gerichtet, zu !/, vertical umgebogen war und an welchen sich dann die Blattscheide anschliesst. Die Blattscheide ist bis auf etwa 10"® Länge geschlossen, ihre Zähne setzen noch 13 — 18" weit fort, doch ist deren äusserste Spitze meist nicht erhalten. Die Scheidenzähne (,/) sind lanzettlich, sehr spitz, Einschnitte ebenfalls spitz. Ein verhältnissmässig breiter Mittelnerv ist vorhanden, aber nicht immer scharf und deutlich erhalten. 8 Zähne sind auf der linken Seite des Stückes bestimmt ausgedrückt, rechts liegt nur noch einer, offenbar waren es eine grosse Anzahl im Quirl. Ueber dem Knoten setzt der Stamm noch fort und wird hier von den angedrückten Scheidenblättern bedeckt. Die dadurch hervorgerufene etwas gerippte Oberfläche ist nicht dem Stamme angehörig. 2. Equisetites mirabilis STERNE. Par 20V TarRıa2 9. Seit meiner letzten Mittheilung über diese Pflanze (Beitr. z. foss. Flora. Steinkohlen-Calamarien, in: Abhandl. zur geol. Specialk. von Preussen Bd. II Heft 1, 1876 S. 133 Taf. XVIII Fig. 2) hat STUR ihr eine längere Auseinandersetzung gewidmet (Beitr. z. Kenntn. d. Flora d. Vorwelt, Bd. I. Die Culmflora. Heft II, die Culmflora d. Ostrauer u. Waldenburger Schichten in: Abhandl. d. k. k. geolog. Reichsanst. Bd. VIII, 1877, S. 63—74 Taf. I und Holzschnitt S. 16), welche ihn dahin führte, den neuen Namen Hleu- terophyllum mirabie für dieselbe aufzustellen, 150 Equisetites mirabilis. [236] Srur glaubt, dass die Blättchen frei, nicht scheidenförmig verwachsen seien, obschon er in der Diagnose von »vaginae», in der Beschreibung von Scheiden spricht. Jedes Blättchen soll ausser- dem ein sitzendes rundliches oder gekerbtes Sporangium tragen, wodurch der ganze Stamm zu einer Aehre wird, die bezüglich der Stellung der Sporangien auf den Blättern nur bei Volkmannia, bei Sphenophyllum und den Lycopodiaceen Analogien fände. Diese Darstellung hat mich veranlasst, die in der Sammlung der geolog. Landesanstalt befindlichen gut erhaltenen Exemplare, deren eines von mir bereits (a. a. O.) abgebildet wurde, einer wiederholten genauen Revision zu unterwerfen, deren Ergebniss ich hier mittheilen will. Die Theile, um welche es sich handelt, sind äusserst zart, theils nur im Abdruck, theils in höchst dünnes Kohlenhäutchen umgewandelt erhalten, daher ist auch eine ganz getreue bildliche Darstellung recht schwer, wie STUR hervorhebt, dessen Abbildungen als sehr gute zu bezeichnen sind. Die von STUR ins Auge gefassten Merkmale sind auch bei unseren Exemplaren recht wohl zu beob- achten, dennoch ist es nicht möglich, die ihnen von STUR gegebene Deutung zu sichern oder in Allem zu bestätigen. Die in Fig. 9 u. 9B von mir gezeichneten Vergrösserungen einiger besonders gut erhaltener Stellen werden dies bekräftigen. Die Glieder des Stammes sind mit etwas breiten gewölbten und welligen Rippen und Rinnen versehen, die in den be- nachbarten Gliedern abwechselnd stehen und dadurch am untersten Ende des Gliedes eine complicirte Biegung der Oberfläche hervor- rufen, weil die Rippe des unteren Gliedes an der nächst höheren Nodiallinie nicht fortsetzt, sondern hier auf eine Rinne trifft und ihre Wölbung sich also mit der Vertiefung darüber ausgleichen muss. Dass dadurch Faltungen der Scheide und ihrer Zähne be- wirkt werden, ist unausbleiblich und in der That findet man diese zum Theil deutlich ausgedrückt. Wie Säulen enden die Rippen («) nach oben in einer Verbreiterung und dieser gegenüber auf der oberen Seite der Nodiallinie (Fig. 9) finden sich zunächst rundlich dreieckige Zeichnungen, sowie dazwischen (Fig. 9B) feine kurze Fältchen. Aehnliche unbestimmte Linien, aber mit constantem Pe [237 ] Equisetites mirabilis. 151 Verlaufe, gehen parallel der äusseren Contour der Scheidenzähne, die dem Blattrande am nächsten gelegene auch am vollständigsten, unvollständige mehr ‚nach unten folgend. Zuletzt endigt die Bogen- zeichnung in einem dunkleren rundlichen oder herzförmigen bis nierenförmigen Flecken, der nach unten öfters ein vorgezogenes Spitzchen zeigt und hier fast gekerbt erscheinen kann. Dieser Flecken macht öfters den Eindruck eines unter dem dünnen Scheidenblatt liegenden besonderen Körpers, der sich durchgedrückt hat und sehr flach gewesen ist: dies sind nach Stur’s Deutung Sporangien. : Die beschriebenen Zeichnungen sind nicht überall zu sehen, kehren aber, wo sie da sind, immer in der gleichen Weise wieder. Die am weitesten nach aussen gelegene bogige Zickzacklinie scheint, wie ich dies schon früher annahm, von einem häutigen Rande des Blattes herzurühren, der nur die Scheidenzähne umgiebt und nur zu ganz geringem Theile in den benachbarten Blättchen seitlich übereinander greift, ohne sich weiter nach unten fortsetzen zu können. Die folgenden parallelen kürzeren Linien sind wohl nur Falten, so dass auch die sich anreihende Sporangien -ähnliche Stelle durch solche Fältelung oder Biegung des Blattes hervor- gerufen sein kann. Danach kann ich die Existenz von Sporangien in dieser Stellung nicht als erwiesen annehmen. Eine Fortsetzung der die Scheidenzähne begrenzenden Linie bis auf den Grund des Blattes habe ich trotz sorgfältigsten Suchens danach nicht entdecken können, sondern vielmehr unter- halb des häutigen Randes der Zähne nur gleichförmig fortsetzende Oberfläche gefunden, wonach ich entschieden das Vorhandensein einer echten Scheide ebenso wie bei Fqwisetites lingulatus annehmen muss: die Blättchen sind nicht frei, sondern scheidenförmig verwachsen. Es liegt dann auch kein Grund vor, diese Pflanze von Equisetites zu trennen, so lange die Frage nach jenen zweifel- haften Sporangien nicht definitiv entschieden ist. III. Gyrocalamus n. gen. Eetypus eylindriceus laevis, tortus, duabus striis latis convewis in spiris obliguis positis einctus. Striarum partem latiorem cicatrices multae eirculares vel ellipticae ornant, spira linea prominente par- allela marginata. Cylindrischer gedrehter Stamm (Steinkern) mit glatter Ober- fläche, von zwei wulstigen Bändern spiralig umkleidet, deren breiterer Theil convex gewölbt und mit zahlreichen auf einander folgenden rundlichen oder elliptischen Narben besetzt ist, an einem (vielleicht dem unteren) Rande durch eine vor- springende Kante besäumt wird, die mit ihrem Bande spiralig ver- läuft, ohne erkennbare Narben zu tragen. Gyrocalamus palatinus n. sp. Taf. IV Fig. 3, 4. Die einzige vorliegende Art, welcher die Diagnose der Gattung zukommt, wird durch ein Stück repräsentirt, das mir durch Herrn Ob.-Bergrath v. GÜMBEL in München mitgetheilt wurde. Es weicht durch die spiralige Windung seines Stammes sehr von allen Oala- marien ab, kann aber vielleicht doch an dieselben angeschlossen werden, da spiralige Drehungen bei gegliederten Pflanzen trotzdem vorkommen, wie wir sehen werden. Der Steinkern (Fig. 3) wird von einem feinkörnigen, gelblich weissen, etwas bräunlichen Sandstein gebildet, der eine fast glatte cylindrische Oberfläche zeigt. Die Zusammendrückung des Stammes ist sehr gering, so dass der Querschnitt die Form von Fig. 4 be- ger Wege [239] Gyrocalamus palatinus. 153 sitzt. Auf der Oberfläche verlaufen 2 Spiralen in Form von 2 wulst- förmig erhöhten Streifen oder Bändern s;ı und s von etwa 10mm Breite, deren in der Aufstellung der Figur unterer Rand %k kantig vorspringt und einer Commissurallinie ähnlich verläuft. An diese schliesst sich mittelst einer leichten Furche ein breiteres Feld, welches convex gewölbt ist und in kleinen Abständen (von etwa 7» der Mittelpunkte) rundliche leicht eingedrückte, nur zum Theil besser erhaltene Narben » trägt, deren grösserer senkrechter Durch- messer etwa 4"" ist. Auf dem halben Umlauf der Spirale mögen wohl 12 solcher Narben gestanden haben. Die Deutung dieses Stückes ist, da andere Details nicht er- halten sind, schwierig und nicht zweifellos. Die Tracht, die Reihe von Narben, ist abgesehen von dem spiraligen Verlauf der letzteren einer Calamarie nicht unähnlich. Es lässt sich daher die Vorstellung rechtfertigen, dass wir es in diesem Falle mit einer abnormen Bildung zu thun haben mögen, welche der bei lebenden Pflanzen vorkommenden Zwangsdrehung entspricht. Als Beispiel hierfür kann Casuarina strieta dienen, bei welcher nach ALEX. BRAUN (Vergl. Untersuch. über die Ordnung der Schuppen an den Tannenzapfen. Schriften der L. C. Ac. d. Naturf. 1830 Taf 34 Fig. 5—7) bisweilen die kreisförmige Stellung der Blätter plötzlich in spiralige übergeht. Unsere Taf. IV Fig. 5 u. 6 sind Copieen der Braun’ schen Figuren. In diesem Falle bleibt die Spirale einfach, während bei Gyrocalamus eine doppelte Spirale, deren horizontale Punkte sich diametral gegenüber stehen, um den Stamm verläuft. Da es nicht möglich ist zu entscheiden, ob der vorliegende Stamm ein Stück einer sonst gegliederten kreisförmig beblätterten Pflanze vorstellt, deren Blattkreise sich hier nur in Spiralen auf- gelöst haben, oder durchweg dieselbe Blattstellung besessen hat, wie das abgebildete Bruchstück, so erscheint seine gesonderte Gattungs-Bezeichnung geboten. Vorkommen. Das Stück ist bei Alben nördlich Cusel in der Rheinpfalz in Lebacher Schichten gefunden und von Herrn v. GÜMBEL mir zu Brenutzung gütigst mitgetheilt worden. B. Calamarien - Fruchtstände. Seit Erscheinen der ersten Beiträge des Verfassers zur fossilen Flora (diese Abhandl. Bd. II Heft 1, 1876), welche den Fructi- ficationen der Steinkohlen-Oalamarien gewidmet waren, sind viele neue und schöne Beiträge zu deren Kenntniss geliefert worden, theils indem man neue Formen auffand, theils dıe bekannten in so manchen Beziehungen besser kennen lernte, theils auch indem man den Zusammenhang der sterilen und fertilen Theile dieser Pflanzen zu beobachten anfing. Es entsteht daher die Frage, ob oder inwieweit die damaligen Darstellungen noch jetzt festzuhalten oder Aenderungen geboten seien. Die hauptsächlichste Aufgabe der nachfolgenden Zeilen wird es nun sein, Rechenschaft von dem . zu geben, was dem Verfasser seither Neues von fremden und eigenen Beobachtungen bekannt geworden ist und dies, soweit erforderlich oder wünschenswerth mit dem Früheren, zu einem Gesammtbilde zusammenzustellen. Die Litteratur, welche seit 1876 hierher Gehöriges gebracht hat, ist in folgenden Schriften enthalten: Graxp’ Eury, flore carbonifere du departement de la Loire et du centre de la France. 1877. H. B. Geiz, Notiz über Annularia longifolia mit Stammstücken und an- sitzenden Aehren von Lugau. Sitz.-Ber. der naturw. Gesellsch. Isis in Dresden. 1879, 8.9. B. Resautr, recherches sur la fructification de quelques vegetaux provenant des gisements silicifies d’Autun et de St. Etienne. Annales des sciences nat. VL ser. Botanique t. III. 1876, S. 8—29, t. 2—4. B. Resaurr, cours de Botanique fossile. II. annee. 1882. F. Römer, Lethaea geognostica. I. Theil. 1880, S. 155 — 163. A. Scuenk, Pflanzen aus der Steinkohlenformation, In: Rıcmruorew’s China, IV. Bd. 1883, S. 211— 244 Taf, 30 — 44. [2 41 ] Fruchtstände. 155 T. Srerzer, palaeontologischer Charakter d. ob. Steinkohlenform. u. d. Roth- lieg. im Erzgebirgischen Becken. VII. Ber. d. Naturwiss. Gesellsch. zu Chemnitz. 1881, S. 155 — 270. (Darin über Annularia longifolia mit Aehren und über Macro- stachya infundibulifermis.) Ders., über die Fruchtähren von Annularia sphenophylloides Zenk. sp. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1832 S. 685 Taf. 23. — Dazu Nachtrag, 1883 S. 203. D. Srur, Ist das Sphenophyllum in der That eine Lycopodiacee? — Jahrh. der k. k. geolog. Reichsanst. Wien 1877, 27. Bd. (Hierin Mittheilungen über mehrere Calamarien - Fruchtgattungen.) D. Srur, die Culmflora der Ostrauer und Waldenburger Schichten. Abhdl. der k. k. geolog. Reichsanst. Bd. VIII. 1877. Ders., zur Morphologie der Calamarien. Sitz.-Ber. der Akad. der Wiss. in ‘Wien. 83. Bd., I. Abth., Mai 1881, S. 409 — 472. E. Weiss, über neuere Untersuchungen an Fructifieationen der Steinkohlen- Calamarien. Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1877 S. 259. Ders., Notiz über Aehren an einem Calamiten befestigt. Zeitsch. d. Deutsch. geol. Ges. 18379 S. 428. Ders., Beoachtungen an Calamiten und Calamarien. N. Jahrb. für Miner. 1881, I, S. 272. | W.C. Wirrrauson, on the organisation of the fossil plants of the coal-mea- sures, Part IX, 1878. Philosoph. transact. of the Royal Society, Part Il. (Hierin Calamites, Asterophyllites, Volkmannia?.) Ders., Part X, 1880. (Hierin Calamostachys Binneyana, S. 502 t. 15 f. 13 bis 15.) Ders., Part XI, 1881. (Desgl. Calam. Binneyana, t. 54, f. 23— 27, S. 298.) R. Zeit er, vegetaux fossiles du terrain houiller de la France. Explication de la carte geolog. de la France, tome IV, 1880. (Nur Macrostachya carinata hierin.) Die Entdeckung der Existenz von Macro- und Microsporen bei mehreren Beispielen der Steinkohlen-Oalamarien, welche ver- schiedenen Gattungen derselben angehören (s. S. 6 Anmerk.), ist von weit hervorragender Wichtigkeit. Man hat bereits die Ver- muthung hieran geknüpft, dass alle Steinkohlen-Calamarien hete- rospore gewesen seien und erst die jüngeren isospore Equisetaceen wurden. Der Ausbau aber dieser Erkenntniss ist den fortgesetzten Beobachtungen anheim zu geben. An Fruchtgattungen konnten bisher zunächst solche fest- gehalten werden, welche gestielte Receptakeln zeigen, und bei denen die Sporangien an Trägerstielchen im Kreis befestigt, abwechselnd mit Bracteenwirteln gestellt sind. Bricht das Träger- säulchen aus dem Aehrengliede zwischen je 2 benachbarten sterilen Blattkreisen hervor, entfernt von beiden, so hat man den ersten 156 Fruchtstände. [242] Typus, der durch die Gattung (alamostachys vorzugsweise reprä- sentirt wird, an welche ich noch (]. c.) Stachannularia und eine Macrostachya anschloss. Entspringt jedoch das Säulchen aus dem oberen Deckblatt- winkel am Grunde des Achrengliedes, so entsteht der zweite Typus: Palaeostachya, die dem äusseren Habitus nach sowohl Calamostachys als Macrostachya ähnlich sein kann. Eine Sporangien tragende Scheibe am oberen Ende des Aehren- gliedes unter dem Deckblattwirtel bildet den dritten Typus: Cin- gularia, woran sich Huttonia anzureihen schien. Dagegen wurden Fälle, wo die Sporangien ohne Träger- stielchen in den Deckblattwinkeln sitzen, ganz wie bei Spheno- phyllum als ein vierter Typus: Volkmannia unterschieden, der jedoch vielleicht ebenso wenig als Sphenophyllum zu den eigent- lichen Calamarien zählen sollte. Für die endgiltige Unterscheidung von Gattungen ist die Kenntniss dieser Merkmale erforderlich. Indessen muss man oft genug auf deren Beobachtung verzichten, so dass man noch eine Bezeichnung für die unvollständiger bekannten Fälle bedarf. Para- calamostachys war vorgeschlagen für solche, die dem Habitus nach wahrscheinlich zu Calamostachys zu rechnen wären, deren Träger- säulchen jedoch noch unbekannt sind. Auch manche Maerostachya sowie Huttonia blieben in dieser Beziehung noch fraglich, als jene Aufstellung erfolgte. Mit vorstehender Nomenclatur ist die von einigen anderen Autoren gewählte leider nicht in Uebereinstimmung. Die Bezeich- nung nach RENAULT, der auch Srtur sich anschloss, würde die sein, dass Calamostachys inel. Stachannularia —= Brukmannia Ben. (nec STERNBERG) und Palaeostachya — Volkmannia Wen. (nee STERNB.). Da aber, wie ich gezeigt habe, die Namen Brukmannia sowohl als Volkmannia für ganz ungleiche Dinge angewendet worden sind, so sollte man sie nicht länger gebrauchen und auf neu eingeführte Begriffe übertragen. Es würde keine Schwierigkeit haben, viel- mehr nach den neueren Erfahrungen sich sehr empfehlen, Calamo- stachys und Stachannularia in eine Gattung zu vereinigen, so dass [243] Fruchtstände. 157 letztere nur eine Section der ersteren darstellte, für welche dann allein der SCHIMPER’sche Gattungsname übrig bliebe. Auch Volk- mannia ist, weil zum Theil und zwar zuerst auf sterile Theile angewendet, entweder ganz zu streichen oder so zu beschränken, wie es oben angegeben wurde. Es scheint, dass die Mehrzahl der vorkommenden Calamarien- ähren sich in diese beiden Hauptfälle der Calamostachys und Palaeo- stachya theile. Einige Fälle mit besonderem eigenthümlichen Bau lassen sich anreihen, sei es, dass man sie mit den genannten Gattungen ver- einigt oder als selbständige abtrennt. RENAULT beschreibt die auf- fallendsten derartigen Beispiele in seiner Brukmannia (Calamo- stachys) Grand’ Euryi und Decaisnei, welche durch eine Lamelle, die sich zwischen Trägersäulchen, Aehrenaxe und nächst höherem Deckblatt ausspannt, ausgezeichnet sind. SCHENK glaubt diese jedenfalls als besondere Gattung auffassen zu müssen; ich möchte dagegen diese Lamelle mit der weniger entwickelten rosendorn- förmigen Verbreiterung der Sporangiophoren mancher Aehren von Stachannularia, sowie mit den Anhängseln an den Bracteen bei Calamostachys mira vergleichen, und daher jene REenaurr’schen Aehren bei unseren Calamostachys belassen. Eine etwas andere Befestigungsweise der Sporangiophoren schreibt GrAanp’ Eury seiner Volkmannia pseudosessilis zu, nämlich die hakig nach unten gebogenen Säulchen aus dem äusseren Blatt- winkel unter dem Deckblatt entspringend. SCHENK glaubt Aehn- liches bei Aehren von Oelsnitz, die er zu Annularia brevifolia Brongn. zieht, gesehen zu haben. Wenn dieser Fall nicht etwa von ähnlichen rosendornförmigen Trägern herrührt, wie es bei Stachannularia vorkommt, so müsste hier wohl eine eigene Gattung vorliegen. Auch an Palaeostachya schliessen sich eigenthümliche Fälle an. Huttonia spicata Sternb. besitzt eine Organisation, welche später beschrieben werden wird und sie vermöge der aus dem inneren Bracteenwinkel hervorbrechenden Sporangiophoren an Palaeostachya anreiht, wovon sie durch Scheiben unter den Deckblattkreisen, die mit ihnen verwachsen sind, verschieden bleibt. Bis auf diese Scheiben 158 Fruchtstände. [244] gleichen die Huttonia- Achren den sogenannten Macrostachyen, von denen aber ein Theil sich als Palaeostachya, eine dagegen (Maer. Solmsi) als Calamostachys herausgestellt hat. Man kann geneigt sein, wegen der Stellung der Sporangienträger Huttonia, Palaeostachya und Macrostachya (deren Mehrzahl) in eine Gattung zu vereinigen; indessen glaube ich bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse besser Huttonia getrennt von Palaeostachya zu lassen und Macro- stachya nur für solche Aehren zu verwenden, über deren Sporan- giophoren man noch nichts Näheres weiss. Was freilich RENAULT als Eqwisetites (Macrostachya al. aut.) infundibuliformis beschreibt, ist durch fehlende Sporangiophoren und je ein grosses auf das Deckblatt gelagertes Sporangium hiervon jedenfalls sehr abweichend (REn., recherches t. 4 f. 19— 23) und mit Palaeostachya nicht zu vereinigen, sondern eher Volkmannia oder selbst Bowmanites ver- wandt. Unter den Ansichten über die Gruppirung der Fruchtgattungen der Oalamarien ist auch die hervorgetreten (s. RENAULT, cours de Botan. foss. II), dass sie sich nach den Gattungen Asterophyllites und Arnularia scheiden. Jener sollen die Palaeostachyen (Volk- mannien Ren.) entsprechen, dieser die Calamostachys ( Brukman- nien Ren... Auch SCHENK neigt dieser Anschauung zu. Dafür lässt sich geltend machen, dass gerade die neueren Entdeckungen von noch verbundenen sterilen und fertilen Theilen dieser Pflanzen gezeigt haben, dass 3—4 Annularien-Arten wirklich Aehren mit der Organisation von Calamostachys (incl. Stachannularia) besitzen, so dass zusammengehören: Annularia longifolia mit Stachannularia tuberculata (nach GEINITZ und STERZEL), Ann. ramosa (radiata Aut.) mit Calamostachys ramosa (s. oben Sal); Ann. sphenophylloides mit Stachannularia cf. calathifera (nach STERZEL), Ann. brevifolia Brongn. (cf. sphenophylloides) mit (alamostachys (Volkmannia?) cf. pseudosessilis Grd. Eur. (nach SCHENK, indessen ist der Zusammenhang dieser Theile der Abbil- dung nach freilich noch nicht sicher gestellt). [245] Fruchtstände. 159 Auf der anderen Seite werden Palaeostachya- Arten als mit Asterophylliten zusammengehörig betrachtet. Hier fehlt es noch sehr an guten, unzweifelhaften Beobachtungen. Palaeost. elongata Presl sp. lässt, wie ich gezeigt habe, an seinen Stengeltheilen nur ganz ungenügende Spuren von Blättern wahrnehmen und andere Angaben der Zusammengehörigkeit beruhten bisher nur auf An- nahmen. Im beschreibenden Theile werden wir weiter unten bei Palaeostachya pedunculata auch Asterophylliten - Beblätterung be- merken. Dagegen giebt es andere Fälle, welche die Vermuthung - der ausschliesslichen Zusammengehörigkeit von Asterophyllites und Palaeostachya widerlegen. oder doch unwahrscheinlich machen. Schon jener Zweig mit endständiger Macrostachya Solmsi (M. in- Fundibuliformis var, Solmsi, Steink. Cal. 1876 Taf. 18 Fig. 3) zeigt Asterophyllitenblätter; die meisten anderen beblätterten Stengel, welche gleichzeitig ährentragend gefunden wurden, haben aber an den Aehren nicht deren Zugehörigkeit zu Calamostachys oder Pa- laeostachya erkennen lassen. Indessen werden wir jetzt (s. unten) für Calamostachys paniculata sowie Ü. longifolia die grösste Wahr- scheinlichkeit für die Zusammengehörigkeit auch mancher Astero- phylliten und Calamostachys beibringen können. — Endlich ist aber noch darauf zu verweisen, dass auch Cingularia asterophylliten- artige Zweige hat, ebenso wie Dowmanites nach BinNEY. Wir können daher einer solchen Unterscheidung von Astero- phyllites und Annularia auch nach den Fruchtähren, wie wir sie bei RENAULT finden, um so weniger zustimmen, als die Unter- schiede in den anatomischen Verhältnissen im Uebrigen nach RENAULT selbst minimale sind (cours II S. 143). Stamm und Zweige besitzen bei beiden Gattungen Gefässbündel, welche analog den Equiseten mit einem hohlen Canale verbunden und kreisförmig um den weitmaschisen Markcylinder gestellt sind, entwickelter bei Asterophyllites als bei Annularia. Die Rinde bei jener dicker als bei dieser. Wir müssen dazu bemerken, dass dagegen WILLIAMSON die Anatomie der Asterophyllitenzweige hiervon wesentlich ver- schieden angiebt, indem er sie ganz oder nahezu übereinstimmend mit der von Sphenophyllum findet und ihnen einen 3seitigen cen- tralen Holzkörper zuschreibt. RENAULT vermuthet daher wohl mit 160 Fruchtstände. [246] Recht, dass die von WILLIAMSON untersuchten Stengelreste min- destens zum Theil Sphenophyllum angehört haben möchten. Möglich wäre auch, dass Manches von dem, was man Asterophyllites zu nennen pflegt, mit einnervigen ungetheilten Blättern, anderen Gat- tungen entstammte. Keinenfalls entsprechen diesen Unterschei- dungen auch jene bei den Fruchtähren zu machenden, und wir finden insbesondere für Calamostachys nicht ausschliesslich Annu- larienbeblätterung und nicht für Palaeostachya allein die Blattform der Asterophylliten. Noch weniger würde, wenn man eine solche Vermuthung hegen sollte, sich bestätigen, dass für Calamites nur die eine oder andere Fruchtform gelte, oder dass die einen nur baumförmige, die anderen nur krautartige Gewächse gewesen seien. Auch bezüglich des Aehrenstandes könnte man Gattungs- verschiedenheiten vermuthen, die sich hierauf gründeten. Indessen lehrt die nachstehende Uebersicht, dass dieser Charakter nicht immer constant ist. Man kennt bei Stachannularia tuberculata quirlförmigen Aehrenstand, wie bei Aphyllostachys (Göpp.), die freilich nicht blattlos ıst. Aehrenstiel eingliederig. Die Lugauer Exemplare scheinen aber weniger Aehren im Kreise besessen zu haben als die von Ilmenau von mir be- schriebenen. Auch Stachannularia cf. calathifera (Annularia sphenophylloides) hat mindestens 2 (vielleicht 4?) an den Gliederungen des Stengels stehende Aehren mit eingliederisem Stiel. Sehr regelmässig rispenförmige Aehrenstände finden sich bei Calamostachys paniculata, longifolia, Ludwigi, germanica; Para- calamostachys rigida, polystachya; Palaeostachya pedunculata, gra- eilima. Unregelmässige Rispe, die sich mit einzelnen endständigen Aehren an mehrfach gegliederten und beblätterten Endzweigen mischen, bei Calamostachys ramosa (zu Annularia ramosa), Palaeo- stachya elongata. Wohl ebenso bei Paracalamostachys (Asterophyllites) striata, wo rispenförmige und einzelne endständige Aehren vorkommen. 2 47] Fruchtstände. 161 Zerstreut am Stengel oder Stamm stehen Palaeostachya arbo- rescens (diese meist auf eingliedrigem Stiel, jedoch manchmal auch auf vielgliedrigem Zweig endständig), Huttonia spicata, Cingularia typiea. Nur endständig auf beblättertem vielgliedrigem Zweige ist gefunden Calamostachys Solmsi. Die anderen Arten sind ihrem Verhalten nach ın dieser Be- ziehung noch unbekannt. Die hier erörterten Erwägungen führen uns jetzt zu folgender Uebersicht der Gattungen nach Fructificationen. 1. Die Sporangiophoren sind Säulchen, welche, wohl meist indem sie sich an der Spitze schildförmig erweitern, die Sporangien tragen. Calamostachys: Säulchen aus der Aehrenaxe in dem Zwischen- raume zwischen zwei benachbarten Deckblattkreisen, entfernt von diesen entspringend und senkrecht abstehend. Typus Stachannularia: Aehrenaxe dick, hohl, Trägersäulchen manchmal nach oben sich rosendornförmis in eine Lamelle er- weiternd. Typus der ©. Grand’ Ewryi und Decaisnei: senkrechte La- melle zwischen Trägersäulchen, Aehrenaxe und dem nächst höheren Deckblatt ausgespannt, auch noch unter das Säulchen herabgehend. Typus der Eucalamostachys: Trägersäulchen frei, ohne lamellare Erweiterung. Palaeostachya: Säulchen aus dem Deckblattwinkel oder dessen unmittelbarer Nähe entspringend, schief aufsteigend. Typus der P. elongata: Aehren kleiner, Bracteen locker, Ha- bitus von Calamostachys. Typus der P. arborescens: Aehren gross, Bracteen gedrängt, Habitus der Macrostachyen oder Huttonien. Huttonia: unter dem Bracteenwirtel noch eine Scheibe als Anhängsel, steil abstehend oder etwas abwärts gerichtet, zum Theil mit dem Bracteenkreis verwachsen. 11 162 Fruchtstände. [24 8] 2. Die Sporangiophoren werden durch eine eingeschnittene flach ausgebreitete Scheibe unmittelbar unter dem sterilen Blatt- kreise gebildet und tragen auf der Unterseite Sporangien: Einzige Gattung Cingularia. 3. Sporangiophoren unbekannt: Paracalamostachys, vom Typus der Calamostachys. Macrostachya, grosse Aehren, vom Typus der Huttonien. Den obigen Gattungen kann man vielleicht noch hinzufügen: 4. Aehren mit fehlenden Sporangiophoren: "olkmannia und Sphenophyllum, Sporangien im Blattwinkel sitzend, einzeln. Die Anatomie von Sphenophyllum ist in vielen Stücken abweichend von Calamarien. - 5. Noch fraglicher Bowmanites, mehrere Sporangien auf jedem Deckblatt sitzend. 6. Pothocites, wohl Verläufer von Phyllotheca, nach WILLIAM- son!) viele Kreise von Sporangien auf der Aehrenaxe zwischen je zwei Bracteenwirteln befestigt, wie eine durch sterile Blattkreise und Quergliederung unterbrochene lange Equisetumähre erscheinend, anscheinend jedoch ohne Sporangiophoren. — Nach Kıpston?) der Fruchtstand zu Archaeocalamites. Hierzu sei noch bemerkt, dass man, wenn man es vorziehen sollte, die Reste, welche hier unter der Benennung Paracalamostachys und Macrostachya aufgeführt sind, auch unter die vorausgehenden fraglich vertheilen könnte, demgemäss die erstere Bezeichnung durch Calamostachys (2), resp. Palaeostachya (2), die zweite durch Palaeostachya (2) resp. Huttonia (2) ersetzen könnte. ') Royal Institution of Great Britain, 16. Febr. 1883, on some anomalous Oolitie und Palaeozoie forms of Vegetation, p. 9, Textfigur. — Vergl. N. Jahrb. für Miner. ete. 1884, 1. Bd. 8.297. — Referat nebst Figur und Bemerkung S. 205. 2) S. oben $. 144. I. Calamostachys Scrme. Erste Reihe: Kucalamostachys. Sterile Zweige mit Astero- phylliten-Beblätterung oder unbekannt, Aehren mit typischer Cala- mostachys-Organisation. 1. Calamostachys Ludwigi CARRUTH. sp. ERS DIT 2° Bar XXX Ries 1 822 Tar ROXTI RR Bereits in meinen früheren Beiträgen zur fossilen Flora (diese Abh. Bd. H, 1876 S.38 u. 139) habe ich eine Beschreibung der von LupwiIG als Calamitenfrüchte bezeichneten Versteinerung im Spatheisenstein von Hattingen a. d. Ruhr gegeben. Das inzwischen in den Besitz der geologischen Landesanstalt übergegangene Stück ermöglichte dessen weiter fortgesetzte Untersuchung, deren Ergeb- nisse auf den Tafeln 22—24 zur bildlichen Darstellung gebracht wurden. Die nachstehenden Angaben sollen diese erläutern, wobei auf die vorhin erwähnte Beschreibung zu verweisen ist. Das Stück von Hattingen zeigt auf zwei entgegengesetzten Seiten die Aehren im Längsbruch, auf zwei anderen im Querbruch. Fig. 1 u. 2 auf Taf. XXII sind die Ansichten der beiden Längs- brüche (den Fig. 1 u. 2 bei Lupwie entsprechend), Fig. 3 u. 4 die- jenigen des oberen und unteren Querbruches (entsprechend in um- gekehrter Folge den Fig. 4 u. 3 bei Lupwı6). Die gleich numerirten Theile in jeder Figur geben die Lage der gleichen Aehren auf den Gesteinsflächen an. Die Aehren sind sämmtlich unvollständig erhalten, nur an der Aehre No. 4 in Fig. 2 ist die Basis mit dem etwas gebogenen Aehrenstiele sichtbar, die Spitzen fehlen allen Exemplaren. Am besten im Längsbruch sind 1, 4, 7 erhalten; die mit a bezeichnete le 164 Calamostachys. [250] Stelle der Aehre 1 habe ich in Fig. 5 vergrössert wiedergegeben. Hier ist auch die wenig gestreifte Aussenseite der Axe zu sehen, an derselben die deutlich markirte Quergliederung, welche durch die vorspringenden Bracteen bewirkt wird, während ım Innern (oberer Theil der Figur) diese Quergliederung nicht hervor- tritt. Der horizontale Theil der Deckblätter d (Fig. 5) ist oft ge- spalten und ihre obere und untere Fläche giebt im Längsbruch getrennt verlaufende Linien. Der aufrechte Theil überragt kaum oder berührt nur die Basis des nächst höheren Bracteenwirtels. Die Rosetten, welche der untere horizontale Theil der Deck- blätter im Querbruch hinterlassen,. und zwar sowohl im Abdruck der Unterseite (Fig. 3) als in dem ihrer Oberseite (Fig. 4), zeigen eine eigenthümliche federförmige Streifung der Blattfläche, welche schwach convergirend gegen den stets deutlichen Mittelnerv ge- richtet ist, so wie es Fig. 8 in mässiger Vergrösserung zeigt. Diese Streifung erstreckt sich, wenngleich weniger deutlich, auf den nach oben gerichteten Theil der Bracteen. Die einzelnen Bracteen finde ich überall bis auf einen schmalen Umkreis unmittelbar an der Axe von einander getrennt, so dass ich sie als bis auf den Grund getheilt und frei annehmen möchte. Als Anzahl der Bracteen im Kreis habe ich nach den best- erhaltenen Wirteln schon in der früheren Abhandlung 12—16 nach- gewiesen, das Maximum ist in Fig. 8 angenommen worden. Die Trägersäulchen 2 (Fig. 5, 6) kommen zwar meist nicht ganz vollständig zum Vorschein, besonders vermisst man gewöhn- lich die an ihrer Spitze sich ausbreitende Scheibe; aber sie ist mehrfach angedeutet, auch besonders in Querschliffen wiederholt recht vollständig beobachtet worden, wie ich in Fig. 6 gezeichnet habe. Meist erscheint der Träger als hohles Röhrchen im Gestein, weil die organische Substanz verloren gegangen und nicht petri- fieirt ist, aber öfters ragen in den Hohlraum noch von der Aehren- axe aus zapfenförmige Stäbchen hinein, welche den Rest der ver- steinerten Masse darstellen (Fig. 4). Die Sporangien (s. Fig. 6) von länglich eiförmigem Umriss im horizontalen Durchschnitt sind nicht immer scharf kenntlich, was [251] Calamostachys. 165 von der Richtung des Aufbrechens der umschliessenden Gesteins- masse abhängt, doch häufig sehr gut erhalten. Ihre Hülle ist ver- kohlt und verhältnissmässig dick; ist aber die organische Substanz verschwunden, so wird oft nur der innere und äussere Abdruck sichtbar und der letztere umgiebt die innere Contour concentrisch, mantelförmig, was LuDwIG zu der Auffassung eines die Sporangien gemeinschaftlich umgebenden Schlauches geführt hatte. Das Ver- hältniss ist das in Fig. 6 wiedergegebene. Zwischen 2 benachbarten Sporangien bleibt manchmal eine Lücke, wie in der Figur unten rechts, in welchem Falle die Aussenfläche der Sporangien ent- blösst wird. — Lupwie hatte 5 Träger im Kreis angenommen, wir sehen indessen, dass es 6 waren, wie auch Fig. 6 angiebt. Hierin unterscheidet sich unsere ©. Ludwigi nicht von Binneyana. — Die Sporangien stehen zu 4 um jeden Träger, und zwar in der Stellung wie Fig. 7 im Querbruch vergrössert zeigt: bei verticaler Aehrenaxe je 2 Sporangien horizontal neben und je 2 vertical über einander. Weitere Aufschlüsse ertheillen mikroskopische Dünn- schliffe, deren mehrere von dem Stück angefertigt wurden. Die anatomische Structur ist sehr gut erhalten, wo die Versteinerung wirklich stattgefunden hat; wo diese fehlt oder wo starke Um- wandlung in Kohle eingetreten, ist natürlich die Erhaltung mangel- oder lückenhaft )). Taf. XXIH Fig. 1 giebt in 16facher Vergrösserung das Bild eines Querschliffes durch eine Aehre und zwar ungefähr in der Höhe der Sporangiophoren. Der Schliff ist nicht völlig recht- winklig zur Axe, daher enthält er nur einen Träger und auch diesen nicht vollständig. Die Axe « mit Mark, Holzkörper und Rinde d nimmt den centralen Theil ein, bei £ ein Sporangienträger angedeutet. 12 Sporangien sp, meist von Eiform im Durchschnitt, umgeben im Kreis die Axe und berühren sie zum Theil, ganz in D) Die von mir hergestellten Schliffe sind zu dick, als dass sie die Zellen in scharfen Linien sehen liessen; da die Schliffe etwas schief gehen, erscheinen alle Zellenwände sehr dick und schwarz, das Lumen viel zu klein, weil die Wandungen in undurchsichtige Kohle umgewandelt sind. 166 Calamostachys. [252] mineralische Substanz eingebettet. Weiter nach aussen stellen sich viele Lücken ein, doch sieht man noch die Stellen «x, wo die Bracteen des nächst tieferen Kreises getroffen sind. Die Axe der Aehre ist in Taf. XXIV Fig. 1 stärker (70fach) vergrössert dargestellt. Der innerste Theil des Markcylinders, a, ist durch Spatheisensteinmasse ausgefüllt, nur der äussere Theil desselben, 5, hat sich noch erhalten und stellt ziemlich weite poly- gonale Zellen vor. Der Holzkörper c ist deutlich dreiseitig im Querschnitt mit abgestumpften Kanten. Diese Form ist nicht bei allen Dünn- schliffen in gleicher Deutlichkeit vorhanden, bei anderen sehr ver- wischt, fast rund. Ich habe 3 Schlifte mit je 2 Aehrenschnitten. Die Elemente des Holzkörpers sind entschieden radial gestellt; ihre Verbindung mit dem Markkörper geht aus Fig. 2 derselben Tafel hervor (120fach vergrössert), wo 5 und c dieselbe Bedeutung haben wie vorher. Ein Längsschliff, welcher wegen Kleinheit des Holzkörpers und dessen unvollständiger Erhaltung schwer und nicht ganz genügend herzustellen ist, hat doch die Existenz von Tracheiden ergeben. Der Holzkörper wird von weitzelligem Parenchym umgeben, d, welches die dicke Rinde bildet, indessen ziemlich rudimentär erhalten ist. Man kann im unteren Theile der Figur besonders 3 Lagen bemerken, die von späthiger Mineralmasse unter sich und von c getrennt werden. Dicht am äussersten Rande stellen sich viele Lücken ein, doch ist die Grenze der Oberfläche meist scharf kenntlich. Der Träger t ist hier nur auf eine kurze Strecke noch er- halten, in anderen Schliffen vollständiger, und es konnte während des Schleifens gut beobachtet werden, dass die Spitze sich stets scheibenförmig ausbreitet und über die Sporangien legt. Meist ist die Substanz des Trägers verschwunden und seine Form aus dem Hohlraume zu entnehmen, der einen scharfen Abguss des Trägers liefert. Der Kreis der Sporangien sp ist in Taf. XXIII Fig. 1 am vollständigsten wiedergegeben. Man sieht daraus, dass ihre Form etwas variirt, zum Theil durch Unregelmässigkeiten, wie Ein- | | [253] Calamostachys. 167 schnürungen (neben £ rechts) oder Aussackungen (unten rechts). 2 solche Sporangien sind auf Taf. XX1V Fig. 3 und 4 (70fach vergrössert) dargestellt. Die Wand dieser Kapseln ist aus nur einer Lage von Zellen gebildet, im Durchschnitt fast rechtwinklig erschei- nend, zahlreich. Nicht selten kann man die Oberfläche der Wandung selbst sehen, wie schon an der Aussackung in Fig. 3 rechts unten, weit besser aber in Fig. 4. Es sind gestreckte prosenchymatische Zellen, deren Grenzlinien sehr fein, aber mit einer eigenthümlichen, schwer aufzuklärenden, constanten Zeichnung verbunden sind, die für sich allein in Fig.5 wiedergegeben wurde. Auf der Contour der Zelle stehen stärkere kurze gebogene schwarze Querlinien oder Querleist- chen etwa senkrecht, treffen in den benachbarten Zellen meist auf ein- ander; seltener alterniren sie und verbinden sich oft zu geschlosse- nen Räumen, die perlschnurartig oder wie an einander gereihte kleinste Zellen die Wandungen der grösseren Zellen entlang laufen. Da dieselben nicht von Verdickungen der Membran herrühren, bleibt ihre Bedeutung problematisch. Diese Zeichnungen nehmen ihren Anfang schon in dem Querschnitt der Sporangienwand, welche auf Taf. XXIII Fig. 2 von zwei benachbarten Sporangien besonders dargestellt wurde und welche in Taf. XXIV Fig. 3 bei » (oben) Verzweigung erkennen lässt. Weniger vollständig, doch ähnlich hat Wirtıauson diese Erscheinung bei Calamostachys Binneyana gesehen (organ. etc. Part V, 1873 Taf. VI Fig. 39). Die Sporangien sind von Sporen erfüllt (Macrosporen), welche oft in grosser Anzahl zusammenliegen. Sie sind kuglig, bisweilen ein wenig dreiseitig, womit die Andeutung dreier Riefchen über- einstimmt, welche nicht selten sich bei ihnen zeigen und die kugelig- tetraödrische Gestalt derselben beweisen. In Fig. 3 auf Taf. XXIII sind 2 Sporen stark vergrössert (180fach) gezeichnet. Sehr oft sind die Sporen mit einer mineralischen, mehr oder weniger concen- trischen Hülle umgeben, die den Anschein einer sehr dicken Mem- bran erzeugen kann, welche es jedoch nicht ist. Die Bracteen in Taf. XXIII Fig. 1 sind nur zum Theil soweit erhalten, dass man den Umriss ihres Querschnittes, und zwar diesen an den kleinen Zellen verfolgen kann, welche die 'äusserste Schicht bilden. 168 Calamostachys. [254] In sehr wesentlichen Punkten stimmt unsere Calamostachys mit der von (©. Binneyana nach WILLıAmSON überein, doch ist Einiges, wie die Dimorphie der Sporen, hier nicht festgesetzt, der Holzkörper der Axe aber mit seinen centrifugalen Elementen be- sonders bemerkenswerth. Mit den in Spatheisenstein umgewandelten Aehren von Hat- tingen darf man, was die Art anbelangt, wohl gewiss auch solche identificiren, welche nur in Abdrücken erhalten sind und dann auch von den Sporangialkreisen nichts oder wenig erkennen lassen. Dahin gehört die auf Taf. XVIll Fig. 2 abgebildete Aehrenrispe von Grube Hibernia bei Gelsenkirchen in Westphalen. Dieses schöne Stück hatte bereits v. RÖHL in seiner Stein- kohlenflora von Westphalen (Palaeontogr. 18. Bd. 1869 S.19 Taf. VII Fig. 1) unter dem Namen Volkmannia elongata beschrieben und abgebildet. Allerdings ist die Aehnlichkeit der einzelnen Aehren mit der Prest’schen Art nicht unbedeutend, wenn man auf die Beobachtung der Sporangiophoren verzichten muss. Indessen sind bei Palaeostachya (Volkm.) elongata PRESL die Aehren bedeutend länger, die Bracteen mehr bogig, am Grunde nicht so flach aus- gebreitet wie bei Cal. Ludwigi, auch wohl etwas weniger breit; die Stellung ist ausserdem bei jener unregelmässiger als bei dieser. Palaeostachya pedunculata würde in Manchem unserer Pflanze noch näher kommen, ist aber ebenfalls generisch verschieden. Das Exemplar ist mit einem grossen Theile der Sammlung des Herrn von RÖHL in den Besitz der geologischen Landesanstalt übergegangen. Es war in der Absicht, es besser zu conserviren, von dem früheren Besitzer dick mit Firniss überzogen, dadurch aber leider ganz unkenntlich geworden. Nach Entfernung dieses Ueberzuges mittelst Aether und Weingeist hatte das Stück zwar etwas gelitten, war aber nun wieder der erneuten Untersuchung zugänglich, die wegen mehrfacher Abweichungen der Rönr’schen Figur vom Original nothwendig geworden war. Die zunächst folgende Beschreibung möge durch unsere er- neute Abbildung unterstützt werden. Das Rispenstück hat 24°m Länge und trägt eine Menge von Aehren, die sich auf 6 Gliederungen vertheilen, und zwar so, dass man wohl überall je vier der- [255] Calamostachys. 169 selben anzunehmen hat. Eine endständige Aehre schliesst die ganze Rispe ab. 6) Die Axe wird von einem dünnen Zweige von 3" M Breite gebildet, dessen längs- gestreifte Glieder oben 31, unten 46®M Länge besitzen und an den Knoten bis- weilen ganz wenig angeschwollen sind. Die Aehren werden an ihrer Insertion von schmalen Blättern gestützt; diese sind aufwärts gebogen, einnervig, reichen wohl bis gesen die Hälfte oder ein Drittel der nächsten Aehre. Aehren kurz gestielt, nur ein Stielglied, das dünn und gleich stark (nicht verdickt, wie RöuL zeichnete) ist, wie auch die Aehren- axe. Aehren (ohne Stiel) bis 67mm und darüber lang, aber auch kürzer; Aehren- glieder Um Jang, eine vollständig erhaltene Aehre zählt 17 Bracteenquirle. — Bracteen bogig, aufwärts gerichtet, lanzettlich, spitz, den nächsten Wirtel bis zur Hälfte bedeckend. Von Sporangiophoren ist nichts, von Sporangien nur hie und da ein ver- einzeltes rundes, zum Theil losgelöstes und aus der Aehre gefallenes Körperchen (s) zu entdecken von 1,5" Durchmesser und fein erhaben punktirt. Vorkommen. (Calamostachys Ludwigi dürfte eine der häufige- ren Arten sein; sie ist aber bei mangelhafter Erhaltung besonders mit Palaeostachya pedunculata leicht zu verwechseln. (Calamost. typica SCHIMPER ist wohl mit unserer Art zu vereinigen. Sie liegt auch von Örzeche in Ober-Schlesien vor (SACHSE ded.). 2. Calamostachys Binneyana Scaime. Taf. XXI Fig. 7. Was Binney als Frucht von Calamodendron commune publi- cirte, dann von CARRUTHERS mit dem Namen Volkmannia Binneyi belest wurde, erhielt von SCHIMPER (1869) den vorstehenden besser klingenden Namen. Es scheint aber nicht Alles, was in England so benannt wurde, der gleichen Species anzugehören, da nach Angabe von WILLIAMSON auch Reste wie Taf. XXII Fig. 9 mit gleichem Namen belegt werden. Für Vergleich mit den bei uns vorkommenden Calamostachys dürfte daher die auf Taf. XXI Fig. 7 gegebene Abbildung eines Exemplars der echten Calamostachys Binneyana von Werth sein, welche mir durch eine Ansichtsendung von Herrn WILLIAMSoN ermöglicht wurde. Das kleine Bruchstück, welches nur 9 Blattquirle umfasst, ist mit der Spitze 11” lang, 4”" breit. Axe 1" breit, Glieder 1,25" hoch. Der horizontale Theil der Bracteen ist fast 2”" lang; sie biegen dann vertical um und reichen mit den Spitzen etwas über 170 Calamostachys. [256] den nächsten Wirtel hinaus. Die Fruchtträger sind 1,2—1,3"”" lang, an der Basis etwas verbreitert, an der Spitze schildförmig; Spo- rangien bis 1" längsten Durchmesser. Der oberste Blattkreis ist noch halb geschlossen, die Blatt- spitzen sind weggebrochen. Es sind 6, vielleicht auch mehr Blätt- chen im Halbkreis. Nach Wırrıamson’s mikroskopischen Schliffen sind die Deckblätter an der Basis scheidenförmig verwachsen, was an dem vorliegenden Exemplare nicht festgesetzt werden konnte. Zwischen dem 2. und 3. Blattquirle von oben sind die zu 4 grup- pirten Sporangien zu sehen, welche eine sternförmige Zeichnung veranlassen. In vielen Stücken ist Calamostachys Binneyana der 0. Lud- wigi ähnlich, ist aber viel kleiner, die Deckblätter sind am Grunde scheidenförmig verwachsen, mindestens auf ein viel grösseres Stück als bei ©. Ludwigi. — Schon aus Binxey’s schönen Figuren weiss man, dass die Sporangiophoren zu sechs im Kreise standen. Das abgebildete Stück stammt wie andere von den englischen Autoren untersuchte Stücke aus dem unteren Theile der coal-measures von Oldham in Lancashire. Nach Bınxer und brieflichen Notizen von Wiırııamson ist Fol- gendes hinzuzufügen: Alle englischen kohleführenden Schichten liegen bekannt- lich über dem sog. Millstone grit. In dem Hügellande zwischen Lancashire und Yorkshire folgen in geringem Abstande über dem Millstone grit mehrere harte Gesteinslagen, die Ganister beds, welche voll sind von marinen Muscheln, hauptsächlich Aviculopecten papyraceus und Goniatiten. Zwischen diesen Schichten befinden sich einige Kohlenlagen von wenigen Zollen bis 2 Fuss Mäch- tigkeit und in einigen dieser Kohlenflötzchen oder in der hangenden Schicht (die ältesten und untersten Kohlen, die in England, nicht in Schottland, abgebaut werden) liegen zahlreiche Kalkeonceretionen von !/a Zoll bis 1 Fuss Durchmesser, deren Substanz vielleicht von den Kalkschalen der Ganister beds herrührt. — Aus diesen Concretionen sind die meisten der von Wırrıanson angefertigten Präparate, sowie das hier abgebildete Stück entnommen, und ausser Oldham kommen auch von Halifax in Yorkshire ganz ähnliche Concretionen desselben Alters mit ähnlichen oder gleichen Resten. Vorkommen. Ueber die Verbreitung der Art ist noch wenig bekannt. Ein wohl sicher hierher gehöriges Bruchstück sammelte ich auf der Rudolphgrube zu Volpersdorf bei Neurode, vom 13. Flötz (Waldenburger Schichten; 4”"” breit, Träger nicht sicht- bar, aber Sporangien gerade in der Mitte zwischen je 2 Blatt- wirteln). Was mir sonst aus deutschen Gebieten an Aehren vor- [257] Calamostachys. al liegt, ist zwar zum Theil von ähnlichen Arten, aber nicht dieselbe und stammt aus der Stufe der Saarbrücker Schichten, welche jünger als die englischen Ganister beds sind. Die Angabe, dass die Art in Böhmen vorkomme, möge daher dahingestellt bleiben. o. Calamostachys longifolia STERNE. sp. IRALDROXT Ri 0: Ra RX Biel. Vergl. diese Abhandl. Bd. II, 1876, Steink.-Calamarien, S.50 Taf. X Fig. 1. Diese Art, welche ich auf den Asterophyllites longifolius Sternb. sp. bezog und daher mit dem STERNBERG’schen Speciesnamen be- legte, ist auch jetzt noch nicht in unmittelbarem Zusammenhange mit dem genannten oder überhaupt einem Asterophylliten gefunden worden. Dagegen kann auf Grund von Funden von Kattowitz ihre Zugehörigkeit zu Calamostachys nun festgestellt werden. Es sind folgende Vorkommen aufzuführen, die zu Vervollständigungen unserer Kenntnisse dienen. Taf. XX Fig. 6, von Carl Georg Victor-Grube bei Neu-Lässig bei Gottesberg in Nieder-Schlesien. Der erhaltene Theil der Rispe zeigt eine mittlere Axe a von S6WW Länge, welche unten 5,8, oben 3,4mm breit ist und deren 3 Glieder zusammen 77mm he- tragen, doch ist das mittlere Stück nicht entblösst. An den Gliederungen treten zunächst feine, haarförmig dünne Blätter 5 als Stützblättchen auf, deren längstes an dem unteren Knoten 32" misst, fast so lang wie dieAehren un- mittelbar über ihnen. Die schlanken, kätzchenartigen, kurz gestielten Aehren, schief aufwärts gerichtet, stehen, wie der oberste Knoten zeigt, zu vier an der Gliederung, eine Zahl, die auch an den übrigen Knoten vorausgesetzt werden darf. Keine Aehre ist ganz vollständig, die längste etwa 36WM lang, indessen fehlt bei einigen nur wenig an der ganzen Länge. Querdurchmesser 5mm, Deck- blätter sehr schmal, zuerst schirmförmig abstehend, dann aufwärts gebogen, in zahlreichen gedrängten Wirteln. Sporangien sind zwischen ihnen zu erkennen, nicht aber deren Befestigungsweise. In der Fortsetzung des Stückes nach oben finden sich noch mehrere Aehren- bruchstücke auf der Gesteinsplatte in solcher Stellung, dass sie zu einem an die- selbe Rispe gehörigen Wirtel passen. Danach würde der ganze Fruchtstand bis zu 16°% verfolgbar sein und ist sicher noch länger gewesen. Das schlesische Stück ist wenig verschieden von dem früher publicirten von Aachen. Die Stützblätter 5 sind vollständiger und daher ähnlicher den Blättern der unfruchtbaren Stengel oder dem 179 Calamostachys. [258] Asterophyllites longifolius, als dies früher schien; Aehren wenig kürzer. Auf derselben Platte befinden sich Zweige des lang- und fein- blättrigen Ast. longifolius, aber auch ein kräftiger Zweig (12"” breit) mit schmalen langen (68””) Blättern mit Parallelstreifung wie bei Asterophyllites striatus (Taf. XX Fig. 5). Taf. XXI Fig. 11 von Kattowitz, Wildensteinsegen - Grube, Ober-Schlesien (2fach vergrössert, nicht 4fach). Einige Aehren, von deren einer die Figur entnommen, sind Bruchstücke bis 50”"® Länge und 6"" Breite bei 2,4"® Glieder- höhe, also etwas grösser als die vorigen. Sie sind aber schlank und ihre feinen linealen Bracteen stehen zuerst rechtwinklig ab, sind dann plötzlich aufwärts gebogen und reichen bis zur Basis des nächst höheren Bracteenwirtels, ganz wie bei den Aachener Exemplaren. Zwischen ihnen sind mehrmals deutliche Reste der dünnen Träger (von 2,4”® Länge), an einer Stelle mit den kreisförmig nach ihrer Spitze zusammenneigenden Sporangien (reichlich 1”% Durchmesser) zu erkennen, deren Oberfläche sehr fein gekörnelt ist. Einzelne Aehren, deren Sporangien nicht gut erhalten sind, können am ehesten mit den Aehren von Sphenophyllum angusti- Folium verwechselt werden. Vorkommen. Dem früher aufgeführten Vorkommen zu Esch- weiler reihen sich hier solche von Nieder- und Ober-Schlesien an, sämmtlich in Schichten der Saarbrücker Stufe gelegen. Aus der Gegend von Waldenburg stammen ausser dem obigen Stücke von Gottesberg (Taf. XX Fig. 6), welches ich der Güte des Herrn WALTER in Hermsdorf verdanke, noch solche von der Abendröthe- grube bei Kohlau und wohl auch Glückhilfgrube bei Nieder- Hermsdorf. Das oberschlesische Stück (Taf. XXI Fig. 11) von Kattowitz ist von Herrn Bergreferendar WENZEL gesammelt; beide befinden sich in der Sammlung der geologischen Landes- anstalt. Die Verbreitung geht aber sicher weiter, denn ich sammelte ein Stück auf der alten Halde der Amaliengrube bei Neuhaus bei Waldenburg (hangendster Theil der Saarbrücker Schichten) und erhielt ein anderes von Lazisk in Oberschlesien. [259] Calamostachys. 173 4. Galamostachys panieulata Weiss. Taf. XXI Fig. 6. — Taf. XIX Fig. 3. Mehrere Funde, welche Herr Dr. B.-KosMAnxn, früher Berg- inspector zu Königshütte in Ober-Schlesien, machte und der geo- logischen Landesanstalt überwies, gestatten einige Vervollständi- sungen zu den Mittheilungen, welche in Steink.-Calamarien (1876) S. 59 Taf. XIH Fig. 1 enthalten sind. Es sind weit weniger vollständige Reste als jener zuerst von mir bekannt gemachte, nämlich ein Stück einer Rispe mit sehr kurz gestieiten Aehren, sowie einzelne Aehren. Diese sind meist ein wenig kürzer als bei dem vorhin citirten Exemplare, aber 3— 4 breit, ihre Glieder 1,5—1,4"" hoch; Bracteen zuerst ab- stehend, dann schnell nach oben gebogen, angedrückt, fein, erreichen die Basis des dritten höheren Gliedes oder gehen vielleicht noch darüber hinaus. An einigen sind auch die Sporangien zwischen den weggebrochenen Bracteen zu sehen und man kann dann auch Spuren der Halter wahrnehmen, wie Taf. XXI Fig. 6 angiebt. Danach gehört die Art wirklich zu Calamostachys. In anderer Beziehung wird fernerhin durch das auf Taf. XIX Fig. 53 abgebildete Stück von Hermsdorf in Nieder-Schlesien unsere Kenntniss erweitert. Das ungleich vollständigere Gegenstück hierzu befindet sich in der Universitätssammlung in Breslau; dasselbe erhielt ich zum Vergleich, so dass ich hier eine Beschreibung des Ganzen, wie sie aus beiden Originalen sich gestaltet, geben kann!). D) Unsere schon vor Jahren angefertigte Figur (Taf. XIX Fig. 3) stellt einen sehr blassen Abdruck der Sammlung der geologischen Landesanstalt dar, von dem sich durch Vergleichen und Zusammenpassen mit dem freundlichst durch Herrn Geh. Rath Römer erhaltenen Breslauer Pracht-Exemplare ergeben hat, dass jener nur der Gegendruck eines Theiles des letzteren ist. Dieses besteht nämlich aus 3 zusammengekitteten Stücken, auf denen sich 3 längere Zweige mit Aehren befinden. Der oberste Theil des mittleren Zweiges am Breslauer Originale entspricht unserem Abdruck, der nur etwas vollständiger ist als gerade dieser Theil des Breslauer Stückes. Das mittlere Bruchstück des letzteren ist von Schexk (in Rıcuruoren’s China) Taf. XXXVI Fig. 1 abgebildet worden, so dass der Zweig links in seiner Figur die ungefähre Fortsetzung unseres Originales nach unten bildet (nur ein ganz kleines Stück fehlt dazwischen). Wie ich er- 174 Calamostachys. [260] Das Breslauer Hauptstück enthält 3 nach unten etwas convergirende Stengel, der mittlere fast 35°" lang und vollständig, die seitlichen unvollständiger, von gleichbleibender Breite. Alle drei sind ganz mit kleinen Aehrenrispen besetzt, die meist zu zwei gegenständig aus den Blattwinkeln an den Gliederungen ent- springen. Der mittlere Zweig hat 10 Gliederungen (Knoten) und hiervon giebt Taf. XIX Fig. 3 den obersten Theil mit 4 Knoten (natürlich das Spiegelbild), der Zweig links in der Scuenk’schen Figur den darunter folgenden Theil mit den nächsten 3 Knoten. Der Stengel ist 1°% breit, seine Glieder oben 33, die untersten 39mm hoch, längs gestreift und etwas faltig. An den etwas verdickten Knoten stehen Blätter, welche an unserem Exemplare 3—4, an den unteren Knoten bis zu 6m Länge erreichen, sehr schmal, spitz und einnervig sind. Die kurzen Aehrenrispen haben vielleicht zu mehreren an der Gliederung gestanden, da man leichte rundliche Eindrücke an den Knoten bei dem Breslauer Exemplare für die Narben abgefallener Aehrenrispen nehmen könnte (die indessen weit weniger deut- lich sind als in der Figur bei Schesx), allein es sind immer nur 2 Reihen solcher Aehrenstände erhalten. Die Spindeln der Aehrenrispen sind dünn, diese sind junge Triebe und zeigen am oberen Theile des Stengels nur zwei, weiter unten auch drei Gliederungen, an jeder 2 Aehren und eine Endähre, so dass mehr oder weniger vollständig 5 oder 7 Aehren in jeder Rispe auftreten. Ob die Aehren zu mehr als 2 an der Gliederung vorhanden waren, lässt sich nicht bestimmt ausmachen, ist aber wahrscheinlich. Die Aehren werden von Blättern gestützt, welche weit kürzer sind als die am Stengel befindlichen. Sie sind sehr kurz gestielt bis fast sitzend, Aehrenstiel bis 2UM lang, Aehren bis 22"Wm Jang, aber meist kleiner, bis 4,5%W@ breit, nach beiden Enden zugespitzt. Bracteen aufrecht angedrückt, manchmal mehr abstehend und etwas aufgeblättert, dann auch Spuren der Sporangien, aber keine Sporangiophoren zeigend. Die Form der Aehren ist ganz die von Calamostachys panı- culata; der wir sie zurechnen. Da aber die Aehren sich offenbar im Jugendzustande befinden, so könnte man auch an andere Arten denken. Doch unterscheidet sich Paracalamostachys polystachya, die nächststehende, schon durch länger gestielte Aehren. Taf. XII Fig. 1A (Oalamarien, 1876) ist als ident mit unserer Pflanze zu betrachten, nicht, wie damals fraglich gelassen wurde, mit (ala- mostachys rigida. fahre, wird auch Srur eine Abbildung des Breslauer Stückes bringen; ‚die unserige ist ohne Kenntniss von dem letzteren hergestellt. Uebrigens widersprechen sich die Fundortsangaben. Während Scnex« »Orontowiez in ÖOberschlesien« angiebt, soll das Breslauer Original von der »Sophiengrube bei Charlottenbrunn« stammen und unser Gegenstück nach der von Mirscueruıen beigegebenen, sehr genauen Fundortsbezeichnung von der oben angenommenen Stelle bei Waldenburg. Die letztere Angabe halte ich für die richtige und ist sie daher hier aufgenommen worden. [261] Calamostachys. 175 Von Calamostachys Binneyana, die noch kleiner ist, unter- scheidet sich paniculata sogleich durch längere Bracteen. Vorkommen. Dr. Kosmann fand 3 Stücke 2% über dem Gerhardflötz zu Königshütte und zwar an verschiedenen Punkten (Krugschacht II Mittelsohle der 165%-Sohle, sowie beim Heinrich- schacht im Erbreich II 58”-Sohle). Das niederschlesische Stück (Taf. XIX Fig.3) stammt von Hermsdorf aus »Schieferthon zwischen den Flötzen der Gkickhilf und Beste Grube« (MITSCHERLICH’sche Sammlung der Bergakademie). Dieses sowie das früher beschriebene Stück von Waldenburg gehört der Stufe der Saarbrücker Schichten an, welche in Oberschlesien ungefähr mit dem Gerhardflötz be- ginnend angenommen werden kann. Unter demselben erst liegen die Sattelflötzschichten, welche eine gewisse Annäherung an die tiefere Stufe der Waldenburger Schichten zeigen. — In West- phalen kommt die Art auf Zeche Neu-Iserlohn bei Lütgendortmund vor (WEDERIND ded.). 5. Calamostachys (?) nana n. sp. Taf. XXI Fig. 10. Calamostachys minima. Spicae graciles ewiguae, &—-9”"" longae; bracteae paucae, tenuissimae, parvulae brevesque, subrectae, paullo arcuatae; sporangia parvula, columella, ut videtur, internodiü dimidio affıxa. Sehr klein und zart. Wenige Aehren treten zu einem Aehren- stand zusammen. Diese Aehren werden S—9""” lang bei kaum 1—1,5”® Breite; die Glieder sehr kurz, 1/5”® hoch; feine, kurze, steil abstehende, wenig gebogene Deckblättchen, zwischen deren Kreisen rundliche Körperchen, die Sporangien, liegen, welche ihrer Gruppirung nach an einem Mittelsäulchen angeheftet waren, dessen Spuren man wohl auch noch wahrnehmen kann. Freilich ist dies nur bei guter Beleuchtung und nicht völlig bestimmt zu sehen, weshalb die Einreihung in Calamostachys noch fraglich gelassen werden mag. Die Vergrösserung neben Fig. 10 giebt das ge- schilderte Bild wieder. 176 Calamostachys. [262] Vorkommen. Das Pflänzchen ist auf einer der von Dr. Kos- MANN zu Königshütte in Ober-Schlesien gesammelten Platten ent- halten und stammt aus einer Schicht 1,45" unter dem 45°"®-Flötze, westliche Maschinenstube in Krugschacht II, d. i. 5,25” unter dem Muschelflötz oder 35,5” unter dem Sattelflötz. 6. Calamostachys mira Weiss. Der ersten Mittheilung über diesen interessanten Rest vom Plauenschen Grunde (diese Abhandl. II. Bd. Calamarien S. 43 Taf. III Fig. 1 u. Taf. IV Fig. 1) habe ich hinzuzufügen, dass das- selbe Stück neuerlich auch von SCHENK (RICHTHOFEN’s China IV. Bd. S. 232 Taf. 34 Fig. 5) behandelt und mit GEmıTZ als Aehre von Annularia longifolia aufgefasst worden ist. Kleine Ab- weichungen der letzteren Figuren von den meinigen haben wohl dazu beigetragen, die Pflanze anders einzureihen, doch muss ich die in meiner Fig. 1A (die von mir selbst gezeichnet wurde) an- gegebenen, bei SCHENK aber fehlenden, Anhängsel a als richtig festhalten. Indem ich übrigens auf meine frühere Abhandlung ver- weise, will ich nur vergleichsweise die ähnlichen Anhängsel citiren, welche RENAULT in seinem sogenannten Kquisetites infundibuhiformis (s. oben S. 158) beobachtete, woraus hervorgeht, dass die noch un- erklärte Erscheinung sich doch wiederholt. Möglich, dass man sie auch mit den Lamellen bei ©. Grand’ Euryi (oben S. 157) etc. zusammenhalten darf als rudimentäre oder anders geartete, aber analoge Bildung. Wollte man übrigens hierauf kein Gewicht legen, so würde C. mirabilis noch immer von Stachannularia tuberculata durch deren ‚starke Axe unterschieden sein und dagegen zu (. Ludwigi die nächste Beziehung bekunden, welche letztere nur durch die nicht allmählige, sondern plötzliche Aufbiegung der Bracteen sich anders verhält. ‘. CGalamostachys superba Weiss. Auch von dieser Art ist das früher von mir mitgetheilte Stück (l. c. 8.46 Taf. IV Fig.2) neuerlich von ScHENK (l. c. S. 232 [263] Calamostachys. Tr Taf. 41 Fig. 7), und zwar fast gänzlich übereinstimmend gezeichnet worden. Die fehlenden Träger liessen die Gattung noch ein wenig zweifelhaft; ich glaube aber dieselbe Art auch in Aehrenstücken in Thoneisenstein von Fischbach bei Saarbrücken (von GOLDENBERG gesammelt) zu erkennen, deren eine noch das centrale Trägersäulchen an den Sporangien sehen lässt. Die Aehren haben die Tracht von Stachannularia thuringiaca, aber ohne deren breite Axe. — Wie es scheint, kommt die Art auch auf Zeche Heinrich Gustav bei Werne in Westphalen vor (WEDERIND ded.). 8. Calamostachys germanieca Weiss. Steink.-Calamarien 1876, S. 47 Taf. XVI Fig. 3, 4. Den ]. c. angegebenen Fundorten kann auch Zeche Heinrich Gustav bei Werne in Westphalen zugefügt werden, von wo die Landesanstalt ein Stück von Herrn WEDEKIND erhielt. 9. Calamostachys Solmsi Weiss. Macrostachya infundibuliformis var. Solmsi Weiss, Steink.-Calamarien 1876, 875 Taf, XV] Big. 1, 3, 4. Diese Form wurde von mir früher als kleinere Varietät von _Macrostachya infundibuliformis aufgefasst. Nachdem aber durch STERZEL die Abgrenzung dieser Art (cf. unten S. 197) unsicher geworden ist, dürfte es um so mehr geboten erscheinen, dieser Un- sicherheit nicht noch weitere Ausdehnung zu geben, weshalb ich aus dem mindestens äusserlich zusammengehörigen Formenkreise der M. infundibuliformis, carinata ete. die obige abtrenne, da sie nach den Spuren ihrer Sporangiophoren unzweifelhaft zu den Calamostachys gehört, was zwar auch für die genannten nach STERZEL’s eigner Angabe der Fall sein dürfte, indessen noch von ihm dahingestellt gelassen wird. Die Beobachtung der obigen Species oder Form an anderen Fundpunkten bestätigt die Unterscheidbarkeit derselben. Sie wurde im Saarbecken auf Grube Itzenplitz im Hangenden von Flötz Sophie, Saarstollnsohle, von Bücn gefunden (zeigt auch Spuren der Sporangiophoren); ausserdem in Nieder-Schlesien auf der Graf Hochberg-Grube bei Waldenburg von Herrn WALTER. 12 178 Calamostachys. [264] Zweite Reihe: Stachannularia. Sterile Zweige mit Annularien- Beblätterung, Aehren nur zum Theil typische Calamostachys. 10. Calamostachys tubereulata STERNE. sp. mit Annularia longifolia BRoncn. Eine Reihe von Abbildungen der Aehren dieser Species hat zuletzt SCHENK (]. c. Taf. 34—36) gegeben, einige von Stücken, welche auch mir vorgelegen und zu Zeichnungen gedient haben. SCHENK ist bemüht gewesen, den rosendornförmigen Fruchtträger in manchen der Aehren ohne Ausnahme als nicht vorhanden dar- zustellen, nämlich in das Trägerstielchen und ein an der Oberseite derselben sich mehr oder weniger eng anschmiegendes Sporangium aufzulösen, so dass statt jener dreieckigen Lamelle über dem Träger ein Sporangium zu denken sei. Ich kann nur erwiedern, dass alle meine früheren Bemerkungen hierüber auch jetzt noch gelten, und dass nur die ausserordentlich scharfe Ausführung der Zeichnungen des Herrn Verfassers, welche die von ihm vertretene Anschauung wiedergeben, es verursacht, dass der früher von mir dargeleste Sachverhalt irrig erscheint. Dagegen wird doch zugege- ben, dass » Exemplare nicht selten sind, welche dazu führen können, nicht nur eine andere Form des Trägers, die sogenannte rosen- dornförmige, sondern auch eine andere Befestigungsweise der Sporangien anzunehmen«. Neuere Funde haben mich das Vorkommen der Art bei Schwa- dowitz (untere Ottweiler Schichten) und Qualisch (obere Ottweiler Schichten) m Böhmen, bei Fischbach bei Saarbrücken (mittlere Saarbrücker Schichten) etc. kennen gelehrt. Die von Schwadowitz zeigen Sporangiophoren mit nur schwach rosendornförmiger Er- weiterung am Grunde, die von Fischbach nicht. 11. Calamostachys cf. calathifera Weıss mit Annularia sphenophylloides ZENK. sp. Einen sehr interessanten Fund hat Dr. STERZEL in Chemnitz (Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1882 S. 685) in den Schichten von Lugau-Oelsnitz in Sachsen gemacht, wo er ein Exemplar der [265] Calamostachys. 179 bekannten Annularia:sphenophylloides mit mehreren noch ansitzenden Fruchtähren auffand, dazu eine Reihe isolirter Aehren, deren Form mit jenen ansitzenden völlig übereinstimmt. Diese Aehren sind auf Calamostachys-Charakter zurück- zuführen, aber von einer anderen Erhaltung als gewöhnlich, so dass noch einige zweifelhafte Punkte für weitere glückliche Funde zu erledigen bleiben. Herr Dr. STERZEL hat mir die Vergleichung seiner Originale mit meiner (Calamostachys calathifera, mit der er sie für ident erklärte, freundlichst durch Zusendung ermöglicht; das Ergebniss theile ich hier kurz mit. Die Lugauer Exemplare sind sämmtlich kleiner (bis 5°“ lang) und haben entschieden weniger Deckblätter im Halbquirl als das Saarbrücker Exemplar (jene 6, dieses 9— 10). Danach ist es nicht unmöglich, dass in beiden Fällen nicht ganz dieselbe Art vorliegt, obschon die Anzahl der Bracteen, wie bei Calamostachys Ludwig, vielleicht nicht constant ist. Die Aehren sind so erhalten, dass alle Blättchen einer Seite noch neben einander stehen, nicht die mittleren durch das Auf- spalten beseitigt sind, und dass zwischen ihnen die Sporangien sichtbar werden. STERZEL betrachtet das als ganzes Blatt, was ich nur als starken kielartigen Mittelnerv aufgefasst hatte. Namentlich das Stück zu Fig. 2 bei STERZEL ruft den Eindruck ‚hervor, der seiner Beschreibung zu Grunde liegt; weniger ‘die anderen Stücke. Aber es ist doch das Ganze nicht so unzweifelhaft erhalten, dass man nicht zu der von mir angenommenen Auffassung zurück- kehren könnte und neben dem starken vorspringenden Mittelnerven überall die glatte, etwas breite Blattfläche rechts und links an- schliessend sehen sollte. Diese Blattfläche ist nach STERZEL die Oberfläche von je 4 um einen Punkt gruppirten Sporangien (am besten in seiner Fig. 4), die eine Quer- und Längstheilung des Feldes zwischen 2 Blättchen oder vielmehr deren Mittelnerv her- vorrufen. So viel ist als völlig richtig anzusehen, dass 4 Sporangien um ein etwa in der Mitte des Axengliedes befestigtes Träger- säulchen gruppirt waren, nicht dass dieses rosendornförmig von oben herabreichte und die Sporangien hielt, wie ich es annahm. Nur glaube ich, dass die Sporangien fast überall nur zur oberen 122 180 Calamostachys. [266] Hälfte oder gar nicht zum Vorschein kommen, sondern ihre Körper durch die Blattfläche durchgedrückt erscheinen. Das Trägersäulchen selbst ist nirgend zu beobachten, sondern nur sein Endpunkt. In gleicher Weise ist nun auch die Fig. 11A in meiner frühe- ren Abhandlung zu betrachten, so dass die zwei oberen Sporangien der zusammengehörigen vierzähligen Gruppe entblösst, die 2 unteren vom Blatt bedeckt sind. Vorkommen. Ausser dem früher angegebenen Fundorte im Eisenbahneinschnitt bei Wellesweiler und auf Grube Dechen, Saar- gebiet (untere Saarbrücker Schichten), auch von Orzesche in Ober- Schlesien, durch Herrn SAacHse erhalten; die Erhaltung ist aber bei allen Funden nicht gut. _ 12. Calamostachys ramosa W. mit Annularia ramosa, Calamites ramosus. Die Beschreibung dieser Art ist bereits unter C’alamites ramosus (s. S. 98 u. 106) geliefert worden. Hier sei nur bemerkt, dass die isolirten Aehren wegen ihrer Kleinheit am ehesten mit Cal. panı- culata verwechselt werden könnten, aber durch ihre verhältniss- mässig weit abstehenden Bracteen und die entsprechend geöffneten Sporangialräume der Aehrenglieder sogleich unterscheidbar sind. Diese Art besitzt eine dünne Axe und weicht dadurch von den anderen Stachannularien merklich ab. ll. Palaeostachya W. Erste Reihe: vom Typus der P. elongata oder Calamostachys- Typus. 15. Palaeostachya elongata PrRESL sp. Taf. XXI Fig. 15. Dem Radnitzer schönen Stücke, welches ich (diese Abh. II. Bd. Steink.-Calamar. S. 108 Taf. XV) näher zu beschreiben und ab- zubilden Gelegenheit hatte!), stelle ich eine Aehre im Thoneisen- stein vom Myslowitzer Walde in Ober-Schlesien zur Seite, wovon ich ein Stück auf Taf. XXII Fig. 15 vergrössert gezeichnet habe. Die oberen Wirtel sind nicht in ganzer Breite erhalten, die Brac- teen deshalb nicht vollzählis, aber ihre aufwärts gebogene Form und ihre Länge, die über 1!/, Glied beträgt, stimmt mit der böh- mischen Palaeostachya überein; das Aehrenbruchstück (ca. 40" lang) beweist die verlängerte Gestalt der ganzen Aehre. Ein Aehrenglied hat etwa 3,7”" Länge. Einer der Sporangienträger £ ist sehr gut erhalten, gerade und schief aufsteigend, 2,8” lang. Er scheint etwas an der Axe in die Höhe gerückt, so dass er nicht genau von dem Blattwinkel ausgeht; indessen kommt er wohl von einem Punkte der Hinterseite der Axe, wodurch der unterste Theil des Trägers verdeckt wird. Sporangien s ziemlich gross. Vorkommen. Das obige Stück erhielt die geologische Landes- anstalt von Herrn Bergrath v. SCHWERIN in Kattowitz aus der cons. Eisenbahngrube im Myslowitzer Walde, 3% im Hangenden des Grundmannflötzes, Ober-Schlesien. Andere Bruchstücke, von 1) Die Tafel ist nicht Copie der Presı’schen Figur, wie Herr Srur sie nennt, sondern Neuzeichnung, wovon man sich leicht durch Vergleich überzeugen kann. 183 Palaeostachya. [268] Herrn FLIEGNER in Kattowitz und Bergrath SacHsE in Orzesche wurden bei Orzesche gesammelt (Bracteen länger als bei vorigem, also noch typischer, aber Fruchtträger kaum merkbar, Sporangien gross, bis 3,4"®). — Westphalen: Zeche Heinrich Gustav bei Werne (WEDEKRIND ded.). 14. Palaeostachya peduneulata WILLıams. ms. Taf. XX Fig. 7. — Taf. XXI Fig. 3, 4. Spicae paniculatae, verosimihter qguaternae artieulationibus affivae, breviter vel medioeriter pedunculatae, abbreviato- cylindratae, breviter artieulatae. Dracteae multae (12?) verti- cıllo cwique insertae, tenues, anguste lanceolatae, acuminatae, acutae, arcuatim patentes, verticillum prowimum vi. attin- gentes. Sporangiophora columellaeformia recta ew awillis brac- tearum orientia, sporangüs ovatis vel elliptieis instructa. Aehren rispenförmig, wohl zu vier an den Gliederungen, kurz oder mässig lang gestielt, abgekürzt-cylindrisch, kurz gegliedert. Deckblätter viele (zu 12?) in jedem Wirtel, schmal lanzettlich, zugespitzt, bogig abstehend, den nächst höheren Wirtel kaum erreichend. Sporangienträger stielförmig, gerade, aus den Achseln der Deckblättchen schief aufsteigend, mit eiförmigen oder elliptischen Sporangien. WILLIAMSoN (on the organ. etc. Part V. Philos. trans. Royal Soc. 1873 8. 58 Taf. V Fig. 32, wohl auch Fig. 31) hat eine Aehren- rispe abgebildet, welche ich trotz etwas bedeutenderer Grösse der Aehren mit den von mir abgebildeten zur gleichen Art ziehen zu müssen glaube. WırLıamson verglich sie mit Volkmannia poly- stachya Sternb., ertheilt ihr jedoch brieflich den obigen Namen, den ich hier anwende. Das vollständigste Stück, das mir vorliegt, ist das auf Taf. XXI Fig. 5 von Neu-Lässig in Nieder-Schlesien. Die Figur ist aus 2 Stücken componirt, von denen das eine (A) den unteren Theil der Rispe mit 3 Wirteln umfasst, das andere (B) die obere Fortsetzung derselben Rispe mit noch 3 vorhanden gewesenen Wirteln dazufügt. Beide Stücke verhalten sich wie Abdruck und Gegendruck, sie haben die Aehren 9— 11 beide, dagegen finden sich 1—6 nur auf dem einen, 13—21 nur auf [269] Palaeostachya. 183 dem anderen Stück. Um die ganze Rispe zu geben, so weit erhalten, musste A umgekehrt gezeichnet werden. An schlanker, gestreifter Axe, deren Glieder 23 — 18mm hoch sind, befinden sich 6 Gliederungen und an den Knoten zunächst schmallineale Blätter als Stütz- blätter der Aehren, etwa von der Länge der letzteren. Die Aehrenwirtel sind nicht vollständig, aber es scheinen die Aehren wohl zu vier gestanden zu haben. Unter dieser Voraussetzung sind die letzteren in der Figur numerirt. Ihr Stiel ist nur ein Glied, 5" lang und dünn; die beiden vollständigsten Aehren 5 und 11 messen 23 und 27" Länge und tragen 8, resp. 9 Bracteenwirtel. Die 5mm Tangen Bracteen stehen weit ab, etwas aufwärts gerichtet, nur der Endwirtel ist knospen- förmig geschlossen. In den geöffneten Zwischenräumen zwischen den Bracteenkreisen bemerkt man die ziemlich grossen elliptischen Sporangien mit 3m orösstem Durchmesser; ihre Oberfläche ist punktirt. Sie neigen wie bei allen Palaeostachyen mit sicht- baren Sporangien gegen die Basis des unter ihnen befindlichen Wirtels zusammen, sind also dort befestigt. Wie Fig. C andeutet, erscheinen auf den Sporangien manchmal gerade linienförmise Abdrücke, die wohl von den schiefen achsel- ständigen Sporangiophoren herrühren. Taf. XXI Fig. 4 von Witten in Westphalen. Ich gebe hier die Vergrösserung zweier Glieder einer Aehre, welche die Sporangiophoren beobachten lässt. Das Aehrenbruchstück selbst ist 4°% lang, seine Glieder 3,4%®. Die bogig abstehenden und ausgebreiteten Bracteen tragen in den Achseln dünne kurze Stielchen, die nur auf 1,50 Länge erhalten sind. Die Sporangien haben 2,5m® im längeren Durchmesser und neigen gegen die Basis etwas zusammen. Taf. XX Fig. 7 von Gottesberg in Nieder-Schlesien. Fragmentärer Achren- stand mit 3 Aehren, welche von den Spuren von Stützblättern umgeben werden und sehr kurz gestielt sind (Aehrenstiel höchstens 3,5" lang). Aehrenglieder durchschnittlich 3,22% lang; längste Aehre 28mm mit 8 Gliedern. Sporangien von 2,5mm orösstem Durchmesser, scheinbar im Bracteenwinkel sitzend, weil die Träger nicht sichtbar sind. Die oben erwähnte WILLIAMSoN’sche Pflanze ist in allen Theilen kräftiger, der Aehrenstiel 6—9”"” lang, die Aehren bis 31” bei 10—11 Bracteenwirteln. Ein gewiss hierher gehöriges Aehrenstück hat BinnEy (ob- servations etc. Part I. Palaeontogr. Soc. for 1867 S.29 Taf. VI Fig. 4, 2fach vergrössert) dargestellt, ohne eine Benennung hinzu- zufügen. Die Aehren stehen senkrecht ab, sind zu 4 gestellt, bis 23@m Jang, Sporangien schief aus der Basis der Bracteen sich erhebend, nach Fig. 4a vielleicht mit Sporangiophoren (s. auch SCHIMPER-ZITTELs Handb. II. Bd. S. 170 Holzschnitt). Es wäre nicht unmöglich, dass in P. pedunculata nur die reife Form der Paracalamostachys polystachya vorläge. 184 Palaeostachya. [270] Bruchstücke von Pal. elongata werden dieser Art sehr ähnlich. Vorkommen. Nieder-Schlesien: Carl Georg Victor-Grube bei Neu-Lässig (Taf. XXI Fig. 3, Exemplar geschenkt von Herrn WALTER, dsgl. Taf. XX Fig. 7 von Herrn Scrumann in Dresden); auch andere Punkte bei Waldenburg, sowie von der Rubengrube bei Neurode, 7. Flötz. Ober-Schlesien: Orzesche (FLIEGNER ded.), Wessola bei Myslowitz (Kaplan BRONTHer ded.). Westphalen: Zeche Bruchstrasse bei Witten (Taf. XXI Fig. 4, geschenkt von Herrn WEDEKIND). — Saarbrücker Stufe. In England bekannt von Ardwick (Binney), von Lancashire (WiILLIAMSoN), ebenso von Huyton bei Liverpool (Ders.). 15. Palaeostachya (?) gracillima n. sp. MALERS NER. Spicae gracillimae, elongatae, breviter pedunculatae. Bracteae tenuissimae, anguste lanceolatae, acutae, arcua- tim patentes, verticillum proximum paullo superantes vel vix attingentes. Sporangia ovata vel elliptica obligua, basin versus convergentia. Aehren sehr schlank, verlängert, kurz gestielt. Deck- blätter sehr schmallanzettförmig, spitz, bogig abstehend, den nächst höheren Wirtel kaum oder nicht überragend. Sporangien eiförmig oder elliptisch, etwas schief nach aussen gestellt. Der Fruchtstand in Taf. XVII Fig. 1 zeigt eine reich mit schlanken Aehren besetzte Rispe, welche sich auf 4 Gliederungen vertheilen, von denen 2 sichtbar sind. Die Aehren 1 u. 2 gehören einer tiefer liegenden, nicht erhaltenen Gliederung an, die Aehren 5, 6, 7, 8 der untersten sichtbaren, und auch auf die nächst höhere neben B lassen sich 4 Aehren beziehen, so dass wahrscheinlich auch hier wie sonst meist 4 Aehren an den Knoten der Rispen- axe A standen. Diese Aehren sind kurz gestielt durch ein einzelnes Glied von 6—7"" Länge, Stützblätter sind nicht erhalten; die an B befindliche Aehre ist vollständig und zwar nur 81”” lang, andere, wie 2 und 6, müssen aber bedeutend länger, bis über 110"® lang [271] Palaeostachya. 185 gewesen sein. Ihre schmale Breite lässt sie schlank und zierlich erscheinen. Die Zahl der Bracteenkreise ist entsprechend gross, auf 5°“ Länge fallen 18 Glieder; ihre Axe ist dünn, Bracteen im Wirtel zahlreich, schmal und fein, abstehend, etwa 4,5"" lang, zu einem Schirm von ca. 1% Durchmesser ausgebreitet. Sporangien zwischen den Wirteln reichlich, rundlich bis elliptisch (zusammen- gedrückt) mit 2,8"® im längeren und 1,9” im kürzeren Durch- messer; meist an jedem Gliede nur 2, manchmal aber auch mehrere zu sehen. Sie sind etwas schräg nach aussen gestellt, so dass sie vom Blattwinkel auszugehen scheinen; indessen finde ich an einigen Wirteln zwischen ihnen noch lineare schräg nach aussen gerichtete Eindrücke, die nicht von Bracteen, sondern von Sporangiophoren herzurühren scheinen, so dass die Zurechnung zu Palaeostachya geboten ist. Diese schiefe Stellung der meist auch grösseren Spo- rangien scheint sich als bezeichnend für die letztere Gattung über- haupt zu erweisen. Auf der Aehrenaxe selbst ist von den Spo- rangiophoren sonst keine Spur zu finden. Am meisten Verwandtschaft hat die vorliegende Art mit Pa- laeostachya elongata Presl, dıe aber grösser und kräftiger ist, un- regelmässige Rispen bildet und breitere lanzettliche Bracteen be- sitzt. Aehnlichkeit ist auch mit Calamostachys germanica vorhanden, die aber, abgesehen von der abweichenden Sporangiophorenstellung, auch durch längere Bracteen sich unterscheidet. Vorkommen. Das Stück wurde von Herrn Obersteiger VÖLKEL auf der Rubengrube bei Neurode, auf dem Josephflötz, gesammelt; Saarbrücker Stufe. Zweite Reihe: vom NMacrostachya- oder Huttonia-Typus. 16. Palaeostachya cf. Schimperiana Weiss. 1ER 2OIE NER &: Unter dem Namen Volkmannia gracilis hat Herr D. Srtur (Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1874 S. 257; Jahrb. d. k. geol. Reichsanst. 27. Bd. 1877 S. 21; Culmflora II, 1877 S. 27) von Rakonitz und Hostokrej in Böhmen grössere Calamarienähren vom Habitus der Macrostachyen beschrieben, wovon die eine von hako- 186 Palaeostachya. [272] nitz mit einem langen gegliederten und entblätterten Stengel in Berührung gefunden wurde, die andere von Hostokrej, als Bruch- stück in feinem weissem Sandstein erhalten, durch Präpariren blatt- winkelständige Sporangiophoren zu erkennen gab. Dieses letztere Präparat hatte Herr Stur die Güte gehabt, mir zur Ansicht zu senden (s. Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. 1877 S. 267). Eine damals von mir hiervon angefertigte genaue Zeich- nung in doppelter Vergrösserung gebe ich in Taf. XXI Fig. 8. — Die untere Figur ist Längsschnitt, die obere Querschnitt; « ist die im Längsschnitt etwas hin und her gebogene Axe, 5 der Durchschnitt der Bracteen. An der Stellung, welche die Blättchen b einnehmen, ersieht man, dass eine Verdrückung stattgefunden hat; die Basis, wo sie an a angewächsen sind, ist sehr schief gedrückt und in Folge dessen scheint es im Schnitt, als ob die Blättchen nicht kreisförmig gestellt seien, während diese Stellung an der Aehre selbst sehr wohl sichtbar ist. In einem der Blattwinkel rechts ist ein Trägerstielchen # vorhanden, links davon vielleicht das Rudiment eines zweiten. Die Aehre gehört danach zu Palaeostachya. Der Querschnitt zeigt nur ein Stück der zusammengedrückten Axe a und die Durchschnitte mehrerer, anscheinend scheidenförmig verwachsener Blätter 5. Die Länge der Bracteen ist wohl mehr als die dreier Aehrenglieder. STUR identificirt dieses Stück mit einem anderen von Rako- nitz, das als Abdruck ohne sichtbare Sporangienträger erhalten ist, dagegen 2 auf mehrgliedrigem Stiel befindliche Aehren zeigt, die eine in fast völliger Verbindung mit einem schlanken geglie- derten, aber entblätterten Stengelrest mit verdickten Knoten vom Ansehen eines Sphenophyllumzweiges, den Srur als Volkmannia gracihis Sternb. bezeichnet, eine Art, welche nach den Angaben Srur’s (von 1874) sich durch tief zweispaltige, aber nur einmal gablige, schmale Blätter kennzeichnet und danach wohl eher zu Sphenophyllum als zu Asterophyllites gehört. Unter Voraussetzung des wirklichen, an der Figur nicht ganz vollständigen Zusammen- hanges der Rakonitzer Aehren mit dem Stengelrest, sowie der Zugehörigkeit dieses blattlosen Stengels zu STERNBERG’s Volk- mannia gracilis, würde man diese Aehre als Palaeostachya graciis [273] Palaeostachya. 187 bezeichnen können. Da inzwischen jedoch eine Volkmannia gracilis RENAULT, die eine echte Palaeostachya ist, aufgestellt wurde, die Volkmannia graeilis Sternb. dagegen nur zum Theil mit dem über- einstimmt, was STUR so bezeichnet, dürfte es zweckmässig sein, eine andere Artbenennung zu wählen. STUR selbst vergleicht wieder- holt die böhmischen Reste mit Macrostachya infundibulformis, cari- nata und Palaeostachya Schimperiana. Die ersteren beiden haben kürzere Deckblätter mit grannenartig dünnen Spitzen, obschon M. infundibuliformis ebenfalls einen mehrgliedrigen beblätterten Aehrenstiel besitzt, allerdings dieser nicht scharf abgesetzt, sondern allmälıg in die Aehre sich verdickend. Nur Palaeostachya Schimpe- riana stimmt mit den Resten von Rakonitz und Hostokrej so weit überein, als dies an isolirten Aehren überhaupt festzustellen ist. Ich würde deshalb keinen Anstand nehmen, beide Vorkommen zu vereinigen und muss nur der unvollständigeren Kenntniss der Saarbrücker Pal. Schimperiana wegen, was Aehrenstiel und andere Theile der Pflanze anbelangt, diese Vereinigung noch unentschieden lassen. 17. Palaeostachya arborescens STERNE. sp. mit Calamites arboreseens STERNE. sp. Bei Calamites arborescens ıst bereits die Beschreibung dieser Palaeostachya erfolgt (s. S. 120, 123 ff.), auf welche ich hier nur zurückverweise. Man könnte etwa der Meinung sein, dass auch die vorher- gehende Art P. Schimperiana auf arborescens zu beziehen sei, da die Varietät Schumanniana in ähnlicher Weise auf mehrgliedrigem Aehrenstiel befestigt ist, wie es von STUR bei den Rakonitzer Aehren beobachtet wurde; indessen hindert an der Vereinigung beider gegenwärtig hauptsächlich die Befestigung der P. arborescens auf Calamitenstämmen, während nach Stur die P. Schimperiana wahrscheinlich auf Sphenophyllum-artigen Stengeln sich befand. Auch die Form der Aehren und ihrer Deckblätter scheint nicht ganz übereinzustimmen, wenn auch die Differenz nicht gross ist. II. Huttonia Srerxe. Steinkohlen- Calamarien 1876, S. 79. 18. Huttonia spieata STERNE. Taf. XXT Fig. 9. Stur beschrieb (1877, Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanst. S. 19 ff.) das Präparat einer Huttonia- Aehre von hadnitz, welches er von einem Exemplare hergestellt und an welchem er blatt- winkelständige Sporangiophoren gefunden hatte, so dass die von mir unter dem Blattquirl beobachtete Scheibe nicht Fruchtscheibe sein konnte. Das Präparat hatte Herr Bergrath Stur die Güte mir zuzusenden, so dass ich bereits (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1877, S. 267) Gelegenheit hatte, der Auffassung Stur’s über die Organisation der Huttonia-Aehre, was die Träger der Sporangien anbelangt, mich anzuschliessen. Ich gebe hier in obiger Figur die genaue, damals von mir angefertigte Zeichnung des Kadnitzer Präparates, über dessen Zu- gehörigkeit zu Huttonia spicata kein Zweifel herrscht. Es ist ein Bruchstück, das ein Aehrenglied, oben und unten vom Abdruck zweier benachbarter Blattquirle begrenzt, enthält, der Länge nach durchgeschnitten. Fig. 9 zeigt in doppelter Vergrösserung links die Ansicht des Längsschnittes, rechts diejenige der oberen schiefen Fläche, womit das Stück begrenzt ist. Die organische Substanz ist völlig verschwunden, nur die Abdrücke sind übrig geblieben. Die Fläche des Längsschliffes (Figur links) zeigt in aa den hohlen Abdruck der Axe, längsgestreift; unterhalb der unteren Quergliederung auch den Anfang der Blattrosette, etwas verdrückt. bb sind die Deckblätter des unteren Quirles; die des oberen sind nur zum Theil im Abdruck vorhanden, weil sie hier von ww, d. ı. der [275] Huttonia. 189 unter ihnen befindlichen Scheibe, verdrängt werden. Diese Scheibe (£ in meinen früheren Figuren) ist nur an der oberen Gliederung erhalten, rechts von der Axe als Abdruck, links noch zum Theil in das Gestein fortsetzend und von 5b überdeckt, gleichsam einen Vorsprung an der Umbiegung des Blattquirles bildend. Ob die Scheibe v mit dem Anfang der Blattrosette & etwa auf eine kurze Strecke verwachsen war, lässt sich bei dieser Erhaltung nicht ent- scheiden und ist eher zu bezweifeln. — £ ist der schief auf- steigende Träger der Sporangien, unten etwas stärker als oben (an der Spitze in ein durch ausgesprungenes Gesteinskorn bewirktes Loch endigend), an der untersten Basis des Axengliedes am Blattwinkel entspringend. Die Fläche des oberen Querbruches (Figur rechts) lässt in « die Axe, in 5 den undeutlichen Abdruck vom Blattquirl, in «w den Abdruck der Scheibe unterhalb des Blattquirles sehen. w ist sehr stark faserig gestreift, wie bei den früher beschriebenen Breslauer Exemplaren. Zwischen « und 5 schaltet sich in r eine tiefe Rinne als trennende Fläche ein, durch die Scheibe bewirkt. — Die Blatt- abdrücke des Stückes lassen übrigens erkennen, dass die Deck- blättchen, mindestens bis auf einen geringen Raum an der Axe, getrennt, nicht scheidenförmig verwachsen waren; denn zwischen den Blättern verläuft gleichsam eine Naht (als Rinne im Abdruck), in welcher noch bei genauer Betrachtung eine sehr feine Tren- nungslinie der Blättchen wahrzunehmen ist, ganz wie ich dies schon früher geschildert habe. IV. Paracalamostachys Weiss. (Brukmannia STERNE. em.) Wenn man ganz auf die Aufstellung einer solchen proviso- rischen Gattung g, wie sie der obige Name ausdrücken soll, ver- zichten wollte, so würde man gezwungen sein, entweder eine Menge von Resten zu ignoriren und ohne sie annähernd zu fixiren bei Seite zu legen, oder sie willkürlich der einen oder anderen Gattung einzureihen und diese somit mit vielem Material von zweifelhafter Stellung zu beschweren. Um diese Uebelstände zu vermeiden, werden hier die Aehren vom Habitus der Calamostachys, aber ohne Nachweis der Befestisungsweise ihrer Sporangien, unter dem Namen Paracalamostachys, wie schon früher, zusammengefasst. Man hätte hierfür wohl auch den Namen Brukmannia wählen können, da STERNBERG’sS Dr. tuberculata ohne Kenntniss von deren Organisation aufgestellt wurde, wenn es nicht aus schon früher erörterten Gründen überhaupt geboten wäre, diesen Namen fallen zu lassen, der noch dazu gegenwärtig von anderen Autoren statt Calamostachys verwendet wird. 19. Paracalamostachys polystachya STERNB. sp. Mat XIX Kiel, 2. Die beiden hier abgebildeten Vorkommen beweisen, was in meiner früheren Abhandlung (Steink.-Calamarien 1876, S. 57) noch vermisst wurde, eine weitere Verbreitung dieser alten STERNBERG - schen Art. Auch für die Organisation liefern dieselben neue Bei- träge zu unserer Kenntniss. Die Stücke sind typischer, als die früher abgebildeten (l. c. Taf. XVI Fig. 1, 2), weil es ältere Stücke sind. BE [2 art ] Paracalamostachys. 191 Danach kann die Rispe offenbar sehr lang werden, die Aehren sind dann zahlreich. Sie sind ziemlich lang gestielt, kätzchenförmig, kurz und dick, stumpf zugespitzt. Ihre Bracteen sind fein, bogig aufwärts gerichtet, in Fig. 2 mehr als ein Glied überragend. Sie haben überall oder zumeist zu vier gestanden, wie Fig. 1 zeigt, an Fig. 2 finden sich nur je 2 an einer Gliederung. Sporangien sichtbar, aber nicht deren Träger. Fig. I ist ein 29°® langes Stück, der Zweig fast 26°® lang mit 13 Gliedern, die von 22 bis 19mm an Länge abnehmen, unten 4,5um breit, an den Knoten nicht verdickt. Die scharfen Gliederungen tragen Blätter, welche nicht viel über die Länge eines Gliedes erreichen, lineal, schmal, einnervig, zahlreich. Ob die Aehren der benachbarten Wirtel alternirten oder senkrecht über einander standen, lässt sich nicht festsetzen. Der Aehrenstiel ist ein dünnes Glied, 7— 9um Jang, die Aehren 25 — 38" Jang, 6”% dick, unten stumpf, oben mit knospenförmiger Spitze abschliessend. Sporangien sind als Knötchen mehrfach wahrnehmbar. Fig. 2, ein nur 12,5°® langes Bruchstück, dessen Axe ein dünnerer Zweig von 2—2,5nm Stärke ist, längsgestreift, mit 4 Gliedern von über 3° Länge. An den Knoten, die ein wenig verdickt sind, Aehren und Blätter; letztere schmal, reichen bis zur Hälfte der Aehren, sind aber meist nicht vollständig erhalten. Aehren aufrecht, Stielglied 6 — sum lang, Aehre 22mm, his Smm diek, mit etwa 9 Bracteenkreisen, der letzte knospenförmig zugespitzt. Die Bracteen reichen hier über 2 Glieder fort. Sporangien elliptisch, 2,3mm im grössten Durchmesser: ihre Träger nicht sichtbar. Die scheinbar 2zeilig stehenden Aehren können wohl auch zu 4 vorhanden gewesen sein, so dass die fehlenden 2 im Gestein versteckt geblieben sind. Vorkommen. Zu dem Fundorte Eckersdorf bei Neurode in Nieder-Schlesien gesellt sich in Fig. 1 eine zweite Fundstelle bei Waldenburg, jedoch nicht näher bekannt (MrTscHErric#'sche Sammlung der Bergakademie); in Fig. 2 Grube Centrum bei Esch- weiler bei Aachen. Saarbrücker Stufe. 20. Paracalamostachys rigida STERNE. sp. Auch diese Art (vergl. Steink.-Calamarien S. 54) findet sich weiter verbreitet. Sie liegt mir aus Nieder-Schlesien von Eckers- dorf, Frischaufgrube, vor, wahrscheinlich auch von Königshütte, Gräfin-Lauragrube, Tiefer Querschlag unter dem Sattelflötz (ded. Dir. JUNGHANN); indessen ist letzterer Fund zu schlecht erhalten, um die Bestimmung sicher auszuführen. In beiden Fällen sind es Rispenstücke mit fast sitzenden Achren. 192 Paracalamostachys. [278] 21, Paracalamostachys striata n. sp. und Asterophyllites striatus n. sp. Taf. XX Fig. 3—5. Rami steriles foliosi vahdi; internodia longa; folra numerosa, angusta, lineari-subulata, rigidiuscula, longiora guam inter- nodia, striata, erecta vel erecto-patentia. Spieae paniculatae, breviter pedunculatae vel singulae atque ter- minales, cylindratae, 2-5" longae; bracteae creberrimae, lineari- lanceolatae, acutae, 3 articulis majores erectae. Sporangia conspieua, verticılls interposita. Unfruchtbare Zweige (Asterophyllites) beblättert und kräftig; Glieder etwas lang; Blätter zahlreich, schmal, lineal bis pfriemen- förmig, ein wenig steif, länger als die nächsten Internodien, ge- streift, aufrecht oder aufrecht-abstehend. Aehren rispenförmig, kurz gestielt oder einzeln und endständig, cylindrisch, 4—-5°“ lang; Bracteen zahlreich; lineal-lanzettlich, spitz, über 5 Glieder lang, aufrecht angedrückt. Sporangien deutlich, zwischen den Deckblattwirteln.- Die in Fig. 3—5 abgebildeten Reste befinden sich auf einer Platte und tragen einen so verwandten Habitus, dass ihre Ver- einigung nahe gerückt wird, obschon eine Verbindung derselben unter einander nicht vorliegt. Auch kann man zweifelhaft sein, ob ein so verschiedener Aehrenstand wie Fig. 4 (einzelne end- ständige Aehre) und Fig. 5 (Rispe) für ein und dieselbe Art zu- lässig sei. Indessen führt die sonst völlige Gleichheit der Aehren dazu, die beiden Fruchtstände als untrennbar anzunehmen. Danach erhalten wir folgende genauere Charakteristik der Reste: Fig. 3, Asterophyllites striatus. Ein Zweig über 15°% lang, mit 8 Gliedern von 18— 21mm Länge bei 5Wm Breite, fein gestreift. Blätter zahlreich, fast fadenförmig, 0,4" m breit, von mehreren sehr feinen parallelen Linien durchlaufen, bis 4°® Jang oder mehr. Die Streifen des Blattes sind anscheinend auf den beiden Seiten desselben verschieden, auf der einen meist ganz gleich, auf der an- deren treten sie theils paarweise mehr hervor, theils concentriren sie sich um einen schärferen mittleren, der als Mittelnerv sich ansehen lässt. Diese parallele Linirung stimmt mit dem, was FONTAINE und WHITE (second geol. survey of Pennsylvania. The permian or [279] Paracalamostachys. 193 upper carboniferous flora of West Virginia and S. W. Pennsyl- vania, 1880, S. 35 Taf. II Fig. 1—5) unter dem Namen Nemato- phyllum angustum von Cassville in West-Virginien beschrieben haben. Doch ist die genannte Art weit grösser und kräftiger, die Blätter sehr viel länger und breiter. Bei Nematophyllum F. et W. sollen auch die Blätter am Grunde ringförmig verwachsen sein, was in den hier vorliegenden Stücken nicht der Fall ist. Ich trage daher Bedenken, unseren Rest zu der Gattung Nematophyllum zu zählen, sondern glaube, dass er von Asterophyllites nicht wohl zu trennen ist. Ein anderer Zweig derselben Platte zeigt übrigens gleiche Merkmale. Fig. 4, Zweig mit endständiger Aehre. Der Zweig hat viel Achnlichkeit mit dem von Fig. 3, wenn auch die Blätter kürzer erscheinen. Letztere haben die- selbe Liniirung. Die Deckblätter der Aehre sind einnervig, spitz, länger als ein Glied, erreichen aber das dritte folgende wohl nicht ganz und bedecken meist weniger als 2 Glieder. Es stehen S—9 im Halbquirl. Fig. 5, Paracalamostachys striat«. Mehrere Aehren sind rispenförmig zu- sammengestellt, möglicherweise zu 4 an der Gliederung, wie die 4 untersten Aehren vermuthen lassen. Die Axe ist 5mm breit, längsgestreift, ein Glied samm lang. Die kurz gestielten Aehren werden von Blättern gestützt, so lang oder länger als der Aehrenstiel, ebenfalls gestreift. Bracteen wohl zu 8 im Halb- quirl, schmal lanzettlich, spitz, manchmal (bei vollständiger Erhaltung, s. mittlere Aehre rechts) mehr als 3 Glieder überdeckend. Eine der untersten Aehren (rechts neben der Axe) ist aufgeblättert und lässt isolirte kleine Sporangien, jedoch keine Sporangiophoren oder deren Spuren erkennen. Vorkommen. Orzesche-Grube in Ober-Schlesien, gesammelt und der geologischen Landesanstalt geschenkt von Herrn Bergrath Dir. SacHsE, Saarbrücker Stufe. 22. Paracalamostachys Williamsoniana n. sp. las ZOO ie 9 Dünner Stengel mit einfachen kurzen sichelförmigen Blättern, die Glieder an den Gelenken etwas verdickt und fein längsgestreift, ähnlich wie Sphenophyllum; auch die Aehren Sphenophyllum ähn- lich. Diese an den Knoten meist sitzend und an der Insertions- stelle mit mehreren gedrängten Blättern umgeben. Eine Aehre ist endständig; die anderen seitenständig, steil abstehend, zwei davon anscheinend gestielt mit mehrgliedrigem Stengel, aber es ist nicht 13 194 Paracalamostachys. [280] sicher, ob diese nicht fremde, zufällig in diese Lage gekommene Aehren sind (vergl. die oberste links und die unterste rechts). Die Bracteenkreise sind gedrängt, die Bracteen kurz, lanzett- lich, am Ende knospenförmig zusammenneigend, aufwärts an- gedrückt. Sporangien nicht sichtbar. Von (alamostachys Binneyana ist diese Art durch Grösse und Form der Theile verschieden. Vorkommen. Im Schieferthon von Ewood Bridge im Irwell- thale wenige Meilen nördlich Manchester. Ein von Prof. WILLIAM- son geliehenes Stück, das ich nach ihm benenne, da es sicher nicht der Species Binneyana angehört, zu der diese Form ge- wöhnlich in England gerechnet werden soll. Ihr Vorkommen ist ein wenig höher als die Ganister-beds mit Calamostachys Binneyana. 23. Paracalamostachys minor n. sp. Taf. XXII Fig. 10—14. Spicae parvulae, graciles, lineari-cylindratae, 3—4,5"" latae, anguste articulatae, artieulis 1,9 —1,7"® altis instructae. Brac- teae in vaginam eapansam connatae, tum in dentes VD—12 sur- sum versos acutos solutae, secundam artieulationem eirca attingentes. Aehren klein, zierlich, lineal-walzlıch, 3 gegliedert mit 1,5—1,7”"" hohen Gliedern. 4,5" breit, eng Deckblätter zuerst in ene scheibenförmig ausgebreitete Scheide verwachsen, dann in 10—12 nach oben gerichtete Zähne aufgelöst, welche etwa die zweite Gliederung erreichen. Sporangien und Sporangiophoren nicht bekannt. Nur Bruchstücke isolirter Aehren sind bekannt geworden, das längste (Fig. 10) 32”” lang. Breite meist 3—4"" und Höhe der Glieder 1,7"; bei anderen 4,5" Breite und 1,3" Gliedhöhe. Wenn ein Wirtel der Deckblattscheibe von oben sichtbar wird (Fig. 10 u. 12), so findet sich zuerst eine tellerförmige Scheibe mit 5—6 kielartigen Rippen im Halbkreis, flach kesselartig vertieft, deren kand in ebenso viele Zähne ausläuft, die nach oben gerichtet sind (s. Fig. 13 von oben gesehen). Von der Seite (Fig. 14) wer- den die Rippen und Zähne deutlicher. Die Zähne gehen wohl [28 1] Paracalamostachys. 195 weiter als in Fig. 14, bis zur zweiten Gliederung (Fig. 10). Von anderen Theilen war nichts zu beobachten. Die Kleinheit der Aehren und die scheibenförmige Ver- wachsung ihrer Bracteen erinnert an Calamostachys Binneyana. Vorkommen. Hangende Schiefer des Gerhardflötzes im Erbreichschacht und Heinrichschacht bei Königshütte in Ober- Schlesien, gesammelt und geschenkt von Dr. Kosmann. Unterster Theil der Saarbrücker Stufe. Ausserdem von Zeche Franziska- Tiefbau Flötz 4 — Mausegatt-Hundsnocken bei Witten (Bergrath v. BRUNN ded.), gleiche Stufe. 13* V. Macrostachya Scrme. (Volkmannia STERNE. part., Equisetites GEIn. part.) Für diese provisorische Gattung gilt dasselbe wie für Paracalamostachys: um nicht willkürlich die hier aufzuführenden Arten in andere Gattungen zu vertheilen, mögen sie so lange im Sinne von SCHIMPER vereint bleiben, als ihre Sporangien und deren Befestigung noch nicht sicher bekannt sind. 24. Macrostachya Hauchecornei n. sp. Taf. XIX Fig. 4. Spicae longissimae, caudaeformes, articulis numerosis, 4,5" circiter altıs atque awi tenwi instructae. Bracteae primo pa- tentes, tum arcuatim erectae, denique obliqwe patentes, elongatae, anguste lanceolatae, nervo medio valido percursae, subcarinatae, 16 vel fortasse 20— 24 articulationi affiwae. Aehren sehr lang, schwanzförmig, mit zahlreichen Gliedern, die gegen 4,5”" hoch sind und an dünner Axe stehen. Deckblätter erst abstehend, dann bogig aufwärts gerichtet, end- lich schief abstehend, verlängert, schmal-lanzettlich, von kräftigem Mittelnerv fast gekielt, wohl über 16 bis höchstens 24 im Kreis. Von Sporangien und deren Trägern nichts bekannt. Von mehreren vorliegenden Stücken zeichnet sich das abge- bildete als ein über 25°” langes Bruchstück aus, welches 58 Brac- teenwirtel zählt, so dass ein Glied 4,4" hoch ist. Die Axe ist kaum einmal an einer Stelle sichtbar und wurde dort sehr schmal befunden. Am meisten tritt der untere Theil der Bracteenwirtel hervor, welcher korbartig, 12”” breit ist und durch die etwas bauchig gekrümmten Blättchen gebildet wird. Letztere sind im [283] Macrostachya. 197 unteren Theile bis 2”” breit, aber über der Mitte schon auf Im” verschmälert, einnervig, mit schmalem, aber kielartig vortretendem Mittelnerv, der freilich bei anderen Exemplaren undeutlich erhalten ist. Die Anzahl der Blättchen im Halbquirl ist schwer zu be- stimmen; indessen sind es wohl über 8, doch höchstens 12. Die Bracteen sind schon bald, in 4,5%" Höhe, abgerissen; seitliche Anhängsel jedoch, welche in blassen Abdrücken fortsetzen , be- weisen, dass die Bracteen lang sind, wohl so lang als 5—6 Glieder (Fig. 4a). Die Aehren haben wegen ihrer verlängerten Bracteen viel Aehnlichkeit mit Macrostachya caudata Weiss (Steink.-Oalamarien I, 1876 S. 77 Taf. XIII Fig. 2); indessen hat diese viel breitere Axe und breitere Blättchen, welche auf verhältnissmässig grosse Länge senkrecht von der Axe abstehen, auch schr wenig von einem Mittelnerv erkennen lassen. | Das abgebildete Exemplar liegt über einem Asterophylliten- stengel, der nur Spuren von Blättern zeigt und daher nicht näher bestimmbar ist. Beide, der Stengel und die Aehre, sind aber ausser Zusammenhang, die Aehre geht ein merkliches Stück über dem Stengel fort und gehört nicht an denselben. Vorkommen. Orzesche in Ober- Schlesien, der Landesanstalt von Herrn Bergrath Dir. SacusE geschenkt. Saarbrücker Stufe. 25. Maerostachya infundibuliformis BRoNGn. sp. und 26. Macrostachya earinata ANDRÄ sp. (Calamostachys?) Steink.-Calamarien 1876, S. 72, 73. Dr. STERZEL spricht sich (palaeont. Charakter etc. I. c. S. 85 ff.) für die Vereinigung der obigen beiden Arten und gegen die Ab- trennung einer M. Geinitzi Stur aus, nachdem ihm von Lugau in Sachsen gegen 130 Macrostachya-Aehren neben Wettiner Ver- gleichsmaterial vorgelegen haben. Nach ihm ist sowohl der kiel- artige Mittelnerv der Bracteen sehr veränderlich in seiner Deutlich- 198 Macrostachya. [284] keit und daher die Selbstständigkeit der zweiten Art M. carinata zweifelhaft, als auch namentlich die Grösse der Aehren und damit gleichzeitig die Zahl der Bracteen im Wirtel grossen Schwankungen unterworfen, womit die Möglichkeit der Aufstellung der von STuUR vorgeschlagenen Species Geinitzi ebenfalls fallen würde. Hie und da hat StTERZEL an den Aehrenaxen punktförmige Spuren (Närbchen der Sporangiophoren) gesehen, ist aber zweifel- haft, ob sie das Vorhandensein von Sporangiophoren beweisen, und seine Zweifel erstrecken sich sogar auf die Aehrennatur dieser Reste überhaupt. Exemplare mit beblättertem Aehrenstiel haben sich nicht vorgefunden. Die Erhaltung dieser Aehren in Abdrücken und flach zu- sammengedrückten verkohlten Körpern ist für die Festsetzung der Species sehr ungünstig, weil die unterscheidenden Merkmale sich durch die Erhaltungsweise verwischen. In dem zahlreichen säch- sischen Materiale können sehr wohl 2—3 Arten enthalten gewesen sein, ohne dass es möglich ist, jedes Stück sicher zu bestimmen. Beachtenswerth erscheint dabei, dass die auffallend grossen Formen, welche Stur als M. Geinitzi bezeichnete, besonders im oberen Theile der productiven Steinkohlenformation bis in die Ottweiler Stufe gefunden werden, auch die typische carinata bisher nur in diesen oberen Schichten gefunden wurde. Sei dem nun, wie ihm wolle, so erscheint mir für jetzt noch der Versuch der Unter- scheidung obiger zwei Arten (oder Varietäten?) geboten. An welchen von ihnen die von STERZEL beobachteten Spuren von Sporangien aufgetreten sind, ist nicht angegeben und eine Ein- reihung dieser Reste in die Gattung Calamostachys deshalb nicht vorgenommen worden. Dass es aber wirklich Trägerspuren gewesen seien, was STERZEL sah, erscheint nicht zweifelhaft, wenn man häufig dergleichen zu beobachten Gelegenheit hatte. Hier mögen folgende Vorkommen Erwähnung finden: Maecrostachya infundibuliformis vom Rhein-Nahebahnschacht bei Neunkirchen, Saargebiet, mehrere Aehren, deren eine einen mehrgliederigen Aehrenstiel mit kürzeren Blättchen zeigt. [285] Volkmannia. 199 Maecrostachya carinata var. approwimata Taf. XVI Fig. 3, von Örzesche in Oberschlesien, ded. Dir. SACHSE. Die Aehrenglieder sind sehr kurz, die Deckblattwirtel daher sehr genähert; die Deck- blätter zwar meist sehr zusammengeflossen, aber der Mittelnerv kiel- artig, recht bemerklich; spitz, kurz, d. h. mit ihrer Spitze nur den folgenden Quirl bedeckend. Das abgebildete Stück hat 14" Breite, andere 15, auch 12"W. Das längste Bruchstück ist 11°” lang. Höhe der Glieder an dem abgebildeten Stücke 2,75"”, an anderen 2,4 bis 2,5”%. Wohl 12 Blättchen im Halbquirl. Liegt unter Anderem mit Sphenophyllum tenerrimum Eitt. zu- sammen, wovon ich Taf. XVI Fig. 4, 5 zwei Wirtel abbilde, um das bereits früher angegebene Vorkommen dieser Art bei Orzesche zu bestätigen. VI. Volkmannia Sterne. part. Nicht die Beispiele, welche STERNBERG von dieser Gattung gab, sondern das Bild, welches man sich von der Organisation derjenigen unter seinen Volkmannienresten, die Aehren darstellen, machte, entsprechen der obigen Bezeichnung. 27. Volkmannia tenera Weiss. Steink.- Calamarien 1376, S. 113 Taf. XII Fig. 10, 2. Die gleichen Aehren wie in Nieder-Schlesien habe ich in Ober-Schlesien auf der Radzionkau-Grube bei Scharley gefunden. Gestalt, Grösse, Länge der Bracteen stimmen mit jenen; Sporangien wohl ein wenig kleiner; deren Befestigung nicht wahrnehmbar. Vi. Bowmanites Bier. Spicae articulatae, verticillis bractearum instructae, quae superne sporangia complura in series radıatim disposita ferunt. Sporangia bracteis, ut videtur, pedunculo minimo inserta. Aehren gegliedert, mit Deckblattwirteln, welche auf der oberen Seite mehrere Sporangien reihenförmig radial gestellt tragen. Die Sporangien wohl mit sehr kleinem Stielchen befestigt. E. W. Bınney hat zuerst 1871 (in Palaeontogr. Soe., obser- vations on the structure of fossil plants found in the carboniferous strata. Part II, p. 59 t. XII f. 1—3) einen Rest unter dem Namen Bowmanites cambrensis bekannt gemacht, welcher einen beblätterten Zweig mit endständiger Aehre darstellt, wovon der Zweig an Asterophyllites coronatus Unger erinnert, während die Aehre, soweit sie erhalten ist, dicht gedrängte Bracteenwirtel besitzt, mit ziem- lich steil abstehenden Bracteen, welche in dem Raume zwischen den über einander befindlichen Blättern je 5 runde Körper tragen, »Macrosporen« oder vielmehr, da sie von keiner Hülle eingeschlossen werden, Sporangien. Der Rest wurde in emer Thoneisenstein-Niere bei Pontypool, Süd-Wales, gefunden. Ebenfalls 1871 hat W. ©. WiLLıamson (in Lit. and Philos. Soc. of Manchester V. vol., 3. ser., on the organisation of Volk- mannia Dawsoni, p. 28 t. I—-III) sowie später (in Philos. transact. of the Royal Soc., 1873, on the organ. of the foss. pl. part V p. 54 t. V f. 28, 30) kleine Aehrenreste, die er zu Asterophyllites oder Sphenophyllum zu stellen geneigt war, publicirt, welche ebenfalls gedrängte Wirtel von Deckblättern und auf letzteren 2—3 Spo- rangien befestigt tragen. Theils aus der Achsel der Blättchen, [287] Bowmanites. 201 theils von deren Fläche aus sich abtrennende Stielchen oder Stränge haben offenbar dazu gedient, die Sporangien zu befestigen. Den Rest kann ich nur ebenfalls als Bowmanites betrachten. Untere Coal-measures von Lancashire. An diese 2 englischen Vorkommen reiht sich das nachfolgende deutsche an, gewiss nur der Art nach, nicht in der Gattung von ihnen verschieden. Die systematische Stellung derselben bleibt noch unaufgeklärt, insofern solche Pflanzen mit epiphyllen Sporangien nicht zu Cala- marien zu gehören scheinen, deren Tracht sie haben, sondern viel- leicht eher sich an Lycopodiaceen anschliessen. 28. Bowmanites germanicus n. sp. Tat, XXI Big. 12. Spica approwimate articulata, articulis 2”" altis praedita. Bracteae sub angulo recto egredientes, demum sursum curvatae, articulum secundum apice superantes. Sporangia 3—4 bracteae cuique insertae, subrotunda, infima basi interdum in apicem bre- vissimum pedunculo similem contracta. Aehre eng gegliedert, walzenförmig, Glieder 2" hoch. Brac- teen rechtwinklig abstehend, nachher aufwärts gekrümmt, mit der Spitze das zweit höhere Glied noch überragend. Sporangien zu 3—4 auf jedem Deckblatt, rundlich, manchmal an der Basis in ein stielähnliches, sehr kurzes Spitzchen vorgezogen. Das. Aehrenstück ist 93mm lang, etwa 13mm breit; die Axe, wo sie sichtbar ist, mindestens 2,5" breit, fein längsgestreift, ihre Glieder verbreitern sich ein wenig am oberen Ende. Hier gehen sie in den Blattquirl über. Die Bracteen stehen bis auf etwa 5,5W® Entfernung von der Axe rechtwinklig ab und biegen sich dann aufwärts (Fig. 12A u. B). Von denselben ist nur der Längsbruch zu sehen, nicht die Fläche; ob sie theilweise verwachsen sind, wie bei Bowmanites Dawsonı nach Wiıruıanson, ist nicht zu beobachten. Rundliche bis elliptische Sporangien oder Körper, die wohl nur als solche gedeutet werden können, sitzen in radialen Reihen auf den Bracteen und füllen fast den Raum zwischen 2 Brac- teenkreisen aus. Ihr grösster Durchmesser ist bis 1,9"®; manchmal bemerkt man an der Basis eine schwach vorgezogene Stelle, mit der sie auf der Bractee befestigt zu sein scheinen (in der Figur 12A nicht deutlich genug ausgedrückt) und die den kleinen Stielchen entspricht, welche Wırrıanson bei B. Dawsoni zeichnet, 13°* 202 Nachtrag. [288] obwohl sie im Vergleich zu diesen sehr zurücktritt. Nicht selten geht auch ein leichter schiefer Eindruck mitten über das Sporangium nach oben. Die Sporan- gien sind wie die Blätter in Kohle umgewandelt und besitzen eine fein punktirte Oberfläche. Jederseits von der Axe bemerkt man 3—4, das vierte ist meist un- deutlich. Es liegt Abdruck und Gegendruck vor. Vorkommen. Das Stück ist von Herrn WALTER auf der Gustavgrube bei Schwarzwaldau in Nieder-Schlesien gesammelt und der geologischen Landesanstalt geschenkt worden. Saarbrücker Stufe. Nachtrag zu S. 152. Gyrocalamus = Fayolia. Während des Druckes dieses Bogens erhalte ich eine Notiz der Herren REnAULT und ZEILLER (sur un nouveau genre de fos- siles vegetaux. Comptes rendus des seances de l’Acad. des Sc., Paris 1884, 2. juin), welche offenbar dieselbe Gattung betrifit, die ich oben (8.152) unter dem Namen Gyrocalamus beschrieben habe. Die Herren Autoren nennen dieselbe Fayolia, welche Bezeichnung daher an Stelle der ersteren zu treten hat. Die in den Steinkohlenschichten von Commentry gefundenen Reste, welche die neue Gattung bilden, werden durch 2 Holz- schnitte, die ich hier reproducire, erläutert und diese mit einer Beschreibung begleitet, welcher ich Folgendes entnehme: Es sind spindelförmige (eilanzettförmige) Körper, 8S— 12°“ lang, 1,5— 2°” in der Mitte breit, am einen Ende in eine Spitze auslaufend, am anderen noch mit abgerissenem Stiel versehen, flach zusammen- gedrückt. Die Verfasser betrachten sie als bestehend aus 2 Klappen (valves), die sich gegenüberstehen und spiralig zusammengedreht sind, wobei jede etwa 6—7 Windungen macht. Die starke Zu- sammenpressung der Körper bewirkt, dass die hintere Seite (im [289] Nachtrag. 203 Abdruck vertieft) gleichzeitig mit der vorderen (erhaben) sichtbar ist und so die sich kreuzenden Spiralen der Klappennähte rhom- bische, schuppenähnliche Felder erzeugen, wie es Fig. 1 angiebt, die im Uebrigen alles an den einzelnen Stücken Beobachtbare ver- eınigt. Natürl. Grösse. \ mn N IN. ; | Die Nähte springen kielartig vor und über ihnen steht eine Reihe von runden bis elliptischen Narben, in Fig. 1 mit 1" Durchmesser, die nur an der Spitze und tiefer am Grunde fehlen. Bei einigen Abdrücken finden sich fein gestreifte Stacheln, welche wohl von diesen Narben ausgingen. 204 Nachtrag. [290] Fast alle Stücke zeigen ausserdem, an jeden der beiden Kiele sich anschliessend, gleichsam eine spiralige Halskrause (collerette) von 5" Breite (bei Fig. 1), welche nur an der Spitze sich abtrennt und aufwärts richtet. Sie ist sehr fein gestreift, wie auch die Ober- fläche der Klappen selbst, und zwar durch Epidermialzellen, was man erkennt, wenn man die sehr dünne Kohlenhaut auf jenen mit oxydirenden Reagentien behandelt. Auch gröbere Streifen über- ziehen die Windungen. Die Krause ist in Fig. 1 gefranzt, in Fig. 2 ganzrandig; danach, sowie nach Grösse und Form der Narben, haben RENAULT und ZEILLER 2 Arten, F. dentata (Fig. 1) und F. grandis (Fig. 2) unterschieden. Die Stellung dieser Reste ist den Autoren völlig räthselhaft und wird von ihnen besonders mit Palaeoxyris (Spirangium Schimp.) verglichen, der aber die Narben fehlen. An die Früchte von Medicago und Hymenocarpus wird man wohl erinnert, aber von Samen ist keine Spur zu finden, so dass man sich fragen könnte, ob dieselben nicht so zart gewesen seien wie bei den Orchideen. Dass der von mir auf Taf. IV Fig. 3 abgebildete Rest nur eine dritte Art derselben Gattung darstellt, dürfte ohne Weiteres einleuchten; denn obschon die »Halskrause« fehlt, so ist doch der Kiel % vorhanden, der sie getragen hat. Dieses Stück erscheint freilich viel weniger einer Frucht ähnlich als die der Herren RENAULT und ZEILLER. Auch durch ihr Vorkommen in Roth- liegendem würde Fayolia palatina verschieden sein. Ich darf übrigens nicht unterlassen, auf die merkwürdigen spindelförmigen Körper zu verweisen, welche ich als ährenartige Missbildungen von Asterophyllites longifolius in meinen Beitr., Cala- marien 1876 S. 52 Taf. X Fig.2 u. 3 bekannt gemacht habe und welche zwar keine spiralige Drehung zeigen, aber beweisen möchten, dass auch bei Fayolia die Möglichkeit einer abnormen Bildung vorliegen kann. A.W. Schade’s Buchdruckerei (L. Schade)in Berlin, Stallschreiberstr. 45. 46. wi, er = Ku . 5 ” 7 wrre ET = > AW. Schade WAEIINEY LIBR MUS. COMP. ZOG Q Ki ur nz SE = NEE Publicationen der Königl. Preussischen geologischen Die nicht mit + tipseöhrten ‚Karten u. Schriften sind in Commiikioh. bei: di Sie on 'Schropp’schen Hoflandkartenhandlung (J. H. Neumann) Rn die Aal. I: ne, in ke bei Pa ul ARE ai ERBEHIEHANN 4 Lieferung 1." Blatt Zorge,. Benneckenstein, % Aaellelde) Me ng » Et » ‘ » = EN 6.» Ittersdorf, *Bouss, *Saarbrücken, *Trüdgeiter‘ man x TR, : . | Heringen, Kelbra nal! Blatt mit 2 Profilen ‚dureh das ne Ei a 5 Se hauge, Sangerhausen, _ en ir 10. € .“ . Wincheringen, a Bean © & mad ? ’ KR 7 & a » Eankebei nn 14.» + Oranienburg, Hennigsdorf, Spandow A 5 15. » Langenschwalbach, ‚Platte en Bit, Wie: | 16. | iR > 2 Harzgerode, Pansfelc 0, I | Bun "Roda, Ganglofl, Neustadt, Ariptis, En > Rödelheim, Frankfurt a. a, ; m. Gieboldehausen, ‚Lauterberg, Duderstadt, rode 28. ae Kränichfeld, ea, Cahla, 5 Landesanstalt. "Im Maälsetabe. von 1: 25 000. Br (Preis für des einzelne Blatt nebst 1 Heft Erläuterungen 2 Mark), hausen, ‚Stolberg ve I, a ä Worbis, Bleicherode, Kaya, Nar.- -Orschla, Gr.-Koul, DET A NH " Immenrode RE RER Ra REN ai Be Sömmerda, Cölleda, Stotteraheim, Neumark, Eerfurt, 3 „Weimar \.,... =. RE | I ». Gröbzig,. Zörbig, re A e “bach, Ben NE Hanweiler Kae 3* 2 blätter) Ba RER Waldkappel, Eschwege, Sontra, Netra, Gerstungen ED RN Kyffhäusergebirge nebst einem geogn. Kärtchen im en ra et ‚baden, Hochheim . ' Mansfeld For, EN Face ‚Cönnern, Eisleben, Wettin . Biestedt, . Teutschenthal, a een Claraner * mit Bohrkarte, und . tabeloy 3m. 0 u RRNDEN je Re DV re er ineeslde, Fried Brad Orlamünde Abhandlungen veologischen Specialkarle von Preussen und den Thüringischen Staaten. BERLIN. In Commission bei Paul Parey, Verlagshandlung für Landwirthschaft, Gartenbau und Forstwesen. 1384. „ PER = Be“ [2 & WE 4 a. Sr zig . i A - ame I = "SOHTESAYE NIHOSHIAUEM AA NEITUSAYUONOHL NEASNY ALLHVA ae av ; unuIee' USSUY YA NOndpjyarT "Jsp weuyg' Ag Die Werdersschen Weinberge. Eine Studie zur Kenntniss des märkischen Bodens von Dr. Ernst Laufer. Herausgegeben von der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt. Mit 1 Titelbilde, 1 Zinkographie und 2 Holzschnitten im Text. Im Anhange: Bodenkarte von den Werder’schen Weinbergen im Maassstabe von 1: 12500. IIAAANANIIIIII INN NANANANANIN IT BERLIN. In Commission bei Paul Parey, Verlagshandlung für Landwirthschaft, Gartenbau und Forstwesen. 1884. Inhaltsverzeichniss. Seite IB NE tannaN Ar. Det. 22 a Men 2 Re Ah ZU RE RS RR SE SAL SVET Abschnitt I. Geognostische Verhältnisse . . . re l A. Petrographie der auftretenden one Eee re 2 IDasE Diluvumas a a ee ee DR A 2 Das Alluvum . . IE SEINE REN A | B. Vorkommen und une de Dilledekehilile Br er ee 1 Mittheilungen über Brunnenbohrungen. . . . 2.2.2... Abschnitt II. Bodenverhältnisse 25 A. Die Bodenprofile in Seoemagtacher inch, s 26 1. Die Profile des Thalsand- oder Niederdnassandloden: P 26 2. Die Profile des Diluvial- oder Höhensand- und Grandbodens 27 3. Das Profil des Lehmbodens, bez. lehmigen Bodens 0a 4. Das Profil des Thonbodens . . . 80 B. Die Zusammensetzung des Bodens und seine disroniblen Nährstoffe in annähernder Bestimmung. . a Der Niederungsboden erdibodian). Profil a a) Der Höhenhoden (Sand- und Grandboden). Profil 4-9 . 40—49 IehmioersSandboden.g Bronlnl Orr sr Berl ihomieerssandboden-s Bronlele Ur an ehmpboden-sProtilalo Er ee ee E58 61 Ihonpodenerur Nabe Boy Le the C. Zusammenstellung der Enahytischen esulkieris RN Mer eo I Gehalızanakohlensaurens Kalk gr 65 ING ehaltzderL Oberkzumerw ans ums er m, Gemalt am Kell o & = EN) IV. Elementare Tüskmmensetzune des Gesammtbodens der sandivene Bildungensm en 2. el VI V. Elementare Zusammensetzung der Feinsten Theile der sandigen Bildungen B VI. In kochender cone. Salzsäure lösliche Stoffe des a bodens der Thalsande (Kulturschicht) . VII. In kochender cone. Salzsäure lösliche Stoffe des en bodens der Diluvialsande (Kulturschicht) R VII. In kochender conc. Salzsäure lösliche Stoffe des Gesammt- bodens des Diluvialgrandes IX. Bestimmung des Thongehaltes X. Uebersichtliche Zusammenstellung der hang es Thal- sandes . i XI. Uebersichtliche eneedllıne dar on: de Dilu- vialsandes : D. Die Beziehungen des Bodens zum essen 1. Bodenfeuchtigkeit und Glühverlust 2. Versuche über die Wassercapaeität 3. Versuche über die Oapillarität Abschnitt III. Der Obstbau und seine Entwickelung . 1. Die Bodenkultur 2. Die Obstzucht . { r 3. Statistik der Ortpreduetton Ä Abschnitt IV. Die Ansiedelungen und die Erweiterung des Obstbaues in der Umgegend von Werder . Anhang. 1. Aus der Flora der Werder’schen Weinberge Bericht über eine kleine floristische Exeursion nach Werde und den Werder’schen Weinbergen ausgeführt im August 1584 von Dr. H. Poroxıs Ruderalllora . B Flora der alluvialen los ikea ned des Wekkers Flora auf den alluvialen und diluvialen Sanden Flora auf dem diluvialen Thon und Mergel . 2. Die angewandten Methoden der Untersuchung . Seite 71 99 101 103 104 105 107 108 Einleitung. Weinberge findet man auf den Specialkarten der Mark Brandenburg in grosser Zahl angegeben und es ist wohl möglich, dass vor längerer Zeit auf den meisten derselben der Wein- bau gepflegt wurde. Wohl alle diese Berge sind ihrer geognosti- schen Beschaffenheit nach im Wesentlichen aus den Ablagerungen des Unteren Diluvialsandes aufgebaut, welcher bekanntlich die meisten Höhen der Mark bildet. Auf den Werder’schen W ein- bergen sind zur Zeit noch Ueberbleibsel jener Kultur zu bemerken, aber die Obstbaumzucht hat hier längst den Weinstock verdrängt, so dass der Name »Weinberge« nur noch als Ortsbezeichnung gelten kann. Den Bewohnern von Berlin und Umgesend sind diese Berge wohl bekannt. Sie werden besonders zur Zeit der Baumblüthe von nach Tausenden zählenden Personen besucht, welche durch Extrazüge und Dampfschiffe namentlich von Berlin und Potsdam hierher befördert werden. Dann ist in den Anlagen ein lustiges Treiben. Auf dem Wachtelberge und dem Galgenberge, den der Stadt Werder am nächsten gelegenen Aussichtspunkten, sind zu jener Zeit Zelte aufgeschlagen, in welchen den Gästen inmitten der Baumblüthe Erfrischungen gereicht werden. Einen eigenartigen Eindruck machen diese Obstkulturen gewiss auf jeden Besucher. Hier die überall voll mit Blüthen be- deckten Bäume und da — der reine, fast weisse Sandboden; denn als solcher erscheiut derselbe, wenige Stellen ausgenommen, wenn nur oberflächlich betrachtet, fast überall. VIII Bei Gelegenheit der geognostischen Aufnahme des Blattes Werder, als ich, mit derselben von der Königlichen geologischen o° Landesanstalt beauftragt, in der Nähe dieser interessanten Berge längere Zeit verweilen musste, fasste ich den Entschluss, dieselben zum Gegenstande einer eingehenden Untersuchung zu machen und sie in ähnlicher Weise zu bearbeiten, wie ich vor einigen Jahren den Boden des Babelsberges bei Potsdam untersucht habe (ef. Jahrbuch der geologischen Landesanstalt für 1880). Bei dieser Arbeit habe ich einen weiteren Zweck im Auge. Die Gleichmässigkeit der diluvialen Ablagerungen erlaubt, die hier mit Bodenarten eines begrenzten Grebietes ausgeführten Unter- suchungen auch ..auf gleichaltrige Bildungen im nordischen Dilu- vium überhaupt zu übertragen, und somit glaube ich, dass mit diesen Studien vor Allem die Kenntniss des märkischen Sand- bodens erweitert wird. Wie weit ich mit der folgenden Arbeit diesen Zweck erreicht habe, überlasse ich der wohlwollenden Kritik der Fachgenossen. Ich verfehle nicht, Herrn Weinbergsbesitzer AuG. FRITZE sowie den Herren Lehrern OESER und WOoLFF für freundliche Mittheilungen meinen besten Dank auszusprechen. Abschnitt I. Geognostische Verhältnisse. Die Werder’schen Weinberge liegen westlich der auf einer Insel aufgebauten Stadt Werder, etwa eine Meile von Potsdam entfernt). Wir befinden uns hier auf dem 30. Grade nördlicher Breite und 52. Grade östlicher Länge. Nicht unwesentlich für die Benutzung dieser Berge zur Obst- kultur ist die Begrenzung derselben durch grosse Wasserflächen, ım Osten durch die hier etwa 1” breite Havel, im Westen durch den Plessower und Glindower See, von welchem letzteren eine Verbindung durch die Riegelbucht zur Havel als südliche Um- rahmung führt. Im Norden der Berge breitet sich eine weite, von Wiesen durchzogene Thalfläche aus, so dass das Gebiet dieses interessanten Stückes Land ein abgeschlossenes ist. Im Allgemeinen sind die östlichen Gehänge der wesentlich dem Unteren Sande angehörigen Diluvialhöhen mehr geneigt, als die westlichen; die steilsten Böschungen besitzt der Osthang des Richter- berges südsüdwestlich von Werder, Nördlich der Brandenburger- strasse ist das Gehänge durch starke Abschlämmmassen, welche natürlich sandiger Natur sind, aber durch humose Beimischungen verunreinigt erscheinen, verdeckt, so dass es auch hier nicht ge- lingen konnte, die gewiss in tieferem Niveau vorhandenen merge- ligen Schichten in 2” Tiefe zu erbohren. Die grösste Höhe erreichen die Werder’schen Weinberge im Kesselberg, auf welchem ein trigo- nometrischer Punkt 249 Fuss Meereshöhe angiebt, so dass man ) Vergl. die zugehörige »Boden-Karte von den Werder’schen Weinbergen«. 1 ) Geognostische Verhältnisse. [292] sich auf dieser Höhe, von wo man eine prächtige Aussicht über grosse Wasserflächen und Waldungen geniesst, 154 Fuss über dem zu 95 Fuss angegebenen Havelspiegel befindet. Südlich vom Kessel- berge erhebt sich der Galgenberg zu 195 Fuss. Grosse Flächen halten sich zwischen 165— 195 Fuss Höhe. In dem mehr isolirt liegenden Wachtelberge werden 180 Fuss, die gleiche Höhe auch im Richterberge erreicht. A. Petrographie der auftretenden geognostischen Bildungen. Das Diluvium. Die Schichten des Diluviums ım norddeutschen Flachlande theilt man allgemein in zwei Etagen und unterscheidet somit ein Oberes und Unteres Diluvium. Das Obere Diluvium besteht aus dem Decksand oder »Geschiebesand« und dem »Oberen Geschiebemergel«. Letztere Bildung ist auf den Werder’schen Weinbergen nirgends vorhanden und die erstere Facies, der Geschiebesand, wird nur durch die an der Oberfläche vorkommenden Geschiebe vertreten. Zuweilen er- reichen dieselben mehrere Kubikfuss Grösse und gehören den ver- schiedensten nordischen Gesteinen an. In dem weitaus grössten Theile erkennt man Granit und Gneiss mit allen Abarten, häufig Augengneiss, seltener Granatgneiss, auch Alandsrappakivi, ferner Porphyre, darunter Elfdalenporphyr, Horn- blendegesteine, Diabase (Hunne-Diabas) u. dergl. Zu den häufi- geren Geschieben gehören ausserdem Quarzite (z. Th. Dalaquarzit) und rothe cambrische Sandsteine; vereinzelt findet sich auch Hälleflinta. Ein weiteres Interesse verdienen diese Geschiebe hier aber dadurch, dass fast die Mehrzahl derselben jene so eigenthümliche, in den Geschiebesandbildungen der Mark zuerst durch Herrn G. BERENDT!) beobachtete pyramidale Zuspitzung besitzen, welche 1) Conf. Zeitschr. d. D. geol. Ges. Jahrg. 1876, S. 415. — G. Berenpr und W. Danmes, geogn. Beschreib. d. Geg. v. Berlin, S. 69. | [293] Geognostische Verhältnisse. B) Erscheinung wohl auf Eiswirkung hingedeutet wird, doch noch keineswegs erklärt werden kann. Noch häufiger als hier finden sich solche Dreikantner in dem Decksande der Lüneburger Haide, fehlen dagegen in Schonen, wie es scheint, oder sind dort wenigstens sehr selten !). Das Untere Diluvium bildet der Untere Diluvialsand (Spathsand) mit eingelagerten Geschiebemergel- und Thonbänken. Gewöhnlich liegen in der Potsdamer Gegend die Schichten folgendermaassen über einander: Ueber dem Diluvialthonmergel ist in der Regel ausser feinem Schlepp- oder Mergelsand eine mächtige Entwickelung der Sand- facies vorhanden, dann folgt der Untere Geschiebemergel in mäch- tiger oder schwacher Bank und darüber wieder Spathsand, welcher auch als Liegendes unter dem Thonmergel überall beobachtet wird. Dass auch in dem Spathsande unter dem Thonmergel noch Ge- schiebemergelbänke abgelagert vorkommen können, beweist das in Ferch auf der Sohle einer Thongrube angesetzte Bohrloch 2). Der Diluvialthonmergel. Der Diluvialthonmergel, in hiesiger Gegend als »Blauer Thon« oder auch kurzweg »Ziegelerde« bezeichnet, ist die nach den nach- barlichen Erdestichen von Glindow südwestlich von Werder in der Wissenschaft als »Glindower Thon« benannte Diluvialablagerung. Wir bezeichnen dieses Gebilde nach seinem petrographischen Cha- rakter als »Thonmergel«, da ihm stets ein namhafter Kalkgehalt eigen ist, welcher bis auf 22 pCt. steigen kann. Es ist aber wohl zu beachten, dass dieser Gehalt an kohlensaurem Kalk in der ganzen Masse des Thones vertheilt ist, so dass jedem Theilchen Kalk zukommt. Nur ganz vereinzelt finden sich wohl kleine Mergelknauern oder auch 0) Herr Lunperen theilte mir jüngsthin mit, dass Herr pe Grrr in der Nähe von Lund jetzt Dreikantner entdeckt habe. — Interessant ist, dass €. Krıunack pyramidale Geschiebe auch in dem Geschiebesande auf Island beobachtete. (Conf. Jahrb. der Königl. preuss. geol. Landesanst., 1883, S. 173.) ?) G. Berenpr, die Umgegend von Berlin, in den Abhandl. zur geol. Special- karte von Preussen und den thüring. Staaten, Bd. II, Heft 3, S. 10. 4 Geognostische Verhältnisse. [294] Kreidefragmente in seinen Ablagerungen, welche bei der Ziegel- fabrikation sehr nachtheilig werden können, während jener fein ver- theilte kohlensaure Kalk, wenn nicht in zu grosser Menge vorhanden, keineswegs ungünstig ist. Der Gehalt an plastischem Thone (wasserhaltiges Thonerdesilicat, Kaolin) würde nach den Unter- suchungen von L. DuLk ca. 20 pÜt. betragen; es ergiebt sich somit, dass eine grosse Menge feinsten Sandes (Staub) vorhanden ist. Diesen feinen Sand bemerkt man deutlich, wenn man ein Stück des Thones senkrecht auf seine Schichtung anschneidet, denn jene Schichtung, welche der Diluvialthonmergel der Pots- damer Gegend überhaupt regelmässig zeigt, wird erst durch Zwischenlagerung feinster Sandschichten sichtbar. Die häufigere oder geringere Sandbeimengung lässt auch in grösseren Ablage- rungen fettere oder sandigere Bildungen erkennen. Die Färbung des Thones ist in oberen Lagen gelblich, dann grau, graublau, in tieferen Schichten braun und braunschwarz, besonders wenn sich fein vertheilte Braunkohle als Färbungsmittel einstellt. Eine Probe aus den Thongruben des Herrn Warrıs wurde der soge- nannten rationellen Analyse!) unterworfen und gefunden: Diluvialthonmergel. Werder’sche Erdeberge. Ziegeleigruben von WALLIS. I. Mechanische Analyse. Thonhaltige Theile Grand San Q Feinste 2 r | Staub Theile Summa über 0- | 1- | 05- 02- | O,l- 0,05- unter mm mm | VD | 02mm (ya ( 0,0 1mm H,O 13,34 86,80 fehlt ———:- m I 100,14 0,04 | 0,18 | 0.16 044 112,52 46,34 | 40,46 | I) ©. Bisenor, die Feuerfesten Thone, Leipzig, 1876. Fe [2 95] Geognostische Verhältnisse. 5) JI.. Chemische Analyse. | Kieselsäure.h ru see ra 61,21 50,54 10,67 ntansaures ne ee 0,10 . _ lihonerdeser ie. a ee 3,36 2,96 5,90 Hisenoxydule. 0 2.0 era: 3,15 3,15 IBISENORSyd we ne 1. Ne er ee 0,98 0,98 Kalkerdes. At As, See 8,68 0,52 8,16 Mansanoxydosydul. 2 22 = 0,19 2ar = Masnesta N ee 1,82 0,20 1,62 KEIN er a ee re er 2,47 118) 1,28 INAEEONE Re 1,00 0,86 0,14 Kohlensäure ea ee: 6,74 6,74 Bhosphorsäure na 2 mn 0,10 (0,096) — BSehwetelsaurers 8 an > 0,74 0,74 VeISSerze tree ge en: 4,32 4,32 | 100,82 | | 44,40 Ich füge dieser Untersuchung diejenige einer ähnlichen Probe aus den Erdebergen bei. (Entnommen aus den Abhandl. zur geo]. Specialkarte von Preussen und d. thüring. Staaten, Bd. III, Heft 2. E. LAurer und F. WAHNSCHAFFE, Untersuchungen des Bodens der Umgegend von Berlin, S. 88 — 89.) Diluvialthonmergel. Thongrube von JaHn. Werder’sche Erdeberge. (Lvpwıe Dur.) A. Diluvialthonmergel bis Mergelsand. I. Mechanische Analyse. Staub Feinste Theile a 0,05-0,01 9m unter 0,01mm Summa 51,5 | 48,7 100,2 B. Diluvialthonmergel. Die mechanische Analyse ist nicht ausführbar. 6 Geognostische Verhältnisse. [296] Dr. L. Dur hat folgende Bemerkungen über jene beiden Diluvialbildungen gemacht. Probe A ist grau und feinkörnig. Sie bildet die Hauptmasse des Thonlagers dieser Grube. Probe B ist als 1 Mergelsand verschiedentlich eingelagert, sie ist die fetteste 3 Decm. starkes Bänkchen ın dem Thon- Thonmergelausbildung, welche überhaupt auf der Section angetroffen wurde, von schwarzgrauer Farbe, in trocknem Zustande hart, von glasig muscheligem Bruche, mit glänzenden Absonderungsflächen; sie ist durchaus fein- körnig, aber im Wasser nicht abschlämmbar. Proben dieses Thones zerfielen im Wasser zu kleinen Stücken; selbst aber beim Kochen mit Wasser und verdünnter Salzsäure war keine Vertheilung derselben zu erzielen, welche eine Schlämmanalyse möglich gemacht hätte. II. Chemische Analyse, a. des Gesammtbodens. Aufsehliessung mit Flusssäure. A. Diluvialthonmergel Bestandtheile bis Mergelsand B. Diluvialthonmergel Ikhonerdeser, rn. 8,35”) 17,26 IEisenoxyio. were er: 3,51 8,87 Meacnesian 1.) 2 a: 2,92 3,28 Kalkerder. Ser 8,04 5,69 Kohlensäure = 2 Kernen TOT) 3:10.20) Kal a nee 2,53 ST INETOn ee a 0,80 0,31 Ehosphorsauten . zo on. 0,10 0,27 Glühyerlusbw rar et 4,54 12,33 Kieselsäure und nicht Bestimmtes 62.24 44.51 Summa 100,00 100,00 *) entspräche wasserhaltig. Thon 21,02 48,15 **) entspräche kohlensaurem Kalk 16,08 8,97 [2 97] Geognostische Verhältnisse. 7 b. Chemische Analyse der Theilproducte des Thonmergels (Uebergang zum Mergelsande). Aufschliessung mit Flusssäure. Staub Feinste Theile Bestandihaile in Procenten des - ın Procenten des Schlämm- | Gesammt- | Schlämm- | Gesammt- products bodens products bodens ichanerdewen Kar er 8,08*) 4,16”) 16305) 5.515) Bisenoxydı. .. 2.8: 2,07 1,39 4.07 1,98 NMaunesian ar, u 2,25 1,16 2,44 18) Kalkerdes ao wa. 6,33 03392 9,06 4,42 IKohlenszurese er 9,1772) ee) 259) UN) RE 2,53 1,31 2,64 1,28 Natron ne: 1,14 0,59 Da 0,59 Glühverlusta ee, 2,74 1,41 6,56 3,20 Kieselsäure und nicht Be- Stimme Sue 68,19 34,78 55,13 26,83 Summa 100,00 51,50 100,00 48,70 *) entspräche wasserhaltig. Thon . 20,33 10,48 28,46 13,86 **) entspräche kohlens. Kalk . . . 14,02 7,22 17,24 8,40 Trotzdem die mechanische Analyse der von L. Durk den südlicher in den Erdebergen gelegenen, jetzt eingegangenen Gruben entnommenen Probe eine grössere Feinheit ergeben hat, als die des Thones der Grube von WALLIS, zeigt die chemische Untersuchung doch ziemliche Uebereinstimmung. Während organische Reste im Diluvialthonmergel selbst in der Mark zu Seltenheiten gehören, beobachtete G. BERENDT!) im Jahre 1863 einige Gasteropoden, Valvata contorta Müll. und Bythinia tentaculata L., in den Thonschichten der jetzt längst eingegangenen Thongrube am Nordfusse des Kesselberges, nahe der Eisenbahn. Im vorigen Frühjahr gelang es mir zu meiner Freude, jene ältere Beobachtung an einer neu abgegrabenen Stelle der verschütteten !) Die Diluvial- Ablagerungen der Mark Brandenburg, S. 54. Siehe daselbst auch die mannigfaltis wechselnde Schichtenfolge des früheren Aufschlusses. 8 Geognostische Verhältnisse. [298] Grube von Neuem bestätigt zu sehen. Die Schaalreste liegen un- gemein zahlreich in sandigen Einlagerungen zwischen den hier in eigenthümlicher Lagerung befindlichen Thonbänkchen (siehe Holz- schnitt II, S. 21). Der Diluvialmergelsand. Der Diluvialmergelsand bildet eine Schicht, welche fast stets in dem Horizonte des Thones vorkommt und daher von den Leuten den Namen »Schlepp« erhalten hat. Er erlangt gerade hier eine grosse Verbreitung und bildet über dem Thone zuweilen recht mächtige Bänke. Der Mergelsand ist ein äusserst feiner, sehr Staub-reicher Diluvialsand, welcher neben einem geringen Thon- gehalte einen beträchtlichen Gehalt an kohlensaurem Kalk besitzt, wodurch er sich vom feinsten Diluvialsand einerseits und vom tertiären Formsand, welcher ganz frei ist von Kalk, andererseits unterscheidet. In noch höherem Grade als beim Glindower Thone machen sich in seinen Ablagerungen Beimengungen von Glimmer- blättchen geltend. Dadurch bildet er oft geradezu Uebergänge zu diluvialem Glimmersand, wenn Thon- und Kalkgehalt noch mehr zurücktreten. Naturgemäss findet man den Diluvialmergelsand nicht immer in seiner intacten Beschaffenheit, sondern der kohlensaure Kalk ist ihm oft durch die atmosphärischen Wasser entzogen worden, und in diesem Zustande ist er für gewöhnlich den für die Obst- kultur in Betracht kommenden diluvialen Sandschichten beigemengt. So wie der Mergelsand Uebergänge zum Diluvialglimmersand bildet, so begegnet man auch Ausbildungen, welche dem Thonmergel nahe stehen. In feuchtem Zustande besitzt der Mergelsand stets Bindig- keit, umsomehr, je näher er der Thonfacies kommt. Seine Farbe ist gewöhnlich gelbgrau, in zersetztem Zustande gelbbraun. Oft entstehen in den tieferen Sandschichten durch Auslaugung des koblensauren Kalkes aus eingelagerten Mergelsandbänkchen Kalk- streifen und Östeocollabildungen. Solche secundäre Bildungen von Kalkschnüren kommen gerade hier häufig vor. Die aus diesem Bereiche untersuchten Mergelsande enthalten 57 —60 pCt. Thon-haltige Theile (ca. 43 pÜt. Staub und 15 pCt. Feinste Theile) und besitzen einen Thongehalt von etwa 7,5 pCt. [299] Geogenostische Verhältnisse. (0) Der Kalkgehalt wurde zwischen 7 und 9 pCt. schwankend ge- funden. Als Beispiel für die Zusammensetzung des Mergelsandes kann folgende, von mir ausgeführte Untersuchung gelten: Diluvialmergelsand. Nordabhang der Thongruben von WarLıs. Werder’sche Erdeberge. I. Mechanische Analyse: Thonhaltige Theile Sand SERTIERT m ———————— Stauh | Feinste Theile Summa üben, 0, Jun D, | 0,1-0.052% 0,05-0,01mm | unter 0,0]mm 11,3 30,9 43,7 | 14,7 99,6 57,4 IH. Chemische Analyse. a. Gesammtboden. Kieselsäure == 76,02 Thonerde — E32 Eisenoxyd —, 2,69 Kalkerde — 19582 Magnesia — 05D Ralı — Natron — 2.1559 Kohlensäure = 3,92 Schwefelsäure = 0,003 Phosphorsäure = Spur Wasser = 29 101255: Durch Kochen mit salpetersaurem Ammon gelöst: Kalkerde — 4,68, entspr. Kohlensäure — 3,67 Magnesia — 0,30, » > — N) Kohlensäure —= 4,00. Kohlensaurer Kalk — N) Kohlensaure Magnesia — 0,63. 10 Geognostische Verhältnisse. [300] b. Thonhaltige Theile (unter 0,05""® D.) Kieselsäure = 26409 Thonerde — 812 Eisenoxydul = (eh Eisenoxyd = 1 Kalkerde — 2,88 Manganoxydoxydul = 0,04 Magnesia — 1,44 Kalı — 213 Natron — Bl) Kohlensäure — 9) Phosphorsäure — 0208 Schwefelsäure — 002 Wasser — a 100,75 Unterer Diluvialmergel. (Unterer Geschiebemergel.) Der Untere Diluvialmergel ist eine thonig-kalkige Ablagerung, in welcher man gröberes Material beigemengt sieht. Dieses besteht sowohl aus grösseren und kleineren Sandkörnern, als auch aus oft mehrere Kubikfuss grossen Geschieben, weshalb dieser Mergel auch zum Unterschiede vom Thonmergel als »Geschiebemergel» zu bezeichnen ist. Der Untere Mergel ist in mehreren Gruben auf den Wein- bergen aufgeschlossen (siehe die Karte), so in der Städtischen Lehm-, resp. Mergelgrube, im Kesselgrunde und in kleinen Auf- schlüssen an den Abhängen des Wachtelberges. Er besitzt überall in dieser Gegend eine sandige Beschaffenheit, während anderwärts auch recht thonreiche Ausbildungen vorkommen, Er ist von gelb- grauer Farbe, welche hier nur selten in die blaugraue übergeht, so in den feuchtliegenden Lagen längs der Potsdamerstrasse und auf dem Strengfelde. Die mechanische Analyse des Unteren Mergels der Weinberge ergiebt etwa 3 pCt. Grand, 73 pCt. Sand und 24 pÜt. thonhaltige [901] Geognostische Verhältnisse. 11 Theile. Der Gehalt an kohlensaurem Kalk beträgt im Durch- schnitt 7,7 pCt. und schwankt zwischen 5 und 11,7 pCt. Zu einer ausführlichen Untersuchung wurde eine Probe aus der Stadtlehm- grube entnommen. Unterer Diluvialmergel. Werder’sche Stadtlehmgrube. I. Mechanische Analyse. Thonhaltige Theile Grand Sand R Staub | Feinste Der er | 0a Bo Theile 9mm am | 0,5 mm 0, 1 mm DO m 0,0 ll mm unter BO = 70,8 29,2 I. Probe (97,1 Heinbod)| 25, | 32 44182 | 187 | 15,5 Ä 72,8 27,2 1I. Probe REREE, 93 | 78 16,90 15,8 1A | 15,8 II. Chemische Analyse. a. Gesammtboden. Kieselsäure — 9.18 Thonerde —= 97 Eisenoxyd = 1,92 Kalkerde = 445 Magnesia — 72.0569 Ralı — 21,52 Natron — 2093 Kohlensäure = 3,13 Phosphorsäure = Spur Schwefelsäure — 0,03 Wasser — 1660 99,75. ) Geognostische Verhältnisse. [302] b. Thonhaltige Theile. Kieselsäure Thonerde Eisenoxydul Eisenoxyd Kalkerde Magnesia Kalı Natron Kohlensäure Schwefelsäure Phosphorsäure Wasser — 56,42 — il, 1,94 —- 3 1008 — 18 — 9,66 — 1 — 5% — 1% — 00% 5,36 100,17. | III. Petrographische Bestimmung des Grandes und groben Sandes. Sand (2-1um) | Grand (über 2mm) rn: Mineralien und Gesteine u en nun Probe | m I. Probe Il. Probe | kalkhaltig entkalkt ONE, ae 9,0 | DT DI 62,0 Beuerstena mn an: 10,0 ; — — Quarzitie 5,1 — 0,9 Sandsfeme sn 0,7 | = _ = Kalksienv ser. Hl 40,7 16,7 —_ Eeldspath m rn I; 2,0 12,3 13,6 Granitisches Gestein . . 22,4 28,1 — 21,2 Hornblendeschiefer . . 0,2 12 _ 2,3 Sphärosidert ' . 2... — 163 ze — Der Untere Mergel besitzt gewöhnlich eine, wenn auch nur schwache Lehmrinde, über welcher man in der Regel etwas leh- migen Sand beobachtet. Dieser lehmige Sand und Lehm sind Verwitterungsproducte des Mergels. Unter den Analysen liegen Untersuchungen (siehe Profil 16 u. 17) vor, welche die Beziehungen [303] Geognostische Verhältnisse. 13 dieser Bildungen zum Mergel erläutern und den Verwitterungsgang erkennen lassen. (Näheres hierüber siehe G. BERENDT, der Nord- westen Berlins, in der Abhandl. zur geol. Specialkarte von Preussen und den thüring. Staaten, Bd. II, Heft 3, S. 70.) Als organische Reste finden sich im Unteren Diluvial- mergel der Weinberge Valvata piscinalis Müll. und vereinzelt Bythinia tentaculata L.,-während die gerade für das Untere Dilu- vıum der Potsdamer Gegend so bezeichnende Paludina dilwviana Kunth hier nur selten angetroffen wurde. In einer Schlämmprobe des Unteren Mergels vom Wachtel- winkel wurden einige Deckel von Dythinia bemerkt. Es ist eigenthümlich, dass gerade jene nur wenig mächtigen, auf den Kuppen der Weinberge vorkommenden Mergelpartien eigentliche Anhäufungen der Valvata zeigen. Vor Allem finden sich demnächst Schaalreste häufig in der Grubenwand, westlich vom Bahnhofe, im Birkengrunde; auch in der Städtischen Lehmgrube sind sie nicht selten. (Im Uebrigen siehe die Karte.) Ferner ist dem Unteren Geschiebemergel ein grosser Reich- thum an silurischen Kalksteingeschieben eigen, welcher sich zu- weilen derartig bemerkbar macht, dass er auf der Karte verzeichnet werden musste. Solche Anhäufungen von Kalksteinen im Geschiebe- mergel sind von mir auch anderwärts beobachtet. So zieht sich eine wirkliche Zone von Kalksteingeschieben im Süden Berlins von Brusendorf bis nördlich von Waltersdorf bei Grünau, eine ähnliche findet sich nördlich Trebbin, ferner östlich von Königs- Wusterhausen nahe Friedersdorf. Leider ist auch hier, wie bei den genannten Orten, die Mehrzahl dieser Kalke versteinerungsleer. Am häufigsten waren Backsteinkalke, Echinosphaeriten- und Encri- nitenkalke. Der Untere Diluvialsand. (Spathsand.) Der Untere Diluvialsand ist ein loses Gemenge von zerklei- nertem nordischen Gesteinsmateriale, welches mit dem Wechsel in der Korngrösse auch in seiner Zusammensetzung vielfache Ver- änderungen erleidet. Den vorwiegenden Gemengtheil der den 14 Geogmostische Verhältnisse. [304] Unteren Sand zusammensetzenden Gesteinsfragmente liefert der Quarz, welcher in abgerundeten, hier nirgends krystallinisch um- schlossenen Körnern sich bis zu 95 pCt. an der Zusammensetzung betheilist. Neben dem Quarze ist für diluviale Sande besonders ein von 10 bis zu 16 pCt. ansteigender Gehalt an meist, rothem Feldspath (Kalifeldspath, Orthoklas) bezeichnend. In Bezug auf jenen Gehalt an Feldspath hat G. BEREnDT auch den Namen »Spathsand« für den Diluvialsand eingeführt. Ausser den ge- nannten Mineralien sind gerade auf den Werder’schen Bergen Glimmer und Hornblende ziemlich zahlreich; zu ihnen kommen als häufigste Beimengungen Granit und Gneiss, Hornblendeschiefer, Sandsteine und Kalksteine. Porphyrisches Material ist hier seltener. Ich lasse einige petrographische Bestimmungen folgen. Dieselben sind, nachdem verschiedene Wege — auch jener, mittelst concen- trirter Lösungen von salpetersaurem Quecksilber und Jodqueck- silber in Jodkalium (es wurde 3,6 spec. Gew. erreicht) — versucht wurden, eine Trennung der einzelnen Mineralien zu erlangen, durch sorgfältiges Auslesen mit der Loupe ausgeführt. Petrographische Bestimmung des Grandes vom Galgenberg. (Profil 5.) Die Körner über 2"” D. enthalten: Aus Tiefen von: Mineralien und Gesteine | 2-5 Dee. | | 1-2 Dee. — 5-10 Dee.|10-14Dec. | kalkhaltig, entkalkt | | Eee SIR R Be lg, 9 N 96,5 lg 46,4 euerstein ; Feuerstein) | 3,0\ | ) 5,8) — Keldspathr. ı . . .. . 4,5 —_ | 3.9 2,8 0,8 Olarzi er. — | — 11.8) _ Sandstein Pe 22 — | — — 1,0 KO Le es ee El 39| 90 Granitisches Gestein . . 47,0 50,9 | 69,6 95,8) A155 Hornblendeschiefer . . Be en) a 1,8| 06 EOTpRya ee = u —_ | = = 9,9 | 1000 | 1000 | 99,81 99,3 [305] Geoenostische Verhältnisse. 15 Als das Resultat zahlreicher Untersuchungen ergab sich, dass bei den nordischen Sanden der Gehalt an Quarz erheblich zu- nimmt, wenn die Korngrösse feiner, und dass umgekehrt der Gehalt an kohlensaurem Kalk geringer wird, wenn die Korngrösse eine kleinere ist. Jeder unverwitterte Diluvialsand besitzt kohlensauren Kalk; gewöhnlich rührt derselbe wohl von silurischen Kalkstein- resten, in hiesiger Gegend weniger häufig von Kreidebruchstücken her. Der Kalkgehalt des Diluvialsandes der Weinberge beträgt mit Rücksicht auf das eben Gesagte 0,5 —1 pCt. Natürlich wird eine so geringe Menge von Kalk durch die atmosphärischen Wasser leicht ausgelaugst, und es kann daher nicht auffallen, wenn wir in diesen Ablagerungen erst in einiger Tiefe, es sei denn, dass eine wasserundurchlassende Schicht aufliegt, noch intacten, d. i. kalk- haltigen Sand finden. _ Bei den Bohrarbeiten ist mir deshalb gerade hier aufgefallen, dass an mehreren Stellen Proben aus 1,5 bis 2” Tiefe sich schon als kalkhaltig erwiesen. Häufig kommt es auch in den Schichten des Sandes vor, dass der in löslicher Form als doppeltkohlensaurer Kalk vorhanden gewesene Kalk an Wurzelfasern u. dergl. wieder als kohlensaurer Kalk aus- geschieden ıst und sogenannte Osteocolla bildet. (Siehe auch S. 8.) Von grosser Wichtigkeit wird für die Obstkultur der Umstand, dass auf den Werder’schen Bergen meistens feinere Sande abgela- sert sind, welche häufig Uebergänge zu den feinen Mergelsanden bilden. Gröbere, leicht austrocknende Sande und Grande haben nur auf kleineren Gebieten, meist auf kleineren Kuppen, einige Entwicklung erreicht; oft tritt aber schon in 1” Tiefe auch hier wieder feinerer Spathsand auf. Als durchschnittliche Körnung gehen aus meinen Unter- suchungen für diese Districte folgende Zahlen hervor: Grand (grösser als 2”” D.) — VS Grober Sand (2 — 0,5" D.) > Feiner Sand (0,5 — 0,1” D.) = Sl > Schluffsand (0,1 — 0,05% D.) — El Thonhaltige Theile (unter 0,05"® D.) = 3,0 >» 100,0 pCt. 16 Geognostische Verhältnisse. [30 6] Thonhaltige Theile sind daher in diesen Sanden in nicht ge- ringer Menge vorhanden, häufig wird ihre Betheiligung an der mechanischen Zusammensetzung eine noch grössere sein. (Vergl. auch die Analyse des Unteren Sandes von Eiche!).) Zur Kenntniss der elementaren Zusammensetzung lasse ich die Bausch - Analyse eines gewöhnlichen feinkörnigen Unteren Sandes folgen. Diluvialsand (Spathsand). Ostabhang des Kesselberges. Kieselsäure — 2 Thonerde — 29 j Eisenoxyd — 0569 Kalkkerde . — Spur Magnesia = (O1 Kalı — 1,44 Natron — NAT Phosphorsäure = Spur Glühverlut == 1,69 100,28. Wenn man zum Vergleiche dieser Analyse die ebenfalls von mir ausgeführte Untersuchung eines Sandes fast gleicher Körnung von Rixdorf?) heranzieht, so scheint bei Werder ein etwas höherer Feldspathgehalt vorzuliegen. Sieht man von der geringen Menge beigemischten Ralislım- mers ab, so berechnet sich aus dem gefundenen Kalı: Kalıfeldspth = 8,5 pt. Natronfeldspath — 4,0 » Damit stimmt folgende, mit der Loupe ausgeführte Unter- suchung wohl überein: Unterer Diluvialsand (Spathsand). Waruıs’ Thongruben. Sand über 0,5" — 0,06 pCt. Feldspath —= ') E. Laurer und F. WarsscuAarre, Untersuchungen des Bodens der Um- gegend von Berlin, S. 116. 2) Ibidem S. 122. [30 7] Geognostische Verhältnisse. 17 Das Alluvium. Im Alluvium dieser Gegend sind der altalluviale 'Thalsand und vereinzelte Dünen- oder Flugsandbildungen zu besprechen. Moor- und Torfboden tritt als Umränderung der Weinberge auf und hat für die Obstkultur kein weiteres Interesse, wenngleich der Moorboden als Untergrund auf kleinen Parzellen auftritt (siehe S. 30). Thalsand. Dieser Sand gleicht in seinem Gehalte an Quarz, Feldspath und Gesteinsfragmenten (meist granitischen) dem Diluvialsande und hängt in Folge seiner Entstehung auch innig mit jenem. zusammen !). Und doch machen sich Unterschiede geltend, welche dazu berechtigen, zumal für eine Bodenkarte den Altalluvialsand von dem Diluvialsande abzutrennen! Jedenfalls ist ersterer durch Um- lagerung des letzteren in den grossen alten Flussläufen entstanden. Da diesem Transporte die oberen, mehr zersetzten Diluvialsande unterworfen waren, so sind ın der That die Thalsande in etwas höherem Grade zersetzt, wie sich bereits durch die blasse Färbung des rothen Feldspathes in denselben bemerken lässt. Auch können Thalsande deshalb keinen Kalkgehalt besitzen. Flugsand. Derselbe ist ebenfalls dem Alluvium angehörig und erlangt auf den Weinbergen in mächtigeren Ablagerungen nur eine sehr geringe Verbreitung, wenngleich besonders auf der Höhe des Kesselberges, namentlich bei Westwinden, durch Flugsandbildungen der Obstkultur grosse Schwierigkeiten bereitet werden; denn an zahlreichen Stellen kann man hier sowohl bis auf die Wurzeln blossgewehte, als auch bis zur Krone versandete Stämmchen sehen. 1) Conf. G. Berexpr, die Sande im norddeutschen Tieflande und die grosse diluviale Abschmelzperiode, Jahrbuch der Kgl. preuss. geolog. Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin, 1881, 5. 482, 2 18 Geogmostische Verhältnisse. [308] N B. Vorkommen und Lagerung der Diluvialgebilde. Die Hauptablagerungsmassen der Weinberge werden von den Schichten des Unteren Diluvialsandes gebildet, in welchen die übrigen Diluvialbänke als Einlagerungen zu betrachten sind. Es ist bezeichnend für den geologischen Charakter dieser Berge, dass jene thonigen Schichten ungemein zersplittert oder in häufiger Aufeinanderfolge im Sande auftreten. So verhält sich der Thon- mergel, der Mergelsand und der Untere Mergel. Beim Thonmergel muss man annehmen, dass er ein zusammenhängendes Lager bildet, dessen bankartige Lagerung in den grossartigen Einschnitten der Werder’schen Erdeberge (siehe das Titelbild), welche sich in süd- nördlicher Richtung auf eine Strecke von einem Kilometer aus- dehnen, überall beobachtet werden kann. In diesen Gruben ist eine Lostrennung dünner Bänke von der Hauptthonbank und die Aufrichtung schwacher Thonschichten durch einen seitlich wirken- den Druck überall zu bemerken. Häufig sind mit jener Erschei- nung vollständige Abtrennungen von Thonschichten und zahlreiche Schichtenstörungen verbunden; beispielsweise treten oft auf grosse Entfernung bin Verwerfungen der Sandschichten auf. Diese Gruben muss man besuchen, um ein Verständniss für die Lagerung der Schichten auf den Weinbergen überhaupt zu erlangen. Daher habe ich der Abhandlung eine Abbildung der Thongräbereien in den Erdebergen beigegeben. Wenn man bedenkt, dass die auf dem Bilde sichtbaren Gerüststangen, welche zur Herstellung von Böcken für die Abkarrung der Abräumungsmassen dienen, grösste Kiefern- stämme sind, so wird man sich vorstellen können, wie grossartig diese Aufschlüsse sind. — Der Abbau findet derart statt, dass man zunächst den Sand über dem Thone entfernt und nach der entgegen- gesetzten Seite der Gruben, auf welcher der Thon bereits aus- gegraben ist, aufschüttet; daher stammen die Terrassen auf der rechten Seite des Bildes. In der Mitte desselben ist der Thon- mergel und die Abzweigung zweier aufgerichteter Thonbänke von der Hauptbank sichtbar. Ganz gleiche Verhältnisse theilt G. BERENDT aus den Aufschlüssen bei Leest mit). !) Die Diluvialablagerungen der Mark Brandenburg, S. 29. [309] Geognostische Verhältnisse. 19 Auch folgende Zinkographie lässt fast saiger stehende, oben sich abtrennende Thonbänke) erkennen. — Bei dem Anblick der Grubenwände in den Erdebergen versteht man auch den häufig auftretenden Wechsel von dünneren und mächtigeren Merselsand- bänken im Diluvialsand, wie er sich in vielen Grundstücken findet. Thongrube am Nordfusse des Kesselberges. Thonmergel. Spathsand. Durch steiles Einfallen der Schichten ist ferner das räumlich sehr beschränkte Auftreten mancher Mergelbänke zu erklären. So konnte z. B. am Abhange des Galgenberges das rasche Ver- schwinden des Unteren Mergels an der Oberfläche durch Bohrungen ) In den sandigen Einlagerungen finden sich hier zahlreiche Exemplare von Valvata (siehe 8. 7). DE 20 Geognostische Verhältnisse. [3 1 0] nachgewiesen werden. Dieselben ergaben an einigen Punkten den Mergel bis auf grössere Tiefe, während er an nicht allzuweit ent- fernten Orten nur 1 Fuss (0,314) Mächtigkeit besass. Offenbar war hier eine aufgerichtete Bank getroffen. Durch solche Lagerung macht zuweilen selbst die Wiederauffindung des Mergels grosse Schwierig- keiten, da seine Oberflächenverbreitung zuweilen nur sehr gering ist. Die Lagerung der Hauptthonbank lässt sich dann erst aus dem Zusammenhange ermitteln. Dieselbe tritt an beiden Ufern des Glindower und Plessower Sees auf. In Folge des durch jene Seen, welche nur eine schmale Alluvialablagerung von einander trennt, entstandenen Einschnittes ist der Zusammenhang der wei- chen Thonschicht aufgehoben und so finden wir dieselbe durch bedeutende Druckwirkungen an den Uferwänden hochgepresst. Der Umstand, dass der Thon längs der Havel, auch in dem Brunnen der Gasanstalt der Stadt Werder, erst in sehr grosser Tiefe ge- troffen wurde, lässt ein Einfallen der Thonbank von West nach Ost erkennen, dagegen tritt dieselbe wieder am Nordrande der Weinberge in höherem Niveau auf. An dem östlichen Ufer des Plessower Sees ist den Fischern das Vorhandensein des Thones (schon durch steile Uferränder) bekannt, und Bohrungen sowohl als auch Brunnenanlagen ergaben sein Ausgehendes am Kemnitzer Wege. Weiter südlich befinden sich ebenfalls, allerdings bereits seit ge- raumer Zeit verlassene Thongruben, denn auf ihren Abraummassen stehen bereits ältere Obstbäume. Schon bei meiner früher veröffentlichten Abhandlung über »die Lagerungsverhältnisse des Diluvialthonmergels von Werder und Lehnin« !) habe ich auf diese tiefe Lage des Thones am west- lichen Havelufer hingewiesen und bin zu dem Schlusse gelangt, dass der Wasserverlauf durch den Glindower und Plessower See älter ist als der der jetzigen Havel. Der Untere Geschiebemergel wurde auf den Werderzehn Weinbergen nirgends als das directe Hangende des Thonmergels beobachtet, aber gewiss sind seine Ablagerungen durch das Auf- quellen des Thones auch in ihrer Lagerung gestört. Beweise hierfür haben die Gruben nördlich von Glindow geliefert (1. c. 1) Jahrb. der Königl. preuss. geol. Landesanst., 1881, S. 501 f. Profil des Weges von den Schwalbenbergen nach der Kämmerei-Haide. [311] Süd Schwalbenberge Am faulen Loeh o Er I m oO Z o E E Hs} = Nord Geognostische Verhältnisse. DAR : 18080 Höhe 1 Länge 1 :5000 Diluv.-Mergelsand. Unt. Diluvialsand. Unt. Diluvialmergel. Tan Vz, ABıc, IIND So wie die Hauptthonbank an den west- lichen und nördlichen Gehängen verzeichnet werden musste, tritt auch hier der Mergel in grösster Mächtigkeit auf. Fast überall macht sich das Zutagetreten des Unteren Mer- sels an der Öberfläche durch geringe Anschwellungen des Ter- rains kenntlich; am deutlichsten waren mir solche schwache Ter- rassenbildungen durch Bänke des Unteren Mergels auf dem Wege von den Schwalbenbergen nach der Kämmerei - Haide vorgekommen. Ich habe daher hier ein Nivelle- ment ausführen lassen und bei jeder Station (25 bis 50% Abstand) ein Bohrloch bis auf 2, zuweilen auch 3” hinunter getrieben und auf diese Weise nebenstehendes Profil ausgearbeitet. Auch auf diesem Wege zeigt sich, dass wir auf den Werder’schen Weinbergen ver- schiedene Mergelbänke als Ein- lagerungen im Spathsande haben (siehe auch das Profil durch den Wachtelberg, S. 22), von welchem die unterste die grösste Mächtig- keit besitzt. Die Aufpressung des Unteren Mergels ist am Abhange der Anhöhe nördlich des Faulen Loches recht deutlich. Am Kreuz- wege (Weg vom Plessower See) wurden an den 4 Eckpunkten Bohr- löcher angesetzt und in den beiden nördlicheren, nur einige Meter ent- Profil von der Brandenburger Vorstadt zur Riegelbucht. g 180” Wachtelber Strengfeld. 2500 Höhe 1 Länge 1:12500 DIR a Unt.Sand. Mergelsand. Unt. Mergel. N BEST Geognostische Verhältnisse. [312] Thalsand. fernt, der Mergel fast zu Tage gefunden, hingegen blieben die Bohrungen an den beiden anderen Punkten bis auf 3” im Spathsande. Am nördlichen Hange der ersten Er- hebung wurde der Untere Mergel als das Liegende des Mergelsandes erbohrt. In derselben Lagerung tritt er östlich vom Richterberge auf, woselbst beide Schichten in einer verlassenen Grube noch sichtbar sind. Ferner liest an einzelnen Stellen westlich vom Kesselberge Mergelsand di- rect auf dem Diluvialmergel. Dass auch unter dem Unteren Mergel Mergelsande lagern, zeigt das hier abgebildete Profil des W achtelberges. Ferner ergeben sich gerade in hoher Lage in beiden Profilen schwache Bänke des Unteren Mergels. Diese finden sich ausserdem sowohl am Kesselberge als am Galgenberge und Richterberge. Sie haben auf den beiden erstgenannten Höhenpunkten, wie schon erwähnt, noch dadurch weiteres Interesse, dass sie eine grosse Zahl von Schnecken (Valvata piscinalis) einschliessen. Oft haben solche Bänke nur 1/5® Mächtig- keit, und es verhält sich somit der Mergel in derselben Weise wie der Mergelsand, welcher in mächtiger Bank meines Wis- sens nur unterhalb des Finkenfeldes vor- handen ist. Den Zusammenhang des Unteren Ge- schiebemergels am Strengfelde und seine Ueberlagerung durch Thalsand habe ich durch nebenstehendes Profil ausgedrückt. [31 3] Geognostische Verhältnisse. 23 Mittheilungen über Brunnenbohrungen auf den Werder'schen Weinbergen. Ueber Brunnenbohrungen, welche in letzter Zeit sehr zahlreich auf den Werder’schen Bergen ausgeführt worden sind, habe ich folgende Resultate erfahren können: I. geognostische: Die Brunnenbohrung westlich der Dorfstelle ergab: Unteren Diluvialmergel 18 Fuss (5,65%) über Thonmergel. Diejenige südwestlich des Bahnhofes, Abhang des Kesselberges: Unteren Diluvialsand 20 Fuss (6,28%) über Mergelsand. Der nördlichste, auf der Karte bezeichnete Brunnen in der Kämmerei-Haide gab: Unteren Diluvialsand 31 Fuss (9,73") über Diluvialgrand, der südlichere: Thonstreifigen Unteren Diluvialsand 10 Fuss (3,14%) über Thonmergel; der südlichste: Unteren Diluvialsand 32 Fuss (10,04>). In dem Brunnen, westlich vom Kesselberge, jenseits des Weges (Kagel) fand man: Unteren Diluvialsand 16 Fuss (5,02") über Mergelsand, am Südabhange des Wachtelberges: Unteren Diluvialsand 50 Fuss (15,69”) über Thonmergel; 24 Geognostische Verhältnisse. [314] am ÖOstabhange desselben, Potsdamer Strasse: Unteren Diluvialsand 20 Fuss (6,28%) über Unteren Diluvialmergel 1!/, Fuss (0,47») über Unteren Diluvialgrand 1 Fuss (0,314) über Unteren Diluvialmergel; auf dem Strengfelde: Unteren Diluvialsand 10 Fuss (3,14%) über Thonmergel? thon. Unt. Diluvialmergel. II. auf das Grundwasser bezügliche (Mittlerer Grundwasserstand: Herbst 1880): Unter Tage Im Brunnen: auf den Zernowstücken . . . . 12 Fuss (3,76%), am Abhange des Kesselberges, Bisenbahnstwasse, . 2 ....20 227628) in der Mulde, westlich vom Kessel- berge My. on EN. - 46 » (1,25—-1,880), (der Brunnen ist ca. 80 Fuss über der Havel gelegen). am Papengraben, nordöstlich vom Bähnhofe, =. u... m nn, 2 A De QD an der Eisenbahnstrasse (Oassm) 13 » (4,08%), im Nordwesten des Schlunken- bruches, am Wege längs des Südhanges des Richterberges . 6 » (1,88”). Abschnitt II. anınnnna Bodenverhältnisse. Nachdem wir den geognostischen Bestand und Bau der Wein- berge kennen gelernt haben, wird sich auf Grund der besprochenen Beobachtungen auch ein Bild von den dort auftretenden Boden- verhältnissen leicht gestalten lassen. Wie bereits von Anderen mehrfach erörtert worden ist, findet sich stets ein inniger Zusammen- hang zwischen den geologischen Bildungen und den Bodenverhält- nissen, zumal im norddeutschen Flachlande, so dass überall die engsten Beziehungen zwischen beiden erkannt werden. Die auf den Weinbergen räumlich verbreitetste und daher wich- tigste Bodengattung ist der Sandboden, und zwar ein solcher, welcher in seinem ursprünglichen Zustande wohl als der gewöhnliche Sand- boden der Mark Brandenburg zu betrachten ist, wenn auch grössere Distriete Eigenthümlichkeiten besitzen, welche nicht überall in der Mark wieder gefunden werden. Bei Werder sind zwei schon der Lage nach unterscheidbare Sandböden vorhanden, und zwar der Thalsand- oder Niederungs- sandboden und der Diluvial- oder Höhen-Sandboden. Lehmiger und Thoniger Boden erlangt besonders im Nordwesten des Gebietes einige Verbreitung, sonst ist er nur auf schmale Streifen beschränkt. Der Lehmige Sandboden, in seiner Ausbildung bis zum Lehmb.oden, gehört im Wesentlichen dem Unteren Diluvialmergel an; somit ist sein Vorkommen an dasjenige des letzteren geknüpft. Er ist demnach auf der Karte innerhalb der mit der Bezeichnung für den Unteren Diluvialmergel versehenen Flächen zu suchen. 96 Bodenverhältnisse. [3 1 6] Zur Erlangung eines klaren geologischen Kartenbildes war es nöthig, die häufig in Buckeln und vereinzelten Strichen auftreten- den Mergelpartien zu einem gemeinschaftlichen Bilde zu vereinigen und die zwischenliegenden tieferen Sandauflagerungen im Interesse eines einheitlichen Bildes zu übergehen; in dieser Hinsicht musste also hier die geologische Darstellung derjenigen der agronomischen Verhältnisse gegenüber etwas bevorzugt werden. Man wird aber innerhalb der Gebiete, welche das Auftreten des Unteren Diluvial- mergels und somit einen lehmigen Boden angeben, schon beim tieferen Rajolen überall die lehmigen Bildungen im Untergrunde antreffen und durch die stete Mengung des aufliegenden Sandes mit dem lehmigen Boden einen lehmigen Sandboden bilden. In gleicher Weise ist auch die Verbreitung des Thon-Bodens und des Thonigen Sandbodens auf der Karte aufzufassen. Diese Bodengattungen gehören dem Mergelsand und Thonmergel an und bilden stets, wie jene geognostischen Gebilde, Uebergänge zu einander. Im engen Zusammenhange mit den geologischen Lagerungs- verhältnissen stehen auch die folgenden, hier zu grösserer Ver- breitung gelangenden Bodenprofile, zu deren Betrachtung wir zu- nächst übergehen wollen. A. Die Bodenprofile in geognostischer Hinsicht. Das häufigste, auf grossen Flächen gleichmässig wiederkehrende Profil ist das tiefe Sandbodenprofil und dieses kann sowohl dem Thalsande als auch dem Diluvialsande angehören. Zu bemerken ist, dass im Stande des Grundwassers beide 3öden sehr verschieden sind, indem beim Thalsandboden dasselbe bereits in 1,5 bis 2% Tiefe eintritt, beim Höhenboden erst weit tiefer getroffen wird. Auch besitzt der Thalsandboden eine humus- reichere Oberkrume, als der Höhensandboden. l. Die Profile des Thalsand- oder Niederungssandbodens. Die Schicht des Thalsandes ist, wie oben mitgetheilt wurde, von nur geringer Mächtigkeit, indem auf den meisten Thalsand- [3 1 7] Bodenverhältnisse. 97 gebieten schon in 1 bis 1,5" Tiefe der Untere Diluvialsand folgt. So kommt der Thalsandboden, welcher hier untersucht wurde, fast immer in den Bereich des Kulturbodens; die tieferen Proben innerhalb dieser Gebiete müssen hinsichtlich ihrer geognostischen Stellung oft unbestimmt gelassen werden. Es ıst also das Profil Thalsand (von ca. 1” Mächtigkeit) über Diluvialsand das gewöhnlich hier auftretende (Profil I der Karte). Das Profil erlangt nahe am Bahnhofe von Werder und östlich der Eisenbahnstrasse eine weite Verbreitung; auch auf den grossen ebenen Flächen in der Brandenburger Vorstadt (an der Kugel) finden sich solche Bodenverhältnisse. Anders dagegen gestalten sich dieselben auf dem Strengfelde (siehe den Holzschnitt auf S. 22). Hier liegt, fast in der Regel in 1,5% Tiefe, unter einem typischen Thalsandboden der Untere Diluvialmergel als Wasser-undurchlassende Schicht. (Profil II der Karte.) Wahrscheinlich deutet auf diese Untergrundsverhältnisse . der Name der Grundstücke. Wir finden hier also Thalsandboden (von 1,5% Mächtigkeit) über Unterem Mergel. 9. Die Profile des Diluvial- oder Höhensand- und Grandbodens. Das tiefe Höhensandprofil, in der Regel von feinen oder doch nur mittelkörnigen Sanden gebildet, gehört den Diluvialhöhen an. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass in diesem Profile auf den Werder’schen Obstbergen zuweilen bereits in 1“ Tiefe noch unveränderter, also kohlensauren Kalk besitzender Diluvialsand bei den Bohrungen angetroffen wurde. (Profil III der Karte.) Durch mehrfache Uebergänge vom feinen zum groben Sande begegnet man gewöhnlich nur auf einzelnen Höhen dem Profile des Grandbodens. Eine gleichmässige Folge von Grand, resp. grandigem Sande bis zu 2” Tiefe ist mir nur auf dem 28 Bodenverhältnisse. [318] Galgenberge bekannt geworden; sonst pflegen sich bereits in geringer Tiefe feinere Sande als Wechsellagerungen im Profile einzustellen und oft tritt bereits bei 1” Tiefe feinerer Diluvialsand unter dem Grande auf. (Profil IV der Karte.) Auf der Karte ist ausserdem eine Trennung des gröberen und feineren Sandbodens zum Aus- druck gebracht. Im Allgemeinen lässt sich bemerken, dass die Gebiete des feineren Sandes ein günstigeres Wachsthum zeigen. Schon bei der geologischen Beschreibung wurde darauf hin- gewiesen, dass zwischen die Schichten des Diluvialsandes der Um- gegend von Werder häufig schwache, zuweilen nur Finger-dicke Streifen und Bänkchen von Diluvialmergelsand in wiederholter Folge eingelagert und dass diese so gestreiften oder gebänderten Sande für jene Gegend charakteristisch sind. In gleicher Weise wie Einlagerungen von Mergelsand kommen auch solche vom Unteren Diluvialmergel vor, nur weit seltener. Das Bodenprofil (Profil V der Karte), Diluvialsand mit Einlagerung von Diluvial- mergelsand, ist demnach ein gewöhnliches. Es findet sich am häufigsten am Kesselberge, Richterberge und Wachtelberge, seltener im Nordwesten der Weinberge. Durch das fortgesetzte Rajolen gelangen diese bald dünneren, bald mächtigeren Mergelsandstreifen, welche naturgemäss in den oberen Lagen durch die atmosphärischen Wasser ihres Kalkes beraubt und zersetzt sind, mit dem reinen Sandboden in immer innigere Mischung, und auf diese Weise wird dem an und für sich sehr thonarmen Sande ein höherer Thon- gehalt zugeführt. — Dadurch werden vor Allem die Feuchtiekeits- verhältnisse günstiger gestaltet. Dieses ProfilV erlangt für die Obstkultur die grösste Bedeutung. Als ferneres Sandbodenprofil ist dasjenige aufzuführen, in dessen Untergrunde der Untere Diluvialmergel vorhanden ist. (Profil VI der Karte.) Häufig besitzt der Mergel eine geringe Lehmrinde, so dass hier das gewöhnliche Profil Sand 10—15 Dec. über Sandig. Lehm 2—3 » > >» Mergel vorliegt. [3 1 9] Bodenverhältnisse. 29 Dieses Profil findet sich besonders in der Nähe der auf der Karte bandartig angegebenen Mergelpartien, z. Th. wie oben (S. 26) erwähnt, auch innerhalb derselben. In grösserer Tiefe folgt im Profile unter dem Unteren Mergel in der Regel wieder Diluvialsand (Spathsand). Wenn nun die Mächtigkeit des Mergels bis auf einige Decimeter herabsinkt, so entstehen gleiche Verhältnisse, als bei Profil V, und diese Streifen bilden beim Rajolen einen nicht unwesentlichen Bestand der Melio- ration des Bodens. Häufig ist dieses Profil (Profil VII der Karte) am Abhange des Richterberges, des Wachtelberges und Galgen- berges. 9. Das Profil des Lehmbodens, bez. lehmigen Bodens. Dieses Profil kommt auf den Gebieten des Unteren Diluvial- mergels vor und tritt als Lehmboden ın der Oberkrume nur auf kleineren Buckeln und Strichen auf, erlangt also eine etwas ge- ringere Verbreitung, als der Mergel. Lehmiger Sand, über Lehm, über Mergel, häufig auch Sandiger Lehm über Mergel ist dann die gewöhnliche Reihenfolge von oben nach unten. Oft ist, wie oben bemerkt, noch eine dünne Sandauflagerung vorhanden, welche erst nach dem Rajolen einen lehmigen Sand giebt. In den meisten Fällen ist das Bodenprofil: Lehmiger Sand (Schwachlehmiger Sand) 6—10 Dec. über Sandigem Lehm (Profil VIII der Karte). Oftmals, so auf dem Galgenberge, Kesselberge und Wachtel- berge, liegt der Mergel direct zu Tage, so dass hier reiner Mergel- boden auftritt und das Profil mit dem Mergel selbst beginnt; in der Regel ist dieser dann von nur geringer Mächtigkeit. In fast allen Fällen findet man den entblösst liegenden Mergel stark ver- ändert; oft besitzt er harte Kalkkrusten auf der Oberfläche und bildet dadurch, wie durch sein starkes Erhitzen an der Sonne auf den Weinbergen sehr ungünstige Stellen. 30 Bodenverhältnisse. [320] 4. Das Profil des Thonbodens verbreitet sich nur über ein kleines Areal in der Kämmerei-Haide. Noch ist aber ein anderes Profil zu nennen, welches besonders längs der Havel, nördlich und südlich von der Stadt, auch längs des Plessower Sees, in einer heihe von Grundstücken vorliegt. Es ist das Bodenprofil Sand über Moorboden. Dasselbe wird künstlich gebildet durch Auffahren von Sand auf die mit Moorboden versehenen Wiesen, welche, an und für sich schon geringwerthig, für den ÖObstzüchter sehr wenig Be- deutung haben. Auch diese Grundstücke sind dann mit Obst bepflanzt. Herr Weinbergsbesitzer FRıTzE hat mir gütigst über jene Stücke mitgetheilt, dass, wie vorauszusehen, bei solchem Profile die Wurzeln der Bäume bei grossem Wasserstande leiden, und zumal dann sich ein grösserer Nachtheil ergiebt, wenn das Wasser zur Zeit, in welcher die Bäume bereits grünen wollen, noch hoch steht. Deshalb pflanzen die Werderaner auf solchem Boden mei- stens nur Birnen und Pflaumen, welche mehr Feuchtigkeit ver- tragen können. Fasse ich die wichtigeren Bodenprofile in den Zeichen der Karte zusammen, so liegen folgende acht Profile vor, auf welche bei den ausgeführten Untersuchungen besondere Rücksicht ge- nommen wurde. I II III IV S20 S 118) S20+ GS 15 (Grundwasser SL 1-5 (Grundwasser 52 hei 15—20 Dee.) SM tiefer als 20 Dee.) V VI vu VI S 5 S 10—15 S 5-15 LS (SLS) 10 TSIAUKS) I 10, 2 5717-10 SL2 SL 5-10 S SM SM SM [321] Bodenverhältnisse. 3l Durch diese Bodenprofile ist der Boden der Werder’schen Weinberge im Allgemeinen charakterisirt. Die Uebereinanderfolge und auch der petrographische Bestand sind stetig dieselben, wäh- rend die Mächtigkeit der einzelnen Schichten sich mannigsfach ändert und dadurch besonders die Feuchtiskeitsverhältnisse viel- fach bedingt werden. Die Bodenprofile sind als eine feste Grundlage für den Werth des Bodens zu betrachten und es ist ein Verdienst von A. ORTH, darauf zuerst hingewiesen zu haben. Die Bewirthschaftung kann auf die Oberkrumen verändernd einwirken, die Untergrunds- verhältnisse bleiben stets dieselben. B. Die Zusammensetzung des Bodens und seine disponiklen Nähr- stoffe in annähernder Bestimmung. Nach dem heutigen Stande der Bodenkunde glauben wir den Boden wissenschaftlich am besten zu charakterisiren, wenn wir seine mechanische Zerlegung, d. h. eine Sonderung seiner Korn- srössen, vornehmen und diese einzelnen Theile einer chemischen Prüfung unterwerfen. Es hat sich durch zahlreiche Arbeiten ge- zeigt, dass auf die mechanische Analyse ein grosser Werth zu legen ist, indem sie allein schon eine ganze Reihe von Schlüssen in physikalischer, wie in chemischer Hinsicht gestattet). Durch die chemische Analyse des Gesammtbodens wird ermittelt, wie viele und welche Nährstoffe überhaupt vorhanden sind, und durch Berechnungen kann annähernd angegeben werden, welche Mineral- bestandtheile sich an der Bildung des Bodens betheiligen und in welchen Quantitäten dieselben auftreten. Durch die Auszüge mit conc. Salzsäure sollen die Nährstoffe, welche vorläufig als dispo- nibel selten können, bestimmt und der Verwitterungszustand des Bodens erkannt werden. Es kann selbstredend nur eine annähernde Bestimmung dieser Stoffe vorgenommen werden, denn wir vermögen !) Conf. auch: M. Fesca, die agronomische Bodenuntersuchung und Karti- rung u. s. w., Berlin 1879. 32 Bodenverhältnisse. [322] noch keine scharfe Grenze zu ziehen, wie weit Nährstoffe dispo- nibel sind oder nicht. In der Natur werden häufig durch schwache Säuren in langer Zeit Mineralien gelöst, welche uns als schwer- löslich bekannt sind und vor Allem müssen hier die Humussäuren genannt werden, welche, so lange sie als solche vorhanden sind, die stärksten Lösungsmittel abgeben. Zur Zeit wird aber die Be- stimmung der disponiblen Nährstoffe durch conc. Salzsäure in vielen Laboratorien ausgeführt, daher habe auch ich diesen Weg eingeschlagen. Die Entnahme der Bodenproben zu folgenden Untersuchungen geschah in den meisten Fällen in offenen Profilen, an welchen bei den unausgesetzten Aufgrabungen kein Mangel in diesen Grundstücken vorhanden ist; theils sind auch grössere Gruben- wände benutzt, und nur in einzelnen Fällen, so z. B. bei Entnahme des Grandbodens auf der Höhe des Galgenberges (Prof. 5), wurde ein amerikanischer Tellerbohrer benutzt, mit welchem man ım Stande ist, Proben von grösster Reinheit aus verschiedener Tiefe hervorzuheben. Der Niederungsboden. (Sandboden.) Pro ıl. Thalsandboden über Diluvialsand. Aus dem Garten der Ziegelei von Frrrze, südlich vom Bahnhofe. I. Mechanische Su bse Thonhaltige Theile Tiefe der a Sand Entnahme] Bezeich- DA Feinste Staub | Theile Summa in Deei- nung über |2- | 1- | 0,5 0,2- | 0,1 0.05- | “ S metern 9mm jum 0,5mm | 0:20 | On 0,05 0.01mm | 0.01 a Thalsand| 0,3 97,6 2,1 100,0 93-5 (Schwach R K en 0,6| 55°) 305 | au | 112] 1a | 08 7 Diluvial- 3,6 AO Be ‚4 nn AR 3,1 100,1 sand 0,939 | 109 3835| 72 | 18 1,5 Bodenverhältnisse. II. Chemische Analyse. A. Bauschanalyse des bei 110° getrockneten Gesammtbodens. Kieselsäure — 93:95 Thonerde = 4 Eisenoxyd — 20560 Manganoxydoxydul — Spuren Kalkerde — 0519 Magnesia — 20,33 Kalı = 1418 Natron — Mo Humus — 0,34 Wasser —= (18 100,11. B. Salzsäure- Auszug des lufttrocknen Gesammtbodens. Thonerde — sl Eisenoxyd — 2.0315 Kalkerde — 0,044 Manganoxydoxydul — 0,004 Magnesia = MI Kalı = (ONE Phosphorsäure —= 0,035 0,955 Lösliche Kieselsäure, Natron, Glühverlust und Rückstand, un- löslich in Salzsäure — 299, 0452320. Dit: 100,000. 33 34 Bodenverhältnisse. [324] C. Analyse der Feinsten Theile (unter 0,01"® D.). Aufschliessung mit Flusssäure. Thonerde — 23,90 Eisenoxyd = (OT Kalkerde — u) Magnesia = 121 Manganoxydoxydul — Spuren Kalı — 3 Glühverlust — 798,86 Kieselsäure und nn — 36,62 a. d. Diff. 100,00. In den Feinsten Theilen sind somit die Nährstoffe angehäuft. Die Phosphorsäurebestimmung, sowohl in der Bauschanalyse des Gesammtbodens als auch der Feinsten mul ergab bei den an- gewandten Mengen nur Spuren. Ein Versuch, das fertig gebildete Ammoniak zu bestimmen, gab im Gesammtboden Ammoniak —= 0,0004 pCt., mithin eine sehr geringe Menge, ein Zeichen, wie rasch dasselbe zersetzt und in den Untergrund geführt wird, denn der Boden war häufig gejaucht. [3 5] Bodenverhältnisse. 35 Protil 2. Thalsandboden über Diluvialsand. Aus der Brunnengrube des Hauses von Cassın in der Eisenbahnstrasse. I. Mechanische Analyse. Tiefe der Thonhaltige Theile - Grand Sand = Entnahmel Bezeich- | Staub enele Summa ne f iR x \ E Theile E NE ED Er 0) ae | en Ss a ne 0,05- nn a | $) | I I p) OLE HONDE 1,3-1,5 0,0 97,3 2,7 100,0 .„1(@8Körn- | 2 I. Probe es een) | 0,5 0,5 | 824 46 | 98 Er — 1,3-1,5 0,3 96,6 3,1 100,0 desgl. II. Probe 05 47 83,5 7,9 = — Diluvial- | 0,0 99,5 0,5 100,0 ER sand | a 0,2) 41 9, au = I. Chemische Analyse. (0,50) a. d. Diff. Kieselsäure —= 92,62 Phonerde 7—— 5,15 Eisenoxyd = 0,71 Kalkerde = (0,31 Magnesia = 0,08 Humus — U) Wasser — 20,93 Alkalı —a 100,00. A. Bauschanalyse des bei 1100 getrockneten Gesammtbodens. 36 Bodenverhältnisse. [326] B. Salzsäure- Auszüge des lufttrocknen Gesammtbodens. a. Boden aus 1,5— 1,5 Dec. Tiefe. Thalsand. Thonerde — 0,874 Eisenoxyd — 0392 Kalkerde — 20.038 Magnesia — 205012 Kalı — Phosphorsäure — 220,065 Srar) Lösliche Kieselsäure und — E25 unlöslicher Rückstand Natron und Wasser —= 1,329 a. d. Diff. 100,000. b. Boden aus 5—S8 Dec. Tiefe. Diluvialsand. Thonerde — 0,146 Eisenoxyd — 0,142 Kalkerde — 0.019 Magnesia — 20:01 Manganoxydoxydul = 0,003 Kalı = MI: Phosphorsäure — Spuren 0,340 Lösliche Kieselsäure und — SD) unlöslicher Rückstand ! Natron und Wasser = 0,210 a. d. Dift. 100,000. Man sieht hieraus, dass die Zersetzbarkeit des Kulturbodens die des Untergrundes ganz bedeutend übertriftt. 15 sand, 10,0 grandig aa 88 [327] Bodenverhältnisse. a Brofnles: Thalsandboden über Diluvialsand. Am Aufsange zum Wachtelberge, Potsdamerstrasse. I. Mechanische Analyse. de amd Thonhaltige Theile iefe der end Entnahme] Bezeich- . ne Staub Feinste | Summa uno 3 | S Theile metern über - 1 0,5 0,2 0,1- 05- t mm am Amm »)mm mm mm 2 unter 2 in 0,5 0,2 s [0,1 0,05 0,01 mm 0,0 [mm Thalsand 96,4 3,6 100,0 15 (Schwach |(ı Korn) h ” a ZT | 27.0 51,1 3,4 2,5 Izıl - 96,3 8,7 100,7 9-10 desg]. 0,7 0595 2656 80,2 | 8,6 2a! | 150% 0+ 97,9 1,7 100,0 Thalsand| 0,4 „rat 060 87,9 Pa 0 1,1 10+ 96,9 2,1 100,0 desgl. 1,0 | U. Probe oa) aa an | er | a Bi Diluvial- 87,7 2,3 100,0 © (es) Bodenverhältnisse. [928] II. Chemische Analyse. Salzsäure- Auszüge des lufttrocknen Gesammtbodens. a. Boden aus 1— 5 Dec. Tiefe. b. » » 5-10 >» » a b Thonerde — 220503 0,427 Eisenoxyd = 0,426 0,338 Kalkerde — 20030 0,104 Manganoxydoxydul —= 0,008 Spur Magnesia —= (0,046 0,039 Kalı = 0 0,024 Phosphorsäure — 20.025, 0,026 1,151 0,958 Lösliche Kieselsäure und uno enerifiucku En 0 do stand, Natron und Wasser | 100,000 100,000. Die Resultate der mechanischen Analysen ergaben demnach einen Sandboden, welcher nur wenig gröbere Körner und im Durchschnitte etwa 2,7 pOt Thonhaltige Theile enthält, welche erfahrungsmässig etwas über ein Dritttheil wasserhaltigen Thon besitzen, so dass der Thongehalt der Thalsande über 0,5 bis nahe an l pÜt. zu schätzen ist. Der Humusgehalt der oberen Proben beträgt nahe ein halbes Procent (siehe die Zusammenstellung des Humusgehaltes der einzelnen Bildungen (S. 69). Diese Beimen- gungen veranlassten A. ORTH, solchen Boden als schwach ge- mengt zu bezeichnen. Die chemischen Analysen des Gesammtbodens ( Bauschana- lysen) ergaben einen recht hohen Gehalt an Kieselsäure (von über 93 pCt.) und dieser ist zum allergrössten Theile auf freie Kiesel- säure, auf Quarz, zurückzuführen. [329] Bodenverhältnisse. 39 Aus den Alkalien würden sich folgende Feldspathmengen !) berechnen: Kalıfeldpatth = 6,6 pCt. Natronfeldspath —= 4,3 >» Summa 10,9 pCt. Neben Quarz und Feldspath betheiligen sich noch Ausit, Hornblende, Magneteisen und Glimmer u. dergl. Mineralien an der Zusammensetzung der Sande, aber jene sind so zurücktretende Bestandtheile, dass man wohl berechtigt ist, diese als unwesentlich bei der Berechnung zu betrachten. Einen Theil der Magnesia würde man auf Magnesiaglimmer zu beziehen haben, da man jenen an seiner dunklen Farbe in dem Sande zu erkennen vermag?). Die Behandlung der Proben mit kochender concentrirter Salz- säure erweist, dass der Thalsandboden bereits stark zersetzt ist und noch deutlicher bemerkt man den weiter vorgeschrittenen Ver- witterungsgrad gegenüber den der Diluvialsande, wenn man die Untersuchung der Feinsten Theile des Thalsandes und des fol- senden Diluvialsandes (siehe S. 41) in Vergleich bringt. Es er- giebt sich dann, dass die Feinsten Theile (unter 0,01”® D.) des Thalsandbodens einen viel höheren Thongehalt besitzen. Dieser berechnet sich aus der gefundenen Thonerde beim Thalsandboden aus dem Garten der Ziegelei von FRITZE auf 59,1 pCt. der Feinsten Theile und auf 0,3 pÜt. des Gesammtbodens. Hierzu kommt noch der im Staube vorhandene Thongehalt, so dass die Gesammtmenge desselben auch hier etwa 0,5 pCt. erreicht. Zum Theil wird diese Zersetzung auf die Kultur zu beziehen sein, welche dieselbe durch fortgesetztes Rajolen, also Durchlüften, und durch Wässerung unter- stützt. Ebenso sind auch die für Sandböden schon höheren Zahlen des Gehaltes an Phosphorsäure, welche von 0,025 bis 0,068 pCt. gefunden wurden, der Kultur z. Th. mit zuzuschreiben. 1) Der Berechnung wurde die von E. Worur, Chem. Untersuch. landwirthsch. Stoffe, S. 57, zu Grunde gelegt. 2) Herr Srerzxer in Freiberg fand im Thalsand des Profil 2, nach Abschei- dung mittelst Jodidlösung: Elaeolith, Feldspathe, Disthen, Rutil, Zirkon und Tur- malin. Siehe auch wegen dieser seltenen Mineralien meine Arbeit »Der Babels- berg«, Jahrb. der Königl. preuss. geol. Landesanst., 1380, 40 Bodenverhältnisse. [3 30] Schwefelsäure konnte bei Anwendung von 1008 Boden nicht bestimmt werden, ihre Menge ist daher ungemein gering und doch wird dieselbe in Form von Pyrit in dem Boden zu finden sein, da dieser als gewöhnlicher Gemengstheil des im Boden vorhandenen granitischen Materiales auftritt. Der Höhenboden. Sandboden. Bros: Diluvialsandboden. Ostabhang des Kesselberges, unterhalb des trigonom. Punktes. I. Mechanische Analyse. Tiefe der Su Thonhaltige Theile Entnahme| Bezeich- er R Feinste £ A | Staub Theile Summa De nung |nüber| 2 | 1 05-09 O1 | 5, re metern am |[jmm | Vom (a Onz 05°" 0,0]mm 0,0]mm Diluvial-| 0,2 98,3 1,4 99,9 5 sand, feinkörnig oo) 98 | er en aa || ©: 0,6 0,3 97,0 2,6 99,9 10 desgl. Fe oe le | 1,2 II. Chemische Analyse des Bodens aus 5 Dec. Tiefe. A. Bauschanalyse des bei 110° getrockneten Gesammtbodens. Kieselsäure — 92,87 Thonerde — 2,19 Eisenoxyd —= 0,65 Kalkerde = Spur Magnesıa = (0,31 Ralı — 1,44 Natron — AN Humus — 73022 Wasser — A 100,28. [331] Bodenverhältnisse. 41 B. Salzsäure-Auszug des lufttr. Gesammtbodens. Thonerde — 0,528 Eisenoxyd — 0235 Kalkerde —= HOT Magnesia — 0,038 Manganoxydoxydul = 0,004 Kalı —= WU Phosphorsäure — 20,005 0,907 Lösliche Kieselsäure, | Natron, Glühverlust ” —= 99,093 a. d. Diff. und unlösl. Rückstand 100,000. C. Analyse der Feinsten Theile (unter 0,01”). Aufschliessung mit Soda und Flusssäure. Thonerde == 16,37 Eisenoxyd = 5,01 Kalkerde = 1,41 Magnesiıa = Spuren Kali — u RL Glühverlust — 20,99 Kieselsäure — 54,05 a. d. Dift. und Natron 100,00. Die mechanische Analyse ergiebt, dass der Thalsand etwas mehr Thonhaltige Theile und mehr feinste Sande besitzt, als der Diluvialsand. Aus den Bauschanalysen kann man eine annähernde Ueber- einstimmung in der Elementar-Zusammensetzung ersehen. Der Thalsand wurde etwas reicher an Kieselsäure und ärmer an Ralı (weil er mehr feine Sande besitzt) gefunden, als der Diluvialsand. Wesentliche Unterschiede sind auch durch die Behandlung mit conc. heisser Salzsäure nicht nachgewiesen, ausser im Gehalte an Phosphorsäure. Der Diluvialsand hat nur 0,008 pCt. Phosphor- säure; wahrscheinlich ıst hier auch von Einfluss, dass letzterer Boden erst kurze Zeit in Kultur genommen wurde. 42 1 Bodenverhältnisse. [332] Grössere Unterschiede machen sich jedoch geltend in der Zusammensetzung der Feinsten Theile, welche offenbar beim Thal- sande einen weit höheren Zersetzungsgrad, höheren Thongehalt und mehr Nährstoffe enthalten, als die des Diluvialsandes. Es hängt diese Beschaffenheit des Thalsandes eben damit zusammen, dass er aus den obersten Lagen des Diluvialsandes, welche zur Alt-Alluvialzeit fortgeführt und wieder abgelagert wur- den, entstanden gedacht werden muss). Aus den gefundenen Alkalien der Bauschanalyse würden sich folgende Feldspathmengen berechnen: Kalifeldspth = 8,5 pCt. Natronfeldspath = 4,0 » Summa 12,5 pCt. Grandboden. Brotılao. Grandiger Unterer Diluvialsand. Höhe des Galgenberges. I. Mechanische Analyse. Tiefe der Thonhaltige Theile el ss Entnahme Bezeich- —— Staub | Theile Summa in Deei- nung | über | 2- | 1- üb DE 0.05- a metern 9mnı jmm On OS 0 0,01 ar | 0.01 an Grandiger 14 r Diluvial- 8,9 87,0 „> 100,0 1% sand = (schwach- lehm. Sand) 10,8 87,3 „e 100,8 2-5 desgl. 1 ; z 192931016,3,|753:6 3,2 N 11,5) 1752| 56,8 |. 12 16 2,9 2 3 ne | m | me | 8,8 87,8 A 100,0 5-10 desgl. | 143| 20,4 | 50,8 | 9,3 1,6 1,8 12,4 35,0 2,6 100,0 10-14 desgl. ‚ | - 21,5 23,7 | 38,0 | 1,8 16 1,0 1) Zu gleichem Resultate führten meine Untersuchungen: Jahrbuch d. König]. preuss. geol. Landesanstalt und Bergakademie, 1880, S. 323, der Babelsberg. [333] Bodenverhältnisse. 43 Eigenthümlich ist in der mechanischen Mischung dieses Bo- dens der geringe Gehalt an Körnern von 0,1 —0,05"®. Das Vor- handensein einer immerhin bemerkenswerthen Menge Thonhaltiger Theile macht sich auch bei der Thonbestimmung geltend. II. Chemische Analyse. 1. Salzsäure- Auszug der einzelnen Proben. Lufttrockner Gesammtboden. Probe aus: (Boden unter Gelöste Bestandtheile OD) 1-2 Dec. 2-5 Dee. 5-10 Dee. | 10-14 Dec. ihonerdersa u a... 0,351 0,434 0,621 0,523) Eisenoxyd RER N. 0,379 0,464 0,558 0,595 Ralkerdeper ne. 0,201 0,360 0,044 0,998 Manganoxydoxydul . . 0,003 0,015 — — Maenesiay ec. ler 0,055 0,049 = — Kalte oe 0,027 0,027 0,032 0,048 Ehosphorsäurege 2... 0,042 0,058 = = — 5 G icht besti 5 r IKohlensaurera 0,055 0,210 » er ne 0,654 nachweisbar Der Rückstand der Probe aus— 14 Dec., unlöslich ın Salz- säure, ergab bei der Behandlung mit concentrirter Schwefelsäure im Rohr, bei 220° C.: Löslich in Schwefelsäure: Thonerde — (0,261 pCt.) Eisenoxyd —= 0,061 » Kalkerde = 0,023 » Magnesia — Spur » Kali — 5.0:036 > !) Entspr. 1,316 pCt. wasserhaltig. Thon 2) » 0,697 » » » Summa 1,973 pCt. 44 Bodenverhältnisse. [334] Gehalt an kohlensaurem Kalk, berechnet aus der gefundenen Kohlensäure: Kohlensaurer Kalk Probe aus 1-2 Dee... . . . 0,125 pCt. » » D— 5) » Ö . . . 0,477 » » are sr nicht bestummm » » 10—14 » e . ° & 0,654 pCt. Von den gröberen Gemengtheilen dieser grandigen Sande ist S. 14 eine petrographische Untersuchung gegeben, aus welcher hervorgeht, dass dieselben etwa zur Hälfte aus granitischem Mate- riale bestehen, mithin auch reich an Kalı sein werden. Bei der Ansammlung von zersetzbaren Mineralien muss die nicht erheblich gesteigerte Menge der in Salzsäure gelösten Basen auffallen. Frei- lich zeigt auch das Vorhandensein von kohlensaurem Kalk an, dass die Verwitterung nicht weit vorgeschritten sein kann. Ziem- lich beträchtlich ist der Gehalt an Phosphorsäure. Profil 6. Guter Diluvialsandboden (typisch). Ostabhang des Galgenberges. Eisenbahnstrasse. Morses. I. Mechanische Analyse. ä Thonhaltige Theile Tiefe der erand > amd = Entnahme Bezeich- r 5 in Deci- ira | | | Staub a Summa (=) A 98 | en Er se neile metern über | 2 1- 105 | 2 0,05- unter Dann man 0,50, Dom 227 |[z=y me | 96,7 3,1 99,8 Diluvial- | ; 1-10 fehlt |- ae sand | | | 0,3 | 0,8 8182| 18:8 2,3 0,8 | | | 96,9 1,9 99,2 unter 10 desgl. 0,4 | 0) ER rer | 281 0,8 il [3 35] Bodenverhältnisse. 45 II. Chemische Analyse. A. Salzsäure- Auszüge des lufttrocknen Gesammtbodens. Probe aus: Gelöste Bestandtheile 1-10 Dee. unter 10 Dec. Ichonerdepum:, "rl Wen A Re 0,521 0,396 IBisenosydln.h ae, a ee. 0,367 0,300 Kalkerdegn u Ga N 0,080 0,026 NenSanoxydozyduleı. KEN: 0,011 = Naenesiapaı Ma Beier ei ee 0,022 0,010 Re tete 0,036 0,017 Bhosphorsauner 4 2. ee 0,048 0,005 1,085 0,754 Kieselsäure, Natron, Glühverlust und Rückstandeenen ee u voksaine 98,915 99,246 | 100,000 100,000 B. Humusgehalt der obersten Probe. Versuch I. Humus — 0,45 pÜt. > I > — (WS Dieser Sandboden wurde mir von ansässigen Leuten als der beste Höhensandboden im nördlichen Theile der Weinberge be- zeichnet. Eine gleiche Bodenbeschaftenheit besitzen die Grund- stücke des Südhanges des Galgenberges, während nördlich, nach dem Kesselberge zu, wieder geringere Sandböden aufzutreten | 0,48 pÜt. scheinen. Auch die Analyse lässt erkennen, dass dieser Boden besser ist als andere hier untersuchte, besonders als jener vom Kessel- berge. Er enthält ziemlich viel Thonhaltige Theile für einen Sand- boden, ebenso sind auch die Mengen der löslichen Kalkerde und des Kalı den anderen Böden gegenüber erheblicher. Auch die für die Phosphorsäuremenge gefundene Zahl ist eine hohe. Weniger zersetzbar ist der Untergrund und man sieht hieraus, dass durch die Kultur nur der obere Boden verändert wird. 46 Bodenverhältnisse. [336] Bei weitem auffälliger war der Unterschied des Verhaltens des kultivirten Sandbodens und des tiefer liegenden Diluvialsandes zu concentrirter Salzsäure bei folgendem Profile, welches ausgewählt war, um dieses Verhältniss zu studiren. Beide Sande sind durch eine Bank Unteren Diluvialmergels getrennt, welcher fast in seiner ganzen Ablagerung zu Lehm und lehmigem Sand bereits umge- wandelt war und nur hie und da einige Partien von sandigem, schwach kalkhaltigen Mergel noch erkennen liess. Da schon er- wähnt wurde, dass sowohl die chemische Zusammensetzung als auch die physikalische Beschaftenheit der Sande von der Körnung zum grössten Theile abhängig ist, so ist es ein günstiger Umstand, dass hier darin so wesentliche Unterschiede nicht vorliegen. Dora Diluvialsandboden über lehmigen Bildungen (Unterer Mersel), über Diluvialsand. Entnommen aus der Sandgrube, westlich vom Kemnitzer Wege. Elsbruch. I. Mechanische Analyse. Tiefe der and nd Thonhaltige Theile Entnahme| Bezeich- ar Feinste ; s Staub Theil Summa in Deci- | nung | über [2- | ı- | 05 | 02- | O1- i es metern Ymm al 0,Jum pam | O.5am 0, 05mm oe a Pe ä 2,4 99,4 0,7 100,1 > Sand- = j 97,6 1288 | des boden Heinkon 2,3 191 81,9 3,1 0,7 0,03 Feinbodens Schwach | 37 96,4 2,8 98, 7 2-5 lehmieer)]| 20725 unsamen En Sand I|Feinboa.|2,0 | 13,1 | 27,5 | 47,3 6,5 Dal 1,2 Feinbodens Sandiver 2,0 73,6 24,4 100,0 5-10 ehn ; —— r lee | eo N 10,0 | 144 Sehr 1,3 88,6 9,1 99,3 25 sandiger nn Lehm 19 | OD 1 2 A 6,6 4,0 al Diluvial- 99,9 0,4 100,3 25-50 sand alle | Tel (weiss) 1321210552. 5248:8 | 29,3 3,0 0,2 0,2 [337] Bodenverhältnisse. A| II. Chemische Analyse. A. Bauschanalyse des bei 110° getrockneten Gesammtbodens. Sand aus | Sand aus Bestandtheile Sa 1-2 Dee. 2-5 Dec. | 25-30 Dec. Kiesalkihnn Si ee 95,01 95,67 95,46 Iuhonerdesen ee 253 1,13 2,05 Bsenowyde ee edae 0,71 0,43 0,50 Kellner ee 0,38 0,34 0,33 Glubyerluster se NE 0,91 0,28 0,25 Alkali wre 2 2 1,41 Magnesia | nn nr 0,25 | 100,00 100,00 100,00 B. Salzsäure- Auszug des lufttrocknen Gesammtbodens. Sand aus en Sand aus In Salzsäure lösliche Bestandtheile Sn 1-2 Dec. 2-5 Dec. | 25-30 Dec. ihonerdesse. la eh > 0,758 0,343 0,041 IBhsenonyd re en ee 0,398 0,577 0,154 Kallzemled rn a a 0,039 0,047 0,024 Mansanoxydosydul 2 2 22 2 2. 0,011 Spur Spur Nlgsanesserts Pa ae a 0,044 0,048 Spur Kalle Free ee er 0,027 0,022 0,014 Euosphorsaunen ee 0,040 0,015 0,009 Shnlsyerluee Aa ee 0,910 | 0,280 0,250 Rückstand und lösliche Kieselsäure . 97,920 | 98,340 99,580 100,147 | 99,972 100,072 Ich stelle dem eben beschriebenen guten Sandboden, auf welchem vorzügliche Obstsorten gewonnen werden, einen als un- günstig, ja geradezu als unfruchtbar bezeichneten Sandboden einer 48 Bodenverhältnisse. [335] Feldparzelle gegenüber, welche lange Jahre hindurch inmitten der Obstanlagen von der Obstkultur ausgeschlossen geblieben und erst in neuester Zeit ebenfalls zu derselben übernommen worden ist. Profil 8. Geringster Sandboden. Diluvialsand. Feldparzelle östlich der Schwalbenberge. I. Mechanische Analyse. ee N en Thonhaltige Tue ntna ıme | RE nn Sorhma inZDeei2 | rung} bee 9 | 11052) 09- | Gas Thal metern 9mm [jmm | 0,5- | 0,20 0,]mm 05mm 0,01mm | N 2,1 95,6 2,8 100,5 1-3 Sand. = 1,1 | 13 | 3086| 205 | 61 | 19 | © 0,5 96,0 3,5 100,0 5 desgl. De L ____ 0,5 | 51 | 55,8. 28,5 | sel. 28 0,6 fehlt 97,1 2,9 100,0 10 desg]. 05 | 51 | 836 | 51,0 | CR 0,4 II. Chemische Analyse. Salzsäure- Auszüge des lufttrocknen Gesammtbodens. Probe aus: Gelöste Bestandtheile 1-3 Dee. 5 Dee. 10 Dec. Dhonerdoge im era 0,524 0,370 0,281 Eisenasy oa a no ne 0,402 0,385 0,317 Kalkerdsp ie u Me es ae 0,030 0,023 0,021 Mansamosydozydule Pr, en: 0,002 — — Maotesia,, Zee ne aan 0,046 0,029 0,036 ea bir TE ER ap 0,024 0,019 0,019 Bihosphorsauressı mar, 0,021 — — [339] Bodenverhältnisse. 49 Die Löslichkeit der Thonerde, des Eisenoxydes und Kalkes nimmt, entsprechend den übrigen Versuchen, nach der Tiefe zu ab. Es zeigt diese Analyse die bekannte Beobachtung, dass es weit leichter ist, aus der chemischen Untersuchung eines fruchtbaren Bodens dessen Fruchtbarkeit zu erklären, als umgekehrt aus der- selben die Unfruchtbarkeit abzuleiten. h Profil: Diluvialsandboden der ältesten Kulturen. Elsbruch, südlich der alten Thongruben. I. Mechanische Analyse. Tiefe der ad Somdl Thonhaltige Theile: Entnahme | Bezeich- ESTER | Feinste - 5 Staub Theil Summa in Deci- nung über | 2- =. O3 | Oje 0.05 > ” metern Ymm [jmm (,5mm | Q, mm 0,05mm er oe Humoser | 0,9 91,8 7,7 100,0 5-10 thoniger ——— Sand 00282 715,4 | 1085 6,1 1,6 0,7 95.3 6,0 100,0 unter 10 desgl. Sant: 11 | 9,6 105988 3 — —_ II. Chemische Analyse. A. Salzsäure- Auszug des lufttrocknen Gesammtbodens aus 10 Dec. Tiefe. Thonerde —i,1,142 Eisenoxyd = WIE Kalkerde — IL Manganoxydoxydul = 0,003 Magnesia — E08 Kalı — 20.022 Phosphorsäure — 0,006 Unlöslicher Rückstand inel. lösliche Kieselsäure ) ne Glühverlust — 3910 Natron — ? 99,389. 50 Bodenverhältnisse. [340] B. Bestimmung des Humusgehaltes, ermittelt aus der gefundenen Kohlensäure. Humus = 1,45 » — 1,32 Dieser Sandboden ist der einzige der hier untersuchten, wel- cher einen höheren Gehalt an Staub besitzt, und nähert sich in 1,38 pCt. im Mittel. dieser Hinsicht den Schleppsanden, obgleich dieser Gehalt an Staub doch noch zu gering ist, um den Boden zu jenen Sanden, bezüglich zum thonigen Boden zu stellen; auch müsste er weit mehr Feinste Theile enthalten. Aus der chemischen Untersuchung ist ersichtlich, dass ein Sandboden vorzüglicher Güte vorliegt, wie auch das Wachsthum der Bäume auf diesem Gebiete beweist. Der Humusgehalt ist ein hoher, wenn auch bemerkt werden muss, dass nicht die Gesammt- menge desselben sich in guter Mischung befindet. Dass die grö- beren Wurzelfasern ausgelesen worden sind, ist selbstverständlich. Lehmiger Sandboden. Profil 10. Schwach lehmiger Sandboden über Sand. Abschlämmmassen aus der Senke am »Faulen Loche«. I. Mechanische Analyse. Sıomd Tkonhaltige Theile Grand Bezeich- | | Ä nung | | Staub | Feinste umma g über | 2= 207051202 0.1 A! Theile mm | jmm 0,5Jmm | (a | 0, [am on 0,01mm | on Schwach | 97 95,2 4,1 100,0 lehmisger | | | = EN Sand 331 15:0, | 5l.a 2a neo | 9,5 | | | Diluvial- Spath- nicht untersucht. sand [341] Bodenverhältnisse. | ol II. Chemische Analyse. A. Salzsäure- Auszug des lufttrocknen Gesammtbodens. Thonerde — Z018 Eisenoxyd — 0,476 Kalkerde — 0,026 Manganoxydoxydul — 0,008 Magnesia — 201050 Kali — 0,026 Phosphorsäure — 20,008 Hygroskop. und } gebundenes — 208190 Wasser B. Humus — 0,48 | Der thonige Sandboden. Den thonigen Sandboden unterscheide ich von dem lehmigen Sandboden dadurch, dass der erstere von gröberen Gemengtheilen frei ist, während diese gerade einen wesentlichen Bestandtheil des letzteren bilden. Wie ım Thone, so ist auch in diesem Sandboden der Gehalt an Staub ein erheblicher, und auch deshalb ist er von dem lehmigen Sandboden zu trennen. Das Ursprungsgestein des thonigen Sandbodens ist der oben geschilderte Diluvialmergelsaud,. welcher als solcher auf verein- zelten Stellen der Weinberge einen thonig-kalkigen Sandboden bildet oder auch einem sandigen Thonmergelboden nahe kommt, je nachdem er sandiger oder reicher an thonhaltigen Theilen auf- tritt. Durch die atmosphärischen Wasser ist oft der kohlensaure Kalk dieses Gebildes ausgelaugt und dann entsteht der thonige Sandboden, welcher auf den Werder’schen Weinbergen eine so grosse Rolle spielt. Nicht an vielen Orten ist der reine thonige Sandboden an der Oberfläche selbst verbreitet, sondern er tritt in Wechsellagerung in äusserst feinen Streifen in grosser Verbreitung auf und wird durch das stetig wiederholte Rajolen mit dem reinen Diluvialsandboden gemischt. Diese Mischung ist für die Werder- schen Kulturen so einflussreich. 4* 52 Bodenverhältnisse. [342] Der Untersuchung des Ursprungsgesteins dieses thonigen Sandbodens diente eine Probe, welche der Thongrube von WALLIS in den Erdebergen entnommen wurde, woselbst der Mergelsand mehrere Meter mächtig in steiler Wand über dem Thonmergel aufgeschlossen war. Die übrigen Untersuchungen dieses Bodens (Profil 12 und 13) beziehen sich auf bereits entkalktes derartiges Gestein. rosa ale Diluvialmergelsand über Diluvialthonmergel. Nordabhang des Erdestiches von Waruıs. Werder’sche Erdeberge. I. Mechanische Analyse. Sand Thonhaltige Theile ee Be Staub | Feinste Theile über Dam | 0,1-0,05 0,05-0,0 mm unter 0,0] mm 42,2 57,4 Diluvialmergelsand : | 11,3 | 30,9 42,7 14,7 13,3 86,8 Diluvialthonmergel => er 0,8 12,9 46,3 | 40,5 U. Chemische Analyse. A. Bauschanalyse des bei 110° getrockneten Gesammtbodens. Kieselsäure — 10:02 Thonerde — 92 Eisenoxyd — 7269 Kalkerde — 02 Magnesia = (8% Kalı — 2,98 Natron = 1,03) Kohlensäure — 8.92 Schwefelsäure = 0,003 Phosphorsäure — Spuren Wasser — 101,25. se ah [343] Bodenverhältnisse. 53 B. Salzsäure- Auszug des lufttrocknen Gesammtbodens. Lösliche Kieselsäure —= 3,37 Thonerde — Eisenoxyd — 88 Phosphorsäure —= 0,046 Schwefelsäure — 22.0003 Kohlensäure = 3% Geglühter, unlöslicher Rückstand — 83,41 Alkalien, Kalkerde, Magnesia u. Wasser = 5,93 a. d. Diff. 100,00. C. Bauschanalyse der bei 110° getrockneten Thonhaltigen Theile. Kieselsäure — BD Thonerde — 842 Eisenoxydul — Eisenoxyd = 11.90 Kalkerde —= 1.58 Manganoxydoxydul — 0,04 Magnesia — 1,44 Kalı —1,.2,13 Natron — 2.2.10 Kohlensäure —. 19519 Schwefelsäure — 10:02 Phosphorsäure — 220,03 Wasser — al 100,75. D. Salzsäure- Auszug der Thonhaltigen Theile. Lösliche Kieselsäure = 4,66 Thonerde — 2416 Eisenoxyd —= 201 Kalkerde — 7.08 Magnesia — 128 Kalı — 750,20 Natron — 20309 Kohlensäure — 309 Wasser — Unlöslicher ee — 72.50 100,00. 54 Bodenverhältnisse. [344] Brot 12} Entkalkter Diluvialmergelsand (Schlepp) über Sand. Am Aufgange zum Wachtelberge. I. Mechanische Analyse. Sand Thonhaltige Theile Bezeichnung | 0,1- Staub | Feinste Theile 9-jum | 1-0, mm | OWL 0,05-0,01mm | unter 0,01mm Entkalkter Mergelsand az 42,9 Ber ee ae TER IT ET Pie 1 mächtig 5 | 309.) 288 158 | 27,1 Diluvialspathsand | nicht untersucht II. Chemische Analyse. A. Bauschanalyse des bei 110° getrockneten Gesammtbodens. Kieselsäure — 82,00 Thonerde — dd Eisenoxyd = „l% Kalkerde — 0856 Masnesia — 20,92 Kalı — 294 Natron = 31046 Phosphorsäure ee u Wasser — 255 99,99. In Soda lösliche Kieselsäure = 0,08 pCt. B. Salzsäure- Auszug des Gesammtbodens. Kieselsäure — Thonerde — lo Eisenoxyd — Kalkerde — 05268 Magnesia — 20,233 Kalı — (1188 Natron — 05120 Wasser — 52850 Unlöslicher Rückstand — 87,329 100,00. en u [345] Bodenverhältnisse. 55 C. Analyse der Thonhaltigen Theile. Kieselsäure = (3% Thonerde — 539 Eisenoxydull = 2,67 Eisenoxyd = 2 Kalkerde — 5 R00 Magnesia = 1.05 Kalı — Natron — 2029 Wasser = Kl 99,93. D. Salzsäure- Auszug der Thonhaltigen Theile. Thonerde — 6,64 Eisenoxyd — Kalkerde — 20:65 Magnesia —20,00 Kalı — 2041 Phosphorsäure = 0,08 Prim 18, Entkalkter Mergelsand (Schlepp) über Sand. Südöstlich des Kesselgrundes. I. Mechanische Analyse. Sand Thonhaltige Theile 1 Bezeich- a u 5 Staub | Feinste Summa = über | 2- | l- 05- | 0,1- | Dar © mm |() Amm mm nr 25% unter zen 1 55 on 0,05 am 0,01mm | 0,01mm Entkalk- ) terMergel- va —- sand fehlt 100,0 (Sehlepp) v2 aß a5 | u 9,6 5 Dec. m. | Diluvial- sand nicht untersucht 96 Bodenverhältnisse. [346] U. Chemische Analyse. A. Bauschanalyse des entkalkten Mergelsandes. Kieselsäure Thonerde Eisenoxyd Kalkerde Magnesia Kalı Natron Wasser — 86,12 — 6,19 — 3 ons — N — 1,68 — 0,55 = 952 100,24. B. Salzsäure- Auszug desselben (lufttr. Gesammtboden). Kieselsäure Thonerde Eisenoxyd Kalkerde Masgnesia Kalı Natron, Glühverlust ) und Unlösliches C. Bauschanalyse der Kieselsäure Thonerde Eisenoxydul Eisenoxyd Kalkerde Magnesia Ralı Natron Glühverlust — 208 = 98 — 151 Thonhaltigen Theile. — 2063 8,65 52 — A — 72033 —= (2 — 210 — 06 — 4,97 98,99. [347] Bodenverhältnisse. 57 D. Salzsäure- Auszug der Thonhaltigen Theile. Kieselsäure — 4,46 AShonerdess 272597 Eisenoxyd = 2,82 Kalkerdee = 0,13 Magnesia = (0,32 Ralı — 7.022 Natron, Glühverlust 2 — 289,08 und Unlösliches 100,00. Profil 14. Feiner Diluvialsand (schleppartig) über Diluvialmergelsand. Südlich des Kesselberges. I. Mechanische Analyse. Tiefe der Sand Thonhaltige Theile Entnahme| Bezeich- N | Feinste E ; 7 Staub Theile Summa in Dee | nung | über |2-| 1- 105 0 (SE oe 1 nis: metern 9’mm a2 0,5mm | 0,2mm | Q,jmm \0,05u1m 0.01mm 0.0] mm Thoniger 31.6 18.4 1-5 ln: ad 100,0 — (scehl = ) | > | 038 40 194559 20 | 96 | 88 Diluvial- 8-10 | en: nn 2: 99,9 = (Spath- ) | Fr 99 | 6) | Fr ; a — | 162 | 5899| 22) 13 | 06 | 05 Diluvial- 2 5 12-15 | mergel- | fehlt nicht bestimmt sand II. Chemische Analyse. A. Bestimmung der in Salzsäure löslichen Phosphorsäure im Boden aus 1—5 Dec. Tiefe. Phosphorsäure = 0,005 pCt. 58 Bodenverhältnisse. [348] B. Salzsäure- Auszug des lufttrocknen Gesammtbodens aus 12 —15 Dee. Tiefe. Diluvialmergelsand. Löslich in Salzsäure: Thonerde, 7 —=15355 Eisenoxyd == 2,692 Kalkerde — 4,658 Magnesia = (10% Kohlensäure = 3,343, entspr. CaCO? — 7,599. Der Lehmboden. Bereits in Abschnitt I. wurde darauf hingewiesen, dass der Lehm und lehmige Sand, welche fast überall über dem Diluvial- mergel auftreten, die Verwitterungsrinde dieser Ablagerung sind. Eingehend hat G. BERENDT diesen Process ausser in seiner Ab- handlung über »Die Diluvialablagerungen der Mark Brandenburg« in jener über »Die Umgegend von Berlin« in Bd. II, Heft 3 der Abhandlungen zur geol. Specialkarte von Preussen u. s. w. S. 81 fl. beschrieben; auch gehen die meisten Erläuterungen zu den geolo- gischen Specialkarten über die Umgebung Berlins auf diesen Punkt ein, so dass es hier genügt, nur kurz darauf hinzuweisen. Der ursprünglich bis zu Tage tretende Mergel hat durch Ein- wirkung des atmosphärischen Wassers, wie auch bei der Zersetzung der Mergelsande angegeben werden musste, seinen Gehalt an koklensaurem Kalk verloren und so ist seine Lehmrinde entstanden. Durch die Tagewasser sind dem oberen Theile dieser Lehm- rinde Thonige Theile entführt und zum Theil in den unteren Theil derselben gelangt. Hierdurch zerfiel die Lehmrinde weiter in den lehmigen Sand und den Lehm. Das Ursprungsgestein des Lehm- bez. lehmigen Bodens ist demnach der Diluvialmergel, von dessen Beschaffenheit auch die Verwitterungsrinden abhängig sind. Ich wende mich zunächst daher zu den Untersuchungsresul- taten des Mergels und habe dazu den allen Werderanern zugäng- lichen Mergel der Stadtlehmgrube entnommen. Derselbe würde ein sehr gutes Meliorationsmittel sein. _ EKSTERT [349] Bodenverhältnisse. Profil 15. Unterer Diluvialmergel. Stadtlehmgrube. I. Mechanische Analyse. Thonhaltige Theile 99 Grand Sand = \ Bezeich- über Jum — 7 Staub | I. Summa nung und Fein-| 2- | N= 05 d= | Alle 0,05- | In boden jum Ka 1% [mm 0,00m= 0,01 mm | 0,01 mm Lehmiger „Sand SEO DaB IN en nicht untersucht I Lehm 1 Dec. m. Mergel Ba 70,8 29,2 1. Versuch | peinpoden | 2,5 | 77 | 45,4 | 15,2 13,4 | 15,5 12,8 27,2 2. Versuch 2: | 46,9 | os ans I. Chemische Analyse. A. Bauschanalyse des bei 110° getrockneten Feinbodens. - Kieselsäure — &l-1lo Thonerde — 5,07 Eisenoxyd = 1,9% Manganoxyd == Spur Kalkerde — 4,43 Magnesia — (68 Kalı — 71652) Natron — 035 Phosphorsäure | ar er Due Kohlensäure — 3 entspr 263C 03 PER. Wasser — ZERO 3979. ) Im Unteren Diluvialmergel bei Rixdorf wurde gefunden: Kali = 1,96 pCt. 60 Bodenverhältnisse. [350] Carbonate, ermittelt durch Kochen mit salpetersaurem Ammon. Kohlensaurer Kalk — 6,24 plit. Kohlensaure Magnesia — 0,40 » B. Salzsäure- Auszug des Feinbodens. Kalı — 20100 Phosphorsäure = 0,048 Schwefelsäure — 0,031 (entsp. CaSO* — 0,05) Koblensaurer Kalk = 7,11 Wasser — 1660 Rückstand — 81488 Eisenoxyd und Thonerde, Mag- E nesia, Kalkerde ee und Natron 100,00. C. Analyse der Thonhaltigen Theile. Kieselsäure — 56,42 Thonerde — 111.02 Eisenoxyd — 8 Eisenoxydull = 1,9 Manganoxyd = Spur Kalkerde — 078 Magnesia —36 Ralı — 206 Natron — ul) Phosphorsäure = 0,08 Schwefelsäure — 0,17 Kohlensäure = 6,39 Wasser — 536 100,17. ee a [351] D. Lösliche Kieselsäure Thonerde Eisenoxyd Kalkerde Magnesia Kalı Kohlensäure Schwefelsäure Wasser und Natron Bodenverhältnisse. Bei 110° getrockneter Unlöslicher Rückstand 61 Salzsäure- Auszug der Thonhaltigen Theile. 6,11 2,57 3,94 9,98 1,15 0,37 6,39 0,17 4,49 66,83 100,00. Ich lasse hier noch die Untersuchung von 2 vollständigen Mergelprofilen folgen, welche eine bestimmte Gleichmässigkeit er- geben haben und durch das Anwachsen des Gehaltes an Thonigen Theilen in der Analyse des Lehmes den oben (8. 58) besprochenen Verwitterungsgang erkennen las sen. Profil 16. Unterer Diluvialmergel, entnommen am Wegeeinschnitt, resp. Grubenrand im Kesselgrunde, westlich vom Bahnhofe. I. Mechanische Analyse. Thonhaltige Theile R e Sand un Bezeich- Grand ii Feinste & igkeit | Staub Theile = nung übers? 2 22 0,5- | 0,1 0.05- an S Deeimet. 9mm jmm Os Od, 0,050 0,0 mm 0,01mm n 3.5 [Behmiger 3,1 78,6 | | 18,3 100,0 Saul 0, Bi | | 12 | 68,2 30,2 100,3 | er | u u |. Te | 16,5 SE: 2,3 80,9 16,2 99,4 6 andıger Nagel 12| 8,7 | Sa ae | 11,9 62 Bodenverhältnisse. [352] II. Chemische Analyse. 4,76 4,92 (mit dem Screisrer’schen Apparate bestimmt). Gehalt an kohlensaurem Kalke — | 4,8 plt. Birolalz Unterer Diluvialmergel, entnommen am Abhange des Wachtelberges, Potsdamer Strasse. I. Mechanische Analyse. Thonhaltige Theile en N | S an d Mäch- Bezeich- Grand Feinste ® ns ee ee | > ‚Deeimet: über |jmm | 0,5um Q,jmm ,05mm 0,Q1mm \ 0,01mm D Tehmiger| 12 es 10,4 99,6 Sand 11| 71 | 686 | 132| 49 | 5,5 | el 70,7 28,7 [1005 Lehm 1 63 2700 15:0 | 20 Weios | nt Sandiger | 4,11) 5 70,2 3% 25,1 39,4 B) & | Mergel 0 | 40,9 181 | 149 | 102 II. Chemische Analyse. 11,66 Gehalt an kohlensaurem Kalke — 1» | 11,354 pCt. ’ (mit dem Scheigrer’schen Apparate bestimmt). Für die gegenseitigen Beziehungen der Verwitterungsprodukte des Mergels zu letzterem giebt folgende, in den Abhandlungen zur geologischen Specialkarte von Preussen etc., Bd. III, Heft 2, E. LAuUrER und F. WAHNSCHAFFE, Untersuchungen des Bodens der Umgegend von Berlin, S. 131 ff., bereits veröffentlichte und von L. DULK ausgeführte Analyse vorzüglichen Aufschluss. ') Hierin der Deckel einer Bythinia. u [353] Bodenverhältnisse. 63 Unterer Diluvialmergel. SW. Kemnitzer Wiesen. Melsr. am Waldrande. Lupwıc Dvrk. I. Mechanische Analyse. Mächtig- Grand Sand Staub en 2 keit Profil Far or aeıle S über | 2- I 605220221041 0,05- unter = Deeimet. 9mm juam OH | ram | 0, mm 10,05 um 0,0] mm V:yjlam en 0,8 Tahmiger 2,6 N 2 REN 8,0 8,5 100,0 Send 43 | 57 | 17,6 | 408 | 133 0,5 1,3 65,7 12,5 20,7 109,0 Lehm TR en 22 82 119.0 | al, | Alıla5 1,2 Sr Diluvial- 2,0 a ; 2 EERETZT 11,0 17,0 109,0 a 38| 65 162 | 294 | 14,5 I | II. Chemische Analyse. A. Analyse der Feinsten Theile. a. Aufschliessung mit Flusssäure. Lehmiger Sand Lehm Mergel Bectemditihenia in Procenten des | in Procenten des | in Procenten des Schlämm- Gesammt-| Schlämm-|Gesammt-| Schlämm- Gesammt- products bodens | products | bodens | products bodens Thonerde 12,06 *) 103) 18.035) | 12) 205) Eisenoxyd 6,06 0,52 10,44 2,16 6,52 1,11 Kali 3,52 0,30 2,65 0,55 2,94 0,50 Kalkerde . 154 0,11 1,59 0,33 13,38 229 Kohlensäure fehlt — fehlt — 9,18 1,56 Glühverlust . MEN RS 6,83 0,58 13,90 2,37 7,65 1,30 Kieselsäure und nicht Be- stimmtes . 5 70,19 5,96 53,39 11,07 47,90 8,12 Summa 100,00 8,50 100,00 20,70 100,00 17,00 *) entspr. wasserhalt. Thon 30,36 2,58 45,39 9,37 31) 5,34 64 Bodenverhältnisse. [3 54] ß. Aufschliessung mit concentrirter kochender Salzsäure. Lehmiger Sand Lehm Mergel ) in Procente S in Procenten des ın Proce N Bestandtheile enten de t nten des Schlämm-'Gesammt-[Schlämm- Gesammt-! Schlämm- Gesammt- products bodens | products bodens | products | bodens Kieselsäure . . . 8,17 0,74 13,19 3,16 11,86 | 2,02 iihonerder rer: 9,89 0,50 11,63 2,40 9,14 0,88 Eisenoxyd . . . 4,37 0,37 9,86 2,04 6,31..-|72.21508 Magnesia . . . 0,95 0,08 1,45 0,30 1,14 0,20 Kalkerdeme ne. 7 0,63 0,05 1,40 0,29 al 2.24 Kohlensäure . . fehlt — fehlt — 9,18 1,56 Phosphorsäure . 0,13 0,011 OS 01023 0, 14 0,024 Glühverlust. . . 6,85 0,58 13,90 2,37 7,65 1,30 Kieselsäure u. nicht | Bestimmtes . .| 2,49 | 6,17 45,46 9,02 45,47 7,70 Summa | 100,00 , 850 | 100,00 20,70 | 100,00 | 17,00 B. Salzsäure- Auszug des Gesammtbodens. Aufschliessung wie oben. Bestandtheile |Lehmiger Sand Lehm | Mergel Kieselsäure ; 1,09 3,18 9,89 Thonerde . : 0,70 3,49 1,47 Eisenoxyd 5 0,75 2,97 1,52 Magnesia . A 0,10 0,42 0,29 Kalkerde . 3 0,07 0,39 4,66 Kohlensäure . - fehlt fehlt 3,44 Phosphorsäure - 0,013 0,035 0,057 Nicht Gelöstes und nicht Bestimmtes . 97,30 I Sl 85,74 Summa 100,00 100,00 0 | [355] Bodenverhältnisse. 65 c. Vertheilung des kohlensauren Kalkes im Diluvialmergel. (Mit dem Scheisrer’schen Apparate bestimmt.) G Sand Staub Feinste srand 6 I : Theile n Procenten über 2- l- 0,5- | 0,2- | 0,1- | 0,05- | 0,02-| unter 9mm jam Van oa 0m (OO Van 0,0]am HOLT | des Theilproducts | 19,12 | 16,20, 7,23 | 2,82 | 2 ee || 20,88 des Gesammtbodens | 1. Bestimmung | 0,38 | :0,62| 0,47 | 045 | 0,70 | 0,70 | o,6s | 0,33 | 3,56 2. » —_ Thonboden. Ich füge diesen Untersuchungen noch die eines Thonboden- profiles hinzu, welches zwar nicht den Werder’schen Weinbergen, sondern der Gegend westlich von Petzow, dem Rankefang!), ent- nommen und von L. DuLk analysirt wurde. | Thonmergelboden. Am Rankefang. W. Petzow. Lupwıs DuLk. I. Mechanische Analyse. Grand Sand Staub Feinste Theile re | ee oe 0,05- unter una Ymm Oak HOSE (OLE OHNE bei 0,6 38,2 28,9 32,3 100,0 1 Decm. Tiefe 24,2 14,0 bei 0,4 12 29,5 33,1 100,0 3 Decm. Tiefe 2 RZ 0) Siehe Bd. III, Heft 2 der Abhandl. zur geol. Specialkarte von Preussen, Untersuch. des Bodens der Umgegend von Berlin, S. 84 — 86. Summa 66 Bodenverhältnisse. [356] II. Chemische Analyse. A. Des Gesammtbodens. Aufschliessung mit Flusssäure. Thonboden bei Bestandtheile 1 Decm. Tiefe | 3 Decm. Tiefe IEhOnEeNder@ a u Een RA 7,00 *) | 1.039 Eisenoxyd. ur ce. ke ee 2,64 3,02 Ka EN. RUEBFURTE 1: 8 2,03 en: Kälkerdent er re er 3,67 3,65 Kohlensäure 2,21 2,12 Masnesialn 0 2 ee 1,08 1,18 Bhosphorsautes nu 2: 0,08 0,07 Glühverlust, Kieselsäure und nicht Bestimmieseey ee were 0: : 81,29 80,89 Summa 100,00 100,00 *) entspräche wasserhalt. Thon . . 1755 17,75 B. Der Feinsten Theile. Aufschliessung mit kohlensaurem Natron. Thonboden bei 1 Deem. Tiefe 3 Deem. Tiefe Bestandtheile in Procenten des in Procenten des Schlämm- Gesammt- Schlämm- Gesammt-- products bodens products bodens IDhonerdew 11925) 3,35 *) 12,85*) 4,25 *) Eisenoxyd Pa 2a 5,76 | 1,36 5,79 1,91 *) entspräche wasserhalt. Ihonkrz. se Meg: 30,02 9,68 32,34 ' 10,70 [357] Bodenverhältnisse. 67 C. Des Staubes. Aufschliessung mit kohlensaurem Natron. Thonboden- bei 1 Decm. Tiefe 3 Deem. Tiefe Bestandtheile in Procenten des in Procenten des Schlämm- Gesammt- Schlämm- | Gesammt- products bodens products bodens ‚ühonerde nen. 7,60 2,20 6,65 1,95 Bisenoxydars ran. 2,34 0,82 2,66 0,78 D. Vertheilung des kohlensauren Kalkes. (Mit dem Scneigver’schen Apparate bestimmt.) «. Thonmergelboden bei 1 Decm. Tiefe. In Procenten Grand , Sand , Staub rn Summa des Theilproducts . . . 31,50 0,57 6,19 8,77 des Gesammtbodens. . . 0,19 0,22 17® 2,33 5,03 8. Thonmergelboden bei 3 Decm. Tiefe. In Procenten Grand Sand Staub Feinste Summa Theile des Theilproducts . . . 17,20 1 | GR 1,14 des Gesammtbodens. . . 0,06 0,43 1,78 2,56 4,83 Aus diesen Untersuchungen geht hervor, dass bei dem vor- liegenden Profile kein wesentlicher Unterschied zwischen dem Boden aus 1 und 3 Dec. Tiefe vorhanden ist, obgleich ersterer der Ackerkrume, letzterer dem Boden unter derselben angehört. 58 68 Bodenverhältnisse. [358] C. Zusammenstellung der analytischen Resultate. I. Gehalt an kohlensaurem Kalk. a. Unterer Diluvialthonmergel. Kohlensaurer Kananzdyozrat Kalk Bemerkungen pCt. Thongrube von Jar, Werder’sche Erde- | I. 16,1 (2 | I. Die Probe ist grau und berpe.aens ub R a e (3 feinkörnig. Sie bildet die = II. 8,6 \3 H > auptmasse des Thon- Thongrube von Warrıs, ebenda. . . 15,3 lagers dieserGrube(nach ED). Brunnenbohrung am Südhange der | II. Fetteste Thonmergel- Strengberge . ne 11,6 ausbildung. b. Diluvialmergelsand. Südlich vom Kesselberg 7,6 Thongrube von Waruıs, Erdeberge 8,8 c. Unterer Diluvialmergel. AmßBirkenseund E Er a 4,38 4,9 Wegeinschnitt, westlich vom Bahn- hofe . ee 3,8) Brunnengrube, Potsdamerstr., (Holje) hl 82 Werder’sche Stadtlehmgrube . . . . ET) Ostabhang des Wachtelberges . . . [| 11,0 11,7 Elsbruch, Grube am Kemnitzer Wege 2,1 23 | Die Probe ist vielleicht nicht mehr dem in- tacten Mergel ange- hörig. d. Unterer Diluvialsand. Tihonseubenvon? Waves 2 1,05 Feinkörniger Spathsand. Sandgrube, Ostabhang des Kesselberges 0,79 Höhe des Galgenberges: 1. Probe aus 1—2 Dee. . 0,12 Ds » 3-5» . 0,48 BE » 10—14 » 6 0,65 [359] Bodenverhältnisse. 69 II. Gehalt der Oberkrumen an Humus. Angewandt 108" lufttr. Boden. Die Wurzelfasern wurden sorgsam aus demselben entfernt. Gefundene Bodenprobe Kohlensäure Humus L. pCt. 1) 0,0717 0,34 Profil 1. Thalsandboden. Ziegelei von Frirze 0,335 2) 0,0692 0,33 Profil2. Thalsandboden. Brunnengrube von | D 0,1050 0,49 nr -Cassın. Eisenbahnstrasse 2) 0,1062 0,50 D ik 1) 0,0520 0,25 Profil 4. Diluvialsandboden. Ostabhang des 2) 0,0492 0,22 ) 0,250 Kesselberges 3) 0,0468 0,22 Profil6. Guter Diluvialsandboden. Ostabhang 0.485 des Galgenberges. Eisenbahnstrasse. Moxzes | 9) 0,1098 0,52 1) 0,3088 1,45 Profil9. Desgl. Aelteste Kulturen. Elsbruch | 1,385 2) 0,2795 1,32 Profil 10. Zusammengeschlämmter Boden. 1) 0,0592 0,28 0.270 Faules Loch h 2) 0,0560 = =) & Ne} [1 > = SS [wo | 70 Bodenverhältnisse. [360] III. Gehalt an Kalı. a. Gehalt an Kali im Gesammtboden und Löslichkeit desselben in Salzsäure. Gelöstes Kali Gesammt- Lösliches |in Procenten menge Ar Be Kalı Gesammt- Kali menge Thalsand. Garten der Ziegelei von Frırze 1,13 | 0,016 1,4 Diluvialsand. Kesselbers . . . . . | 1,44 | 0,019 1,3 Entkalkter Mergelsand.. Weachtelwinkel 2,84 0,168 7,2 Desgleichen. Kesselgrund . . . . | 1,67 0,086 9,2 Diluvialmergelsand. Ziegeleigr. v. Waruıs Unterer Diluvialmergel. Stadtlehmgrube 0,100 6,6 2,53 | 0,179 | 7,2 b. Gehalt an Kali in den Thonhaltigen Theilen und Löslichkeit desselben in Salzsäure. Gelöstes Kalı Gesammt- Lösliches |in Procenten menge N der Kali Gesammt- Kali menge Entkalkter Mergelsand. Wachtelwinkel Desgleichen. Kesselgrund . . . . | 2,10 Diluvialmergelsand. Ziegeleigr. von WArrıs Unterer Diluvialmergel. Stadtlehmgrube [361] Bodenverhältnisse. rl IV. Elementare Zusammensetzung des Gesammtbodens der sandigen Bildungen. Thalsand. Garten | Diluvialsand (Spath- Bestandtheile der Ziegelei von sand). Kesselberg, Fritze Ostabhang Kieselsäure . 93,93 92,37 Thonerde 2,30 2.78) Eisenoxyd Ge 0,60 0,65 Kalkerdemn ar. 2 u een 0,19 Spur Magnesia 0,33 0,57 Kali 1,13 1,44 Natron 0,51 0,47 Humus 0,34 0,22 Wasser 0,78 1,47 100,11 100,28 V. Elementare Zusammensetzung der Feinsten Theile der sandigen Bildungen. 1. Thalsand, Garten der Ziegelei von FrıTZE, nahe am Bahnhofe. 2. Diluvialsand, Ostabhang des Kesselberges. ir 2. Thonerde = 23,50 16,37 Eisenoxyd = 7,97 5,01 Kalkerde = 2,99 1,41 Magnesa = 1,21 Spuren Kalı — 529.89 2,17 Glühverlust — 33,86 20,99 ne — 36,62 a. d. Diff. 54,05 a. d. Diff. 100,00 100,00. 22 Bodenverhältnisse. [362] VI. In kochender cone. Salzsäure löslıche Stoffe des Gesammt- bodens der Thalsande (Kulturschicht). Garten der | Brunnen- | Potsdamerstrasse, am Auf- In Salzsäure lösliche N grube. Eisen-| gange zum Wachtelberge ge 0 Stoffe Fritze ee ; Ss) 1-5 Dec. 5-10 Dec. Ihhonerd er 0,511 0,874 0,503 | 0,427 Bisenoxyd, nn 3% 0,315 0,392 0,426 | 0,338 Kalkerder gen zu 0a. 0,044 0,058 0,090 0,104 Manganoxydoxydul . . 0,004 — 0,008 = Maoresiay nes. ee: 0,030 0,012 0,046 | 0,039 IKalıy Su ee 0,016 0,017 0033 | 0024 Phosphorsäure . . . . 0,035 0,068 0,025 0,026 VII. In kochender conc. Salzsäure lösliche Stoffe des Gesammt- bodens der Diluvialsande (Kulturschicht). Sandgrube Kessel- | Eisen- In Salzsäure berg, en westlich vom Kem- östlich d.Schwalben- neh lösliche Stoffe Ost- j nitzer Wege berga abhang | Morexs 1 1-2 Dee. | 2-5 Dee. | 1-3 Dee. | 5 Dee. ihonerdesssse: 0,528 0,520 0,758 0,343 0,524 0,370 1,142 Eisenoxyd . . . 0,293 0,368 0,398 0,377 0,402 0,385 0,761 Kalkerdems ar 0,017 0,080 0,039 0,047 0,030 0,023 0,117 Manganoxydoxydul 0,004 0,011 0,011 Spur 0,002 Spur 0,003 Magnesa . . . . 0,038 0,022 0,044 0,048 0,046 0,029 0,048 Kalb una: 0,019 0,036 0,027 0,022 0,024 0,019 0,022 Phosphorsäure . . 0,008 0,048 0,040 0,015 0,021 — 0,006 [363] Bodenverhältnisse. 73 VIII. In kochender cone. Salzsäure lösliche Stoffe des Gesammt- bodens des Diluvialgrandes. In Salzsäure lösliche Stoffe Thonerde Eisenoxyd . Kalkerde Manganoydoxydul Magnesia Kali Phosphorsäure Kohlensäure Höhe des Galgenberges 1-2 Dee. 0,331 0,379 0,201 0,003 2-5 Dee. 0,434 0,464 0,368 | 5-10 Dee. | 10-14 Dee. 0,621 0,538 5,523 0,597 0,998 Aus diesen Untersuchungen ergeben sich folgende Durch- sehnittszahlen: In eone. Salzsäure löslich Thonerde . Eisenoxyd Kalkerde . Masgnesia . Kali. Phosphorsäure . Im Gesammtboden der Thalsande 0,38 0,39 0,07 0,03 0,02 0,04 Diluvialsande 0,50 0,42 0,04 0,03 0,02 0,03 74 Bodenverhältnisse. [364] IX. Bestimmung des Thongehaltes. Aufschliessung der Thonhaltigen Theile mit verdünnter- Schwefelsäure (1:5) im Rohr bei 220% C. Unt. Diluvial- Diluvialmergelsand Diluvialthon- mergel OT re a ER Bestandtheile Werder’ sche| Thon- | entkalkt Erden Stadtlehm- |grube von| Wachtel- | Kessel- 5 grube WaArtıs | winkel grund Waruıs Kieselsäure . 16,79 Hi Ti — 10,67 Thonerde 6,00 4.25 12,55 5,33 5,90 Eisenoxydul 1,94 0,93 2,67 al. 3,15 Eisenoxyd 2,19 1,74 DU 5,94 0,93 Manganoxydoxydul = ale) = = — Kalkerde 10,71 6,74 0,88 0,28 8,16 Magnesia 1,33 1,21 1,10 0,57 1,62 Kali 1,92 0,67 1,31 0,89 1,28 Natron 0,44 0,21 0,23 0,20 E= Kohlensäure . 6,39 5,79 fehlt fehlt — Wasser : 5,36 Sl 6,77 2,92 —_ Unlöslicher Rückstand 48,05 — 53,62 = — 101,12 99,73 X. Uebersichtliche Zusammenstellung der Körnung des Thalsandes. Grand Sand Thonhaltige : Theile Vorkommen über 2- 1- 0,5- | 0,1- unter 9mm jam 0,5mnf 0,]mm 0,05mm 0,05 mm Profil 1 0,3 0,6 35 80,1 11,4 21 » 2 _ 0,5 0,5 37,0 9-8) 2,7 » » 0,3 0,5 4,7 83,5 19 3,1 Du — DAL, 7.1 78,8 3,4 3,6 »» 0,7 0,9 6,6 80,2 8,6 3,7 » » 0,4 0,6 Al 87,9 2,3 ler >» 1,0 u 84 85,5 1.3 241 Durchsehnittszahlen 0,5 | 0,8 5.0 | 83,3 8,0 2,7 [365] Bodenverhältnisse. 75 Im Allgemeinen gleichen die Thalsande der vorliegenden Gegend in ihrer Körnung denen des Babelsberges, doch treten an letztgenanntem Orte in 4 Decimeter Tiefe bereits weit grössere Mengen von Thonhaltigen Theilen auf, auch die Korngrösse von 0,1—0,05"" 1) ist dort in grösserer Menge (14,6 pÜt. im Durch- schnitt) vertreten, als hier. XI. Uebersichtliche Zusammenstellung der Körnung des Diluvialsandes. rang Sand Thonhaltige E Theile Vorkommen über 2- 1- 0,5- | O,1- unter mm jmm ı an Oo, 0,05" mM 0,05um Brose. | 208 oa | 9a a 1,4 DEEDE RENT ZA EU 0,3 06 | 44 82,9 3m 2,6 DEE ae kr _ 3 13,8 Sl DT One 0,4 0,9 8,1 78,7 32 1,9 Sl ee en >r, — 285 16,5 | 78,1 3,0 0,4 Se „il me | a A 2,8 el 05 08.) 31 | eis | 88 3,5 De — 0,5 | >] Salon Ban) 2,9 Durehschnittszahlen 0 | 0,8 | 5 | Bil | 6,1 2,9 Man sieht hieraus, dass die Werder’schen Diluvialsande sehr feinkörnige Bildungen sind und immerhin noch einige Procente Thonhaltige Theile besitzen, welche das Verhältniss zum Wasser günstiger gestalten, als dieses bei reinen Diluvialsanden zu sein pflegt. !) Diese Sandkörner verhalten sich gegen Wasser noch sehr günstig. Herr Orrtu zeigte, dass ein Sieb mit Löchern von 0,2"m Durchmesser lange Zeit eine geringe Wasserschicht zu tragen vermag. TG Bodenverhältnisse. [366] D. Die Beziehungen des Bodens zum Wasser. Um das Verhältniss des Bodens zum Wasser zu beobachten, wurde die Bodenfeuchtigkeit, der Glühverlust, die Wasser-fassende Kraft (Capacität) und das Wasseraufsaugungsvermögen (Capilla- rıtät) bestimmt. Bei allen diesen Untersuchungen wurde bei dem Versuche und der Berechnung von lufttrocknem Boden ausgegangen, da die Erfahrung gelehrt hat, dass nur dann zuverlässige Resultate er- zielt werden. Es zeigt sich, wie bereits an mehreren Beispielen bestätigt, dass im Allgemeinen die Bodenfeuchtigkeit mit der Zunahme von Thon und Humus wächst. Von Interesse ist aber, dass der Mergelsand mehr Boden- feuchtigkeit als der Untere Mergel besitzt. Ich hebe dieses Verhältniss gerade hervor, weil, wie des Oefteren oben erörtert wurde, auf den Weinbergen die Mengung des Spathsandes mit dem Mergelsande eine gewöhnliche Erschei- nung ist und sich so erklärt, warum der Boden sich hier feuchter hält als reiner Sandboden. Der Mergelsand steht in der Wassercapacität dem Unteren Mergel nach, und eine gewisse Differenz zeigt sich zwischen den beiden entkalkten Mergelsanden bei fast gleicher Menge Thon- haltiger Theile. Noch mehr Unregelmässigkeit ist bei der Bestim- mung der Capillarität zu bemerken. ve ER ARE [367] Bodenverhältnisse. 77 l. Bodenfeuchtiskeit und Glühverlust. 1. ZI 9. a Glühverlust | Humusgehalt P ro b e asser, eTN en des bei 1100 beim Trocknen eetrockneten]| (in 2 ein- des lufttrocknen |? : Bodens bei 110° Soden Begiiien) Thalsand. Ziegelei von Frrıze . 0,26 A 0,34 Desgl. Brunnengrube von Oassın 0,26 1,42 0,49 Desgl. Potsdamerstrasse . . 0,27 1,00 — Abschlämmsand. Faules Loch . 0,28 0,65 0,27 Diluvialsand. Kesselbers . . . 0,29 1,69 0,23 Desgl. Garten von Morses . 0,32 0,80 0,48 Deselssklsbruche nn 2 0,53 2290 1,38 Unterer Diluvialmergel. Stadt- lehmarubes ya a nnd: 0,45 1,46 — Diluvialmergelsand.. Thongrube VMOLSNVEATTIS re ehe 0,63 2,29 — Entkalkter Mergelsand. Wachtel- \ununkel le 2.6 os ee 0,93 4,35 — 78 Bodenverhältnisse. [368] 2. Versuche über die Wassercapacität. (Wasserfassende oder wasserhaltende Kraft.) Wasser- Geognostische Thonige capacıtät, j Ort der Entnahme { Humus | bezogen Bezeichnung Theile auf das Gewicht / Dane ee 2,1 | 0,34 22,9 Desgl. Brunnengrube von Cassın. Eisenbahn- 3 0,49 23,0 = strasse &n = Diluvialsand Garten von Moses. Se (Oberkrume) Abhang des Galgen- Sal 0,48 21,1 il berges o\ ee Desgl. = (Untergrund) eben da 1,9 —_ 20,0 N Desgl. (Oberkrume) Elsbruch 7,7 1,38 21,0 abhang Diluvialmergelsand Thongruben von 57,4 — 29,6 Waruıs Entkalkter Mergelsand Wachtelwinkel 42,9 _ 35,7 = En Desgl. Birkengrund 42,2 — 28,6 = S Unterer Diluvialmergel Stadtlehmgrube 29,8 _ 31,7 aa {eb} \ Ei ThonhaltigeTheile: Efa. des Unteren Diluvial- 419.3 mergels i b. des Diluvialglimmer- \ sandes 33,3 [369] 3. Versuche über die Capillarität. Bodenverhältnisse. (Wasseraufsaugungsvermögen.) u) Thalsand. Ziegelei von Frrrze Desgl., Brunnengr.von Cassıx: Oberkume Untergrund Diluvialsand.. Garten von Moeszs: Oberkrume . Untergrund Desgl., Kesselberg . Desgl., Elsbruch Diluvialmergelsand. Waruıss . Entkalkter Diluvialsand Birkengrund Unterer Diluvialmergel. lehmgrube . Stadt- Aufstieg des Wassers in Centimeter nach: 1/, Std. 19 1!/a Std. 2, ja Std. 32 34 24 Std. 45 40 90 im Maximo 49 39 46 36 39 45 öl so 97 78 + Abschnitt III. Der Obstbau und seine Entwickelung. 1. Die Bodenkultur. Bei der Anlage eines Stückes Land zur Obstkultur wird das- selbe zunächst bis auf 21/, und 3 Fuss (0,78—0,94”) Tiefe sorg- fältig rajolt!). Nach eigenen Beobachtungen, wie auch nach Mit- theilungen von Obstzüchtern, gehen die Bäume mit ihren Wurzeln etwas unter jene Tiefe. Herr Frıtze theilte mir mit, dass er aus- nahmsweise in seinem, am Abhange des Wachtelberges gelegenen Grundstücke Wurzeln bis zu 15 Fuss (4,71”) Tiefe, bis zum Wasser- spiegel, gefunden hat. Im Allgemeinen pflanzt man die jungen Bäumchen, theils selbstgezogene, theils anderwärts, womöglich dem sandigen Boden entnommene, schon veredelte oder wilde Stämmchen in Reihen, zwischen welchen nach OESER eine 16—18 Fuss (5,02— 5,65%) be- tragende Entfernung innegehalten wird. Gewöhnlich ordnet man die Bäume im Quadrat und soweit auseinander, dass ein Ineinander- wachsen der Baumkronen nicht vorkommt. Zwischen die Baumreihen werden als Unterfrüchte Erdbeeren, Himbeeren und Stachelbeeren ) Srorzv, Pomologische Studien, Monatsschr. f. Gärtner u. Pflanzenkunde 1876, S. 136, theilt über die Wichtigkeit des Rajolens Folgendes mit: In Giesmannsdorf war mir Gelegenheit geboten, den Einfluss der Bodenbear- beitung auf die Entwickelung und Tragbarkeit der Obstbäume zu beobachten. Jene Öbstfelder, welche vor dem Bepflanzen rajolt worden sind, also auf die gründlichste Weise bearbeitet wurden, zeigten ein Gedeihen, wie es nicht besser gewünscht werden kann; wo aber diese Bodenbearbeitung unterlassen ist, wachsen und tragen die Obstbäume bei weitem nicht so gut, wenngleich die weitere Pflege bei allen Bäumen bei durchschnittlich ziemlich gleicher Bodenbeschaffenheit die gleiche ist. N [371] Der Obstbau und seine Entwickeluns. 81 gesetzt. In älteren Grundstücken stehen häufig die Bäume dichter und bunt durcheinander, ebenso auch die Unterfrüchte, so dass man hierdurch dieselben schon von den jüngeren Anlagen unter- scheiden kann. Als Durchschnittszahl für die Menge der Obst- bäume auf einem Morgen giebt OESER!) ca. 100 und 4 — 5000 Johannisbeer- und Himbeersträucher an, er macht aber bei dieser Statistik darauf aufmerksam, dass diese Zahlen in manchen Grund- stücken eine grosse Abweichung erfahren können. Da die Obstanlagen in den ersten Jahren wenig oder nichts einbringen, so haben die Leute in den Zwischenräumen häufig Maiblumen, Narcissen und Rosen angepflanzt, welche Blumen in der Nähe der grossen Stadt zuweilen schon reichen Lohn bringen. Vor Allem lest man in Werder nach Anlage eines Obst- gartens grosses Grewicht darauf, dass der Boden stets von Unkraut rein gehalten wird. Es ist daher eine stetig wiederkehrende Be- schäftigung der Leute, wenn andere Arbeiten nicht zu verrichten sind, mit einem Scharreisen (linealförmig mit langem Stiele, Schaufel, vulgo »Schuffel«e genannt) den Boden von jeglichem Unkraute freizuhalten, um alle Nahrung den Bäumen zu Gute kommen zu lassen. Besonders hierdurch bietet sich dem Be- schauer ein eigenthümliches Bild dar: auf dem graugelben, fast weissen Sand, die saftig grünen Bäume mit ihren schönen Früchten ! Die Düngung der Bäume?) wird mit grosser Sorgfalt betrieben ; sie wird im Jahre zweimal ausgeführt, und zwar im Frühjahre und im Herbst. Lange Jahre war nur das »Einbuddeln« des Dunges im Gebrauche. Man wirft zu dem Zwecke in einigem Abstande von dem Stamme, etwa 2 Fuss entfernt, 3 bis 4 Löcher, D) W. Ozser, Werder und seine Obstkulturen, Monatsschr. d. Vereins z. Bef. d. Gartenbaues in d. Königl. preuss. Staaten, 19. Jahrg., 1876, No.7 u. 8. ?) F. Hryer, die Düngung der Obstbäume, landwirthschaftl. Post, Beilage der »Post«, No. 30, 1834, empfiehlt eine besondere Düngungsmethode für Obst- plantagen. Er erwähnt auch die Düngung durch senkrecht bis zur Wurzeltiefe im Umkreise des Baumes eingegrabene Drainröhren, in welche die Flüssigkeit gegossen wird, ferner auch mit dem Erdbohrer zu gleichem Zwecke ausgehobene Duuglöcher. a 82 Der Obstbau und seine Entwickelung. [372] dreieckig oder viereckig, bis nahe zur Wurzeltiefe auf und giebt in dieselben gewöhnlichen Dung, am liebsten Kuhdünger oder Abtrittsdünger (wie mir Herr A. FrırzE mittheilte). Die Löcher werden nach ÖESER etwa 3 4 Fuss lang und 2 Fuss breit und bis etwa 21/, Fuss tief gegraben. Mit grosser Vorsicht wird hierbei ein Durchstechen der Wurzeln vermieden. Es ist klar, dass bei dieser Düngung viele Nährstoffe in den Untergrund gelangen. Der Werderaner hat aber die Beobachtung gemacht, dass, sobald er den Dung flacher eingräbt, die Saug- wurzeln der Bäume sıch nach der Oberfläche hinziehen und dann leicht bei geringem Froste erfrieren, bei grosser Dürre vertrocknen. An mehreren Stellen habe ich in alten Dunglöchern Dung ge- funden, welcher eine Torf-ähnliche Masse bildete und wahrschein- lich aus Mangel an Luftzutritt nicht weiter zersetzt worden war. Die Dunglöcher werden stets in besonderer Reihenfolge an- gelegt, so dass bei jeder neuen Düngung eine andere Stelle als bei der vorhergehenden mit Dung versorgt wird. In neuerer Zeit hat man eingesehen, dass mit Jauche weit grössere Erfolge erzielt werden als mit dem festen Stallmiste. Die Jauchung wird nun in ganz gleicher Weise ausgeführt; man schüttet mehrere Eimer dieser verdünnten Flüssigkeit in Löcher in der Nähe der Wurzeln. Um die Jauche in den Obstanlagen selbst zu ge- winnen, haben bereits zahlreiche Obstzüchter in ihren Grund- stiicken mit Cement ausgegossene Düngergruben angelegt. In der Regel befinden sich dieselben der bequemeren Anfuhr des Dunges wegen längs der Verkehrsstrassen und Wege oder an den Rainen ]). Die Gruben sind in den meisten Fällen viereckig, seltener kreis- rund und etwa 2,5% lang, 1” tief und 2,5” breit. In einer Ecke befindet sich eine Vertiefung, in welcher die Flüssigkeit angesam- melt wird. Mit der Gewinnung der Jauche hängt auch die An- lage zahlreicher Brunnen innerhalb der Grundstücke zusammen. In den meisten Fällen sind dieselben nahe den Düngergruben an- gelegt, um bequem den Dung häufig mit Wasser überschütten zu 1) »Raime« oder »Raine« (sonst — Grenze) nennt der Werderaner die in den Weinbergen nicht bebauten festen Stiege oder Wege innerhalb der Grund- stücke. u [373] Der Obstbau und seine Entwickelung. 33 können. Sie sind ausserdem für die Bewässerung der Bäume von grösstem Werthe. Der Jauche schreiben neuerdings die Obstzüchter die grösste Wirkung bei. Während früher dieselbe wenig beobachtet wurde, oft genug zu grösseren Streitigkeiten zwischen Nachbarn und auch mit der Ortsbehörde Veranlassung gab, wird dieselbe jetzt sorgsam gesammelt und gut verkauft von denen, welche mehr gewinnen, als sie bedürfen. Künstliche Dungmittel sind zur Zeit in Werder noch wenig angewandt worden. Ueber den zur Verwendung kommenden Dung theilte mir Herr A. FritTzEe mit, dass er am liebsten Kuhdünger benutzt, aber denselben nicht rein bekommen kann, sondern mit Pferde- und Abtrittsdünger vermischt erhält. Auf diesen Dung giebt er Wasser, Asche und neuerdings auch Kalısalze. Die Jauche wird in verschiedener Tiefe, wie oben angegeben, ein- geschüttet. Meine Frage, ob auch Torfstreu bei der Düngung verbraucht wird, hat er verneint, wohl aber wird Torfasche gern dem Dunge zugefügt. 2. Die Öbstzucht. Die Haupternte bilden für Werder die Kirschen !), und zwar werden süsse und saure Kirschen hier gezogen. In den letzten 25 bis 30 Jahren (nach OESER) wird ganz besonders die Kultur der Pfirsiche gepflegt, aber ein Pfirsichbaum wird höchstens 10 Jahre alt, welches Alter in vielen Grundstücken auch von den Kirschbäumen nicht überschritten wird 2). Die Düngung dieser Pfirsichbäume mit Jauche geschieht während der Sommerzeit fast täglich. Auch zieht man hier Pfirsiche aus Samen. Zu dem Zwecke gräbt man ein kleines Obstpflückkörbchen mit Kernen edler Pfirsiche im Herbste in den Boden ein, worin es bis zum Früh- jahre verbleibt. Dann werden die mürbe gewordenen Kerne ge- ) Kirschen gedeihen besser, als alles andere Stein- und Kernobst im trocknen Boden. 2) Im Grundstücke des Herrn A. Frırze steht ein Birnbaum, welcher wohl 50—S0 Jahre alt sein mag. Aehnliche alte Bäume findet man am Kemnitzer Wege und in den Gärten nördlich der Brandenburgerstrasse. 6” 84 Der Obstbau und seine Entwickelung. [374] klopft und gesteckt. Viele entwickelte Pflanzen werden später noch veredelt. In den letzten 15 Jahren (nach OEsErR, 1876) spielen die Johannisbeeren, Himbeeren und Erdbeeren eine bedeutende Rolle. Johannisbeeren werden daher oft das ganze Jahr gejaucht. Sorgfältig schützt man zartere Obstsorten vor Frost. Die empfindlichen Pfirsiche und Aprikosen werden schon Mitte October sorgsam in Rohr eingeflochten, nachdem ihre Stämme mit Dung umgeben worden sind. Ueberall aber, wo Früchte gut gedeihen, stellen sich auch schädliche Thiere ein. Wie bald könnte man, wenn nur einige Jahre dahimgingen, ohne dass die Bäume mit der grössten Für- sorge, namentlich gegen die schädlichen Insecten, verwahrt würden, die Verwüstung der Plantagen durch jene unangenehmen Gäste wahrnehmen! W. ÖESER giebt an, dass im Jahre 1837 und 1838 die Obstschaben so zahlreich vorkamen, dass auf den meisten Bergen die Bäume abtrockneten und abgeholzt werden mussten. Gegen diese Feinde helfen die Vögel sehr und die Werde- raner haben den Nutzen vieler unserer Singvögel erkannt. Vom Obstbauverein sind in Folge dessen an zahlreichen Aufgängen zu den Obstgärten Schilder angebracht, welche vor allem der Jugend zurufen: Schonet die Vögel und ihre Nester! Aber dies genügt nicht allein. Mit fleissiger Hand wird im Späthherbste jeder einzelne Stamm und jedes Stämmchen mit hand- breiten, mit Kientheer bestrichenen Papierstreifen umbunden. Zum Anbinden benutzen die Leute Binsen. Das Theeren der Bäume wird im October und Anfang November begonnen und während dieser Zeit alle 2 bis 3 Tage fleissig wiederholt. Es ist dies eine Zeit, wo man im Werder die Emsickeit der Obstzüchter recht bemerken kann; Frauen und Kinder helfen. Am schädlichsten werden die Wickler und der Ringelspinner, dessen Eierringe sorgfältig von den Reisern abgelesen werden müssen. Da die Bäume selten eine grössere Höhe (etwa 3”) haben, so kann man diese Arbeit mit weniger grosser Mühe verrichten. Pfirsiche werden nicht getheert, da sie von den Wicklern nicht aufgesucht werden; man nimmt an, dass ihre Blätter jenen schäd- lichen Insecten zu bitter seien. en [375] Der Obstbau und seine Entwickelung. 85 So verwendet der Werder’sche Obstzüchter das ganze Jahr hindurch viel Fleiss und Kosten auf die Pflege jedes einzelnen Baumes und Strauches, und erhält dafür in günstigen Jahren auch hohen Lohn. Wenn ich die Resultate meiner Untersuchungen des Babels- berges auf diese Kulturen übertrage, so habe ich die feste Ueber- zeugung, dass auch hier durch eine intensivere Bewässe- rung!) grosse Erfolge erzielt werden müssen. 3. Statistik der Obstproduction. Auf den Werder’schen Weinbergen werden, wie bereits zum Theile erwähnt, folgende Obstsorten gebaut: Steinobst (Kirschen, Pflaumen, Pfirsiche und Aprikosen), Kernobst (Aepfel, Birnen und Mispeln), Beerenobst (W eintrauben, Erdbeeren, Himbeeren, Stachel- beeren und Johannisbeeren, sowie Schalenobst (Wallnüsse). Der Obstversandt ist ein ganz bedeutender. Herr Lehrer WOLFF hatte die Güte, mir folgende Zahlen über den Versandt Werder’schen Obstes mitzutheilen. Dieselben beziehen sich auf das Jahr.1880 und 1882. Durch das Dampfschiff?) wurden 496 424 Tienen), durch die Eisenbahn 198 570 Tienen Obst befördert. Nimmt man an, dass etwa noch 5000 Tienen Aepfel verschickt wurden, so stellt sich eine Gesammternte von 700000 Tienen heraus. Im Jahre 1882 betrug dieselbe 702174 Tienen. Zieht man aus den letzten sechs Jahren (1876—1882) den Durchschnitt, so bekommt man annähernd 700000 Tienen a 7 Liter, oder 4900000 Liter. Rechnet man den Durchschnittspreis einer Tiene zu 2 Mark, so ergiebt sich eine Einnahme von 1400000 Mark. ) Uebrigens kann ich mittheilen, dass man in einigen Grundstücken bereits mit einer intensiven Bewässerung mit Havelwasser begonnen hat. 2) Nach Foxtane war bis 1850 eine »Schute« (siehe S. 94) in Benutzung, dann -bis 1860 das Dampfschiff »Marie« und bislang »König Wilhelm«. 3) Tienen sind flache, runde Holzgefässe, welche etwa 7 Liter Inhalt besitzen. Die Tienen der Werderaner sind alle gezeichnet, theils sind farbige Reifen, theils Namenszüge und allerhand Verzierungen eingeschnitten und diese mit bunten Farben bemalt. Dadurch ist beim Versandt ein rasches Sortiren der Gefässe nach den Besitzern ermöglicht. S6 Der Obstbau und seine Entwickelung. [376] Dem gegenüber entnehme ich aus: »FONnTAnE, Wanderungen durch die Mark Brandenburg«, Berlin 1873, folgende Notizen: »Der Versandt beginnt mit 1000 Tienen, steigt in rapider Schnelligkeit auf 3000, auf 5000, hält sich, sinkt, steigt wieder und tritt mit 1000 Tienen, ganz wie er begonnen, schliesslich vom Schauplatz ab. Als Durchschnittsminimum wird man 3000, als Maximum 4000 Tienen täglıch (die Tiene zu zwei bis drei Metzen) an- nehmen dürfen. Der Preis einer Tiene ist 15 Groschen. Dies würde bei Zugrundelegung des Minimalsatzes, in 4 Monaten oder 120 Tagen einen Gesammtabsatz von 120 mal 3000, also 360000 Tienen ergeben. « Somit werden nach FONTANE alljährlich im Minimo 1 Million Metzen Obst von Werder nach Berlin geschaft. Zur Zeit hat sich demnach nach obigen Angaben der Obst- gewinn verdoppelt. Herr Weinbergsbesitzer und Hoflieferant AuG. FRITZE hat in dem Berichte des Herrn W. OESER in der Monatsschrift des Ver- eins zur Beförderung des Gartenbaus in den Kgl. preuss. Staaten, 19. Jahrgang, 1876, No. 7 und No. 8 folgende Durchschnittsernte auf seinen Grundstücken der Oeffentlichkeit übergeben. Es muss bemerkt werden, dass diese als mustergiltig ‘angesehen werden müssen, obgleich der Boden derselben fast ausschliesslich reiner Sandboden, wenig mit Schleppstreifen durchsetzt ist: Nur nahe der Potsdamerstrasse ist in grösserer Tiefe der Untere Mergel vorhanden. (Die Anlagen liegen nördlich Profil 17 der Karte.) Er erntete auf einem Morgen: 120 Tienen Kirschen, ID 2 Birnen, 24° 727 TPfirsiche, 60 » Pflaumen, 50 » Johannisbeeren, 10 » _ Weintrauben, 2 » Mispeln, SOME Aepfel, DAS Aprikosen, 1 » Himbeeren, 3 » Erdbeeren und etwa für 21 Mark Blumen und Spargel. [377] Der Obstbau und seine Entwickelung. 87 Es ist selbstredend, dass eine solche Ernte nur als Beispiel betrachtet werden kann, indem sich auch die Verhältnisse der ver- schiedenen, gewonnenen Früchte unter einander ändern; so theilte mir Herr FrıitzE mit, dass er im Jahre 1861 nur 12 Tienen Kirschen, dagegen 90 Tienen Aepfel_gewann. In diesem Jahre war viel erfroren und es gelangten nur 28 160 Tienen nach Berlin. Dagegen war 1875 ein ausgezeichnetes Jahr, ebenso 1880, von welchem mir Herr FRıTzE schrieb, dass es das fruchtbarste war, so lange Werder Obst baut. Ob im vergangenen Jahre (1883) die Obsternte noch grössere Zahlen lieferte, ist mir nicht bekannt geworden )). | Das meiste Obst wird nach Berlin: verschickt, aber auch nach anderen grossen Städten, wie Königsberg, Stettin, Danzig, Magde- burg, Leipzig und Dresden. Durch Händler gelangt es nach Hamburg und von da nach England und Schweden, auch selbst nach Russland. Die Befrachtung des Dampfers liefert ein eigenartiges Schau- spiel. Zahlreiche, meist grüne Karren kommen mit Tienen hoch beladen durch Hundegespann oder den hier heimischen Esel herbei- gefahren, um ihre Fracht zu überliefern. Ein Böllerschuss kündet Abfahrt und Ankunft an. Die Obsternte beginnt mit Erdbeeren und Süsskirschen, der eigentliche Versandt meistens erst Mitte Juni. Schon zur Zeit der Obstblüthe, welche hier förmliche Festtage verursacht, bemerkt man an vielen Fenstern der kleinen Häuser in Blumentöpfen Erd- h) Während des Druckes. Die Hannoversche Land- und Forstwirthsch. Zeitung, Jahrg. 57, 1884, bringt in No. 22, 5.502 eine Mittheilung: Die Obstanlagen in Werder, woraus Folgendes entnommen ist: »Im Jahre 1833 wurden nun nach einer ungefähren Schätzung 747 143 Tonnen*) Obst im Werthe von Mk. 997 140 nach Berlin überführt. Darunter waren 300000 Tonnen Kirschen (Werth der Tonne Mk. 1), 21430 Tonnen Erdbeeren (Werth Mk. 2), 21430 Tonnen Himbeeren (Mk. 6), 50000 Tonnen Stachelbeeren (Mk. 1), 57143 Tonnen Johannisbeeren (Mk. 1), 4286 Tonnen frühe Pflaumen (Mk. 1), 14286 Tonnen späte Pflaumen (Mk. 1), 10714 Tonnen Aprikosen (Mk. 4), 85714 Tonnen Pfirsiche (Mk. 2), 46430 Tonnen Birnen (Mk. 1), 128570 Tonnen Aepfel (Mk. 1), 7140 Tonnen Weintrauben (Mk. 1,50). *) Soll Tienen heissen. 88 Der Obstbau und seine Entwickelung. [378] beerstöcke mit reifen Beeren. Diese sind die ersten Früchte, welche Werder als Seltenheiten zu Markte bringt. Der Weinbau ist für Werder nicht mehr lohnend und hat daher bedeutend abgenommen. Nur auf der Insel, besonders nahe der Kirche, auf dem Mühlenberge, wird an zahlreichen Spalieren noch Wein gebaut. In der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurden nach W. ÖESER im Durchschnitte noch 800 Oxhoft Wein jährlich ge- keltert. In den Bergen wird der »Eberling«, in den Gärten der »Schönedel« gebaut. Ich habe Gelegenheit gehabt, in zwei Jahren im Herbste zu bemerken, dass der Wein auf den Werder’schen Bergen nicht reif geworden und durch frühe Fröste erfroren war. Dies mag öfter vorkommen. Es ist eine immer wiederkehrende Antwort der Werderaner auf die Frage, warum sie dem Weinbaue abhold geworden sind: Wir bauen den Wein nur noch, um Blätter zum Einwickeln der Pfirsiche zu erhalten. Diesen Nutzen des Weinstockes erkannte selbst Herr AuG. FriTzE an, welcher in seinen mustergültigen Anlagen verhältnissmässig viel Wein baut. Vor Allem hat aber die Einfuhr auswärtiger, besonders unga- rischer Weintrauben, den Bau dieses edlen Gewächses von den Werder’schen Bergen verdrängt. Die Bewohner von Werder sind bestrebt, die besten Obst- sorten zu bauen und es entsteht unter denselben in dieser Hinsicht ein förmlicher Wettstreit. — Es ist zwar nicht mit voller Gewissheit ein Zusammenhang der Güte des Bodens mit der des Obstes nach- zuweisen, doch glaube ich, dass ein solcher hier angedeutet wird, wenn die Mittheilung sich bestätigt, dass auf dem Strengfelde zwar weit mehr Früchte, als anderwärts gewonnen werden, dass dieselben aber von geringerer Qualität sind, als die auf anderen Grundstücken geernteten. Sollte wirklich auf reinem Sandboden eine bessere Frucht zu erzielen sein, als auf dem Lehmuntergrunde? Erklärlich ist es, dass von den Obstzüchtern die Ostgehänge als günstiger für den Obstbau bezeichnet werden, als die westlichen und südlichen, wenngleich die letzteren an anderen Orten gerade [379] Der Obstbau und seine Entwickelung. 89 zum Obst- und Weinbau aufgesucht werden. Offenbar kommen hier klimatische Beziehungen zur Geltung, auch sind die östlichen Gehänge, wie früher bemerkt, bei kleinerem Neigungswinkel weniger den rauhen Westwinden ausgesetzt. Ich will aber, nachdem ich über die Obstproduction auf diesen 3000 Morgen so Günstiges mitgetheilt habe, zu erwähnen nicht unterlassen, dass die Werder’schen Obstzüchter auch grosse Mühe und Kosten auf ihre Pflanzungen verwenden müssen. Der Dünger, welchen sie meistens von Potsdam beziehen, wird von ihnen zu hohem Preise bezahlt. Man kann wohl aussprechen, dass in Werder trotz der bedeutenden Obstgewinnung nicht viele reiche Leute vorhanden sind, wenn auch eine gewisse Wohlhabenheit im Allgemeinen zu bemerken ist. Es kann jeder so viel verdienen, dass er ein bescheidenes Leben führen kann und so sind denn andererseits auch nur wenige Arme vorhanden. Ich schliesse diese Mittheilungen mit einem Ausspruche von W. ÖESER, welcher sich in seinem oft erwähnten Aufsatze findet: »Wer glaubt, dass die Werder’schen Obstzüchter mit ihrer grossartigen Obstzucht Schätze anhäufen, der gehe hin und lerne die pecuniären Verhältnisse kennen. — Es ist nicht alles Gold, was glänzt und die Natur sorgt schon selbst dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, denn in der Regel folet auf 6 Obst- jahre, gleichwohl ob gut oder mittelmässig, ein Missjahr und zu- weilen zwei aufeinander.« Noch muss ich zufügen, dass auch der Preis des Landes sehr hoch ist. Neuangebautes Land kostet 600 bis über 2400 Mark pro Morgen. Der Morgen Land der abgeholzten Kämmerei-Haide, durchweg geringer Sandboden, ist mit 1200 Mark bezahlt worden, und es hat gut mit Bäumen und Strauchwerk bestandenes Land einen Werth von über 3000 Mark pro Morgen. Noch kommt hinzu, dass die Einnahme in den ersten 3—4 Jahren nur gering ist. Abschnitt IV. Die Ansiedelungen und die Erweiterung des Obst- baues in der Umgegend von Werder. Anfangs besass die Stadt Werder keine Vorstädte; sie be- schränkte sich auf die Insel. Die Vorstädte sind erst in neuerer Zeit entstanden. Nur einzelne Häuser waren am Kemnitzer Wege, wenige in der Potsdamer- und Eisenbahnstrasse aufgebaut. Im Codex diplomaticus Brandenburgensis, RIEDEL, 1859, ist angegeben, dass im Jahre 1795 die Zahl der Gebäude 196 auf der Insel und 30 ın der Vorstadt betrug. Im Jahre 1794 besass Werder 1212 Einwohner, welche Zahl im Jahre 1800 auf 1296 gestiegen war. Werder ist 1784 durch FERDINAND LUDWIG SCHÖNEMANN !) eingehend in einem Buche beschrieben worden. Ich entnehme diesem zunächst folgende Schilderungen: »Die Stadt Werder liegt auf einer gänzlichen Insel in der Havel, wozu von der Abend- oder Brandenburgischen Seite ein eingelester Damm, und eine Brücke über den Havel-Fluss, den Eingang und die Passage macht. Der Boden dieser Insel ist fest und fruchtbar, er trägt Korn, Wein, Obst und allerhand Gartenfrüchte; das Erdreich ist grössten- theils fett und schwarz, jedoch nicht morastig. — — — — !) Topographische und diplomatische Geschichtsbeschreibung der Stadt Werder. Potsdam 1784. [381] Die Ansiedelunsen und die Erweiterung des Obstbaues ete. 9] Die anfängliche Entstehung der Stadt Werder auf dieser Insel ist immer noch unbekannt. Man hat zwar angeben wollen, dass sie von einem, ohnfern der Stadt belegenen Busch- und Wiesen- felde gestandenen Dorfe ihren Ursprung genommen hätte, welches in einem derer Wendischen Kriege, welche sie mit ihren Grenz- Nachbaren häufig geführet, verwüstet worden sein soll, jedoch be- ruht die Gewissheit dieser Meinung bloss auf einer unsicheren Ueberlieferung. Die Stelle, worauf es gestanden haben soll, wird heut zu Tage noch vorgezeigt, und wird die Dorfstelle!) genennt, man will auch sowohl in alten als neueren Zeiten Ueberbleibsel ‘darauf gefunden haben.« Nach unserem Chronisten bildete dies Städtchen 1317 den erblichen Besitz eines gewissen Ritters GLOTEKE?), welcher es den Brüdern des Klosters Lehnin käuflich für ein geringes Geld überliess. »Nachdem Churfürst JoACHIM II. einen grossen Theil der Klöster der Mark einzog und die Einkünfte derselben zu Chur- fürstlichen Domainen machte, wurde ım Jahre 1542 auch Kloster Lehnin aufgehoben und zur Domaine umgewandelt, wohin Werder noch 1784 Zinsen zu zahlen hatte. Schon im Jahre 1459 erhielt Werder das Privilegium, jährlich 2 Jahrmärkte abzuhalten. Im Jahre 1713 waren in der Stadt und Vorstadt 169 Feuer- stellen, 1783 besass dieselbe 196 Bürgerhäuser, 4 publique und 3 Feuerstellen auf dem Rittergute, 1 Freihaus, in Summa 204 Feuer- stellen, vor der Stadt 25 Bürger-, Büdner- und Weinmeisterhäuser, die Scharfrichterei, das Schützenhaus und das Seidenbauhaus. — In den Weinbergen waren »hin und wieder 36 Weinpressen.« Nach den Verwaltungsberichten besass im Jahre 1864 Werder 3513 Einwohner, 1871 dagegen 3903 und im Jahre 1874 betrug ihre Zahl 2118 ın der Stadt und 2065 in der Vorstadt, also zu- 2) Siehe im Norden der Karte. 2) W. OÖzser, Werder und seine Obstkulturen, Monatsschr. d. Vereins z. Beförd. d. Gartenbaues i. d. Königl. preuss. Staaten, 19. Jahre., 1876, No.7u.8 S. 301 ff., No.8 S. 349 ff., führt als Namen dieses unter dem Markgrafen Warpemar stehenden Ritters »SLoTor4« auf. 92 Die Ansiedelungen und die Erweiterung des Obstbaues [382] sammen 4183). Im darauf folgenden Jahre war diese Zahl auf 4544 gestiegen und im Jahre 1880 wurden 4767 Personen gezählt. In fast einem Jahrhundert hat demnach eine Vermehrung der Einwohnerzahl auf das Vierfache stattgefunden. In SCHÖNEMANNs Beschreibung heisst es weiter: »Die zum Städtischen Territorio gehörenden Feldmarken möchten auf beiden Seiten wohl 4000 Morgen befassen, und werden in das sogenannte Busch-, Wiesen- und Strengfeld ein- getheilt. Zur Stadt geht der Weg durch angebaute Ebenen, von Brandenburg durch die Post- und Heerstrasse, von Potsdam durch die Potsdamer Strasse, von Chemnitz und Feben durch die Wege zwischen den Weinbergen; und da sämmtliche Wege nach der Vorschrift mit Bäumen bepflanzet, auch so bald das Städtische Territorium erreicht wird, Ziegeleyen, Weinberge, Gärten und Wiesen zu sehen sind, so wird denen Reisenden die Zeit gewiss sehr verkürzet.«c — — — — »Diesseits der Insel gegen Westen und Süden sind zwei hohe Berge, worauf die Weinberge angebauet sind, welche zu 400 Morgen Inhalts angenommen werden. Von einigen dieser Weinberge kann man die Insel und die umliegende Gegend vor- treflich übersehen, besonders zeichnen sich sowohl wegen ihrer Grösse als Lage aus: im Wiesenfelde der EHMICKEN sche, der voN HEYDEn’sche und der ASCHENBORN’sche. Im Strengfelde: der Krein’sche, der NIEDERN sche und MorY’sche. . — — — .< In Kaiser Karr’s V. Landbuch der Mark Brandenburg, herausgegeben von FıpIcın, 1856, wird Werder zwar erwähnt (pag. 128. Item Werder et Walchow non sunt scripta), aber 1) W. Ozser führt a. a. O. folgende Zahlen an: Im Jahre 1730 waren vorhanden 174 Wohnhäuser mit 996 Einw.., Sala » 234 Feuerstellen » » 1852 » » 306 » » 28007 > » » "1867 » » 3624 >» » » *1871 » » 3364 >» » » 1876 » » 4500 >» * Beide Zahlen habe auch ich in der Uebersicht der Ergebnisse der Volks- zählung im Regierungsbezirk Potsdam gefunden. Im Uebrigen wäre eine bessere Uebereinstimmung erwünscht. [383] in der Umgegend von Werder. 95 e nicht beschrieben, so dass die Nachrichten des erstgenannten Chro- nisten wohl die ältesten sind. Nach SCHÖNEMANN (und auch FONTANE) sind die ersten Ein- wohner von Werder Wenden gewesen. Es heisst bei Ersterem: »Im 10. Seculo hiessen die Wenden, welche die Potsdamer Insul und den Werder bewohnten, Chociner Wenden, und die noch auf den heutigen Tag vererbten Wendischen Nahmen, RıkTz, Wırs, WENDT!) u. del. m. lassen um so mehr vermuthen, dass die ersten Bewohner dieser kleinen Insul von Wendischer Völker- schaft gewesen. « Von unserem Chronisten ist eine, für die Werderaner nichts weniger als schmeichelhafte Charakterisirung der Einwohner aus dem 17. Jahrhundert ausführlich wiedergegeben, wie solche der damalige Stadtrichter Irmisch mitgetheilt. Aber emige gute Eigen- schaften führt er ebenfalls an. Er sagt: Arbeitsamkeit, kümmer- liches und sparsames Leben ist ihnen nicht abzusprechen. Dies gilt heute noch, denn Werder hat, wie oben erwähnt, bei allem Fleisse der Einwohner doch nur einen mässigen Wohl- stand aufzuweisen. Ferner theilt SCHÖNEMANN mit, was ich auch heute noch ge- funden habe: »Säuglinge werden mit in die Weinberge genommen, und den Kindern mit der Muttermilch gleichsam die Liebe zur Arbeit eingeflösst«. Knaben und Mädchen werden heute noch angehalten, nach der Schule in den Weinbergen die Eltern bei der mamnigfaltigen Arbeit zu unterstützen. Wann nahm nun die Obst- und Weinkultur der Werderaner ihren Anfang? FoNTANE führt die Beantwortung dieser Frage dahin aus, dass nach dem Dreissigjährigen Kriege die gartenkundigen Fran- zosen und gleichzeitig die landbaukundigen Holländer in die entvölkerte Mark einzogen. Unter dem, was sie pflegten, war auch der Obstbau. FOoNnTANE vermuthet, dass der land- ) Auch die insulare Lage von Werder mag dazu beigetragen haben, dass sich viele Familiennamen bis heute fortgepflanzt haben, so ausser obigen die Hacenporr, Kaceı, Scauwept, Hınze, Feirze, Schnertrer, KuuLnmeys u. s. w. 94 Die Ansiedelungen und die Erweiterung des Obstbaues [384] schaftliche Charakter der Gegend ihnen heimisch gewesen und sie hier deshalb Aufenthalt genommen. Vielleicht wäre aus den Namen der noch lebenden Geschlechter festzustellen, ob ein solcher hollän- discher Fremdling jemals unter ihnen sich angesiedelt hat. Auch der Namen »Schute« für das Fahrzeug der Werderaner scheint FONTANE darauf zu führen, da dieser ein niederländisches W ort ist. Viel natürlicher scheint mir die Aufklärung, welche W. OESER über die Anfänge des Weinbaues gegeben hat. Er bringt diese Kultur in Zusammenhang mit dem Erwerb der Stadt Werder durch die Mönche des Klosters Lehnin. Er schreibt: »Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass die Mönche bei der günstigen Lage der” Berge schon damals hier den Weinbau haben betreiben lassen, denn grosse, umfangreiche Kellerräume, welche man vor ungefähr 25 Jahren auf dem Mühlenberge ent- deckte, scheinen auf Kellereien des gewonnenen edlen Werder- schen Nektars hinzudeuten, und auch das Format der Steine ist dem in den Klosterruinen vollkommen gleich. Die Bewohner machten den Weinbau den Mönchen nach. Die ersten Weinkul- turen waren am Gottesberg, nahe der Kirche, und heute noch ist der südliche Theil des Mühlenberges ein guter Weinberg. « So viel steht fest, dass um die Mitte des vorigen Jahrhunderts sich die Umwandelung völlig vollzogen hatte: »Werder war eine Garteninsel geworden«. Ueber die jetzigen Verhältnisse theilte mir auf meinen Wunsch Herr WOLFrr, Lehrer an der Bürgerschule, gütigst Folgendes mit: »Die Feldmark von Werder und Umgebung, einschliesslich Geltow, Glindow, Petzow und Phöben, so weit dieselbe mit Obst bestanden ist, umfasst ein Areal von annähernd 30007) Morgen, welche sich auf 550 bis 600 Besitzer vertheilen. Der Theil der Obstplantagen, welcher speciell Werder’scher Grund und Boden ist, umfasst jetzt ein Areal von 2000 Morgen. ) W. Össer, a. a. O., hat 1576 folgende Zahlen angegeben: Die Feldmark hat auf der linken Seite der Havel eine Grösse von 3494 Morgen, davon 1550 Morgen auf Obstplantagen, 800 Morgen Ackerland, 750 Morgen Wiesen, 200 Morgen Weide und 200 Morgen Waldung. Das Areal vertheilt sich auf 550 Grundbesitzer, so dass im Durchschnitt auf jeden Einzelnen fast 3 Morgen Obstland zu rechnen sind. [385] _ in der Umgegend von Werder. 95 Die Bedürfnisse bei den Gartenarbeiten geboten, dass man in den Grundstücken kleine Häuschen aufbaute, um Geräthschaften in denselben aufzubewahren und bei schlechtem Wetter Schutz zu finden. So entstanden zunächst kleine Lehmhäuser mit Rohr- dach, wie dieselben noch heute mehrfach zu sehen sind. Die stetige Beschäftigung in den Wein- resp. Obstbergen führte meh- rere Besitzer dahin, sich ihre Wohnhäuser in den Obstanlagen selbst zu bauen, und so entstanden die Vorstädte, welche schliess- lich geschlossene Strassen bildeten. So füllten sich die Lücken zwischen den Häusern der Brandenburgerstrasse, der Potsdamer- und Eisenbahnstrasse immer mehr und mehr, so dass eine im Verhältniss zur Mutterstadt sehr grosse Vorstadt entstand, jene mit 2118 Einwohnern, diese mit 2065 Einwohnern, und noch ist diese Vorstadt in steter Entwickelung. Dadurch aber, dass die Grundstücke von Werder für die Ernährung der sich mehrenden Anzahl von Obstzüchtern nicht genügen (denn fast jeder Einwohner, selbst der wenig bemittelte Arbeiter, hat seine Obstanlage), hat sich die Obstkultur weiter ın die benachbarten Districte ausgedehnt. So sind vor Allem bei Glindow stetig sich noch vergrössernde Anlagen entstanden, welche fast alle von Werder’schen Leuten angebaut sind. Zunächst sind zu beiden Seiten der Brandenburgischen Chaussee grössere Obst- plantagen angelegt worden und dehnen sich dieselben weit nach Petzow hin aus. Der Fuchsberg und der kleine Karfunkelberg sind zur Zeit schon zum grössten Theile von Obstkulturen in Besitz ‘genommen worden, und so entstehen immer neue Anlagen bis an das Dorf Bliesendorf heran. Ferner sehen wir grössere Obstplantagen bei Baumgartenbrück!), Petzow, Alt-Geltow und Plessow. Auch weiter entfernt liegende Gegenden haben ihre für die Ackerwirth- schaft so ganz ungünstigen, ja oft völlig unbrauchbaren Ländereien ihrer Sandberge schon mit gut gedeihenden Obstbäumen bepflanzt. Wir finden dieselben bei Bornim, auf dem sonst nur mit hungrigen Gräsern bedeckten Mühlenberge bei Alt-Töplitz, bis hinauf nach ) Bier muss erwähnt werden, dass der Gasthofsbesitzer von Baumgarten- brück grössere Kulturen von Feigen und Melonen pflegt und mehrfache Prämien für die erzielten Früchte erhalten hat. 96 Die Ansiedelungen und die Erweiterung des Obstbaues [386] Ketzin. Voraussichtlich werden in der weiteren Umgegend von Werder innerhalb einiger Decennien noch grosse Gebiete für die Obstbaumzucht in Anspruch genommen werden. Es ist erfreulich, zu sehen, wie reichlich der dem Ackerbau vollkommen ungünstige Sandboden die Mühe der Leute lohnet, die allerdings eine rastlose ist, jedenfalls aber in keinem Vergleiche steht mit der Arbeit, die mit einer gewissen Hingebung dem mühsam bestellten Acker nur das eingesäte Korn wieder abgewinnt, wenn die Witterungsverhält- nisse noch günstige waren. Dass der Boden!) an und für sich von grösserem Einfluss ist, kann man eigentlich erst in höherem Maasse beobachten, wenn man von den Werder’schen Obstbergen aus weitere Excursionen in die genannten Districte macht. Schon am kleinen Karfunkel- berge stehen die jungen Pflanzungen bedeutend besser, als weiter westlich nach Bliesendorf. Auf ersterem Berge haben die Bäume ihren Standort auf dem Diluvialmergel (Unteren Mergel), und es genügt hier eine geringere Düngung, um dieselben gedeihen zu lassen, während viele Stämmchen auf dem schlechten Sandboden bald eingehen und oft nachgepflanzt werden müssen, ehe eine geschlossene Obstbaumplantage gebildet ist. Der unermüdliche Fleiss der Besitzer ist zu rühmen, welche unverdrossen die weit entlegensten Grundstücke mit solchem Eifer pflegen. Aber wie rasch würde auch ein träger Arbeiter, welcher seinen Garten ver- nachlässigt hätte, von den Adjacenten zur Verbesserung ermuntert werden, wenn auch sein Ehrgefühl erst durch empfindliche Ver- höhnung ihn zur Arbeit rufen würde! ) W. Ozser, ibid., S. 305, theilt als Werderaner über denselben mit: Die Beschaffenheit des Bodens ist sehr verschieden, stellenweise liest der reine Lehm zu Tage, zum grössten Theil aber ist der Boden mager, meist 12jähriges Roggenland, mit einigen Lehmtheilen vermischt; der Dung muss dann natürlich Alles thun. [389] Anhang. | 99 1. Aus der Flora der Werder’schen Weinberge. Von hoher Wichtigkeit für die weitere Beurtheilung eines Bodens ist jedenfalls die Kenntniss der auf ihm wild wachsenden Pflanzen. Sie geben für seinen Werth oft mehr Anhalt als eine chemische Analyse, denn in vielen Fällen vermögen wir das ver- schiedene Wachsthum auf chemisch gleichartig zusammengesetzten Böden nicht zu erklären. Mein hochverehrter Lehrer, Hofrath Prof. SENFT, drückt sich, bei der Abfassung eines Gutachtens über die geologischen Karten der Flachlandsabtheilung der geologischen Landesanstalt, auf jenen Punkt hinweisend, folgendermaassen aus: »An seiner freiwilligen Pflanzenproduction erkennt man die Natur und den Werth eines jeden Bodens. Es ist zu bedauern, dass wir bei den ohnehin viel Zeit er- fordernden Kartirungsarbeiten nicht auch botanische Beobachtungen ausführen können. Wohl aber werden unsere geologischen Karten dem Botaniker Gelegenheit geben, die wild wachsenden Pflanzen auf jener Grundlage aufzusuchen und die Beziehungen zwischen Grund und Boden zur Pflanzenwelt zu studiren.c Um diese Beziehungen zu berücksichtigen und meine Arbeit auch in dieser Richtung einigermaassen zu vervollständigen, habe ich Herrn Dr. H. Poroxı£ gebeten, mir eine Zusammenstellung 2 100 Anhang. [390] der in geologisch -agronomischer Hinsicht charakte- ristischen Pflanzen der Werder’schen Flora zu bearbeiten. Ich lasse dieselbe hiermit folgen mit dem Bemerken, dass die Umstände es dem in Rede stehenden Floristen leider nur ge- statteten, einige wenige August-Tage auf die Excursion 'zu ver- wenden. [391] Anhang. | 101 Bericht über eine kleine florıstische Excursion nach Werder und den Werder’schen Weinbergen ausgeführt im August 1884 von Dr. H. POTONIE. Vom Standpunkte des Geologen und Agronomen ist die Flora eines Gebietes insofern von Interesse, als gewisse Pflanzen an bestimmte Bodenarten gefesselt sind (bodenstäte Pflanzen) oder doch eine Bodenart einer anderen vorziehen (bodenholde Pflanzen) und sie daher Fingerzeige hinsichtlich der Boden- beschaftenheit zu geben vermögen. Ausserdem gestattet auch das Vorkommen gewisser Pflanzenarten an einer Oertlichkeit einen Schluss auf die Durchschnittsfeuchtigkeit des zu untersuchenden Bodens... Mit Rücksicht hierauf ist es geboten, eine als Anhang einer Arbeit wie die vorliegende gelieferte floristische Aufzählung — wıe dies im Folgenden geschehen ist — nach geologisch- agronomischen Principien zu ordnen. Die gemeinen und sehr häufigen, überall in der Provinz Brandenburg vorkommenden Arten, welche meist ohne sehr bemerklichen Unterschied auf den verschiedensten Bodenarten wachsen (bodenvage Pflanzen), blieben unberücksichtigt, so dass also in der Aufzählung nur die in geologisch-agronomischer Hinsicht mehr oder minder charakteristischen Arten Aufnahme gefunden haben. In der 102 Anhang. [392] specielleren Anordnung und in der Nomenclatur konnte Ver- fasser natürlich nur der 1864 erschienenen klassischen Flora der Provinz Brandenburg von P. ASCHERSON folgen. Deutsche Namen wurden nur dann den wissenschaftlichen beigefügt, wenn sie auch wirklich dem Volksmunde entnommen werden konnten. [393] Anhang. | 103 Ruderalflora. (Schuttpflanzen, besonders am Rande der Stadt Werder, deren Vor- kommen meist an das Vorhandensein einer grösseren Menge von Ammoniak oder von Nitraten geknüpft ist.) Lepidium ruderale L. — Stinkkresse. — Werder und am Bahnhof. Anethum graveolens L. —= Dill. — Bei Werder verwildert. Galinsoga parviflora Car. — Bei Werder und auf den Wein- bergen. Onopordon Acanthium L. = Esels-Distel. — Werder. Hiyoseyamus niger L. — Bilsenkraut. — Werder. Datura Stramonium L. — Stechapfel. — Werder. Nepeta Cataria L. — Katzenmelisse. — Werder. Chenopodium Vulvaria L. — Stinkender Gänsefuss, Hundsmelde, Schaamkraut u. s. w. — Strassen von Werder. Chenopodium glaueum L. — Im Westen von Werder. Panicum erus gali L. — Werder. Panicum vertieillatum L. — Klebgras. — Nordwestlich von Werder. Festuca distans (L.) Kth. — Werder, besonders am Westufer; auch auf einer Stelle des Thones der Werder’schen Erde- berge. Fest. dist. ist eine salzliebende Pflanze. Hordeum murinum L. — Werder und überall im Gebiet, an Zäunen und Wegrändern. 104 Anhang. [394] Flora der alluvialen Moorbildungen und des Wassers. Parnassia palustris L. — Wiesen. Dianthus superbus L., wohl als Wiesen-Federnelke bezeichnet. — Wiesen am Plessower See. Hypericum quadrangulum L. — Wiesen am Ostufer des Glindower Sees. Trifolium fragiferum L. = Erdbeerklee, Blasenklee. — Havel- Wiesen westlich von dem südlich der Brandenburger Vorstadt liegenden Werder’schen Weinberge. Diese Art liebt Salzboden. Achillea Ptarmica L. — Schlunken - Bruch. Serratula tinctoria L. —= Scharte. — Schlunken - Bruch und Wiesen am Plessower See. Gentiana Pneumonanthe L. — Grosser Herbst-Enzian. — Wiesen am Plessower See. ) Ouscuta Epühymum (L.) Murr. — (Wiesen-) Seide. — Wiesen am Plessower See. Pedicularis palustris L. — Wiesen am Plessower See. Teuerium Seordiwm L. — Lachenknoblauch, nach ASCHERSON im Havellande Schurjan genannt. — Wiesen am Glindower See. Rumes maritimus L. — Havelufer westlich von Werder. Salix repens L. — Schlunken- Bruch. Butomus umbellatus L. —= Kneppnersblom, d. h. Storchblume an der unteren Havel nach ASCHERSOn. — Havel westlich von Werder. Scirpus maritimus L. = (Meer-) Binse. — Havelufer westlich von Werder. Molinia coerulea (L.) Much. — Schlunken-Bruch und Wiesen am Plessower See. [395] Anhang. 105 Flora auf den alluvialen und diluvialen Sanden. Berteroa incana (1L.) D. C. — Werder und im Sande östlich vom Birkengrund. Tunica prolifera (L.) Scop. — Westabhang des Plötzberges. Sılene Otites (L.) Sm. — Häufig auf den Werder’schen Wein- bergen. Peucedanum Oreoselinum (L.) Mnch. — Weinberge. Asperula cynanchica L. — Diluvialsand des Plötzberges, nament- lich am Westabhang. Galgenbers. Erigeron acer L. — Auf dem Sande, aber auch Mergel des Streng- feldes und des Plötzberges. Carlina vulgaris L. — Sand-, Sau-Distel u. s. w. — Im Sande der früheren Kämmerei- Haide. Calluna vulgaris (L.) Salısb. — Haidekraut, z. B. auf der Spitze des Gralgenberges. Stachys recta L. = Ziest. — Auf dem Sande südlich der Werder- schen Erdeberge. Spitze des Kesselberges. Plantago ramosa (Gil.) Aschs. (— Plant. arenaria W.K.) — Viel im Sande südlich von den Werder’schen Erdebergen und im Sande der früheren Kämmerei - Haide. Saliv viminalis L. = Korb- oder Elb- Weide — Wird in den Weinbergen zum gärtnerischen Binden benutzt und viel an- gepflanzt; findet sich daher auch verwildert. Asparagus altitis (L.) Aschs. —= Spargel. — Wird von den Obst- züchtern öfters zwischen die Bäume gepflanzt und verwildert von dort aus häufig. Carex arenaria L. = (Sand-) Segge. — Weinberge. Panicum lineare Krock. — Sand der Weinberge. 106 Anhang. [396] Stupa pennata L. = Federgras. — Kam nach Mittheilung des Herrn Cantors OESER in Werder früher auf dem Sande des Plötzberges vor. Stupa capillata L. — Viel am Westabhang des Plötzberges. Auf der Spitze des Kesselsberges. Am westlichen Abhang der Werder’schen Erdeberge. Aera caryophylle« L. — Auf dem Sande (aber auch Mergel) des Strengfeldes und des Plötzberges. [397] Anhang. 107 Flora auf dem diluvialen Thon und Mergel. Falcaria sioides (Wib.) Aschs. — Auf dem Mergel der Wein- berge. Tussilago Farfarus L. — Huflattich. — Auf dem Thon der Werder’schen Erdeberge. Festuca distans (L.) Kth. — Auf einer Stelle des Thons der Werder’schen Erdeberge. Vergl. auch »Ruderalflora«. 108 Anhang. [398] 2. Die angewandten Methoden der Untersuchung. Die Kartirung. Die topographische Unterlage zu der beigegebenen Boden- karte, auf welche sich die zahlreichen Untersuchungen der Ab- handlung beziehen, ist durch Vergrösserung des betreffenden Ab- schnittes der in dem halb so grossen Maassstabe 1:25000 vom Königl. Generalstabe veröffentlichten Section Werder entstanden. Dass an vielen Stellen dadurch eine genauere Eintragung der Höhencurven, welche Abstände von 15 Duodecimalfuss angeben, erwünscht wäre, ist erklärlich. Wenn ich in vorliegender Karte in Bezug auf die Eintragung der Bodenprofile von der sonst bei den Publicationen der Flach- landsabtheilung üblichen Weise abgewichen bin, so war dies nur bei der Bearbeitung eines kleineren Areales, einer Specialunter- suchung, möglich. Wollte man bei den von der geologischen Landesanstalt herausgegebenen geologisch-agronomischen Karten die innerhalb dieser Gebiete auftretenden Bodenprofile allgemein in derselben Art durch Nummern eintragen, so würde die Lesbar- keit dieser Karten jedenfalls ungemein erschwert, da die Anzahl der einzutragenden Profile sehr vermehrt werden müsste. Die Aufnahme geschah, wie dieselbe sonst innerhalb der Flachlandsabtheilung üblich ist, vermittelst Bohrungen bis zu 2", in einzelnen Fällen auch 3" Tiefe. ) Die am rechten Rande der Karte angebrachte Farben -Bezeichnung ist hier zum ersten Male eine doppelte, und zwar geologische und agrono- mische. In gleicher Weise hat dann während des Druckes Herr G. Berexpr »eine erweiterte geognostisch- agronomische Farbenerklärung für die erschienenen 27 Blätter der Umgegend von Berlin« herausgegeben. [399] Anhang. 109 Die analytischen Methoden. Die hier mitgetheilten Analysen sind im Allgemeinen in der- selben Weise ausgeführt, wie die früher ın Band III, Heft 2 der Abhandlungen zur geologischen Specialkarte von Preussen und den thüringischen Staaten etc.) veröffentlichten. Die Methoden sind daselbst weiter besprochen. Die Auszüge mit kochender Salz- säure wurden nach der Angabe von E. WOoLFF?) ausgeführt und ebenso auch bei den Versuchen zur Bestimmung der Wassercapa- cität die dort angegebenen Vorschriften befolst. Abweichend von den früheren Arbeiten habe ich hier bei thonhal- tigen Bildungen das im ScHöne’schen Cylinder bei 2"® Geschwindigkeit abgeschiedene Schlämmproduct (unter 0,05”® D.) untersucht und dasselbe als »Thonhaltige Theile«e bezeichnet. Demnach wurden Staub und Feinste Theile bei der chemischen Analyse zusammengefasst. Schon in oben angeführter Abhandlung S. 51 haben wir einen der- artigen Gang der Untersuchung vorgeschlagen. Man hat sich so viel bemüht, durch mechanische Analyse reinen Thon abzuscheiden und erhält allerdings ein sich dem reinen Thone umsomehr näherndes Product, je geringer man die Geschwindigkeit wählt, doch besitzen die bei grösseren Geschwin- digkeiten erhaltenen Producte ebenfalls noch Thon. Es handelt sich daher weit mehr darum, bei welcher Grenze man den feinsten, thon- freien Sand gewinnt. Als solche Grenze hat sich bei vorliegendem Materiale die Geschwindigkeit von 2,0%", bei welcher Staub und Feinste Theile entfernt werden, herausgestellt. Der Rückstand enthält keinen Thon mehr und muss dieser nun auf chemischem Wege in dem Schlämmproducte ermittelt werden. Bei den vorliegenden Untersuchungen bin ich ferner von dem Grundsatze ausgegangen, dass zahlreichere Versuche mit mehreren ähnlichen Bodenarten eher Resultate geben können, als vereinzelte. 1) E. Laurer und F. WaAunscHArre, Untersuchungen des Bodens der Um- gegend von Berlin. ?) E. Worrr, Untersuchung landwirthschaftlich wichtiger Stoffe. 110 Anhang. [400] So sehr die Durchführung der Bodenuntersuchungen!) an einem vereinzelten Beispiele für wissenschaftliche Zwecke anzuerkennen ist, so wenig wird für die Praxis bei der grossen Verschiedenheit selbst gleichartig zu nennender Bodenarten gewonnen. Je mehr Versuche, desto zuverlässigere Durchschnittszahlen werden erhalten, und um solche kann es sich für die Praxis nur handeln. Nicht einverstanden kann ich mich erklären mit dem Boden- schema, welches von A. HAzarD in den Erläuterungen zu Section Leipzig und Section Zwenkau angewandt ist. Erstere Aufstellung ist selbst für den Bodenanalytiker nur schwer verständlich, ein Vergleich der Resultate mit anderen nur mühsam ermöglicht. In letzterer Abhandlung wird sogar dem Leser zugemuthet, sich Körper von 6,264°"® und 2,478 u. s. w. Inhalt vorzustellen. Derartige Untersuchungen werden freilich dem Landwirthe, für welchen sie doch in erster Reihe angefertigt sind, nicht zum Ver- ständniss gelangen können. !) E. SchumAcaer, Erläuterungen zur geologischen Karte der Umgegend von Strassburg mit Berücksichtigung der agronomischen Verhältnisse. A. W.Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlivii, Stallschreiberstr. 45/46. BODEN-PROFILE: BEZEICHNUNG: = 1 geologisch. agronomisch. Thal Thal- ALLUVIUM. Sand Sand Moorbildungen, 5 (z.TA Torf) Moorboden über Unterem Unteren, Spath-Sand Lehm-Mergel- Thalsand ( dilun. Sand) (duo Mergel) Gemeiner Grandiger Unterer Unterer Spath- Spath- Sand Sand Unterer Sand u en Dilumial- Nm Grand- Spath-Sand Spathsand = boden. über Unterer mittelkornig. feinkörnig. grandig Düumal- Spalh- MergelsSand Sand Diluvial- (Schlepp ) h Mergelsand uber Düuvıal- Spath- z : En unge I] Sanz ‚Lehm -Mergel (6lindorer Thon) Unterer Dilumal- Zehm-u. Mergel Hergel boden RSS Abraum. der Thongruben — Formations-Grenze 2.2.2... Grenze der Grundsteuer karten, + Sülurische Kalksteingeschiebe in ‚grosserer Haufigkeit Fundpunkte für diluwvialo Schaalreste © Valvata. und Bythinia [N Paludina © Handbohrloch, [0] Brunnen L Grube oder Erdestich ® Ort der Entnahme der untersuchten Boden.- H Aumus en profile und einzelnen Bodenproben 6 Grand L Zehm (Die beistehenden. Zahlen, beziehen, sich auf“ M Mergel B K 0) > B43 = £ | die analytischen Untersuchungen.) n Thor oden-Karte | g | Er LS Zehmiger Sand. SLS Schwach lehmiger Sand SL Sandiger Lehm r DE ) [ E E BERG = SM Sandigen Mergel WER DERS CH L | VEN | DL JEN sh Sandzger Thon Die Zahlen. bedeuten Decimeter. von den [] ein. Morgen geognostisch und agronomisch : Plara- SI ainzdretnz bearbeitet durch D’ E. LAUFER. Malsstab 1: 12500. Is 190 0 0 100 200 200 sa go mo ma Bao Mao 1000 Meter. DL | Br, og Er, Plötz-Horn Ip Zeil Berhner lithogr Institut ll. Abhandlungen zur. denlogischtn Specialkarte von Preussen und | den Thüringischen Staainl | Bad. I, Heft 1: Rüdersdorf und Umgegend, eine geognostische Mono- graphie, nebst 1 Taf. Abbild. von Verstein., 1 geogn. . Karte und Profilen; von Dr Hi:Eek 2. 0. 0.. BEN Ueber den Unteren Keuper des östlichen. Thüringens, nebst Holzschn. und 1 Taf. Abbild. von Verstein.; .; von „Brot. Dr. E. u Schmid. „m... ».3: Geogn. Darstellung des Steinkohlengebirges in Rothe 0.0 liegenden in der Gegend nördlich von Halle a, Sr nebst 1 gr. geogn. Karte, 1 geogn. ‚Uebersichtsblättehen, Er 1 -» 4: Geogn. Beschreibung der Insel Sylt, nebst 1 geogn. je SH Taf. Profile und 16 Holzschn.; ‘von Dr.H. Lasp eyres "Mark, 2,50 Karte, 2 Taf. Profile, 1 Titelbilde und 1 Holzschn.; on | BE RE Dr. L.Möye... . BR EN Bd. II, Heft 1: Beiträge zur fossilen Flora. Steinkohlen- eianarten, . mit besonderer ‚Berücksichtigung ihrer Fruetificationen, et 5 ‚nebst 1 Atlas von 19 Taf. und 2 Holzschn.; en von Prof. a RAR NR 92: = Rüdersdorf und Umgegend. Ki geogn. derndlage a # nomisch bearbeitet, ‚nebst 1 geogn. -agronomischen Karte; Be x "Dr. Ch. E. Weiss. von Prof. Dr. AR Orth E + Die Umgegend von Berlin. Allgem. Rrlänter, z. geogn. © A, Dr. 6. Berendt . nebst 1 Atlas von 36. Taf; ‚von Dr, E. Kayser Ba un, Het 1 Beiträge zur fossilen Flora. L Die Flora ‚des Rott agronomischen Karte derselben. I. Der Nordwesten 5 Berlins, nebst 10 Holaschn. mn 1 Kärtchen; ‚von Prof. a nn > a Die Fauna der ältesten Doyan-Allaserınngen des rn liegenden von Wünschendorf bei Lauban in a R ER 0 nebst 3 Taf. Abbild.; von Prof. Dr. Ch. E. Weiss .» = Mittheilungen aus. dem. Laboratorium $ Bodenkunde ar Ne a Preuss. ‚ geolog, Landesanstalt. ee des Ra » er em Darstellung don Nedeschesich Bhmschen Stein oo ö ’ 3 re, . kohlenbeckens, nebst RE See 4 Tat. Profile. re ‚Ba. IV, Heft 1: ar Dasseike : IK Dasselbe » konogeapi, der en Nat is mit De von 5 2 Bo Algen dor eBialven er ( {A MID: dl | Abhandlungen veologischen Speeialkarte Preussen | Mi den Thüringischen Staaten. BanDV. Heft 4. Hierzu zwei vorläufige geognostische Uebersichtskarten von Ostthürmgen, .. im Maassstabe von 1:215000. IIIINIATINIIIRITI TAN AT IN NT BERLIN. In Eoniission bei der Simon Schropp’schen Hof adkal a adlang | (J. H. Neumann.) ne a8, 0% & Abhandlungen u geoloeischen Specialkarle Preussen und den Thüringischen Staaten. BERLIN. In Commission bei der Simon Schropp’schen Hof-Landkartenhandlung. (J. H. Neumann. ) 1884. 127 Pre Uebersicht über den Sehichtenaufbau Ostthüringens K. Th. Liebe, Dr. phil. und Professor -in Gera. Herausgegeben von der Königlich Preussischen geologischen Landesanstalt. INANAANANANATIATNTNNNDnN BERLIN. In Commission bei der Simon Schropp’schen Hof-Landkartenhandlung. (J. H. Neumann.) 1884. _ Inhaltsverzeichniss. Einleitung RE er Kehren I. Fo ne ie palaeozoischen Schichtenreihe (bis zum 17% I11. DV: Kulm incl.) 1. Das Cambrium Das Untersilur Das Mittelsilur Das Obersilur Das Unterdevon Das Mitteldevon Das Oberdevon . Der Kulm Sa. Der untere lkan Sb. Der obere Kulm . 5 Unregelmässigkeiten in der nsenne la een Systeme 5 e IL rel hrnssize Pink rlekehnnae: ler aadhian Abalusesn ; 2. Zerstörung gewisser Lager 3. Uebergreifende Lagerung 4. Schlussfolgerungen . Schiehtenstörungen vor der seen en 1. Die Sattelung 2. Die Schieferung 3. Die Fältelung 4. Die Runzelung 5. Verwerfende Spalten 6. Stauchungserscheinungen . 7. Folgen der Schichtenstörungen Petrographie der nachcarbonischen Semehten] 1. Das Rothliegende 2. Der Zechstein 3. Der Buntsandstein . 4. Der Muschelkalk 5. Das Oligocän 6. Das Diluvium a rer Seite vI V. Unregelmässigkeiten in der se der nachcarbonischen Schichten £ : VI. Nachearbonische Störı ungen 1er Schichtenanfhanes i Ile i . Verwerfungen und Einstürze r . Die allgemeine Abschwemmung . n VIlI. Die Bow aan Die Sattelbildung . Eruptivgesteine und ihre aossulen Da : Der Granit . E Der quarzführende oe Die quarzfreien Porphyre . Der Lamprophyr Der Melaphyr Die Diabasgruppe Der Epidiorit i 6a. Klastische Derivate 5 - Die gekörnten porphyrischen Diebe : 7a. Klastische Derivate Der Palaeopikrit Sa. Klastische Derivate : 2 Die eigentlichen Diabase mit ek onee oc en diabase) 9a. Klastische De ; Die eigentlichen Diabase mit elle ecke ; . Die porphyrischen Diabase mit gefilzter Textur 10a. und lla. Klastische Derivate . Der Variolit Die Diabase des Kulm 5 Erzbildung und verwandte een Erze auf Gängen . Erzbildung auf Lagern vd im oa Verkieselung Dolomitisirung . ; Die primäre und Fenhzeise Röthanen Die spätzeitige Röthung Die Buntfärbung Seite 66 68 68 6) 7ı 73 75 16) 76 A so sl 82 54 85 97 88 91 91 98 99 102 104 110 hin 113 113 119 122 123 124 127 125 nn Einleitung. Nachdem ich in den Jahren von 1852 bis 1867 mit geringen Unterbrechungen meine freie Zeit der geologischen Untersuchung Östthüringens gewidmet, ward mir von der K. Preussischen und F. Reussischen Regierung im Jahre 1868 die geologische Auf- nahme jenes Landstriches anvertraut. Jetzt, nach Verlauf von weiteren 16 Jahren sind von diesem Gebiet acht Sektionen ver- öffentlicht, eine zum Druck fertig gestellt, sechs ziemlich fertig, vier halbfertig und fünf erst angefangen. Es könnte scheinen, als ob nach so langer Zeit der Vorbereitung und der eigentlichen Arbeit dies Ergebniss ein dürftiges wäre. Allein es sind die Auf- nahmearbeiten gerade auf diesem Gebiete mit ausserordentlichen Schwierigkeiten verknüpft. Diese beruhen in dem allenthalben herrschenden Mangel an Versteinerungen — in der oft ganz ausser- ordentlich geringen Entwickelung nicht bloss einzelner Abtheilun- gen der Systeme, sondern sogar ganzer geologischer Formations- systeme selbst —, in weitgreifenden, scheinbar sehr unregelmässigen Sattelungen und Faltungen, Stauchungen und Verquetschungen, vertikalen Verwerfungen und horizontalen Verschiebungen, end- lich in einer damit meist zusammenhängenden tiefeingreifenden Umänderung der Gesteine. Auch fehlte es an älteren vorberei- tenden Arbeiten auf diesem Gebiete. Die geognostische Karte des Thüringer Waldes von H. UREDNER d. Aelt. unterschied betreftis der älteren Sedimentgesteine eigentlich nur Thonschiefer und Grau- wacken höheren und jüngeren Alters und berührte nur die West- grenze des eigentlichen Ostthüringens. Die Naumann-Üorra’sche Karte von Sachsen umfasste zwar ein gutes Stück Ostthüringens 1 ) Einleitung. [402] mit, unterschied aber je nach dem oberflächig angesehenen Ge- steinshabitus betreffs der alten Gebilde nur eine ältere Thonschiefer- und eine jüngere Grauwackenformation, wobei faktisch carbonische und devonische Schiefer dem älteren »Thonschiefer«, und faktisch hochcambrische Gesteine dem Grauwackenschiefer zugewiesen wurden. Von grösserer Wichtigkeit waren die RıcHTEr’schen Arbeiten, hauptsächlich palaeontologische, z. Th. aber auch stra- tigraphisch-petrographische Untersuchungen, welche sich in der 1867 vollendeten Abhandlung und Karte »das Thüringische Schiefer- gebirge« (Zeitschr. d. D. geol. Ges. XXI, 341) gipfeln. Mit dieser Arbeit erwarb sich RICHTER ein grosses Verdienst um die Er- forschung des Thüringer Waldes; für die Kartirung Ostthürin- gens war sie aber nicht voll maassgebend, weil das untersuchte Gebiet nur den äussersten westlichen Theil Ostthüringens umfasste und vorzugsweise die geologischen Verhältnisse, wie sie in der Umgebung von Saalfeld lokal obwalten, als normal und allgemei- ner giltig ansah, während doch im eigentlichen Ostthüringen ganz andere Verhältnisse vorwiegend sind. Dazu kommt, dass damals mein hochverehrter Freund RıcHTER den untern Kulm für Unter- devon hielt, und dass über die Stellung der obersilurischen so- wohl wie der unter- und mitteldevonischen Gebirgsglieder noch vielfache Zweifel herrschten. Von grösster Wichtigkeit ward die »Geognostische Beschreibung des Fichtelgebirges«e von GÜMBEL. Leider aber erschien dies hochwichtige Werk erst 1879, wo die Kartirung Ostthüringens schon ziemlich weit vorgeschritten war (1878 waren schon vier Sektionen erschienen), und zudem berührte. die GÜMBEL’sche Arbeit nur die südlichsten Grenzgebiete Ostthü- ringens, und weichen in letzterem die geologischen Verhältnisse vielfach von denen im nordöstlichen Bayern ab. ' Unter solchen Umständen darf es nicht wundernehmen, wenn noch nicht mehr Kartenblätter von raschem Vorschreiten der geo- gnostischen Aufnahmen in Ostthüringen Zeugniss ablegen. Gleich- wohl aber sind die Arbeiten soweit gediehen, dass man eine vor- läufige Uebersichtskarte des Gebietes geben und die Gesammt- resultate der ganzen Untersuchungen in eine leidlich abgeschlos- sene Abhandlung zusammenfassen kann. Wenn ich im Folgenden [403] Einleitung. B} den Versuch einer solchen monographischen Bearbeitung der geognostischen Verhältnisse Ostthüringens mache, so geschieht dies daher immer noch mit dem Vorbehalt, dass Unvollständig- keiten als unvermeidlich angesehen werden mögen, und mit der Bitte an die Freunde und Fachgenossen, die Mängel mit Nach- sicht zu beurtheilen. Uebrigens werde ich mich überall da, wo schon Publikationen über dies Gebiet vorliegen — wie die Abhandlungen zu den Karten- sektionen Gera, Ronneburg, Grossenstein, Langenberg, Triptis, Neustadt, Zeulenroda, Pörmitz — sowie bei der Besprechung solcher Verhältnisse in Ostthüringen, welche mit den entsprechen- den in Nordostbayern, wie sie GÜMBEL in seinem »Fichtelgebirge« beschrieben, gut übereinstimmen, der grössten Kürze befleissigen und oft nur andeutend vorübergehen. I. Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe (bis zum Kulm incl.). 1. Das Cambrium. Das älteste in Östthüringen vertretene System ist das cam- brische. Die tieferen Abtheilungen desselben, innerhalb deren weiter ostwärts in Sachsen phyllitische Thonschiefer mit aller- dings zweifelhaften Versteinerungsspuren und durch Anthrazitpulver schwarz gefärbte schieferige Quarzite vorkommen (z. B. bei Löss- nitz), fehlen hier gänzlich. Es ist vielmehr nur das obere und mittlere Cambrium vorhanden. Das obere Cambrium besteht im Wesentlichen aus einem Schiefer- und Quarzitaufbau von grosser Mächtigkeit. Der Schiefer ist gekennzeichnet durch einen fettig-seidigen, nuch matten Glanz, durch eine grünlichgraue bis grüngraue Färbung, durch geringe Härte und einen sehr fein-krystallinischen Habitus. Das Mikroskop zeigt im wesentlichen eine Zusammensetzung aus zweierlei Glimmer- mineralien, feinen Quarzkörnchen, grösseren Schiefernadeln und amorphen, kaolinischen Körnchen. In so einfach homogener Ge- stalt setzt nun dieser Schiefer das obere Cambrium nur hier und da, und dann nur in geringer vertikaler Erstreckung zusammen. Vielmehr waltet in dem Gemenge der Schiefermasse bald der eine, bald der andere Bestandtheil stärker vor, und modificirt sich dadurch das Gestein. Durch Ueberhandnahme der Glimmer- mineralien, mit der meist eine Zunahme der Schiefernadeln Hand in Hand geht, wird das Gestein schimmernder, flasriger, dem Talkschiefer ähnlicher. Wenn sich auf der anderen Seite die @Quarzkörnchen vermehren, wobei sich die kaolin-, bezw. feldspath- artigen Körnchen schr gewöhnlich mit häufen, so wird der Schiefer [405] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. 5 feinsandig und zuletzt quarzitisch, und zwar wird er es entweder durch seine ganze Masse hindurch auf verschiedene Meter Mächtig- keit hin gleichmässig, wodurch bei extremer Ausbildung fast das ganze obere Cambrium zu einer gewaltigen Folge von Quarzit- bänken wird (südlich Saalfeld), oder aber es schiebt sich der sandige Schiefer wechsellagernd in dünnen Lagen ein, wodurch gebänderte Schiefer, Schiefer mit Quarzitlagen, bei Stauchung und Schieferung Schiefer mit eingeschalteten Quarzitklingen, mit eingetreuten Quarzitlinsen u. s. w. sich ausbilden. Diese Ausbildung des Gesteins ist so vorwiegend und allgemein, dass man sie als die für Ostthüringen normale bezeichnen kann. Die Quarzite zeichnen sich durch ıhr feines Korn und durch reichlichen Gehalt an feldspathig-kaolinischen Partikeln aus. Meist sind die wechsel- lagernden Quarzit- und Schieferblätter von gleicher Mächtigkeit, oder es treten die Quarzitlagen etwas zurück. Bisweilen findet auch das Umgekehrte statt, und dann besteht das Gestein durch Etagen hindurch aus dünnen, durch ein wenig sericitischen Bast getrennten Quarzitlamellen von höchst feinem gleichmässigen Korn. Sehr selten sind einzelne höchstens einige Fuss mächtige Partien dieses lamellirten Quarzites durch Anthrazitpulver schwarz gefärbt und ähneln dann von Weitem einigermaassen den Kieselschiefern (Hirschberg). Wenn in dem jüngsten Oambrium die quarzitischen Lagen gut ausgebildet, noch zusammenhängend und unzerdrückt, und gegen die glimmerigen Schieferlagen zwischen ihnen scharf ab- gesetzt sind, dann ist bei nicht zu starker Schieferung oder Fälte- lung die Bedingung zur Erhaltung der Sträusschen von Phycodes circinnatus gegeben, welche die Schichtflächen auf der unteren Seite im Hautrelief schmücken, als Abgüsse der ehedem knorpelig- festen Algenkörper. Unterhalb. der Phycodeszone finden sich hie und da ein oder zwei Schichtenfolgen eines sehr feinkörnisen, schwärzlichgrauen, dachschiefernden, dem untersilurischen Hauptschiefer ähnlichen Schiefers eingeschoben. Lokal wird unterhalb dieses dunkelen Schiefers, bezw. unterhalb der Phycodeszone das übrige obere Cambrium zu einem System von 6 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [406] Quarzitlagen und -bänken umgestaltet (z. B. im Westen des Ge- birges), oder ist wenigstens ein derartiges System in die Schiefer- folge eingeschoben (nördlich bei Greiz). In einzelnen Bänken wird das Gestein zu einem harten, grobkrystallinischen Quarzit und führt dann in der Regel viel Feldspathkörner, welche meist deutlich als klastischer Gemengtheil auftreten (z. B. unweit Station Neumühle zwischen Greiz und Berga), oft aber auch durch Umrisse und Spaltbarbeit, Umwandlungszonen und zonale Umgebung den Ein- druck machen, als ob sie sich erst an Ort und Stelle gebildet hätten. Durch erbsengrosse Feldspathe wird solcher Quarzit bis- weilen porphyrisch und den Harzer Porphyroiden ähnlich 1) (Quirl- thal bei Greiz, Neumühle u. s. w.). Bei Ueberhandnahme des Feld- spaths und Eintritt von Glimmer wird er sogar gneissartig; hierher gehört der Hirschberger Gneiss?), der Gneiss von Gefell, vom Moosgrund, Neuhammer und gegenüber den Katzenhübel zwischen Greiz und Berga, wo gute Aufschlüsse und Uebergänge in Quarzit und in sandige Schiefer einerseits, sowie in hornblendeführende Schiefer andererseits die Diagnose des Alters sicherstellen. Die in der Regel grüngraue oder graue Färbung aller dieser Gesteine mit Ausnahme der gneissartigen und grobkörnigen Quar- zite ändert lokal in eine violettgraue oder graurothe um, welcher Erscheinung ich später in einem besonderen Kapitel ausführlicher gedenken werde. Das mittlere Cambrium besteht der Hauptsache nach in einem Schiefercomplex, welcher in der Mächtigkeit dem oberen Cambrium nachzustehen scheint, in Wirklichkeit aber mindestens ebenso mächtig, nur aber infolge seiner grösseren Nachgiebigkeit bei den Sattelungen des Gebirges in engere Falten gelegt und mehr verdrückt ist. Der Schiefer gleicht im Allgemeinen dem obercambrischen, ist aber noch etwas schimmernder und krystalli- nischer, von noch grünlicherem Grau und »bastiger«, d. h. ge- !) Vergl. Lossex, Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1869 und 1372. 2) Gümger betrachtet es zwar noch nicht als gewiss, aber doch als höchst wahrscheinlich, dass der Hirschberger Gneiss in das Cambrium gehöre. Das sonstige Auftreten dieses Geteines in Ostthüringen beweist die Zugehörigkeit mit Evidenz (vergl. Güneer, Fichtelgebirge, S. 128). [407] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. 7 neigt, sich auf den Spaltflächen mit halbabgelösten, sehr kleinen und dünnen Schieferflasern zu bedecken. Die dünnen Quarzit- blätter, welche die Schiefer der hangenden Abtheilung auszeich- nen, verschwinden an der oberen Grenze der unteren rasch mehr und mehr und sind innerhalb dieser Abtheilung nur noch schwach angedeutet als lichtfarbige dünne Bänder oder als Höckerreihen, welche parallel geordnet über die Schieferflächen hinweglaufen. Unter solchen Umständen ist es nicht zu verwundern, dass sich hier vielorts wirkliche Dachschiefer entwickelt haben (Berga, Neumühle). Die grünliche Farbe macht oft einer dunkelgraurothen oder violettgrauen Platz, entweder so, dass die Schiefer dadurch bunt gebändert erscheinen, oder so, dass die beiden Färbungen durch- einander laufen, oder endlich so, dass das ganze Gestein geröthet ist. Die Rothfärbung ist im mittleren Cambrium häufiger und umfassender wie im oberen. Das untere Oambrium fehlt, wie schon bemerkt ist, auf dem Gebiet; ebenso fehlen die Feldspathphyllite, welche den Beginn der sicher azoischen Schiefer anzeigen. 2. Das Untersilur. Der Horizont der bei Hof anstehenden Leimitzschichten 1) ist in Ostthüringen, soweit unsere Erfahrungen reichen, nirgends auch nur angedeutet. Vielmehr baut sich unmittelbar über den Phy- codesschichten des Cambriums und allenthalben vollkommen con- cordant eine Folge von Schiefern, bezw. Schiefern und Quarziten auf, welche trotz ihrer derjenigen des Cambriums zwar nach- stehenden, aber immerhin noch recht beträchtlichen Mächtigkeit doch ausserordentlich arm an nur einigermaassen deutlichen orga- nischen Resten ist, namentlich also auch von jenen von BARRANDE untersuchten Versteinerungen der Leimitzer Schichten nichts ent- hält. Diese Schiefer repräsentiren das untere Silur. Von Ver- steinerungen sind bis jetzt folgende gefunden worden: Spuren von 1) Vergl. Günzer, Fichtelgebirge, S. 438. 8 Petrographie der palacozoischen Schichtenreihe. [408] Tangen, welche sich entweder als rostige, verzweigte Fäden auf den Schichtflächen hinziehen, oder als dunkle Schatten auf den Schicht- und Schieferungsflächen abheben; es ist mit ihnen aber nichts anzufangen. Seltener sind federspuldicke, röhrige, mit Quer- scheidewänden versehene Pflanzengebilde, welche sich als schatten- hafte, wie aufgemalt aussehende Figuren auf den Bruchflächen des Gesteins (unterer Quarzit) markiren. Tief unten im Untersilur fanden sich ferner neuerdings im Dachschiefer entfernt- und grob- zellige Graptolithen, die noch weiterer Funde und des näheren Studiums harren. Von Trilobiten !) endlich fand ich bis jetzt, abgesehen von einem unten zu erwähnenden Fall, auch nicht die geringsten Bruchstückchen. Das eigentliche Hauptgestein des Untersilurs ist ein im fri- schen Zustande dunkelgrauer Schiefer, welcher, wenn er nicht ge- fältelt oder sonst sekundär umgewandelt ist, weniger schimmert und noch weniger krystallinischen Habitus hat, wie der normale cambrische Schiefer, sich aber, unter sonst gleichen Umständen, von den Schiefern jüngeren Alters durch einen gewissen stärkeren Schimmer und ein weniger erdiges Gefüge unterscheidet. Ein im allgemeinen recht gutes Kennzeichen ist das, dass er mit sekundär entstandenen, vereinzelten, silberweissen Glimmerblättchen durch- setzt ist, die das Gestein nach allen Richtungen durchkreuzen und parallel den Schicht- und Schieferungsebenen nur etwas zahlreicher eingelagert sind, als mehr quer zu denselben. Einzelne mehr oder minder mächtige Bänke der Schiefer entbehren freilich lokal dieser Eigenthümlichkeit; indess liegen solche Partien nie ganz im Han- senden oder ganz im Liegenden, sondern immer mehr in den mittleren Horizonten. Die Schiefer der jüngeren Formationen füh- ren wohl auch zahlreiche weisse Glimmerblättchen, aber fast aus- nahmslos nach der Schichtfläche geordnete, und es sind nur gewisse Schiefer des Mitteldevons an vereinzelten Lokalitäten in dieser Beziehung mit den untersilurischen zu verwechseln. Trans- versale Schieferung ist immer vorhanden, meist aber ist der Schiefer !) Vergl. Rıcmrer über dergleichen vom Thüringer Wald in Zeitschr. d. D, geol. Ges. XXIV, 72, RN). [409] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. 9 zu sehr durchklüftet, zu »schnittig«, als dass er Dachschiefer geben könnte. Doch liegen im Untersilur auch recht gute Dachschiefer (Gegend von Hirschberg) und sogar feine Tafelschiefer (Blinten- dorf). Die Schieferungsflächen sind wie im Cambrium, aber im Gegensatz zu denen in jüngeren Formationen »bastig«. Durch doppelte Schieferung entstehen hier und .da Griffelschiefer. Auch diese Schiefer werden durch feine Quarzkörnchen, die sich ihrer Masse reichlicher einmengen, oft sandig, und es steigert sich diese Einmengung unter Zunahme der Grösse der Quarzkörn- chen bis zur Entwickelung von erst weicheren und dann harten und zähen Quarziten. Je vollkommener das Gestein als Quarzit ausgebildet ist, um so lichter sind seine Farben, und das steigert sich bis zum reinen Weiss (Grossenstein u. s. w.). Durch einge- schobene dünne quarzitische Lagen gebänderte Schiefer sind im Untersilur weit weniger häufig wie im Cambrium; vielmehr herrscht bei der Entwickelung der Quarzite die Tendenz vor, Folgen von reinen Quarzitlagen und -Bänken zu bilden, möglichst ohne Schiefer- interpositionen. Es lassen sich solcher mehr oder minder mäch- tiger Quarzitzonen bei guter Entwickelung zwei unterscheiden, eine obere und eine untere, welche beide von Schiefermitteln ein- gefasst sind. Es ändert sich aber die Entwickelung der Quarzite in horizontaler Erstreckung sehr häufig und schnell: bald sind höchstens nur ein wenig sandigere Partien durch den ganzen untersilurischen Schiefer hindurch zu unterscheiden (Gegend von Plauen und überhaupt ım Südosten des Gebiets), bald ist nur die untere Quarzitetage ausgebildet, bald sind es beide, bald ist es die obere bei nur schwacher Entwickelung der unteren. Dabei sind die Quarzite hier etwas thonig und weich und liefern daher gute Bausteine, dort in kurzer Entfernung sehr hart, splitterig und nur zu Wegeschotter tauglich. Auch die untersilurischen Schiefer und Quarzite zeigen lokal vielorts eine rothe Färbung, bezw. Umfärbung. Südlich von unserem Gebiet, in Bayern, unterscheidet GÜMBEL !) ım Untersilur hauptsächlich zwei, durch die Thuringitschichten 1) Gümser, Fichtelgebirge, 428. 10 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [410] vom Cambrium getrennte Stufen, eine obere, die Lederschiefer, und eine untere, die Dach- und Griffelschiefer; auch LoRETZ?) unterscheidet westlich vom Gebiet, im Thüringer Wald, die Griffel- schiefer von dem übrigen Silur. Für Östthüringen ist eine der- artige Scheidung des Untersilurs nicht durchzuführen, denn einmal ist die Entwickelung von Griffelschiefer überhaupt nur an wenig Punkten und dann immer horizontal wie vertikal nur sehr be- schränkt zu beobachten, dann aber hat sie bald im untersten, bald im mittleren, bald auch im obersten Untersilur Platz ge- griffen (Kirschkau bei Schleiz, Weida, Ronneburger Forst u. s. w.). Dachschiefercomplexe stehen allerdings hier und da im unteren Untersilur (Gefell, Hirschberg), aber nur vereinzelt, im südlichen Gebiet; aber Neigung zu Dachschieferung zeigt auch bisweilen, jedoch nur selten (südlich Saalfeld), der Schiefer des obersten Untersilurs; sonst kann man sie im ostthüringischen Untersilur nirgends gewahren. Im Westen des Gebiets (zwischen Saalfeld und Gräfenthal) sind die oberen Partien des Untersilurs durch- weg sehr glimmerreich und dadurch leicht von den tieferen Schich- ten zu unterscheiden; anderwärts im Gebiet verhält es sich um- gekehrt, und nur im Südosten (Vogtland) treten wieder ähnliche Verhältnisse ein. Bei dem Mangel von zur ÖOrientirung dienenden Versteine- rungen ist dem Geologen eine bestimmte Zone recht willkommen, welche wenigstens über den vierten Theil des Gebiets hinweg einen Anhalt giebt: die Zone der unteren Thuringitschichten. Die Schiefer zwischen der unteren Quarzitetage und dem obersten Phycodesschiefer führen vielorts mehr oder minder mächtig, aber nie über 11/9" messende Lagen eines dickschiefrigen Gesteins, welches mit gestaltlosem grünen Thuringit imprägnirt oder mit concentrisch -schaligen Thuringitkörnern durchsetzt ist. Oft ist secundär der Thuringit in Rotheisenerz umgewandelt (Rotheisen- oolith von Böhmsdorf bei Schleiz, von Triebes) oder auch in Eisen- kies (Böhmsdorf), bisweilen auch mit Maeneteisenokta@dern ge- mischt oder durch einen Magneteisenquarzit vertreten (Sparenberg !) Nach mündlicher Mittheilung. [411] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. . 11 bei Hirschberg a. S.). Die Orthis cf. Lindstroemi, die GÜMBEL in dem südlich angrenzenden Bayern in den Thuringitschichten auf- sefunden hat, habe ich in Ostthüringen noch nirgends geschen, wohl aber undeutliche organische Reste, welche an Foraminiferen erinnern, und unbestimmbare Bruchstücke von Trilobiten. Leider ist diese untere Thuringitzone nur über einen kleinen Theil Ostthüringens verbreitet und tritt sporadisch auf, d.h. so, dass zwischen je zwei Oertlichkeiten des Vorkommens Orte liegen, wo sie im untersten Silur positiv fehlt. Ausserdem ist bei der Örientirung ein zweiter Umstand nicht zu übersehen: es giebt noch eine zweite Thuringitzone im mittleren Untersilur an der Basis der oberen Quarzitetage. Dieselbe ist in ihrem Vorkommen freilich noch beschränkter als die untere Zone (Saalburger Forst UsSs. w.). Etwas höher als letztere stellt sich — aber ebenfalls nur auf beschränktem Terrain (Hirschberg, Gefell) — eine geringmächtige Etage fälschlich sogenannten Kieselschiefers ein; es ist dies kein Lydit, sondern höchst femkörniger, durch Anthrazit gefärbter Quarzit ohne Versteinerungen. Sonst ıst nur noch zu erwähnen, dass ım Gebiet der unteren Quarzitetage, sobald die quarzitische Ausbildung weniger vollkom- men ist, sich eigenthümliche Schichtabsonderungsgestalten zeigen: ovale, 1—6°® lange, besser schimmernde Flächen guter Schicht- absonderung, eingerahmt von erhabenen oder vertieften Partien rauherer Absonderung. Zum Privatgebrauch haben wir wegen einer gewissen Aehnlichkeit die Bezeichnung »Glatzenschiefer« ge- wählt. Derselbe erscheint in jenem Horizont auf dem ganzen Ge- biet, auch wo der Schiefer nur wenig sandig ist, und nirgends im höheren Untersilur. 3. Das Mittelsilur. Mit jähem Gesteinswechsel lagert concordant über dem Unter- silur eine Lagenfolge schwarzen, muschlig brechenden, fast aus- nahmslos kurz wellis zusammengefalteten Kieselschiefers. Die Farbe ändert von Haus aus sehr selten in Grau oder Grauroth 12 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [412] ab, verbleicht aber selbstverständlich durch Verwitterung. Das Gestein zeichnet sich über das ganze Gebiet hin durch seine Gleichförmigkeit aus; nur im äussersten Westen (südlich von Saal- feld) wird das Gestein vielfach unter Verlust seines muschligen Bruches blättrig-schiefriger oder steht auch wohl einem weichen Alaunschiefer näher. Selten nur schieben sich zwischen die Kiesel- schiefer Schichten anderen Sedimentes ein, entweder dunkelgraue Schiefer vom Habitus der untersilurischen (Schleiz) oder hornige Quarzite in dünnen Bänken (Waidmannsheiler Forst u. s. w.). Von Versteinerungen führt der mittelsilurische Kieselschiefer Kieselpanzer, ähnlich denen von Radiolarien ), unter verschiede- nen, zahlreichen, geraden und krummen Graptolithen, namentlich die leitenden und zugleich häufigeren: Monograpsus convolutus Hıs., M. Linnaei Barr., M. Proteus Barr.; Diplograpsus palmeus Barr., Retiolites Geinitzianus Barr.?). So reich die Graptolithen durch Arten und Individuen in diesem Gebirgsglied vertreten sind, so selten sind Reste höher organisirter Thiere, wie z. B. Orthoceras tenue Wahlenb. und Orthis cf. callactis Dalm. 4. Das Obersilur. Ueber dem unteren Graptolithenschiefer lagert eine Schicht- folge, welche, wenn alle Glieder entwickelt sind, von oben nach unten folgende umfasst: 1. Alaunschiefer mit geraden Graptolithen, meist ziemlich mächtig. Kalkknotenschiefer und Knotenkalk, weniger mächtig. 3. Kieselschiefer oder Alaunschiefer, sehr wenig mächtig. Knotenkalk, ziemlich mächtig. 4 5. Alaunschiefer mit geraden Graptolithen, ziemlich mächtig. 6. Schiefer mit Kalk in Knoten und Lagen, wenig mächtig. 1 . Alaunschiefer mit geraden Graptolithen. ') Vergl. Rorurrerz, Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1880, 449. ?) Vergl. Geistrz, »Die Graptolithen« 1852. Die bei weitem meisten der in diesem Werk aus unserem Gebiet aufgeführten Arten entstammen dem Mittelsilur und nur sehr wenige dem Obersilur. Vergl. auch Rıcurer in Zeitschr. d. D, geol, Ges. 1875, 266. [415] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe.. 13 Diese Reihenfolge ist durchaus nicht überall so vollkommen entwickelt, und fehlen namentlich die wenig mächtigen Einlage- rungen 3. und 6. häufig genug. Dann erscheint das Ganze als eine Knotenkalketage, welche eine mächtige Alaunschieferetage mit geraden Graptolitien zum Hangenden und eine weniger mächtige, ganz gleiche Etage zum Liegenden hat. Ganz unzweifelhafte Auf- schlüsse, bei welchen keine Ueberkippung vorliegen kann und Alaunschiefer mit geraden Graptolithen im Liegenden des Kalkes ansteht, finden sich an den Wetterabergen und südöstlich bei Saal- burg, südwestlich bei Plauen, westlich und südwestlich bei Saal- feld u. s. w. Leider sind an allen diesen Punkten die Graptolithen meist nicht gut genug erhalten, dass man leicht constatiren könnte, ob die Arten im hangenden Alaunschiefer andere sind, als die im liegenden, und es bleibt die Lösung dieser Frage der nächsten Zukunft vorbehalten. Vorläufig ist demnach das Obersilur Öst- thüringens als eine Alaunschieferetage aufzufassen, inner- halb deren eine oder zwei Knotenkalketagen auftreten. Der Alaunschiefer sieht bräunlich- bis russschwarz aus, ist ziemlich weich, selten kieselig-härter und dann von uneben-musch- lisem Bruch, nie von vollkommen glattmuschligem wie der Schiefer des Mittelsilurs.. Er enthält nur gerade Graptolithen, zwischen denen sich höchst selten ein etwas gebogener einstellt, der dann aus dem unteren dünneren Stück eines Stockes besteht; die spira- lisen Graptolithen des Mittelsilurs und überhaupt dessen oben auf- geführte leitende Arten fehlen gänzlich. Bisweilen ist auch dieser schwarze Alaunschiefer roth gefärbt; es verbirgt sich dann aber diese Färbung unter dem, das Gestein schwarz färbenden Anthra- zitpulver und tritt erst zu Tage, wenn die Verwitterung das Ge- stein bleicht. Der Knotenkalk ist den Knotenkalken des Oberdevons sehr ähnlich, unterscheidet sich aber von denselben durch den beträcht- lich höheren Gehalt an fein eingemengten Silicaten und Quarz- körnchen. Vielorts zeigt er die Neigung, scharf zonal abgegrenzt braun zu verwittern und sich in Ocker zu verwandeln, weshalb ihn GÜMBEL mit dem Namen Öckerkalk beleste; allein ebenso oft zeigt der obersilurische Kalk in Ostthüringen diese Eigenschaft 14 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [414] nicht, namentlich dann nicht, wenn die Färbung röthlich oder rothfleckig ist; und sodann haben die oberdevonischen Kalke diese selbe Eigenschaft lokal in so ausgezeichnetem Grade, dass eine Unterscheidung am Handstück unmöglich wird (zwischen Saalfeld und Gräfenthal, bei Schleiz u. s. w.). Trotz der srossen Aehnlich- keit mit den oberdevonischen und den Knotenkalken auch der an- deren Formationen hat der obersilurische doch einen besonderen Habitus, der sich freilich mit Worten kaum .scharf bezeichnen lässt; er ıst rauber im Bruch, etwas härter und schwerer, oft auch in besonderer Weise krystallinisch. Die vorherrschende Färbung ist ein lichtes Grau, welches aber auch in’s Gelbliche und in ein Roth übergeht. Die zugehörigen Schiefer, auch die eingelagerten Kieselschiefer, sehen dunkelgrau aus. An Versteinerungen finden sich ausserordentlich selten Ortho- ceras bohemicum Barr. und Cardiola interrupta Brod., dagegen recht häufig Säulenstücke und weniger häufig einzelne Glieder von Crinoideen. 5. Das Unterdevon. Das Unterdevon des Gebietes wird durch eine Folge von Schiefern repräsentirt, welche sich bezüglich ihrer Mächtigkeit zwar nicht entfernt mit dem Unterdevon der Rheinlande u. s. w. vergleichen lässt, aber in Ostthüringen das Mittelsilur sowohl, wie das Obersilur immer übertrifft. Die Schiefer sind meist grau und zwar lichter grau, wie die des Untersilurs, — bisweilen aber, und zwar namentlich in den jüngsten Unterabtheilungen, auch dunkel- grau bis schwärzlich, — lokal vielorts gelbgrau bis lehmfarbig, — da, wo die Gesteine aller Formationen dem Röthungsprocess unter- legen sind, auch rothfleckig bis grauroth. Die Schicht- und Schieferflächen sind ziemlich matt, — lokal aber auch schimmernd oder sogar stark schimmernd. Diese Schiefer setzen als normales Gestein die ganze Abtheilung zusammen. Es schieben sich nun in dieselbe ein dünne Lagen eines fein- körnigen grauen Quarzites, und zwar in der Regel in der Weise, dass sich eine Anzahl solcher Lagen unmittelbar, nicht getrennt durch Schiefer, sondern höchstens durch eine dünne Glimmerlage, [415] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. 15 folgen und verwachsend eine dünne, viertelzöllige bis zolldicke »Schwarte« bilden, deren untere Fläche mit der erhabenen Skulptur von Regentropfenspuren, Thierfährten und Abdrücken von Lo- phoetenium und Nereiten bedeckt sind. Diese Nereitenquarzite fehlen vielorts gunz (südlich von Ronneburg, bei Hohenleuben, Plauen), oder sie sind nur schwach entwickelt (Weida, Ronne- burg, Pirk bei Plauen u. s. w.), oder sie sind stärker entwickelt (Schleiz u. s. w.); nie aber nehmen sie so zu, dass sie die Schiefer- zwischenlagen verdrängten oder auch nur sehr zurücktreten liessen. Wo sie ausgebildet sind, sind sie es am stärksten in den unteren — nicht in den untersten — Partien und nehmen von da an nach oben stetig ab, so dass die Schiefer zuletzt quarzitfrei werden. In den untersten Partien sind sie nur noch vereinzelt zu finden. ÖOefter, und dann recht bezeichnend, sind die unterdevonischen Quarzite mit einem Beisatz von Carbonaten der Kalkerde und der Oxydule von Eisen und Mangan verschen; dann sehen sie licht- grau aus und verwittern mit scharf abgesetzter dunkelbrauner Zone (Schleizer Wald u. s. w.). Sehr vereinzelt finden sich in den Schiefern noch gröbere, conglomeratische Gesteine eingebettet, deren Bindemittel theilweise kalkiger Natur ist und in Folge der Verwitterung schwindet und das Gestein mürbt, so dass die gerade in diesen Schichten häufigen Versteinerungen dem Auge zugänglich werden. Derlei Schichten liegen vorzugsweise in den tiefsten Regionen (Saalfeld), aber auch noch etwas höher hinauf (zwischen Saalfeld und Gräfenthal). Charakteristisch für das ostthüringische Unterdevon sind die Tentaculitenschälchen, welche in unendlicher Menge den Schiefern eingemengt sind oder wenigstens eingemengt waren. Nach sorg- fältiger Untersuchung aller Gesteinsvarietäten stellen sich folgende Erhaltungszustände des durch die Pteropoden gelieferten Kalkes heraus: a. Aechte Schiefer mit gut erhaltenen Kalkschälchen, von dunkler, selten weisslicher Farbe. Durch neuzeitliche Verwitterung und Auslaugung wird der Kalk gänzlich weggeführt unter Hinter- lassung deutlicher oder durch Häutchen von Eisenhydroxyd weniger deutlich gewordener Abdrücke und Steinkerne. 16 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [416] b. Kalkhaltige Schiefer; sie enthalten stets eine sehr grosse Menge nur theilweis unversehrter, meist aber zerbrochener und geknickter Kalkschälchen und dazwischen feine Kalkkörnchen, die offenbar von zerriebenen Tentaculiten herrühren. Das Gestein enthält oft bis 50 pCt. kohlensaure Kalkerde. c. Die Schälchen sind zwar geraume Zeit nach dem Nieder- schlag des Gesteins, aber noch vor seiner endlichen Härtung und Verfestigung, — wie es scheint, in der Zeit der Transversal- schieferung, — theilweis oder ganz aufgelöst und fortgeführt worden. In diesem Fall sind die Tentaculiten meist nur durch kleine Knötchen und Wülstchen auf den Schiefer- und Schicht- flächen angedeutet. Horizontal gehen derartige Schiefer innerhalb einer Zone in die beiden oben geschilderten Schiefer über. d. Die Kalkmasse der feinen Tentaculitenschälchen löste sich noch früher auf, noch während sich das Sediment schlammartig auf dem Meeresboden häufte und schied sich aus der in der weichen Masse vertheilten Lösung wieder unter Concentrirung auf gewisse Punkte in Gestalt von Kalkknollen aus, wie sich der Kalk im Löss noch heute zu Lössgeoden concentrirt. Die Kalkknoten selbst enthalten (wenigstens im Schliff) noch deutliche und scharf ab- gegrenzte Tentaculiten, aber mit meist deutlich eingeätzter Schale. In dem Schiefer zwischen den Knoten ist meist keine Spur von diesen Schalen zu erkennen. Die Knoten der Kalkknotenschiefer häufen sich bisweilen, nie aber bis zu dem Maasse, dass aus dem Gestein eın Knoten- kalk würde; in der Regel aber sind die Knoten weniger gehäuft. Die Schiefer mit Kalkknoten bilden meist eine continuirliche, öfter aber auch zwei oder drei durch knotenfreie Schiefer getrennte Stufen. Sie nehmen keinen ganz scharfen Horizont in dem Unter- devon ein, wie sie überhaupt eine ausserordentlich wechselnde Mächtigkeit zeigen von O bis 11”. Immer aber sind sie in den unteren Partien des Unterdevons eingelagert, und zwar so, dass unterhalb der Kalkknotenschiefer noch knotenfreie Schiefer liegen in einer Mächtigkeit von etwa 1/4 bis 8”, in welchen dieselben Tentaculiten vorkommen wie höher oben, in den Knotenschiefern und darüber, namentlich auch die typischen und häufigen Tentacul, [417] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. 17 acuarius und T. cancellatus Richt., sowie die grossen glatten For- men. 1) — Wie schon bemerkt, ist die Entfaltung der Kalkknoten- schiefer local sehr verschieden: bald fehlen sie ganz (östlich bei Ronneburg, zwischen Gera und Berga), oder sie sind nur ange- deutet durch wenige, rundliche, lichtere Flecken im Schiefer, welche ein wenig kohlensauren Kalk enthalten (um Ronneburg, Schleiz u. s. w.), bald sind sie deutlich ausgebildet, aber in ge- ringer Mächtigkeit, nur wenige Lagen zählend (Saalburg, westlich von Hohenleuben), oder sie bilden grössere Schichtenfolgen (Hohen- leuben, Zeulenroda, Probstzella). 6. Das Mitteldevon. Das Mitteldevon Ostthüringens ist bezüglich seiner Versteine- rungen charakterisirt durch sehr zahlreiche Individuen von Favo- sites polymorphus alcieornis und cervicornis Goldf., Calamopora Jibrosa Goldf., Oladocora Goldfussi Gein., Atrypa reticularis, ferner durch kleine Oypridinen, unter denen aber niemals C. serrato-striata sich befindet, und durch das sehr spärliche Vorkommen von Ten- taculiten. 2) Es zeigt bezüglich seiner lithologischen Entwickelung soviel Verschiedenartigkeit und locale Abweichungen wie keine andere geologische Abtheilung in Östthüringen. Schon die Gesammt- Mächtigkeit beweist das, denn sie schwankt zwischen Null und etwa der des Unterdevons, d. h. sie steigt, wenn man die ein- geschalteten Diabaslager mitrechnet, bis zu der bedeutenden Mächtigkeit des Unterdevons an, was für Ostthüringen schon viel besagen will, und wird geringer und geringer (Gera, Plauen) bis zum gänzlichen Verschwinden (Saalfeld). 1) Näheres über die einzelnen Versteinerungen in den fleissigen Arbeiten Rıchrer’s »Beiträge zur Paläontologie des Thüringer Waldes« 1843 und 1856 (mit F. Uxcer), sodann in zahlreichen kleineren Abhandlungen Rıckrer’s in der »Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft« 1849 bis 1875, ferner in Kayser’s »Fauna der ältesten Devonschichten am Harz« S. 269. 2) Näheres betrefis der Versteinerungen in Gemırz’ »Versteinerungen der Grauwackenform. Sachsens« und in meiner Abhandlung zu der Sektion Zeulenroda, 2 18 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [418] Während die Schiefer des Untersilurs und Cambriums wie auch die weit jüngeren des Kulms gewisse, oft kaum mit Worten genau zu bezeichnende, gemeinsame Merkmale haben, an denen sie der mit dem Gebiete vertraute Geognost erkennt, vermisst man an den Gesteinen des Mitteldevons einen gemeinsamen Charakter. Das den meisten Vorkommen gemeinsame Merkmal ist noch das, dass dieselben zum grösseren Theile bis tief unter die Oberfläche durch ihre Masse hindurch vollständig gebräunt sind, — so vollstän- dig, dass man nur höchst selten, bei Gelegenheit der Anlage tiefer Brunnenschachte und bergmännischer Gruben, auf Schieferklötze stösst, deren Kern noch bläulichgrau erscheint. Daneben aber treten auch überall, namentlich bei gut entwickelter transversaler Schieferung oder bei Verkieselung, schwarzgraue, sich nicht bräu- nende Schiefer auf. Manche derselben sind dunkel, glimmerreich und dann fast mit den untersilurischen zu verwechseln. Als Braun- schiefer und Braunwacken stellen sich die mitteldevonischen Sedimentgesteine aber doch vorwiegend dar, und zwar über das ganze Gebiet hinweg mit Ausnahme des äussersten Westens (nörd- lich von Gräfenthal und Probstzella), wo grau bleibende Schiefer die Mehrheit bilden, die theilweise den untersilurischen in ihrem Habitus etwas ähnlich werden. Weiterhin ausserhalb des Gebietes in südwestlicher Richtung werden die Schiefer bald zu grauen Dachschiefern. Recht bezeichnend für das ostthüringische Mitteldevon sind folgende, freilich auch nur local auftretende Gesteine: Der muschlig brechende Braunschiefer: es ist das ein höchst feinkörniger, dick geschichteter, nicht oder nur grob quergeschie- ferter Schiefer von leber- bis dunkelholzbrauner Farbe, der sich durch seinen ausgezeichnet muschligen Bruch und durch eine diesem entsprechende polyädrische Zerbröckelung auszeichnet. In ganz frischem Zustande ist er nur ausserordentlich selten, infolge glücklichen Zufalls, zu finden; dann sieht er dunkelblaugrau aus. Local ist er mit Kieselerde so stark imprägnirt, dass er zu einem splittrigen Kieselschiefer wird und bald einem lichtgrauen Feuer- stein, bald auch dem mittelsilurischen schwarzen Kieselschiefer sehr ähnlich wird. Dann bräunt er sich nicht, sondern erbleicht an der Erdoberfläche von aussen herein und nur schwierig. [419] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe.: 19 Ein anderes, ebenfalls recht häufig auftretendes Gestein sind die Braunwacken: tiefbraune, von Haus aus jedoch ebenfalls in grauen Nüancen gefärbte Conglomerate von Schiefer-, Grau-' wacken- und Diabasbrocken wechselnder Grösse, verkittet durch feineren Schliech derselben Gesteine und durch kohlensauren Kalk. Die Grösse der Brocken ıst meist eine mässige, etwa die von Erbsen. Vielorts werden jedoch die Rollstückchen auch grösser, bis zuletzt kugelige Diabas- und Dioritgeschiebe, auch Granit- kugeln, von Faust- und Kopfgrösse das Gestein der Hauptsache nach zusammensetzen (zwischen Ronneburg und Schmölln), oder ebenso grosse Geschiebe von Granit und Quarzit (Oelsnitz), oder aber sie werden feiner, und es ähnelt das Gestein schliesslich einem braunen Sandstein, dessen einzelne Bestandtheile nur mit der Lupe zu unterscheiden sind (Magwitz bei Plauen, zwischen Saalfeld und Probstzella). Bald wiegen in dem feineren Conglomerate die Schiefergeschiebe stark vor (Hohenleuben), bald die Quarzite und Quarze (Mühltrofl, Weida), bald die Diabase, und es wird durch letztere das Gestein zu einem echten Tuff. Ganz fehlt irgend einer der genannten Gemengtheile niemals, vielmehr kann man auch in den diabasärmsten Varietäten wenigstens mit Lupe und Mikroskop noch Diabaspartikeln in hinreichender Menge finden, und so auch Schiefer und Quarzite in den ganz tuffähnlichen. Die Schiefer und Quarzite entstammen, wie die Gesteinsbeschaffenheit und namentlich auch die darin enthaltenen Versteinerungen lehren, zumeist aus den älteren mitteldevonischen und den unterdevonischen, aber auch aus anderen älteren Lagern. — Als öfter wiederkehrende Eigenthüm- lichkeit möchte ich noch erwähnen, dass diese Gesteine in ihrer Gestalt noch leidlich erhaltene, aber in ihrer Substanz in Kaolın umgewandelte Orthoklase enthalten (Gera, Weida, Schleiz). Auch stellen sich in ihnen oft Brocken eines sehr feinkörnigen, reichlich mit Mandeln ausgestatteten, nach der Auslaugung bimssteinartig aussehenden Kalkmandeldiabases ein, wie ich solchen im Mittel- devon und in älteren Schichten Ostthüringens nicht kenne (Saal- burg, Lobenstein, Plauen). — Die Bänke und Lagen der geschil- derten Braunwacken treten zwar in keinem scharf bestimmten Niveau auf, sind aber vorzugsweise im oberen Drittel des Mittel- 2% 20 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [420] devons zu Hause und tiefer nur selten zu finden. Hierher ge- hören auch die Planschwitzer Gesteine, die vermöge ihrer Ver- steinerungen allerdings einem hohen Horizonte des Mitteldevons angehören und deren Petrefacten GEINITZ (]. c.) beschrieben hat. Noch ist zu bemerken, dass auch die oben beschriebenen Con- glomerate verschiedenorts dem Processe der Verkieselung unter- legen sind (zwischen Mühltroff und Pausa, Schleiz, nördlich bei Oelsnitz u. s. w.). Wenn auch durch Uebergänge mit den Conglomeraten ver- bunden, so ist doch als in vieler Beziehung selbstständig der Braunsandstein aufzuführen, ein Gestein, welches vorherrschend aus feineren Quarzkörnern von sehr gleichmässigem Korn, ver- bunden durch kohlensauren Kalk und etwas Schieferschliech, be- steht. Von Hause aus lichtgrau ist auch dies Gestein bis auf grosse Tiefe gebräunt. — Im Gegensatz zu den Oonglomeratbänken sind die Braunsandsteinbänke in dem mittleren und unteren Drittel des Mitteldevons häufig. Auch zeigen sie darin einen Gegensatz, dass sie versteinerungsfrei sind oder wenigstens nur höchst seltene, meist unbestimmbare Bruchstücke von Petrefacten enthalten, wäh- rend wunderlicher Weise die weit grobkörnigeren Oonglomerate viel häufiger dergleichen führen, oft sogar mit Versteinerungen angefüllt sind (Kirschkau bei Schleiz, Posterstein bei Ronneburg u. s. w.). Rasche Abwechselung dünner tuflartiger und kalkig- sandiger Lagen mit feinschieferigen lässt die mitteldevonischen Gesteine vielorts gebändert erscheinen. Im Nordosten des Gebietes und auch sonst hie und da sind die beschriebenen Gesteine dem Röthungsprocess unterworfen ge- wesen, wenn auch nicht ın dem Grade, wie die anderen Formationen. 7. Das Oberdevon. Auch das Oberdevon schwankt in seiner Mächtigkeit, also ın seiner Entwickelung überhaupt, in Ostthüringen sehr beträchtlich, wenn auch nicht ganz in dem Maasse wie das Mitteldevon, und zeigt auf ganz kurze horizontale Entfernungen hin nicht nur eine ganz andere Gesammtmächtigkeit, sondern auch einen ganz anderen petrographischen Habitus. [421] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. a Im Wesentlichen ist diese Abtheilung aus Schiefern zusam- mengesetzt, welche sich von denen des Mitteldevons in der Regel schon äusserlich leicht unterscheiden, in den lichtgelblichgrauen Varietäten etwas weniger leicht von den entsprechenden unter- devonischen, in gewissen seltener vorkommenden dunkelgrauen, gut transversal geschieferten Abänderungen ziemlich schwierig von unterkulmischen. Es sind meist glimmerarme Schiefer, weit ärmer an Schiefernädelchen wie die unterdevonischen und älteren, ziem- lich matt auf Schicht- und Schieferfläche, lichtgrau bis grünlich- grau von Farbe, auch in dunkelgraue Nüancen übergehend, oft durch Verwitterung licht gelbgrau bis lehmfarbig, aber auch von Hause aus häufig roth oder violett. In diesen Schiefern haben sich nun, genau der jedesmaligen Schichtungsebene entsprechend, Kalkeonceretionen ausgeschieden, bald nur durch lichtere Färbung und schwache Imprägnation mit Caleit angedeutet, bald besser entwickelt, aber an der Umgrenzung noch mit der Schiefermasse verflösst, bald endlich auch schärfer von der letzteren gesondert. Das Gestein zeigt demnach alle Ueber- sänge vom parallelfleckigen Schiefer durch minder oder mehr mit Knoten ausgestattete Kalkknotenschiefer hindurch bis zum be- stimmt ausgesprochenen Knotenkalk, in welchem die einzelnen Kalkknoten nur noch durch ganz dünne glimmerige Schieferflasern getrennt sind und ihre schichtweise Anordnung nur noch schwierig erkennen lassen. Bei vollkommenster Entwickelung der kalkfüh- renden Schiefer und des Öberdevons in Ostthüringen überhaupt kann man drei Knotenkalk-, bezw. Kalkknotenschiefer-Etagen inner- halb der Abtheilung unterscheiden, welche unter einander und von den hangenden und liegenden Schichten durch stärkere Schiefer- zwischenmittel getrennt sind: zwei untere mit vorherrschen- den Goniatiten und eine obere mit auffällig zahlreichen Clymenien. Uebrigens sind die Schichten bei weitem nicht so versteinerungsreich wie weiter südwärts im Bereich des Fichtelge- birges in Nordostbayern!), und es ist auch im Allgemeinen der I) Gümser, Die Clymenien in den Uebergangsgebilden des Fichtelgebir- ges, 1869. 99 Petrographie der palaeozoischen Schiehtenreihe. [422] [4 Erhaltungszustand nicht so gut, namentlich nicht in den Schiefern, Als besonders häufig!) und für die Diagnose des Gesteins wichtig sind anzuführen: COlymenia laevigata Münst. für den Clymenien- kalk; Goniatites retrorsus v. Buch, @. Bronni Münst., @. intu- mescens Beyr., Orthoceras ellipticum, Phragmoceras subpyriforme Münst. für den Goniatitenkalk; (ypridina serrato-striata für. die Kalke, namentlich aber auch für die Schiefer der ganzen Abtheilung; Posidonomya venusta Münst. für die Olymenienkalke und die Schiefer über denselben (Venustaschiefer); endlich ein grosser Reichthum an Tentaculiten in allen Schiefern und Kalken. Unter diesen Tentaculiten fehlen die grossen glatten Formen, welche das Unterdevon auszeichnen, und erscheinen sehr zahl- reiche, lange, eng und scharf gerippte und wieder sehr kleine, glatte und zartgerippte Formen. Innerhalb der unteren Gonia- titenkalk-Etage lässt sich vielfach ein bestimmter Horizont beobachten: eine höchstens bis zu einem halben Meter Mächtig- keit erreichende, meist aber nur spannendicke Schicht bald mehr schieferigen, bald mehr kalkigen schwärzlichen Gesteins mit zahl- reichen Cardiola retrostriata und anderen Cardiolen, vielen Tenta- culites tenwieinctus und besonderen kleinen Goniatiten. Diese Zone (Cardiolazone) ist oft auch dann noch kenntlich, wenn die unteren Goniatitenkalke nur als Kalkknotenschiefer ausgebildet sind oder auch gar keine Knoten enthalten. Auch in den Venusta- schiefern markirt sich vielorts eine wenig mächtige Zone fast schwarzen, dickschichtigen Schiefers, meist charakterisirt durch sehr zahlreiche und sehr kleine Tentaculiten. So vollkommen gegliedert stellt sich aber das Oberdevon in unserem Gebiet nur an sehr wenigen Punkten dar, die theilweise durch Striche mit weit mangelhafter entwickelter Schichtenreihe getrennt sind (z. B. Schleiz, Zeulenroda). Sehr gewöhnlich fehlen die Olymenienknotenkalke und sind nur durch Kalkknotenschiefer vertreten, im Westen durch Schiefer mit mehr vereinzelten sehr grossen Kalkknauern (zwischen Saalfeld und Probstzella) — oder es fehlen die Kalkknoten gänzlich (im Osten, aber auch sonst ver- ') Betreffs der weniger häufigen Arten findet man Näheres in meiner Ab- handlung zu der geol. bearbeiteten Section Zeulenroda, S. 34. OR [423] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. 233 schiedenorts im ganzen Gebiet. Am meisten Verbreitung haben die Knotenkalke der Goniatitenbänke; aber auch diese stellen sich oft nur als Kalkknotenschiefer dar (z. B. Zeulenroda) oder auch als reine Schieferetage (z. B. Ronneburg). Hier und da hat sich die Kalkführung in der Weise ausgebildet, dass die gewöhnlichen Schiefer mit dünnen Lagen kalkig-sandiger Natur wechsellagern, wodurch gebänderte Querbrüche entstehen (Weida). Grauwacken und ähnliche Sandsteingebilde sind in unserm Oberdevon im Ganzen seltene Erscheinungen. Sie stehen ziem- lich hoch in der Abtheilung (Gera) und bilden im. äussersten Westen (Saalfeld, Probstzella) einige scharf abgegränzte Bänke, welche bald mehr grau, bald mehr roth gefärbt, den harten kul- mischen Grauwacken sehr ähnlich, von dem Kulm aber durch die dort den Clymenienkalk und Venustaschiefer repräsentirenden Schiefer mit mehr einzelnen, aber sehr grossen Kalknoten geschie- den sind. Die Grauwacken treten demgemäss nur im äussersten Nordosten und im Westen des Gebietes auf und fehlen sonst im Oberdevon Ostthüringens. Dafür schieben sich verschiedenorts bald dünne Lagen, bald stärkere Bänke von Conglomerat ein, welches theilweise (Weisch- litz b. Plauen, südlich bei Gera) nur aus Lyditfragmenten besteht. Wo die ächten Grauwacken fehlen, da stellen sich meist oft sehr mächtige Lager von Diabasbreccien und Tuffen ein, und zwar von ächten Tuffen, in denen Schieferbröckchen und andere Gesteins- fragmente nicht eruptiver Herkunft nur selten anzutreffen sind. Hierdurch unterscheiden sich die oberdevonischen Tuffe von den mitteldevonischen. Nur den Tuffen von feinerem Korn ist bis- weilen viel Schieferschliech beigemischt. — Näheres über diese Lager werde ich in einem späteren Öapitel bringen. Ss. Der Kulm. In Ostthüringen ist bis jetzt vom Carbon bloss die ältere Abtheilung, der Kulm, nachgewiesen; die jüngere, produktive Steinkohlenformation ist mittels verschiedener tiefer Bohrlöcher zwar gesucht, aber noch nicht aufgefunden worden. )4 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [424] Abgesehen von den Strichen der Fältelung und Runzelung und der Buntfärbung, von denen später die Rede sein wird, zeigen die Gesteine des Kulms von den verschiedensten Gegenden Ost- thüringens weit mehr Uebereinstimmung wie diejenigen des mittlern und obern Devons. Er besteht der Hauptsache nach aus einer Folge von Schiefern und Grauwacken, bezw. auch Grauwacken- sandsteinen, und lässt sich, allerdings unter etwas schwankender gegenseitiger Abgrenzung, in eine untere Abtheilung, bestehend aus vorherrschenden Schiefern mit Grauwackensandsteinen und nur wenigen gröberen Grauwackenbänken, und in eine obere Abthei- lung trennen, welche vorherrschend aus Grauwacken mittleren und gröberen Kornes mit eingeschalteten Schieferbänken und nur wenig Grauwackensandsteinlagen zusammengesetzt ist. 8a. Der untere Kulm. Der Schiefer des unteren Kulms ist mittelgrau bis schwarz- grau, fast matt, wo er der Runzelung nicht unterlegen ist, und führt gern Glimmer, welcher (im Gegensatz z. B. zum unter- silurischen Schiefer) die Schichtflächen partienweise belegt oder wenigstens denselben parallel in die Schiefermasse eingelagert ist. Die Schiefernädelchen in letzterer sind kleiner und weniger zahl- reich wie in älteren Schiefern. Transverse Schieferung ist durch das ganze Gebiet zu beobachten, vielfach auch doppelte oder sogar dreifache. Zu Dachschiefern aber ist das Gestein durch einfache Schieferung nur da ausgebildet, wo die zwischenlagernden Grau- wackensandsteine in grösserer vertikaler Erstreckung auf dünne Lagen reducirt sind, so dass der Schiefer hinreichend vorwiegt (Probstzella, Lehesten, Lautenberg, Wurzbach u. s. w.). Die Dach- schiefer des unteren Kulms unterscheiden sich von den älteren (im Untersilur u. s. w.) durch den gänzlichen Mangel an Bast und durch mattere Schieferflächen. In den Gebieten der Runzelung freilich hält letztgenanntes Merkmal nicht Stich; hier aber dach- schiefert das Gestein auch nur sehr unvollkommen. Verwitternd erhalten die Schiefer lichte Zonen, und es treten auf den mit Stein- a u [425] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. 25 gebröckel belesten Hängen von Hohlwegen, Schurflöchern u. s. w. eisenthümliche dunkelbraune Ueberzüge auf den Spalt-, Kluft- und Bruchflächen zu Tage, welche wie lackirt aussehen. Die Grauwackensandsteine bilden im unteren Kulm sehr dünne, oder auch mächtigere, bis ein und zwei Zoll starke, seltener dickere Bänke, die sich an einzelnen Orten zu kleinen Etagen zusammendrängen. Auch flache, scharfkantig auslaufende Linsen von 0,05 bis 0,5" horiızontalem und 0,02 bis 0,15” vertikalem Durchmesser aus feinkörnigem, sehr harten und zähen dunkeln Sandstein, die nicht Druckerzeugnisse, sondern ursprüngliche Sedimenterscheinungen sind, kommen im tiefern Kulm häufig vor und sind für ihn gerade recht bezeichnend. Das Gestein besteht aus feinen Quarzkörnchen und wenigen gleich grossen Schiefer- bröckchen, welche durch einen feinen, kieselerdereichen Schiefer- schliech verkittet sind, und ist meist ziemlich hart, oft geradezu quarzitisch. Die Farbe ist ursprünglich dunkelgrau und von der des Schiefers kaum verschieden, bleicht aber weit schneller als die des letzteren und verursacht so eine helle Bänderung. Die zu Tage liegenden Stücke sind hellgrau bis gelblichgrau und bis weiss- lichgrau. Mehren sich die Lagen dieses Gesteins (Eibersdorf, Lobenstein), dann wird der Schiefer dazwischen meist recht kurz- klüftie. ; Seltener sind im untern Kulm Conglomerate anzutreffen; sie treten local auf und spielen auch dann nur eine unbedeutende Rolle. Das Gestein besteht aus gut abgerundeten Rollsteinen, vor- wiesend von Quarzit, Schiefer und Quarz, daneben auch von Kieselschiefer, Adinole, Orthoklas, Plagioklas, kohligem Alaun- schiefer, welche durch einen sehr feinsandigen Schieferschliech ver- bunden sind. Während die eben beschriebenen Conglomerate keinen be- stimmten Horizont innerhalb des unteren Kulms einhalten, sondern bald da, bald dort, bald gar nicht auftreten, giebt es andere Con- glomerate, die stets nur im Liegenden des unteren Kulms vor- kommen und da, wo sie erscheinen, mit den obersten Schiefern oder den stellvertretenden Breccien des Oberdevons durch Ueber- 26 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [426] gänge verbunden sind. Es sind dies die Granitconglomerate. Dieselben sind aus gut abgerundeten, erbsen- bis kopfgrossen Rollstücken von Granit, Granulit, Granitporphyr und Quarzit zu- sammengesetzt, welche durch Sandkörner und Granitgrus und meist nur sehr wenig feinen Grauwackenschliech, seltener durch chloritische Substanzen verkittet werden (Reuth, Elsterberg, nörd- lich Plauen). In einigen Gegenden Ostthüringens bilden schwärzliche Kalke das Liegende des untern Kulms, und zwar in wenigen, zusammen höchstens 2” messenden Bänken. Die eben genannten Granitconglomerate und die Kalke schliessen einander aus; wo jene vorhanden sind, fehlen diese, und umgekehrt. Wo sie auch erschei- nen, immer ist eine Abtheilung derselben oder auch das Ganze als Oolith ausgebildet. Dieser führt allenthalben eine und dieselbe Foraminiferenart, neben dieser einen, überall gemeinen Art aber auch noch einige andere seltenere Arten, die wie jene die Kerne der Oolithkörner bilden und nur im Schliff zu erkennen sind. Der Foraminiferen- oolith führt in Ostthüringen sonst nur noch undeutliche Bruch- stücke anderer Versteinerungen und diese selten genug. Dafür gesellt sich im äussersten Südosten des Gebiets zu dem Oolith noch eine oder zwei Lagen eines dunkelgrauen Kalkes mit vielen Brachiopoden, worunter Productus mesolobus u. a. — Foraminiferen- oolith und Brachiopodenkalk sind in Ostthüringen Vertreter des Kohlenkalks und daselbst nur sehr spärlich entwickelt (bei Zeulen- roda, Schleiz, Plauen u. s. w.). Daneben steht noch ein anderes Kalkgestein im untern Kulm, aber nicht ganz unten im Liegenden, sondern etwas höher oben, wenn auch immer noch innerhalb der tieferen Schichten. Das ist eine Kalkgrauwacke, ein Gemenge von schlecht abgerundeten, hirsekorn- bis höchstens wallnussgrossen Brocken älterer Schiefer und Quarzite, sehr selten auch einmal von Diabasen oder Horn- blendegestein, verkittet durch reichlichen Calcit, etwas feineren Grauwackenschliech und Anthracitpulver. Das Gestein sieht bläu- lich schwarzgrau, verwittert braun aus und bildet starke Bänke, [427] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. DT welche sich local zu einer bis 6" mächtigen Etage vereinigen. Diese Bänke enthalten viel Versteinerungstrümmer und namentlich Crinoidenstielglieder, welche letzteren bisweilen die Hälfte der ganzen Masse ausmachen. Die schwarzen Kalkgrauwacken sind auf die weitere Umgebung von Elsterberg beschränkt. Kieselschieferlager, welche im Kulm des Harzes und ander- wärts eine so grosse Rolle spielen, fehlen in Ostthüringen; nur tief unten, wenige Meter oberhalb des Kohlenkalks, stösst man local (zwischen Auma und Zeulenroda, östlich Schleiz u. s. w.) auf einen Horizont, wo im Schiefer schwarze, kugelige Geoden und breitere, linsenförmige Fladen eingebettet sind, welche aus einer dem Kieselschiefer ganz ähnlichen Masse bestehen und ursprüng- lich wohl immer eine Anhäufung von Schwefelkies enthalten haben. Diese Geoden führen viellobige Goniatiten, namentlich Goniatites crenistria und @. miwolobus. 8b. Der obere Kulm. Die Oonglomerate, welche im oberen Kulm vorwiegen, gleichen in ihrer Znsammensetzung denen des unteren Kulm voll- ständig, nur dass der verkittende Schliech meist noch ein Ankerit- ähnliches, stark eisenhaltiges Kalkcarbonat enthält, wodurch sich die Verwitterungsprodukte röthliche, bisweilen auch bräunliche Farben aneignen. Auch die Schiefer sind denen des unteren ähn- lich, nur sind sie durchschnittlich ärmer an färbender Kohle und daher etwas lichter bläulichgrau, etwas gröber von Korn und weniger zur transversalen Schieferung geneigt. Dachschiefer führt der obere Kulm nicht. Andere Gesteine giebt es in dem ostthüringischen oberen Kulm nicht. Der gesammte Kulm besitzt eine für die ostthüringischen Verhältnisse beträchtliche Mächtigkeit. Ist man bei dem Mangel eines scharfen Horizontes innerhalb der Abtheilung und bei den gewaltigen Sattelungen, Stauchungen und Zerreissungen auch nicht im Stande, die Grösse der Mächtigkeit zu berechnen, so kann 28 Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. [428] man doch mit Bestimmtheit behaupten, dass sie diejenige der älteren Abtheilungen vom Oberdevon bis zum Mittelsilur, ja bis zum Untersilur hinab beträchtlich übersteigt. So mächtig aber auch der gesammte Kulm ist, so wenig kann man in ihm einen durch Versteinerungen oder durch besondere petrographische Eigenthümlichkeiten ausgezeichneten Horizont ent- decken, wenn man von den ganz im Tiefste nstehenden Kohlenkalk- oolithen und Geodenschiefern absieht. — Die Posidonomya Becheri Bronn, welche anderwärts für den Kulm, bezw. für gewisse Partien desselben leitend ist, fehlt in unserm Gebiet ganz und gar. Dafür begegnen uns thierische und pflanzliche Formen nicht nur ziemlich reichlich an Artenzahl, sondern auch an vielen Oert- lichkeiten. Dieselben sind zwar für den ostthüringischen Kulm recht bezeichnend, aber leider durch die ganze Abtheilung hindurch zu finden. Dahin gehört Calamites transitionis Göpp., im untern Kulm selten, im oberen um so häufiger, je jünger die Schichten; Sagenaria remota Göpp., von der dasselbe gilt, Dictyodora Liebeana Gein. dann Weiss, ın der Nähe der Grenze zwischen unterm und obern Kulm, wie es scheint, häufiger als in den an- dern Partien; Palaeochorda spiralis Gein. im untern Kulm häufiger als im obern; Phyllodocites thuringiacus Gein. und Ph. Jacksoni (?) Emmons, welche durch den ganzen Kulm hindurch vorkommen. !) Mit den Crinoidenstielgliedern, die eine häufige Erscheinung sind, lässt sich nichts anfangen. Nicht unmöglich ist es, dass einige in- teressante Formen, die sich bisher nur je an einer einzigen Localität fanden, auch noch anderwärts entdeckt werden, und dass dann mit Hilfe derselben sich innerhalb des mächtigen Kulmgebietes Horizonte aufstellen lassen, die das Ganze gliedern (Schizopteris Guilelmi imperatoris Weiss, Palaeophycus Hartungi Gein., Lophocte- !) Ueber die selteneren Versteinerungen des ostthüringischen Kulms vergl. Geisirz und Liege: »Ein Aequival. der takonischen Schichten Nordamerikas in Deutschland« 1866, in welcher Abhandlung wir damals die Wurzbacher Schiefer noch für beträchtlich älter hielten, ferner Rıcurer »Der Kulm in Thüringen« in Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1564, und neuerdings Weiss, Jahrb. d. Kgl. preuss, geol. Landesanstalt 1883, 8. 81. Zee re ee [429] Petrographie der palaeozoischen Schichtenreihe. 29 nium rhabdiforme Weiss, Lepidophloios sp. u. s. w.). Auch die verschiedenen Formen von Phyllodocites Gein., (rossopodia Me. Coy, Nereites Me. Leay, werden vielleicht dereinst bei zahlreicheren glücklichen Neufunden und reichlicher vorhandenem Material An- haltepunkte geben; so sehr auch die Deutungen dieser vom Volk » versteinerte Schlangen« genannten Dinge auseinander gehen. Blosse Fährten von Würmern sind es nicht, da sie eine sehr sub- stanzielle Achse gehabt haben, welche sich noch bei der Erhärtung des Gesteins und bei der Schieferung sehr wirksam gezeigt hat. Il. Unregelmässigkeiten in der Ablagerung der palaeozoi- schen Systeme. 1. Ungleichmässige Entwickelung der einzelnen Abtheilungen. Wie schon eingangs erwähnt ist, hält es in Östthüringen ausserordentlich schwer, die Mächtigkeit der einzelnen palaeo- zoischen Systeme und ihrer Abtheilungen auch nur annäherungs- weise zu bestimmen, weil bei den gewaltigen Sattelungen und Faltungen im Ganzen ein grosser Mangel an Versteinerungen herrscht, und gerade bei den mächtiger entwickelten Abtheilungen gliedernde Horizonte fehlen. Gleichwohl ist die Berechnung und Abschätzung nicht in dem Maasse erschwert, dass man sich nicht über die Verschiedenheit der relativen Mächtigkeitsentwickelung an den verschiedenen Localitäten ein richtiges Urtheil bilden könnte. So ist zuerst bald ersichtlich, dass die Mächtigkeit des untern Silurs verhältnissmässig sehr constant ist; geringer mächtig ist es zwischen Zeulenroda und Hohenleuben, bei Kirschkau und an einigen anderen Punkten, und dort fällt diese Erscheinung jeden- falls damit zusammen, dass hier die Quarzitetagen nicht oder nur unvollkommen zur Entwickelung gelangt sind. Auch das Mittelsilur zeigt sich ziemlich constant mächtig, obgleich es an verschiedenen Punkten den Anschein hat, als ob seine Mächtigkeit sehr gering oder verschwindend sei. Das sind aber Punkte, an welchen deutlich eine spätere Fortführung des schon abgelagerten Materials stattgefunden hat, ehe sich die jün- geren Schichten darüber legten (Umgebung von Zeulenroda u. s. w.). Indess lässt sich nicht läugnen, dass im Westen des Gebietes das De Nie N i ö H [431] Unregelmässigkeiten in d. Ablagerung d. palaeozoischen Systeme. 31 Mittelsilur mit seinen Lyditen überhaupt vielfach nicht so recht zur mächtigen Ausbildung gelangt ist. Aehnlich verhält es sich mit dem Obersilur, dessen Knoten- kalketage hier und da, ohne dass man von stattgehabten Aus- laugungsprocessen oder von Verwerfungen etwas-gewahren könnte, weniger mächtig wird (östlich bei Schleiz, Lobenstein, Punkte bei Plauen u. s. w.) oder fast gar nicht zur Entwickelung gekommen ist (Gegend von Pausa-Mühltroff). Sonst ist die Mächtigkeit der Kalketage eine recht gleichmässige. Für die Alaunschiefer im Liesenden wie im Hangenden des Kalkes scheint für den ersten Anblick das Gegentheil Geltung zu haben; allein es stellt sich hier bei näherer Untersuchung in der Regel eine starke Verquet- schung des weichen Materials, oder aber eine nachträgliche Ab- spülung und Fortführung heraus. Ganz anders verhält es sich mit den verschiedenen Devon- abtheilungen. Da baut sich zuerst das Unterdevon bald recht mächtig, bald viel weniger mächtig auf, und dies hängt, wie die Untersuchungen bald lehren, zusammen mit der Entwickelung einerseits der Nereitenquarzite und andererseits der Kalkknoten- schiefer. Wenn in den tiefern Schichten die Kalkknoten wenig- stens angedeutet oder wenn dort die mit dunkelbrauner Zone verwitternden Nereitenquarzite und zugleich die jüngsten unter- devonischen, durch dunkle Farbe und Armuth an Tentaculiten ausgezeichneten Schiefer vorhanden sind, dann ist der Fall ziem- lich ausgeschlossen, dass die Mächtigkeit der Formation durch Wegspülung oder Verwerfung geschmälert ist, und wir können dann beurtheilen, ob sie grösser oder geringer ist. So ist das Unterdevon weniger mächtig entwickelt bei Kirschkau zwischen Schleiz und Zeulenroda, südwestlich von Hohenleuben u. s. w. Noch weit auffälliger ist die verschiedenartige Entwickelung des Mitteldevons, welches freilich auch durch die grosse Mannig- faltigkeit seiner Gesteine excellirt. Da es vom Oberdevon stets concordant überlagert wird, ist an allen den Oertlichkeiten, wo das Mitteldevon unter dem Öberdevon ausstreicht, an eine Ab- spülung des Mitteldevons zwischen der Mittel- und Oberdevonzeit nicht zu denken, sondern höchstens an eine solche während der 32 Unregelmässigkeiten in d. Ablagerung d. palaeozoischen Systeme. [432] Mitteldevonzeit (— wovon später —). Die ganze Schichtenfolge prä- sentirt sich bei Kirschkau, bei Weissendorf nördlich bei Zeulen- roda, bei Oelsnitz in bedeutendster Mächtigkeit, bei Hohen- leuben, Gera u. s. w. dagegen viel weniger. Mitten zwischen Saalfeld und Gräfenthal ist es ziemlich mächtig, wird von hier nach Saalfeld zu (Laasen u. s. w.) immer weniger mächtig, misst bei Weischwitz nur noch einige Meter und hört ganz auf, so dass es auf der ganzen Strecke zwischen hier und Saalfeld fehlt, und das Oberdevon dem Unterdevon unmittelbar aufliest; da hier das oberste Unterdevon und unterste Oberdevon, beide deutlich aus- gesprochen, an einander abschneiden, und die vielorts verbogene Grenze zwischen ihnen hinreichend often zu Tage liest, ist an eine grosse Verwerfung nicht zu denken, welche das obere Devon neben das untere gezogen haben könnte. Beim Oberdevon begegnen wir ganz denselben Verhält- nissen. Auf ganz kurze horizontale Entfernungen hin finden sich gewaltige Aenderungen in der Entwickelung und Mächtigkeit. Im äussersten Nordosten, wo die Kalke, Kalkknoten und Grau- wacken ganz fehlen, besteht das Oberdevon in einer wenig mäch- tigen Schieferetage (Ronneburg); schon mächtiger wird es, wo die Kalkknoten sich häufiger einstellen (Weida, Gera u. s. w.), und am mächtigsten, wo Goniatiten- und Ulymenienkalke gut entwickelt und ausserdem noch mit Diabasbreccien vergesellschaftet sind (Schleiz, Ebersdorf u. s. w.). Auf wie kurze Strecken hin die Entwickelung sich ändert, dafür bietet die Gegend zwischen Zeulen- roda und Schleiz ein sehr gutes Beispiel: dort sind am Kapfenberg bei Pahren die drei Knotenkalke der Abtheilung gut ausgebildet und versteinerungsreich; es sind zwei Breccienlager ‘nebst einem Kalkdiabaslager eingeschoben, und Alles ist durch Hohlwege, Steinbrüche und Bergbau auf das Beste aufgeschlossen; 21/4" von dort, am Mühlberg, ist das durch Steinbrucharbeiten ebenfalls gut aufgeschlossene Oberdevon auf eine Schieferfolge mit wenig Kalkknoten reducirt, ohne Breccien und Diabase, bietet aber die noch gut ausgebildete Cardiolazone mit den charakteristischen Versteinerungen, die obere Goniatitenzone und endlich die Oly- menienzone mit noch deutlicher Ol. laevigata dar; hier ist die [433] Unregelmässigkeiten in d. Ablagerung d. palaeozoischen Systeme. 39 Mächtiskeit mindestens 12 Mal kleiner als dort! Es steht dieser Fall nicht vereinzelt da, vielmehr kann man auf dem ganzen Aus- streichen zwischen Gera und Schleiz noch öfter Aehnliches beob- achten. Der Kulm unterscheidet sich wieder durch eine gleichmässigere Ausbildung, obgleich auch er, namentlich in seiner unteren Stufe, offenbar noch viel Verschiedenheiten bietet. 2. Zerstörung gewisser Lager. Wenn im folgenden Abschnitt von der Zerstörung schon ab- sesetzter Gesteinslager die Rede ist, so sind damit nicht die Zer- störungen und Wegführungen gemeint, die noch jetzt vor sich gehen, auch nicht diejenigen aus der langen Festlandszeit Mittel- deutschlands, welche der Triaszeit folgte, sondern vielmehr nur diejenigen, welche in der palaeozoischen Zeit bis zum Abschlusse der Carbonperiode stattgefunden haben. Im untersten Unterdevon enthalten die Conglomerate und Schiefer sicher bestimmbare Bröckchen von untersilurischem Schiefer (Ronneburg, Knobelsdorf bei Saalfeld u. s. w.), von mittelsilurischem Lydit (Grobsdorf bei Ronneburg), und von weichen dunkeln Schiefern, die nicht gut anders als auf die obersilurischen Alaun- schiefer bezogen werden können. Es beweist dies eine Zerstörung der in grösster Nähe befindlichen silurischen Schichten vor dem Niederschlag des Unterdevons. Im Mitteldevon treten Schiefer auf, welche Brocken unter- devonischer Schiefer mit den bekannten unterdevonischen Tenta- culiten enthalten (am schönsten im Nonnenwald bei Saalburg); diese Schichten liegen ungefähr in der Mitte der mitteldevonischen Schichtenfolge. Brocken von Nereitenquarzit sind in den hier und da auftretenden tiefmitteldevonischen Conglomeraten eine gewöhnliche Erscheinung und deuten auf eine Abschwemmung des ostthüringischen Unterdevons in der Mitteldevonzeit. Daneben kommen noch Bruchstückchen vor von mittelsilurischem Lydit und untersilurischem Schiefer und Quarzit aus der Nähe, — aber auch von Gesteinen, die jetzt in der Nähe nicht anstehen; die 3 34 Unregelmässigkeiten in d. Ablagerung d. palaeozoischen Systeme. [434] schon erwähnten Kalkdiabasfragmente, und im Südosten des Ge- bietes Granite, Gneisse, Granulite, die auf östlich und südöstlich gelegene Gegenden verweisen. Sogar das Mitteldevon selbst ward in dieser Zeit von der Zerstörung ergriffen: im obern Mitteldevon finden sich in den daselbst häufigen gröberen Conglomeraten und Tuffen aus der nächsten Nähe stammende Stücke von ostthüringi- schen mittleren und älteren Mitteldevongesteinen: muschligbrechende Braunschiefer, feine Conglomerate mit Orthis nana und Kalkgrau- wackensandsteine, welche sämmtlich unverkennbar sind (Weida, zwischen Schleiz und Zeulenroda, Saalburg u. s. w.). Unterhalb des Clymenienkalkes und im Hangenden des Ober- devons, aber auch sonst vereinzelt innerhalb des letzteren liegen hier und da wunderbarer Weise immer vereinzelte dünne Lagen bis dicke Bänke eines Conglomerates, welches der Hauptsache nach aus Kieselschieferstückchen zusammengesetzt ist und auf weitgreifende Zerstörung des osttlhüringischen Mittelsilurs während der Oberdevonzeit hinweist. 3. Uebergreifende Lagerung. Während die Abtheilungen des Silurs und Cambriums stets concordant übereinander lagern und scheinbare Abweichungen von dieser Regel sich stets rasch durch Verwerfung erklären, stellt sich die Sache beim Unterdevon anders. Wie ich schon früher nachgewiesen habe), lagert das Unterdevon meist auf dem Mittel- silur (mit 62 pCt. der ausstreichenden Grenze), sodann noch am gewöhnlichsten auf dem Untersilur (mit 22 pÜt.) und nur selten auf dem ÖObersilur (mit 16 pCt.), und hier häufiger auf dem Knotenkalk (mit 9 pCt.) als auf dem Alaunschiefer im Hangenden desselben (mit 7 pCt.), der doch in Östthüringen das jüngste Silur repräsentirt. Allerdings ziehen bisweilen Verwerfungsspalten das Unterdevon neben das ältere obere, das mittlere und untere Silur hinab; allein das ist nur auf geringe Strecken der Fall und keineswegs auf den vollen erwähnten 93 pCt. des Ausstreichens. ') In »Die Seebedeckungen Ostthüringens«, 1881. [435] Unregelmässigkeiten in d. Ablagerung d. palaeozoischen Systeme. 35 Die untere Grenzlinie des Unterdevons gegen das mittlere und untere Sılur verläuft fast immer in so vielen Gurven und Win- dungen, dass an eine Verwerfung nicht gedacht werden kann, sondern nur an übergreifende Lagerung. Besonders beachtenswerth ist in dieser Beziehung das halb- insel- und inselartige Auftreten, welches dem Unterdevon im Nord- osten vielfach eigen ist. Hier sind, um einen Fall ausfübrlicher zu besprechen, östlich von Ronneburg die palaeozoischen Schichten zu einer Mulde zusammengeschoben, innerhalb deren als jüngstes Gebirgsglied auf einer Linie von 8°” Länge das Unterdevon so weit abgeschwemmt ist, dass es sieben, unter sich und mit banachbarten gleichaltrigen Schichten nicht in Verbindung stehende Inseln bildet. Von diesen sind fünf im Ausstreichen rings vom Mittelsilur umschlossen, und zwei vom Mittelsilur und nur an einer Seite vom Obersilur. Eben so wichtig sind Profilaufschlüsse, welche die discordante Ueberlagerung der älteren Schichten durch das Unterdevon doku- mentiren. Hierher gehört z. B. die an der Basis des Unterdevons liegende Decke zusammenhängenden Diabases, welche durch Thal- einschnitte soweit abgetragen ist, dass sie unter sich der Reihe nach obersilurischen Alaunschiefer und Knotenkalk und Mittelsilur hervortreten lässt (Weckersdorf bei Zeulenroda), ferner die Nord- seite des Triebichsthales bei Saalburg, wo am steilen Hang das Unterdevon ohne verwerfende Kluft leidlich horizontal der Reihe nach auf Untersilur, Mittelsilur, Untersilur, Mittelsilur, Obersilur liest. In demselben Maasse, in dem die Kartirung Östthüringens fortschreitet, mehren sich auch die Beweisstellen für eine vielfach übergreifende Ablagerung des Unterdevons. Das Mitteldevon liest dem Unterdevon stets concordant auf, so dass mir keine Stelle bekannt ist, wo es einer älteren For- mation regulär aufgelagert wäre. Innerhalb desselben aber sind die Lagerungsverhätnisse oft sehr unregelmässig, und man sieht sehr häufig Profile, wo schon abgelagerte mitteldevonische Schich- ten wieder weggespült und die Breschen und Lücken von jüngeren Mitteldevonschichten überdeckt sind, — Erscheinungen, wie sie der Buntsandstein in Ostthüringen oft genug bietet. 3* 36 Unregelmässigkeiten in d. Ablagerung d. palaeozoischen Systeme. [436] Das Oberdevon, zusammen mit dem Kulm, zeigt wiederum an gar nicht wenig Punkten übergreifende Lagerung, wie schon aus dem hervorgeht, was ich oben (S. 31) über die Entwickelung des Mitteldevons mitgetheilt habe. Es liegt auf dem Unterdevon (der ganze Strich bei Saalfeld, auch im Südosten) oder auf älte- ren Schichten, z. B. auf dem Untersilur (Reichenbach, Reuth). Dabei greift der Kulm über mit nur geringfügig entwickeltem Öberdevon (nördlich Reichenbach) oder nur mit der zum obersten Devon gehörigen hangenden Breccie (Brunn, zwischen Greiz und Reichenbach, Punkte bei Plauen, nördlich Elsterberg) oder end- lich sogar ohne das Oberdevon (zwischen Greiz und Pausa, bei Lobenstein). 4. Schlussfolgerungen. Aus all dem bisher Mitgetheilten geht mit Sicherheit hervor, dass die ostthüringischen palaeozoischen Schichten sich in einem flachen Meerestheil abgesetzt haben. Es sprechen, um die Beweise kurz zusammenzufassen, dafür die grosse Mannigfaltigkeit der Sedi- mente, der rasche Wechsel derselben, die überall häufigen Quar- zite und Conglomerate, die ausserordentlich ungleichmässige Ent- wickelung der Kalkniederschläge und die Zerstörung und Wegfüh- rung eben erst zum Niederschlag gelangter grösserer und kleinerer Schichtencomplexe. Dazu kommt noch die — später zu bespre- chende — grosse Häufigkeit sehr verschiedenartiger Eruptivmässen, da bis jetzt noch kein Beispiel bekannt ist von Eruptionen auf dem Grunde der eigentlichen Tiefsee, wohl aber eine Menge von Beispielen solcher in flacherer See und entlang der Küstenstrecken. Endlich erwähne ich noch die Wellenfurchen, welche auf den unteren Schichtflächen des oberen Quarzits im unteren Silur (Pausa, nördlich bei Hirschberg, Weida, Hohenleuben u. s. w.), auf denen der Nereitenquarzite im Unterdevon (Lobenstein, Ronneburg u. s. w.) und auf den Grauwacken des Kulms (Neustadt, Schleiz) vorkom- men, sowie die Regentropfenspuren, welche die Nereitenquarzite vielorts ebenso schön und regelmässig aufgetragen zeigen wie die in dieser Beziehung berühmtesten Buntsandsteinplatten. | | | [437] Unregelmässigkeiten in d. Ablagerung d. palaeozoischen Systeme. 37 Gegen Ende der Silurperiode hob sich, indem zugleich eine Periode mächtig entfalteter vulkanisch-plutonischer Thätigkeit mit anfänglich gehäuften Ausbrüchen von Titaneisendiabas eintrat, das ganze jetzt ostthüringische Gebiet des ehemaligen Meeresbodens so hoch, dass an vielen Stellen die Zerstörung und Wegführung schon fertiger silurischer, namentlich obersilurischer, aber auch mittelsilurischer Sedimente ihr wechselvolles Spiel beginnen und durchführen konnten. Mit Beginn der Devonzeit senkte sich das Ganze wieder, so dass es im Verein mit den im Süden, Südosten und Südwesten anstossenden Nachbargebieten einen gegen früher beträchtlich tieferen, wenngleich gegenüber der eigentlichen Tiefsee doch immer noch flachen Theil des grossen Devonmeeres ') bil- dete, welches hier wohl durch Untiefen und Inseln — nicht durch Festland — unterbrochen war. In der Mitteldevonzeit fand wieder eine Hebung statt, soweit, dass Wogengang und Strömung eben abgesetzte Schichten wieder zu zerstören vermochten, und dass stellenweise ein beträchtlicher Niederschlag fester Theile überhaupt nicht stattfinden konnte. Eine neue Periode der Senkung dauerte vom Beginn der Oberdevonzeit bis in die Zeit des älteren Kulm hinein; die Senkung fand vielfach wohl verhältnissmässig rasch und ruckweise statt, und es erhöhte sich dabei die schon ın der ältern und mittlern Devonperiode sehr grosse und anhaltend wirksame Thätigkeit der Eruptivgewalten, bis am Ende der Devonzeit diese lange Periode erhöhter Thätigkeit sich abschloss mit gehäuften Ausbrüchen von Kalkmandeldiabasen und der Produktion zum Theil sehr mächtige Breccien- und Tufflager. Am Ende der Kulmzeit hob sich der Boden des jetzigen Ostthüringens wieder hoch empor, in Bewegung gesetzt durch die gleichzeitige und in verhältnissmässig kurzem Zeitraum fertiggestellte Emporpressung des Erzgebirges und Frankenwaldes, welche für Ostthüringen eine neue geologische Zeit einleitete. 1) Hierbei ist vorausgesetzt, dass die jüngsten Silurabtheilungen Barrannr’s den älteren Devonbildungen Mittel- und Westdeutschlands entsprechen. Vergl. u. A. Kayser »Fauna der ältesten Devonschichten am Harz«. Il. Schichtenstörungen vor der jüngeren Garbonzeit. Um die ostthüringischen geotektonischen Verhältnisse zu ver- stehen, ist es durchaus nothwendig, dass man die Zeit vor der produktiven Carbonperiode trennt von den nachfolgenden Perioden. Die am tiefsten einschneidenden Veränderungen des ursprünglichen Schichtenaufbaues haben nach Abschluss der älteren und während der jüngeren Oarbonzeit, einige auch schon früher, wahrscheinlich während der jüngeren Silurzeit, stattgefunden. Wir beginnen mit der wichtigsten und folgenschwersten Störung, mit der 1. Sattelung. Die Hauptsattelung trat ein am Ende der älteren Carbonzeit und hängt zusammen mit einer gewaltigen Hebung des Landes in dem Winkel zwischen dem jetzigen Frankenwald und Erzgebirge, infolge deren sich das Meer zurückzog und das heutige Ostthü- ringen und Vogtland als Festland zurückliess. Das Streichen der einen Sattelung ist mit nur geringen Ab- weichungen h. 3 gerichtet, also genau nordöstlich. Diese Satte- lung ist im Grossen leicht erkennbar beim Anblick unserer geo- logischen Aufnahmekarten und noch mehr der Uebersichtskarte, sowie auch beim Anblick der Landschaft selbst; die vorstechen- den Bergrücken halten jene Richtung ein, und die vorragenden Bergkuppen ordnen sich in parallele, nordöstlich gerichtete Reihen. Im Gebiet der reinen Schiefer ohne scharf abgesetzte eingelagerte Quarzitlagen ist die Sattelung im Gefüge der Gesteinslager nicht immer leicht kenntlich, namentlich auch deshalb nicht, weil die Schieferung vielfach die Schichtung maskirt. Indess giebt es doch, wie es bei dem durch die Haupt- und Nebenthäler der Saale und u [439] Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. 39 Elster tief ausgefurchten Terrain nicht anders zu erwarten ist, eine sehr grosse Anzahl von Punkten, die dem Geologen die Sat- telung klar darlegen. Dieselbe ist in der Regel verhältnissmässig scharf und eng, so dass die einzelnen Achsen einander nahe ge- rückt sind und die Flügel sehr steil ansteigen. Die letzteren sind da, wo sie ziemlich saiger stehen, wieder in kleineren Falten in der Richtung des Hauptstreichens wellig hin- und hergebogen. Diese secundären, aber gleichzeitig mit den Hauptsätteln entstan- denen Falten zeigen im Querschnitt in der Regel sehr scharfe Biegungen, so dass sich hyperbolische Durchschnittslinien bilden und oft genug eine mehr oder weniger senkrecht nach unten ver- laufende Zickzacklinie entsteht. Bei der Bildung derartiger secun- därer Falten hat der vertikale Druck der eigenen Schwere als Hauptfaktor gewirkt (Lehesten, Wurzbach, Neustadt, Auma, Berga, Elsterberg u. s. w... Da die Achsen der Sättel dem Kamme des Erzgebirges parallel laufen, ist es gerechtfertigt, diese Schichten- stauung mit der Entstehung des Erzgebirges in Zusammenhang zu bringen und sie die erzgebirgische Sattelung zu nennen. Sie herrscht weit und breit vor, selbstverständlich im Osten, in der Nähe jenes Gebirges, noch mehr als im Westen, ist aber auch hier noch recht deutlich (Saalfeld, Wurzbach, Lehesten) und er- streckt sich sogar noch weiter westlich!) und südlich?) in die Nachbargebiete hinein. — Ein so gewaltiger, weithin wirkender seit- licher Druck setzt uns in Erstaunen, auch wenn uns unsere an- derweitigen Studien die grösste Hochachtung vor der Allgewalt der Zusammenziehung erkaltender Körper beigebracht haben. Ich habe auf einer Linie, die von Neustadt a. OÖ. aus ungefähr nach Südost verläuft, gelegentlich der geologischen Aufnahme Beobach- tungen angestellt und Berechnungen versucht, welche bei der Häufigkeit der verwerfenden Spalten freilich kein sicheres Resultat geben konnten, aber doch im Stande waren, eine annähernd rich- tige Anschauung zu liefern. Danach beträgt die durch die erz- 1) Vergl. unsere beigegebene Uebersichtskarte und die Abhandlung von Lorerz, betreffend »die eambrisch-phyllitische Schieferreihe des thüringischen Schiefergebirges«, im Jahrbuch d. preuss. geol. Landesanst. 1881. 2) Vergl. die einschlägigen Karten und Beobachtungen Güneer’s. 40 Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. [440] gebirgische Sattelung herbeigeführte Verkürzung der horizontalen Dimension der uns zugänglichen äusseren Erdkruste auf jener Linie und sicher in gleicher Weise auch auf dem ganzen östlichen und mitt- leren ostthüringischen Gebiet mindestens das Zweiundeinhalbfache; die Entfernung also desjenigen Punktes, den jetzt Neustadt a. O. auf der Erdoberfläche inne hat, von einem weit südöstlich am jetzigen Fuss des Erzgebirges belegenen Punkt beträgt jetzt 91/, Meilen und betrug einst vor der Sattelung. 23%/4 Meilen; und dem ist sicher ein »wenigstens« beizufügen. — Wenn ich oben gesagt habe, dass sich die erzgebirgische Sattelung nicht allenthalben so ganz unvermittelt klar dem Auge darlegt, so hat dies seine Ur- sache auch mit in einer zweiten Sattelung, welche zwar schwächer wie jene wirkte und nur im Westen im äusserlichen Auftreten ‘imponirt, bei alledem aber allenthalben — bis zum äussersten Nordosten — noch Spuren ihres Waltens hinterlassen hat: es ist das die überall h. 9 bis h. 9?/s, also nordwestlich streichende Sat- telung vom Frankenwald. Ihr verdankt z. B. die schöne, im- posante Bergreihe der Gartenkuppen bei Saalfeld ihr Dasein, an deren nordöstlichem Fusse wiederum die erzgebirgische Sattelung in ihre Rechte eintritt. Da sich beide Sattelungen fast rechtwin- kelig kreuzen, ist an einzelnen Oertlichkeiten zwar das Verständ- niss des Schichtengefüges oft ausnehmend erschwert, verschiedent- lich ist aber das Zusammenwirken beider Störungen auch leichter zu erkennen, wie z. B. an den Muckenbergen bei Lobenstein, wo über einen Frankenwaldsattel drei erzgebirgische Mulden hinweg- laufen, in der Gegend südöstlich von Ronneburg, nördlich von Probstzella u. s. w. — In der Regel sind die Sättel der Franken- waldrichtung schwächer, d. h. von weit kleineren Radien, wie die der ersten Richtung und oft nur angedeutet durch eine Art Falten- wurf, den die Flügel dieser letzteren Sattelung senkrecht zum Streichen zeigen. Fast möchte man hieraus schliessen, dass die beiden Störungen sehr verschiedenen Alters seien. Dem ist aber nicht so; wenn auch, wie wir später sehen werden, die Franken- waldsattelung etwas jünger ist wie die erzgebirgische, so liegen sie doch keineswegs weit auseinander und überdauern beide sicher den produktiven carbonischen Zeitabschnitt nicht. u Fr DA DE [441] Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. 41 Daneben zeigen sich noch deutliche Wirkungen einer älteren Faltenbildung mit einem h. 1 bis 11/,, also nordnordöstlich ver- laufenden Streichen. Diese ältere, später wohl meist durch jene Störungen aus der carbonischen Zeit verwischte Sattelung ist noch schön zu beobachten südlich Saalburg u. s. w. und namentlich nördlich bei Greiz, wo der mächtig entwickelte, emporgewölbte, obercambrische Quarzit im Stande war, den späteren Zusammen- schiebungen vermöge seines wenig biegsamen Materials erfolgreich Widerstand zu leisten; die Rücken des Sauberges und der Gomlaer Berge bei Greiz bestehen aus derartigen Sätteln. Welche Gebirgs- achse die zu ihrer Entstehung nöthige, seitlich wirkende Kraft geliefert hat, das ist jetzt nicht abzusehen. Vielleicht ging die Bewegung gar nicht von einer ausserhalb liegenden Achse aus, sondern hatte vielmehr ihre Ursache in einer mehr eng localen Zusammenziehung. Eine ebenso alte oder nur um weniges jüngere Sattelbildung mit dem Streichen h. 7 bis 71/,, also Ostsüdost, kreuzt in der Gegend von Greiz-Reichenbach die eben geschilderten Riesenfalten fast rechtwinklig, wie sich später die carbonischen Sattelungen rechtwinklig schneiden. Diese älteren Sattelbildungen aber müssen nothwendig schon vor der Devonzeit fertig ausgebildet worden sein, denn das gesammte ostthüringische Devon nebst den jüngeren Systemen lässt keine Spur der geschilderten beiden, auf Cambrium und Untersilur be- schränkten Sattelungen gewahren. Eine fünfte, aber ebenfalls schwächer entwickelte Sattelbildung streicht ungefähr h. 6, also westöstlich, und findet sich nur im äussersten Süden und Südosten des Gebietes. Sie ist vielleicht mit der Entstehung des Fichtelgebirges in Zusammenhang zu bringen; doch kann das nur eine Vermuthung sein. Sie umfasst ein noch kleineres Terrain wie die vorige. 2. Die Schieferung. In einem bestimmten ursächlichen Zusammenhange mit der Sattelung steht die Schieferung sicher, d. h. dieselbe drängende 42 Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. [442] Kraft, welche die Sättel zusammenschob, hat nach Vollendung der Faltung die Schieferung veranlasst. Auf die Eigenthümlichkeiten der geschieferten Gesteine und auf die Art der Kraftwirkung bei der Schieferung brauche ich nicht näher einzugehen, da LoRETZ über die entsprechenden Verhältnisse auf dem Nachbargebiete treff- liche Arbeiten geliefert hat. ) Nur eine kleine Abweichung meiner Anschauungen gestatte ich mir hier zu erwähnen, welche darin besteht, dass nach meiner Ueberzeugung die Querschieferung nicht direkt durch den von der drängenden Gebirgsachse ausgehen- den Druck erzeugt wird, sondern vielmehr durch den Gegendruck: sobald die Aktion der Sattelbildung beendet war und das sie bedingende horizontale Drängen anfing aufzuhören, musste infolge der hohen elastischen Spannung, welche bei der Faltung in der Gesammtheit der Gesteinslager hervorgerufen war, der Gegen- druck zur Wirksamkeit gelangen. Diese Wirksamkeit musste sich in einer Richtung äussern, welche sich zusammensetzt einmal aus der horizontalen, ursprünglichen und dann aus einer zweiten, welche aus dem in senkrechter Richtung von unten nach oben immer schwächer werdenden Druck der eigenen Schwere und der dadurch bedingten nach oben immer grösser werdenden Verschiebbarkeit der Theilchen resultirte. Daraus ergab sich also eine Verschiebung, resp. zunächst die Tendenz zu einer Verschiebung in der Richtung gegen die Gebirgsachse der betreffenden Sattelung mit mehr oder weniger stark ausgeprägter Modificirung schräg aufwärts, und diese manifestirt sich in der Querschieferung. Die erste, d.h. die am meisten hervortretende Schieferungs- ebene fällt in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle nach Nordwest bis Nordnordwest, in einer Minderzahl nach Südost bis Südsüdost ein, hat also das erzgebirgische Streichen und ist als Nachwirkung der entsprechenden Sattelung zu betrachten. Wie die vom Erzgebirge ausgehende Sattelung in Ostthüringen die dominirende ist, so dominirt auch die entsprechende Schieferung ') »Ueber Transversalschieferung und verwandte Erscheinungen im thürin- gischen Schiefergebirge« (Jahrb. d. preuss. geolog. Landesanst. 1851) und » Ueber Schieferung« (Jahresber. d. Senkenb. nat. Ges. 1880), worin auch die früheren Arbeiten über diesen Gegenstand umfassend berücksichtigt sind. [443] Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. 43 daselbst. Der Winkel, unter welchem die Schieferung einfällt, varlirt ausserordentlich, und zwar oft auf ganz kurze vertikale Ent- fernungen hin: bald ausserordentlich steil, bald auch wieder sehr flach, nähert er sich doch im Allgemeinen gern dem halben rechten. In den meisten eigentlichen Dachschieferregionen gilt es als Er- fahrungsthatsache, dass das Gestein um so bessere Dachschiefer giebt, je spitzer der Winkel ist, unter welchem die Schieferung die Schichtung schneidet; auch scheint ein kleinerer Neisungswinkel gegen die Horizontale günstig zu sein. Ausserordentlich selten fallen die Ebenen der Schieferung und Schichtung zusammen. Im unteren Kulm erkennt man da, wo die sandig-grauwackenartigen Lagen sehr zurücktreten, und man auf den ersten Blick geneigt ist, an eine gleiche Richtung von Schieferung und Schichtung zu glauben, den spitzen Winkel, unter dem beide sich doch noch schneiden, an solchen Pflanzenabdrücken, welche sich flach auf den Boden breiten mussten: sie sind nur auf der einen Hälfte gut blossgelest und verlaufen auf der anderen ganz allmählich und flach unter die Schieferungsfläche. — Die Schieferung hat, wie sich das von selbst versteht, auch in Ostthüringen vor allem die eigent- liche Schiefermasse betroffen, weil diese weicher und nachgiebiger war wie die übrigen Gesteine. Es konnten sich in ihr die einzelnen Mineralpartikelchen leichter in parallele Lagen ordnen, sie konnten aber auch zugleich der durch die ganze Masse hindurch constant, horizontal mit Abweichung schräg nach oben, immer kräftiger wir- kenden Tendenz zur Verschiebung der Theilchen wirkungsvoller nachgeben, mochte nun die Verschiebung nur als Spannung aller Theilchen sich äussern, ohne wirklich einzutreten, oder mochte sie ein wirkliches Gleiten der Schieferlamellen über ihre Unterlage hinweg bewerkstellisen. ) Dünne Einlagerungen quarzitischer Schiefermasse werden von der Schieferung mit durchschnitten, 1) Von dieser Verschiebung bei Gelegenheit der Schieferung legen allenthalben eine Menge von Befunden Zeugniss ab; die schönsten aber trifft man im oberen Cambrium, sowie im unteren Kulm. Hier sind die verkiesten organischen Reste und die Schwefelkiesknoten am Rande in der Einfallrichtung der Schieferung mit kleinen spitz auslaufend kegelförmigen Wülstehen aus Schiefermasse verziert, die man am besten mit den Schneewehen vergleichen kann, welche sich beim Schneetreiben hinter hervorragenden Körpern anhäufen. Hier findet man auch 44 Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. [444] allerdings meist nicht, ohne dass diese Einlagen auf der Schiefer- fläche parallele Reihen kleiner Unebenheiten oder wenigstens eine durch grössere Rauhigkeit markirte Bänderung veranlassen. Stär- kere Bänke von Knotenkalk und hartem, compaktem Quarzit oder fester Grauwacke haben der Schieferung in der Regel erfolgreichen Widerstand: geleistet. Indess kommen doch auch die Fälle häufie genug vor, wo in den Quarziten eine Schieferung nicht bloss an- gedeutet ist, und wo die Knotenkalke eine plumpe, der trans- versalen Schieferung entsprechende Parallelabsonderung in rauh- flächige Scheiben zeigen, namentlich wenn der Knotenkalk durch reichlicher eingelagerte Schiefermasse sich dem Kalkknotenschiefer einigermaassen nähert. Man sieht dann deutlich, wie die Kalk- knoten, aus denen ja ursprünglich auch die Knotenkalke zusammen- gesetzt sind, als in sich fester verbundene Körper Widerstand leisteten, sodass ihnen die Schieferung scheinbar ausweicht und nur die Schieferflasern zwischen ihnen trift. So kommt es oft genug vor, dass die ursprünglich vollkommen schichtflächige Ein- lagerung der Kalkknoten in den Knotenkalken und Kalkknoten- schiefern, an der man sonst so gut das Streichen und Fallen der Gebirgsabtheilung abnehmen kann, durch die verschiebende Be- wegung der Gebirgsschieferung ganz und gar gestört ist, und die Kalkknoten eine Art Verschiebung und Umlagerung in die Ebene der Schieferung erlitten haben. Neben der von der Achse des Erzgebirges ausgehenden Haupt- 'schieferung giebt es noch zweite und dritte Schieferungen, welche im Verein mit der ersten die Schiefermasse ın Griffel oder ın parallelepipedische Stücke zerschneiden. Ueber das Streichen und Fallen dieser mehr untergeordneten Schieferungen lassen sich nur sehr schwer Regeln aufstellen: Im Westen des Gebietes, wo, wie schon bemerkt, die nordöstlich streichende Schieferung ebenfalls vorwaltet, stellt sich bisweilen, aber nicht häufig, und selten so zerschobene Versteinerungen, z. B. Stiele von Crinoideen, welche die Schieferung in ihrer Fallrichtung in mehrere Stücke getrennt und so zerschoben hat, dass die einzelnen Stücke, obgleich zollweit von einander getrennt, doch ein jedes noch dieselbe, die ursprüngliche, Richtung beibehalten haben. Auch die Art und Weise, wie sich die Phvllodoeitesachsen schräg durchgedrückt haben, ist gut beweisend. [445] Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. 45 entwickelt, dass sie die Hauptschieferung lokal einmal überwiegt, eine nordwestlich streichende, also der Frankenwaldachse parallele Schieferung ein. Dagegen sind andere Schieferungen häufig, welche, obschon bei weitem nicht so scharf ausgeprägt wie die Haupt- schieferung, von dieser in der Richtung nur um- einen kleinen Winkel abweichen (5 bis 250%), ja manchmal fast dasselbe Streichen zu haben scheinen. In letzterwähntem Falle liegen die durch sie erzeugten prismatisch oder grifflig gestalteten Gesteinsfragmente auf ursprünglicher Lagerstätte fast horizontal, und unterscheiden sich die Schieferungen, abgesehen von der Schärfe der Ausprägung nur durch den Einfallswinkel. Solche Fälle sind aber nicht häufig; vielmehr liegen die Schieferprismen im anstehenden Gebirge in der Regel so, dass ihre Längsachse gegen die Horizontalebene mehr oder weniger geneigt ist. — Am verworrensten liegen die Schieferungsebenen zweiten und dritten Ranges innerhalb des cam- brischen und silurischen Gebietes, und gerade hier sind sie viel- orts, aber immer über sehr beschränkten Raum hinweg, recht scharfausgesprochen. Hier kann man häufig so gut parallelepipedisch begrenzte Spaltstücke herausschlagen, dass man an die rhombo- . edrische Spaltbarkeit des Kalkspaths erinnert wird. Bestimmte Regeln über das Streichen der zweiten und dritten Schieferungs- ebene lassen sich vorläufig noch nicht aufstellen, und bleibt es der Zukunft vorbehalten, auf Grund noch weit reichlicheren Unter- suchungsmaterials dergleichen zu finden. Das Eine glaube ich aber schon jetzt aussprechen zu dürfen, dass nämlich diese unter- geordneteren Schieferungen im Cambrium in Beziehung stehen zu den oben angeführten h. 1 und h. 7 streichenden älteren Sattelungen. Erschwert wird die Untersuchung durch die so vielfach ein- tretende nachträgliche, wenn auch immer noch sehr frühzeitig erfolgte Störung der Schieferung. 3. Die Fältelung. Ist die Schieferung, wie wir gesehen haben, entschieden erst nach vollendeter Sattelung in volle Wirksamkeit getreten, so tritt uns in der Fältelung ein Process entgegen, der gleichzeitig mit 46 Schiehtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. [446] der Schieferung verlief und auf ein und dieselbe, nur durch die Umstände mehr oder minder modificirte Kraft zurückzuführen ist wie jene. Während bei der Schieferung der Gegendruck inner- halb des Gesteins in der Richtung von der Schieferungsebene aus lothrecht aufwärts (d. h. nach der Erdoberfläche zu) stetig geringer wurde, so dass der seitliche Druck im Stande war, in der Ein- fallrichtung der Schieferung eine Verschiebung der Theilchen zu bewerkstelligen, welche eben die Schieferung hervorrief, ist bei der Fältelung der Gegendruck in vertikaler Richtung aufwärts der- selbe geblieben, so dass eine schiefernde Verschiebung der Ge- steinstheilchen nicht eintreten konnte. Gleichwohl aber gab das Gestein den einander entgegenwirkenden Kräften des Druckes und Gegendruckes nach, indem es durch Abgabe von mechanisch auf- gsenommenem Wasser und engeres Zusammenrücken der Theilchen, vielleicht auch unter Beihilfe chemisch lösender Agentien, sein Volumen verminderte. Dabei musste es sich in Fältchen legen, welche das Streichen der aequivalenten Schieferung haben und sich am schönsten und deutlichsten an den zarteren quarzitischen Ein- lagerungen offenbaren, sonst aber auch an reinem Schiefer auf günstigen Brüchen dem unbewaffneten Auge deutlich sind und an queren Dünnschliffen mikroskopisch sich immer leichter erkennen lassen. Der Durchmesser der Fältchen schwankt meist zwischen 4 und 20" und ist selten geringer (bei sehr feiner Schiefer- masse) oder stärker (bei dickeren quarzitischen Einlagen); meist bewegt er sich in dem obercambrischen Hauptschiefer mit dünnen Quarzitlagen zwischen 4 und 10”, und in den an solchen Lagen freien untersilurischen und cambrischen Schiefern zwischen 3 und 5"®, Die einfachste und häufigste Form der querdurchschnittenen Gesteinsblätter ist die geschlängllte NN. Daneben kommt aber noch eine zweite vor, die namentlich häufig die Quer- flächen der obercambrischen Schiefer schmückt; die dünnen Quarzit- lagen sind in kleine Rinnen, also im Querbruch in mit der con- caven Seite sämmtlich nach einer Richtung geöffnete Halbmöndchen getheilt SF ,. In diesen beiden Formen erscheint die Fältelung rein, unbeeinflusst durch die gleichzeitige Schieferung. Doch soll damit nicht gesagt sein, dass ein derartiges Gesteins- ee u u ru ri ne nn ef [447] Schiehtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. 47 stück nicht geschiefert sei; im Gegentheil, es treten dann oft noch neben der ersten eine zweite und in seltenen Fällen auch eine dritte Schieferung auf. Die geschlängelten Linien oder die Halb- möndchen verlaufen aber auch in solchem Fall ohne Unterbrechung. Gesellt sich aber nun noch die Verschiebung zur Fältelung, dann treten entweder nur einzelne Möndchen aus der Reihe aA °_ 2 — eine schwierig zu erklärende Erscheinung —, oder die Trennung findet staffelförmig statt. Seltener trennen sich dabei die Quarzit- blätter scharfeckig _ —— , vielmehr zeigen sie deutlich, dass die Quarzitmasse zur Zeit des Processes noch etwas Gefügigkeit besass.. So entstehen Querschnitte mit an liegende Paragraphen- zeichen erinnernden Zeichnungen AYAY . Die Vergesellschaftung der Fältelung mit der Verschiebung in der Richtung des Fallens der Schieferungsebene ist der gewöhnliche Fall, die reine Fältelung ohne Verschiebung der weniger häufige. Verwandt mit der Fältelung und Schieferung ist die Zerlegung der quarzitischen Bänke in zweischneidige, messerklingenförmige Griffel (Hirschberg, Berga u. s. w.) im untern Quarzit des Unter- silurs, auch hier und da im obern Cambrium. Kreuzen sich zwei Fältelungen, dann lösen sich die Quarzit- blätter in Quarzitlinsen auf. Bei gleichzeitiger starker Verschiebung giebt dann das Gestein auf seinem Querbruch oft recht verworrene Bilder, bei schwächerer Verschiebung erscheinen aber dann die Schichtflächen wie mit parallelen Stricken und Bindfäden bedeckt, oder auch nur regelmässig höckerig. 4, Die Runzelung. Neben der Fältelung geht noch eine andere Gesteinsänderung nebenher, die aber auch da auftritt, wo die Fältelung fehlt, und die überhaupt viel allgemeiner ist. Von der Fältelung unterscheidet sie sich eigentlich nur quantitativ, d. h. sie ist eine Fältelung im kleinsten Maassstabe und nur deshalb mit einem besonderen Namen — ich möchte den Namen »Runzelung« vorschlagen — zu belegen, weil sie viel allgemeiner auftritt, weit gleichmässiger durch das Gestein hindurch verläuft, ganz vollständig an die Ebene der 48 Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. [448] Schieferung, selten der Schichtung gefesselt ist und den Glanz der Schieferflächen ganz besonders modificirt. Bei einfachster Ent- wickelung giebt sie der Schieferfläche ein äusserst zart parallel- riefiges Ansehen und einen geringeren oder stärkeren Atlasglanz. Die sehr kleinen, parallelen Fältchen haben Durchmesser von 0,1”® und darunter, bis 0,75"®, Während die eigentliche Fältelung mit der Schieferung entschieden gleichzeitig vor sich ging oder derselben sogar unmittelbar vorausgegangen zu sein scheint, so dass sie durch die Schieferung in ihrer Entwickelung gestört wurde, macht die Runzelung durchaus den Eindruck, als ob sie sich erst nach Vollendung der betreffenden Schieferung, zu der sie gehört, vollzogen habe. Dass sie mit der Schieferung irgend wie in Causalnexus steht, ist unzweifelhaft. — Es dürfte also der ge- waltige, carbonzeitliche Process, den die lokalen seitlichen Pressungen in der Erdkruste innerhalb unseres Gebietes bewerk- stelligt haben, in drei Akten verlaufen sein: Sattelung, Schieferung und Fältelung, Runzelung, und zwar so, dass die während der Carbonzeit sich abspielenden Akte nicht absolut getrennt sind, sondern in einander verlaufen, und dass sie von Anfang an begleitet und auf ferne Zeit hinaus gefolgt sind von der Spaltenbildung. Die durch Runzelung contourirten Flächen können auf den ersten Blick den Eindruck machen, als habe in der Richtung der Runzelung auf der Fläche eine schleifende Bewegung der an- liegenden Gesteinspartie stattgefunden, ähnlich wie bei den Rutsch- flächen und Harnischen. Nähere Untersuchung lehrt aber sofort die Unhaltbarkeit einer solchen Vermuthung, die allerdings auch mit durch anderweitige Gleiterscheinungen, wie z. B. die oben bei Besprechung der Schieferung erwähnten, hervorgerufen sein kann. Stellt man nämlich einen Schliff quer zur Runzelung her, so sieht man, dass letztere nicht bloss eine Oberflächenerschei- nung ist, sondern vielmehr als zarteste Infaltenlegung durch das Gestein hindurch fortsetzt. Was nun die Richtung betrifft, in welcher die Runzelung verläuft, so scheint der einfachste Fall der zu sein, dass nur eine Bunzelung vorhanden ist, und diese dieselbe Richtung hat, wie [449] Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. ‘49 die Streichlinie der zugehörigen Schieferungsebene. Dieser ein- fachste Fall kommt zwar öfter vor, ist aber durchaus nicht der gewöhnliche: zuerst weicht die Richtung der Runzeln!) von der Streichlinie der Schieferung etwas ab, so dass beide Linien einen Winkel bilden, der allerdings nicht gross ist und’ nur bis höchstens zu 30 Grad zu wachsen pflest. Sodann aber tritt gewöhnlich nicht eine einzelne Runzelung für sich allein auf, vielmehr kommt meist noch eine zweite, seltener eine dritte, ja eine vierte und fünfte hinzu, in welch’ letzterem Falle regelmässig die eine oder die andere Richtung wieder halb zerstört, d. h. theilweise ausgeglättet, theilweise in der Richtung verwirrt worden ist, so dass fleckenweis die feinen Leistchen wirr durch einander laufen. Doch das sind selt- nere Vorkommnisse. — Tritt zu der ersten eine zweite Runzelung, dann äussert sie sich schwächer oder stärker, indem sie die Leist- chen der ersten Runzelung nur in schräger Richtung unterbricht, sewissermässen linear geordnete Interferenzpunkte herstellt, oder aber, indem sie deutlich neben der ersten besteht und. bei der richtigen Haltung des Gesteinsstückes gegen das Licht allein sicht- bar ist, während die erste dem Auge verschwindet. Die zweite Runzelung entspricht gewöhnlich auch einer zweiten Schieferung, ist aber wie diese Schieferung selbst gewöhnlich nicht so deutlich ausgeprägt wie die erste. Dass zwei verschie- dene Runzelungen auf einer Schieferfläche sichtbar sind, ist ge- wöhnlich; selten sind drei sichtbar. Eine dritte (und vierte) Runze- lung findet man dann auf einer anderen Schieferfläche. Die verschiedenen Runzelungen nach ihrem Auftreten und ihrer Richtung in ein einfaches System zu bringen, hat noch nicht gelingen wollen; sie sind eben gar zu verschiedenartig. Ist das, wie oben bemerkt, schon bezüglich der zweiten und dritten Schieferung schwer, so ist es bezüglich der Runzelung noch viel schwieriger. Vielleicht aber bringt ein zu erhoffendes besonderes Studium in nicht zu langer Zeit Ordnung hinein. Innerhalb der Striche, wo die Runzelung die Schiefer all- gemein beherrscht, finden kleine Ausnahmen statt: Alle mit !) Bestimmt durch die Horizontalprojection der letzteren. 50 Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. [450] Schwefelkies stärker imprägnirten linsenförmigen Einlagerungen und Geoden sind nicht gerunzelt. Ebenso hat im Druckschatten Runzelung nicht stattgefunden, d. h. an solchen Stellen, wo ein- zelne starke Quarzadern oder verschobene Quarzitmassen, einzeln oder zu mehreren vereinigt, eine Schieferpartie vor dem runzeln- den Druck bewahrt haben. In der nächsten Umgebung der Quarz- adern oder ihrer Fragmente sind durch innerliche Verschiebung zarte Gleitwülstchen entstanden, die man mit der Runzelung nicht verwechseln darf. 5. Verwerfende Spalten. Bei den sich kreuzenden Sattelbildungen und dabei noth- wendigen eminenten Spannungen konnte es nicht anders kommen, als dass der Zusammenhang des Schichtengebäudes bald da, bald dort unterbrochen wurde und sich die Massen mittelst unzähliger bald kleiner, bald tief und weit greifender Klüfte an einander verschoben. Wessen Auge aber an die so regelmässigen, in langen geraden oder höchstens flachgekrümmten Linien verlaufenden Ver- werfungsspalten der deutschen mesozoischen Formationen gewöhnt ist, der wird sich innerhalb der älteren geologischen Bildungen Östthüringens mit einigem Befremden umsehen. Da sind die Ver- werfungen ausserordentlich zahlreich, doch zumeist von kurzem Verlauf und nicht zu beträchtlicher Sprunghöhe, was sich dadurch erklärt, dass sich eben die Achsen von zwei, bezüglich sogar vier bedeutenderen Sattelsystemen unter verschiedenen Winkeln schneiden. Eine kleinere Zahl hat freilich auch einen längeren Verlauf, und es lassen sich verschiedene auf eine Erstreckung von einer Viertel- bis zu einer halben Meile an der Oberfläche verfolgen (Saalfeld, Zeulenroda, Probstzella). Entsprechend ist auch oft die Sprunghöhe beträchtlich gross; wird doch z. B. der Kulm neben das untere Silur (am Klein-Wolschendorfer Ver- werfer bei Zeulenroda) und das Unterdevon neben das Cambrium (Büffelstollen bei Lobenstein) herabgezogen. — Wie schon erwähnt, ist der Verlauf der Verwerfungsspalten nicht so geradlinig wie in jüngeren Formationen, sondern beschreibt gern Curven oder [451] Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. 51 aus Curven und Geraden gemischte Linien, sogar stumpfe und abgerundete Ecken; letzteres geschieht allerdings nur, wo mäch- tige Diabaslager eine Diversion machen, wie denn überhaupt die grosse Verschiedenartigkeit der Gesteine und namentlich die grosse Anzahl eingestreuter Diabaslager die scheinbaren Unregelmässig- keiten der Spaltenlinien verursacht haben. Trägt man die Richtung der Verwerfungsklüfte bei der Auf- nahme mit der üblichen Genauigkeit ein, dann findet man bald, dass ein grosser Theil derselben in der Richtung NO. oder nahe bei NO. streicht, also in derjenigen der Achse des Erzgebirges- Mindestens ebenso häufig sind aber auch Bruchlinien, welche der Frankenwaldachse ungefähr parallel laufen (darunter das mächtige Bruchliniensystem des Haus-Sachsener Ganges bei Saalfeld). Auch die Nordsüdlinie ist häufig einzutragen, und es geht dieselbe wohl als Resultirende aus der vereinigten Wirkung der vom Erzgebirge und Frankenwald ausgehenden pressenden Kräfte hervor. Hierher gehört u. A. die Verwerfung von Zeulenroda-Märjen, die von Klein-Wolschendorf in ihrem nördlichen Theil, u. s. w. Diese ungefähr h. 12 verlaufenden Verwerfungen haben zu einem grossen Theil — vielleicht sogar alle — eine Verschiebung mehr in hori- zontaler als in vertikaler Richtung bewerkstellist, was man an den in anderer Stunde streichenden nur ausnahmsweise beobachten kann. Schön zeigt sich das namentlich da, wo die Brüche durch Diabase oder Quarzite hindurchschneiden, denn hier giebt es oft Harnische mit rein horizontal gerichteten Rillen. Sonst ist aber noch zu bemerken, dass in den Bruchlinien alle Punkte des Kom- passes vertreten sind, wenn auch die eben genannten drei Haupt- richtungen sichtlich vorherrschen. 6. Stauchungserscheinungen. Anhangsweise sei hier noch einer Erscheinung gedacht, der man namentlich innerhalb des älteren palaeozoischen Gebirges stellenweise häufig, aber durchaus nicht allgemein begegnet. Wo mehr continuirliche Schieferlagen ohne quarzitische Einlagerungen auftreten, da verlaufen mehr oder weniger horizontal durch die 4* 52 Schiehtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. [452] Schiefermasse hindurch Knickungen, welche in Gestalt selten eines, meist zweier oder mehrerer ungefähr parallel an einander gelester Bänder von 1/, bis 2 oder auch etwas mehr Centimeter Breite über die Schieferflächen hinlaufen und in einer scharfkantigen Hin- und Wiederzurück-Biegung der Schieferlamellen bestehen. Im senkrechten Querschnitt sind die Lamellen im Ziekzack geknickt mit sehr stumpfen Winkeln und geraden Schenkeln derselben. In der Einfallrichtung gesehen giebt die Schieferfläche plötzlich ihre Lage auf, biegt sich mit scharfer Kante in entgegengesetzte Richtung um und nimmt dann unter abermaliger scharfer Wen- dung genau wieder die ursprüngliche Lage und Neigung gegen den Horizont ein; dies wiederholt sich in der Regel mehrmals dicht über einander. Es haben sich diese Knickungen bis auf eine Längserstreckung von höchstens 5” verfolgen lassen, und ihre Entwickelung (im senkrechten Querschnitt betrachtet) reicht rechts und links selten über, meist unter einen Meter weit in die Schiefermasse hinein, indem dann der Knickungswinkel .allmählich in den gestreckten übergeht. In den in die Knickungslinien ge- legten Ebenen, entlang deren die auf einander folgenden Schiefer- lamellen gleichsinnig geknickt sind, ist der Zusammenhang der Theilchen so gelockert, dass darin leicht ebener Bruch erfolgt. — Von den Fältelungen, mit denen man sie übrigens, wenn man die Erscheinung selbst vor Augen hat, niemals verwechseln wird, unterscheiden sich die Knickungen der beschriebenen Art durch die Scharfkantigkeit der Biegungen, durch die Ebenheit der Knick- flächen und durch den ruhigen, mehr oder weniger horizontalen Verlauf. Ihre Entstehung verdanken sie sichtlich dem Zusammensinken des Gesteins, welches, wenn auch in geringem Grade, doch stetig von den eindringenden Tagwassern durch Lösung gewisser Be- standtheile beraubt und so in seiner Masse lockerer wird. Im anstehenden Gestein betrachtet, machen sie ganz genau den Ein- druck, als ob ein Druck von oben sie erzeugt hätte: das ist eben der Druck der eigenen Schwere Auch kommen sie nur in den oberen Teufen vor, und ist mir kein Beispiel bekannt, dass man auf Gruben in grösseren Teufen Schieferstücke mit dergleichen [453] . Schiehtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. 53 Knickungen gefördert hätte. So ist diese Störung jedenfalls eine neuere und gehört eigentlich nicht in diesen Theil, der nur von den Störungen während der palaeozoischen Zeit handeln soll. 7. Folgen der Schichtenstörungen. Alle die besprochenen Störungen sind selbstverständlich von der grössten Bedeutung für die landschaftliche Gestaltung Ost- thüringens, und es ist von hohem Interesse, die scheinbare Ver- worrenheit der Kuppen unseres Berglandes, die Richtungen der Thäler, welche sich so oft plötzlich ändern und unter einander so grosse Verschiedenheiten zeigen, mit den sich kreuzenden ver- schiedenen Sattelungen und Verwerfungen in innigstem Zusammen- hang zu finden. Aber überschaut auch der Geologe eine ostthüringische Land- schaft, nachdem er deren geotektonische Grundlage studirt hat, mit dem hohen sittlichen Behagen des vollen Verständnisses für das Bild, so wird seine Freude, wendet er sich zum Ernst der Forschung zurück, doch oft getrübt durch den Gedanken an die organische Welt, deren Reste in diesen Bergen und Hügeln wohl- erhalten begraben liegen sollten. Die Fältelungen und Runzelungen, die Sattelungen und Faltungen der Muldenflügel, die einfachen und mehrfachen Schieferungen haben die ursprünglich schon spär- lich vorhandenen Versteinerungen und zwar vorzugsweise gerade in solchen Gebirgspartien, wo man ihrer am meisten bedarf, un- kenntlich gemacht und zum Theil geradezu vernichtet. Ebenso ist auch die petrographische Beschaffenheit der älteren Systeme dadurch oft sehr umgewandelt worden: in engem Verein haben hier die Fältelung, Schieferung und namentlich die Runze- lung gewaltige Metamorphosen bewerkstelligt, indem sie der nach- haltigen chemischen Thätigskeit der Gesteinswasser mechanisch recht gründlich vorarbeiteten und die Wirkung derselben durch Druck und wohl auch durch die damit verbundene, wenn auch keineswegs sehr bedeutende Temperaturerhöhung verstärkten und beschleunigten. Dadurch erhielten jüngere Schiefer ein älteres, ein mehr krystallinisches oder sericitisches Ansehen. Kommt nun 54 Schichtenstörungen vor der jüngeren Carbonzeit. [454] noch die später zu besprechende Buntfärbung der Gesteine dazu, dann wird die Diagnose für den in Ostthüringen nicht heimischen Geologen ausserordentlich erschwert. Dieser Umwandlung der Ge- steinsbeschaffenheit begegnet man überall im alten Gebirg Ostthü- ringens, aber im Westen weniger als im Osten. Am stärksten ist sie entwickelt auf einem durchschnittlich eine halbe Meile breiten Streifen, welcher in südwestlicher Richtung von der Gegend östlich bei Greiz über Elsterberg, Mehltheuer, Reuth bis gegen Hirsch- berg hin verläuft. Innerhalb desselben erscheinen unterdevonische Schiefer mit mikroskopisch noch genau nachweisbaren Tentacu- liten, welche zu sericitischen Schiefern wurden; oberdevonische Knotenkalke erhielten einen Habitus, der an untersilurische Kalke anderer Gegenden erinnert; kulmische Schiefer mit dünnen Sand- steinlagen wurden umgeändert in Gesteine, die man bei oberflä- chiger Untersuchung dem jüngeren Cambrium zuweisen möchte. Noch ist zu wiederholen, dass die Schieferung, Fältelung und Runzelung sicher noch während der jüngeren Carbon- zeit, wahrscheinlich gleichzeitig mit der Vollendung der Hebung des Erzgebirges zum vollständigen und fertigen Abschluss gelangt sind. Im Rothliegenden liegen nämlich zu Millionen grosse Rollstücke beisammen, welche aus den älteren Formationen stam- mend mit absoluter Sicherheit recognoscirt werden können und alle jene typischen Veränderungen durch Fältelung und Schieferung, sogar auch die Runzelung zeigen, während die umhüllenden thonigen Massen keine Spur eines derartigen Processes aufweisen, vielmehr so jugendlich aussehen, als seien sie eine alluviale Ab- lagerung. IV. Petrographie der nachcarbonischen Schichten. 1. Das Rothliegende. Soweit auch der Kulm über das ganze Gebiet verbreitet ist, so steht doch das jüngere, produktive Steinkohlengebirge nirgends zu Tage an und ist bis jetzt auch nirgends im Gebiete durch Bohrlöcher erörtert worden. Bei den beiden nordöstlichsten Bohr- versuchen, bei Gera, hat man mit dem einen bei 1225 Fuss das Rothliegende noch nicht durchsunken, und im anderen bei 1100 Fuss kulmische Grauwacke vor Ort gehabt, ohne im Liegenden des Rothliegenden die Schieferthone und kohligen Flöze des oberen Carbons gefunden zu haben. Ein drittes, im Osten bei Fraureuth angesetztes Bohrloch ergab, soweit mir die Bohrspähne vorgelesen haben, dass dort die Reihenfolge war: Rothliegendes, unterer Kulm, oberes Devon. Dazu kommt der Umstand in Erwägung, dass der Kulm, wenn auch spärlich, doch überall marine Thierreste führt, während unzweifelhaft marine Thiere aus den zunächst gelegenen jungcarbonischen Schichten bei Zwickau nicht bekannt sind. Aus dem allen ist wohl der Schluss zu ziehen, dass nach Ablagerung des Kulms beträchtliche allgemeine Niveauschwankungen eintraten, und sich das ganze Gebiet aus dem Meere zu Festland erhob, dem nordöstlich ein Terrain mit Süss- oder wenigstens mit Brackwasser- seen vorlag, worin sich die Flötze des jüngeren Oarbons nieder- schlugen. Am Ende der Carbonzeit fand wiederum eine Senkung des Ganzen statt, aber keine so starke, dass das frühere Niveau zurück- gekehrt wäre, und dauerte diese Senkung weit in die Zeit des Rothliegenden hinein. Vergleicht man nämlich das im nahen Sachsen anstehende Rothliegende, so ergiebt sich, dass dessen ältere 56 Petrographie der nachcarbonischen Schichten. [456] Stufen in Ostthüringen sämmtlich fehlen. Hier ist das Rothliegende nur eine gewaltige Masse über einander gelagerter grober Con- glomerate, unter welchen vom Ausstreichen weiter ab nach Nord- osten zu sandige grobe rothe Schieferthone liegen. Die Mächtig- keit der groben Conglomerate ward bei Gera zu 444 Fuss befunden; die Mächtigkeit der Schieferthone übersteigt vielleicht das Doppelte. Porphyrtuffe, feine Thone, graue sandsteinartige Schichten, rothe Sandsteine, kohlige dunkle Schichten, Kohlenflötze fehlen ganz und gar, und auch die so mächtigen groben sandigen Schieferthone unter den Conglomeraten streichen nirgends zu Tag aus. — Be- merkenswerth ist noch, dass das Material zu den Conglomeraten immer aus der Nähe stammt; die leicht erkennbaren Knotenkalke der Goniatiten- und Clymenienzone, die Quarzite des Untersilurs, die kulmischen dunklen Grauwacken, die schwarzen Lydite des Mittelsilurs, die verkieselten Contaktschiefer des Unterdevons und die ganz eigenthümlich gefältelten Schiefer mit Quarzitbändern aus dem oberen Cambrium, sie finden sich alle hier zusammen, indem je nach der Oertlichkeit bald die eine, bald die andere Formation durch zahlreichere Kollstücke vertreten ist. Es geht dies soweit, dass man an einzelnen Stellen nur wenig abgerundete Quarzit- bruchstücke mit ansitzendem Phycodes circinnatus aus dem Schutte am Fusse der Thalwände im Rothliegenden in Menge zusammen- lesen kann. 2. Der Zechstein. Auch am Ende der Zeit des Rothliegenden gab es wieder beträchtliche Niveauschwankungen, denn der Zechstein lagert auf mächtig entfaltetem Rothliegenden (z. B. bei Gera), bisweilen auf nur wenige Meter mächtigem (z. B. Pössneck), auf grosse Strecken hin auch unmittelbar auf dem oberen Kulm (Triptis, Neustadt U. 8. w.). Seine tiefste Stufe, das Zechsteinconglomerat, ist allent- halben nur dürftig entwickelt und erreicht nirgends die Mächtig- keit eines Meters, ist aber wegen seiner Fauna als besonderes Glied zu trennen. Das Gestein ist ein durch Thon und Kalk fest [457] Petrographie der nachearbonischen Schichten. 57 verkittetes Conglomerat, zu dem das liegende Gebirge aufbereitet wurde, das also hier aus den Geröllen des Rothliegenden, dort aus den Grauwacken und Schieferbrocken des Kulms zusammengebacken ist. Die beiden häufigsten und charakteristischsten, also leitenden Formen, die höher hinauf im Zechsteine fehlen, sind Rhynchonella Geinitziana de Vern. und Productus Cancrini de Vern.; die übrigen dem ostthüringischen Zechsteinconglomerat eigenthümlichen Petre- facten, Strophalosia Leplayi Gein., Pecten sericeus de Vern. und Panopaea Mackrothi Gein. kommen bis jetzt nur an einem einzigen Punkte vor (Thieschitz bei Gera))). Der untere und mittlere Zechstein tritt mit drei ver- schiedenen Facies auf: als Flachsee-, Rıff- und Tiefsee- bildung?), welche sich ebenso durch ihren petrographischen Habitus, wie durch ıhre Fauna unterscheiden.?) Die Gesteine des unteren Zechsteines als Flachseeniederschlag sind licht gelblichgraue bis weisse oder bräunliche, stark magnesiahaltige Kalke oder ebenso gefärbte, ziemlich grobkörnige Dolomite mit stets scharf aus- geprägter Schichtung, als Riffbildung dagegen ungeschichtete oder wenigstens ganz undeutlich und nur partiell geschichtete, grob- körnige, gelblichweisse bis braungraue Dolomite, als Tiefseesediment graue bis schwarzgraue mergelige Kalke von geringerem Magnesia- gehalt und weit feinerem Korn. Der mittlere Zechstein (»Rauchwacke«) der Flachsee ist ein ziemlich grobkörniger, gelbgrauer bis licht braungrauer Dolomit; das Riffsestein des mittleren Zechsteins ist mit dem des unteren untrennbar verbunden und von genau derselben Beschaffenheit, wogegen bei Tiefseebildung die Dolomite des mittleren Zechsteins den entsprechenden aus dem Flachseegebiet ähnlich sind, nur dass die grauen Farben vorherrschen und das Korn feiner ist. Im obern !) Näheres habe ich vor längerer Zeit mitgetheilt in der Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1857, 407. 2) Hier ist »Tiefsee« ungefähr in dem Sinne gebraucht, wie Fuchs diesen Begriff definirt hat. (N. Jahrb. f. Min. 1883, 2. Beilageband.) 3) Näheres bezüglich der Fauna und der Gesteine habe ich gegeben in der Abhandlung zu Sektion Neustadt a. O. der preussisch-thüringischen geologischen Aufnahme 18S1, und zu Sektion Gera 1378, sowie auch in der Zeitschrift »Hum- boldt« II, 7. 1883. 58 Petrographie der nachearbonischen Schichten. [458] Niveau des mittleren Zechsteins stellen sich häufig Oolithe ein, zum Theil mit innerer Discordanz. — Der Kupferschiefer, welcher das vermittelnde Glied zwischen Zechsteinconglomerat und Hauptzechstein darstellt, ist nur da deutlich entwickelt, wo Tief- seebildung vorliegt, und fehlt sowohl unter dem Riff, wie unter dem Flachseezechstein, oder ist hier wenigstens nur als schlecht unterscheidbare Dolomitlage ausgebildet, der die Eigenschaften des Kupferschiefers vollständig abgehen. Bezüglich der Fauna unter- scheiden sich im untern Zechstein die Flachseeablagerungen durch das Vorherrschen der Bivalven überhaupt, und namentlich durch die Häufung der Individuen einzelner Arten, und durch das Zurück- treten der Brachiopoden, von denen Strophalosia Morrisiana, la- mellosa und Productus horridus noch am ehesten vorkommen. Die aus tieferer See niedergeschlagenen Kalke führen eine reichere Fauna, in welcher die Brachiopoden vorherrschen und die Bivalven sehr zurücktreten. Der Kupferschiefer zeichnet sich, wo er normal, d. h. als fester, bituminöser, schwarzer Mergel unter dem Haupt- zechstein der tieferen See auftritt, durch seine Pflanzenführung aus. Abgesehen von den nicht eben zahlreichen Fischresten birgt er nur wenige thierische Formen: Lingula Credneri noch am häufigsten, auch spärliche Bryozo@n, Camarophorien und Foraminiferen. Desto reichlicher sind Pflanzen vorhanden, namentlich viele Ullmannien und Voltzien, und unter diesen hebt sich Voltzia Liebeana Gein. durch ihre überwiegende Häufigkeit hervor.!) In der ausserordent- lich reichen Thierwelt des Riffes finden sich eigenthümliche Formen, wie Productus latirostratus Howse, die feinstachelige Strophalosia Goldfussi excavata Gein. u. s. w., während andere Arten hier weit zahlreicher vorkommen als anderwärts, und als riftliebend zu be- zeichnen sind, wie z. B. Terebratula elongata v. Schl., Spürifer cristatus v. Schl., Edmondia elongata Howse. Gewisse Arten wurden im Riff besonders gross und starkschalig, wie Pseudomonotis spe- luncaria u. s. w. Hauptsächlich aber charakterisiren das Riff die dicht beisammen und aufrecht stehenden Acanthocladien, Fene- 1) Näheres hierüber in Gemirz »Nachträge zur Dyas« I. (1880) und Graf H. zu Solms »Die Coniferen des deutschen Kupferschiefers und Zechsteins« in Palaeontologische Mittheilungen von E. Kayser und W. Danes (1884). [459] Petrographie der nachearbonischen Schichten. 59 strellen und Phylloporen, welche die ganze Bildung als ein Bryo- zoenriff kennzeichnen. Bezüglich palaeontologischer Horizonte dürfte für Ostthüringen noch Folgendes zu bemerken sein: Spirifer alatus v. Schl. ist auf das untere Drittel des unteren oder Haupt-Zechsteins beschränkt. Dies Gebiet theilt mit ihm Zingula Credneri Gein., reicht aber noch in den Kupferschiefer hinab. Productus horridus stirbt im obern Drittel des unteren Zechsteins aus. Die Brachiopoden ver- schwinden überhaupt im obern untern und untersten mittleren Zechstein allmählich vollständig; nur Strophalosien, wenigstens Str. Morrisiana, und Terebratula elongata halten etwas länger aus, bis in die obere Rauchwacke. Im mittleren Zechstein tritt als neu und leitend eine Aucella Hausmanni Gein. [früher Mytilus Haus- manni Goldf., neuerdings Liebea Hausmanni W aagen]. Der obere Zechstein besteht aus einer unteren Letten-, bezw. Salzthon- und Gypsabtheilung, aus dem Plattendolomit, und dem oberen Letten, welcher letztere den allmählichen Uebergang in den Buntsandstein einleitet. Das untere Glied, auf den Karten nach seinem gewöhnlichen Erscheinen der untere Letten genannt, besteht aus einem rothen, seltener blauen, geschichteten Letten, dessen Mächtigkeit, wenn sich nicht andere Einlagerungen zwischen- schieben, nur gering ist und bis auf einen Meter herabsinken kann. Eingelagert in diesen Letten treten aber auf einerseits Sandstein- lagen, die denen des Buntsandsteines sehr gleichen, andererseits blaugraue Salzthone, Gypse, Anhydritlager und Steinsalz, wodurch die Mächtigkeit dieses Gliedes auf 230 Fuss steigen kann.!) Der Plattendolomit im Hangenden des unteren Lettens ist ein dünn- schichtiger, licht bräunlichgrauer bis braungrauer, sehr feinkörniger, etwas bituminöser Dolomit, der in seinem Auftreten weit mehr Beständigkeit beweist, wie der so veränderliche untere Letten. Auch er indess nimmt local mehr und mehr rothe Lettenschichten zwischen seine Lagen auf, bis zuletzt der ganze obere Zechstein aus wechsellagernden rothen Letten und Dolomitplatten besteht, !) Näheres in der Abhandlung zur Sektion Langenberg der geologischen Specialaufnahme. 1878. 60 Petrographie der nachearbonischen Schichten. [460] oder aber es verkitteten sich sekundär die dünnen Platten zu dicken Bänken, wobei das Gestein stets zuckerig-krystallinisch und rissig- cavernös wird. Darauf liegt der obere Letten als ein rothes, wenig mächtiges Gebilde, welches sandige Dolomite und höher oben Sandsteine mit dolomitischem Bindemittel einschliesst. Von organischen Resten trifft man ausser fädelichen, meist sehr undeutlichen Tangen nur einen kleinen Schizodus und die aus dem mittlern Zechstein herüber gerettete Liebes Hausmanni. 3. Buntsandstein. Dem Zechstein ist der Buntsandstein allenthalben concordant aufgelagert. Derselbe gliedert sich auch in Ostthüringen in eine untere und mittlere Stufe, während der obere Buntsandstein (das Röth) dem Gebiet nicht mehr angehört, wenn er auch bei Saalfeld dicht an dasselbe herankommt. Der untere Buntsandstein ist aus wechselnden rothen Lettenlagen und röthlichen bis dunkelrothen Sandsteinen meist feineren, bisweilen auch gröberen Korns zusammengesetzt, und zwar ın der Weise, dass in den unteren Partien in der Regel der Letten überwiegt, nach oben hin aber mit allmählichen Ueber- . gängen die Sandsteinbänke mächtiger werden und den Letten einigermaassen zurückdrängen. Eine Trennung in zwei Glieder lässt sich nicht durchführen, da nur sehr vereinzelt jene Allmählich- keit des Uebergangs fehlt (nur bei Saalfeld). Vielfach schieben sich tief unten, an einzelnen Stellen 4 bis 8” über dem Liegenden, Schichten mit nur ganz lose verkitteten Conglomeraten ein, die also in Ostthüringen allerdings einen bestimmten Horizont ein- nehmen (Gera, Berga, Triptis, Pössneck). Dieselben sind der Hauptsache nach zusammengesetzt aus erbsen- bis faustgrossen, sehr gut abgerundeten Geschieben von Quarz, Hornstein, meist grobkörnigem, turmalinführenden Granit, Granulit und Porphyr, und stammen im Gegensatz zu den Geröllen des Rothliegenden nicht aus der nächsten südlichen Umgebung, sondern von weiter her; verschiedene Granulit- und Granitproben verweisen auf das sächsische Granulitgebiet und der vielfach recht erhebliche Kaolın- [461] Petrographie der nachcarbonischen Schichten. 61 gehalt des ganzen Buntsandsteins (Gera u. s. w.) überhaupt auf granitisches Vorland. Viele Granitgerölle aber mit recht intaktem lachsfarbigen Feldspath vermag ich mit keinem anstehenden Granit im sächsisch-thüringischen Gebirge zu identificiren. Die untersten Partien sind nur vereinzelt aus mehr schotterartigen Sandsteinen zusammengesetzt (Berga), gewöhnlich, wie schon erwähnt, aus weichen rothen Letten. Auch Oolithe kommen vor, aber nur ganz vereinzelt und wenig entwickelt. Von Versteinerungen finden sich nur höchst selten Abdrücke von Estherien (zwischen Gera und Langenberg, Neustadt). Während der untere Buntsandstein sich in Ostthüringen durch sein Roth auszeichnet, d. h. dadurch, dass die Letten roth gefärbt sind, und sich nur selten blaugrüne Lagen einmischen, verhält es sich beım mittleren Buntsandstein umgekehrt: die Letten- zwischenlagen sind blaugrau und nur in der Minderzahl der Fälle roth. In ihrer Mächtigkeit treten sie weit gegen die Sandstein- bänke zurück. Letztere sind in der Regel grau und von mittlerem his gröberem, gleichmässigeren Korn. Oolithische Partien fehlen auch hier nicht, geben aber keinen Horizont an. Fischknochen, Thierfährten ), gänzlich unbestimmbare Bivalven und Zstheria mi- nuta Alb. bilden die einzigen, recht spärlichen organischen Ueber- reste, die bis jetzt (bei Pölzig) gefunden sind. ?) Alle die bekannten Beweise für Flachseebildung und sehr bewegtes Wasser fehlen weder im unteren, noch im mittleren Buntsandstein: ‘sehr häufig sind Wasserfurchen, Netzleisten, Regentropfenspuren, innere Dis- cordanz durch ganz locale Wegspülung eben deponirter Sandstein- lagen. Das ganz isolirte Vorkommen des Buntsandsteins nordöstlich von Greiz lässt sich mit Bestimmtheit keiner Stufe zuordnen, ver- tritt vielmehr wahrscheinlich die ganze Abtheilung. Es ist durch grossen Reichthum an Kaolin ausgezeichnet und führt auch grobe Quarzgerölle. ) Der Chirotherien-Sandstein selbst fehlt auf dem Gebiete, und es gehören die betreffenden Schiehten in den unteren mittleren Buntsandstein. 2) Näheres in Zınmermann »Die Sandsteinbrüche bei Klein - Pörthen« in dem Jahresber. der Gesellsch. v. Freunden der Naturw. in Gera 1884. 62 Petrographie der nachcarbonischen Schichten. [462] 4. Der Muschelkalk. Der Muschelkalk kommt in dem geologischen Aufbau Öst- thüringens nur wenig zur Geltung. Ausser einer kleinen Insel bei Greiz liegen eigentlich nur Reste der früher weiter greifenden Muschelkalkdecke bei Saalfeld und Eisenberg, also schon ziemlich ausserhalb unseres (Gebietes. Ich erlaube mir daher bezüglich letzterer auf die umfassenden maassgebenden Arbeiten von E. E. SCHMID!) und die von RICHTER ?) hinzuweisen. Das erwähnte inselartige Vorkommen bei Greiz, rings umgeben vom unteren Silur, lagert auf kümmerlich entwickeltem Buntsand- stein; es bietet von unten nach oben zuerst thonige, graue, zu- sammengequetschte Lagen, welche früher jedenfalls aus Kalkstein- platten bestanden haben und durch die Gesteinswasser ihres Kalkes beraubt worden sind; darüber liegen harte, bläuliche Kalke, ganz ähnlich den Wellenkalken von Jena, nur sehr geringmächtig; ein- gebettet sind darin Bänke lichten, krystallinischen Kalkes mit vielen Bruchstücken eines hellen und eines dunklen, dichten Kalkes. Darüber folgen gelbliche, weiche, jedenfalls durch Wasser gemürbte Kalke; dann wieder blaue, ebenfalls sehr ausgelaugte Kalke mit vereinzelten, erhaltenen Gesteinspartien, worin Encriniten und Zähne von Placodonten. Darin oben lag eine recht gut erhaltene, bis 8°" dicke, harte Bank, in und auf welcher in Menge Lima lineata v. Schloth., Lima striata v. Schl., Spiriferina fragilis v. Schl., Ostrea spondyloides v. Schl. und verwandte kleinere Arten, Ostrea subanomia v. Mü. [= 0. sessilis v. Schl.] vorkommen; ferner wurden, jedoch seltener, gefunden: Gervillia socialis Qu., Peeten laevigatus v. Schl., Pentacrinus dubius Goldf., Cidaris grandaevus Goldf., Nautilus bidorsatus v. Schl. und auch mehrmals Terebratula vulgaris v. Schl. Die im zweiten Gliede eingelagerten krystallinischen Kalke mit den Einschlüssen dichten Kalkes erinnern lebhaft an die conglo- !) Insbesondere ist zu nennen »Der Muschelkalk des östlichen Thüringens« 1876. 2 ?) »Das thüringische Schiefergebirge« in der Zeitschr. d. D. geol. Gesellsch. 1569, 435. [463] Petrographie der nachearbonischen Schichten. 63 meratischen Bänke, die bei Jena sowohl im unteren Wellenkalk als im Schaumkalk über dem oberen Wellenkalk eingelagert sind. Die Spiriferina-Bank hingegen lässt sich mehr mit der besonders in Südwestdeutschland im oberen unteren Muschelkalk entwickelten gleichnamigen Schicht vergleichen und dürfte demnach ein Ae- quivalent von Schmiv’s Terebratulabank aus der Umgebung Jenas sein. JJenas Muschelkalk liegt aber jetzt dem inselartigen Greizer Muschelkalkvorkommen am nächsten, und deshalb ist jene Differenz von ganz besonderem Interesse. Leider ist diese Insel durch Steinbrecherarbeit dem Ver- schwinden nahe gebracht worden. 5. Das Oligocän. Im Gegensatze zu Norddeutschland und schon zum nördlichen Thüringen und Sachsen ist in Ostthüringen das Oligocän lediglich Süsswasserbildung. Es lässt, wo es sich vollkommener, d. h. als Ausfüllung grösserer Süsswasserbecken, ausgebildet hat, drei Glieder erkennen. Das ist aber nur im Nordosten der Fall, nördlich und nordöstlich bei Langenberg und Gera. Das tiefste Glied ist dann theils aus Quarzgeröllen, theils aus sröberen bis sehr feinen Sanden in buntestem Wechsel zusam- mengesetzt. Lagenweise oder auch in grösseren Partien ist Ver- kieselung zu einem zähen, harten Quarzit eingetreten, der vielfach von den in der äusseren Skulptur oft treftlich erhaltenen Röhren der Coniferenwurzeln durchsetzt wird, die dereinst die Sumpf- wälder gestützt und getragen haben. Oefter ist von dem ehema- ligen oligocänen Becken nichts weiter übrig geblieben als diese der Verwitterung und Zertrümmerung kräftigst Widerstand leisten- den Quarzite (südlich Zeitz u. s. w.). Das mittlere Glied besteht in einem mehr oder minder mächtigen Braunkohlenflötz mit begleitenden Thonen und feinen Sanden. Das Kohlenflötz ist zu- sammengesetzt aus Lignit, der in der Nähe der liegenden Quarzite öfter halb oder ganz verkieselt ist, aus erdiger und aus blättriger Braunkohle. Letztere erweist sich, wenn man sie mit einer wei- 64 Petrographie der nachearbonischen Schichten. [464] chen Bürste und mit Wasser -remigt, als aus den abgefallenen (abgenadelten), überständigen Zweigen von Lebensbäumen (Thuites) gebildet. Eine allgemeine Regel, betreffend die Reihenfolge der oft nur in einer dünnen Lage bestehenden Braunkohle, der vitriol- führenden Thone (Kohlenblüthe) und verschiedenen anderen Thone und Sande, vermochte ich noch nicht aufzustellen. Nur das steht fest, dass die kohligen, vitriolgeschwängerten Thone stets im Han- senden des Kohlenflötzes eintreten und letzteres in Ostthüringen nur in Einzahl vorhanden ist. Weiter nördlich verhält es sich ja anders. Als jüngstes Glied figuriren mächtig aufgehäufte Gerölle mit geringen Sandzwischenlagen. Die Gerölle sind meist gar nicht zu festerem Gestein verkittet. Ein bemerkenswerther Umstand, namentlich gegenüber den diluvialen Geröllen, ist der, dass die oberoligocänen Gerölle hauptsächlich aus Quarz bestehen und so selten aus Kieselschiefer, Diabas und Grauwacke, die doch im Süden des Gebiets die oligocänen Lager umgeben. Nach Süden zu läuft hoch oben auf den Bergen entlang der Elster eine lange Reihe von kleinen, in flachen oder tieferen Becken abgelagerten Geröll- und Sandlagern hin, welche durch ihren gan- zen petrographischen Habitus documentiren, dass sie mit zu den oligocänen Partien nördlich bei Gera gehören; auch finden sich noch südlich bei Gera vermittelnde Ablagerungen, in welchen das Kohlenflötz durch eine dünne Schicht mit Lebensbaumzweigen und auch der Süsswasserquarzit durch einige dünne, verkieselte Lager repräsentirt ist. Diese Lager lassen sich über Greiz bis Oelsnitz verfolgen und stellen wohl die Lagunenreihe eines oligo- cänen Flusses dar, der sein Wasser zunächst in die Süsswasser- sümpfe und -Seen im Nordosten und dann weiter in das nord- deutsche oligocäne Meer ergoss. 6. Das Diluvium. Die Gerölle des oberen Oligocäns sind im Nordosten des Ge- bietes sehr gewöhnlich gemischt mit denen des auflagernden älte- ren Diluviums. Letzteres besteht hier nur aus einem starken Ge- [465] Petrographie der nachcarbonischen Schichten. 65 röllelager und dem darüber ausgebreiteten Lehm mit nordischen Geschieben, namentlich mit Feuerstein. Die Gerölle des Diluviums unterscheiden sich von den oligocänen sofort durch die starke Beimischung der nordischen Geschiebe. Eine weitere Differenzi- rung des älteren Diluviums, wie wir sie in Norddeutschland so schön finden, ist bei uns nicht vorhanden. Ueber jüngst beobachtete Störungen des Liegenden, die jeden- falls auf die ehemalige Eisbedeckung zurückzuführen sind, berich- tete ich in Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1882, S. 812. V. Unregelmässigkeiten in der Ablagerung der nachcarbonischen Schichten. Nachdem am Ende der Kulmzeit die gewaltige vom Erz- gebirge ausgehende, nordwestlich gerichtete Zusammenschiebung das ganze Gebiet in Sättel und Mulden zusammengefaltet hatte, muss, wie die künstlichen und natürlichen Aufschlüsse lehren, die Bodenoberfläche ausserordentlich uneben geworden sein, so dass beträchtliche Höhen mit jähen Tiefen rasch wechselten und so der Ablagerung der neuen Sedimente die verschiedensten Bedin- gungen boten. So hat das Rothliegende bei fast vollständig hori- zontaler und fast ungestörter Lagerung an dem einen Punkt 135 und an einem anderen, 11/,K" davon entfernten Punkt über 1100 Fuss Mächtigkeit (Gera); an einer anderen Stelle wurde es mit 1100 Fuss noch nicht durchsunken, und doch erheben sich 4—7*® entfernt, südöstlich, nordöstlich und nordwestlich davon, also im Halbkreis darum die Grauwacken des Kulm ohne Rothliegendes zu Tage. Auch später noch, zur Zeit als die Thone und Gypse des oberen Zechsteins sich niederschlugen, existirten noch gewaltige mulden- förmige Vertiefungen. Denn die verschiedenen Bohrungen der Salıne Heinrichshall zeigen uns dort die schon oben erwähnte grosse Mächtigkeit des jüngeren Zechsteins, unweit deren in 21/,k” Entfernung (Köstritz) der Kulm ohne Zechsteinbedeckung zu Tage steht. Auch in dem ältesten Gliede der Buntsandsteinformation treffen wir auf in ehemaligen Vertiefungen abgelagerte mächtige, schottrige Sandsteine (Berga) und Gerölle (Mosen bei Weida). In der jüngeren Carbonzeit schon und in der Zeit des Roth- liegenden sind die Sattelrücken der erzgebirgischen Faltungen durch kräftige Zerstörung und Abschwemmung zu Berg- und Klippenreihen R e) K r e [467] Unregelmässigkeiten in d. Ablagerung d. nachearbonischen Schichten. 67 umgearbeitet worden, wie dies die Lagerungsverhältnisse des Zech- steins auf der ganzen langen Strecke seines Ausstreichens be- weisen. Derselbe ist da, wo er nicht dem Rothliegenden, sondern dem Kulm aufliegt, stets horizontal und sehr wenig gestört zwischen die durch seine Schichten hindurchragenden Grauwackenklippen eingelagert. Vor Beginn der Zechsteinzeit trat eine Niveauänderung der festen Bodenoberfläche ein: Auf der ganzen Strecke vom Zoitz- berg südlich bei Gera bis über Saalfeld hin sank der Boden, so dass das Zechsteinmeer südlich tiefer landeinwärts vordrang und seine Niederschläge sich nicht mehr auf dem Rothliegenden, son- dern übergreifend auf dem Kulm auflagerten. Nach Abschluss der mittleren Zechstein- und Riffbildung machte sich abermals eine stärkere und horizontal weithin greifende Bodenschwankung geltend: es hob sich zuerst das ganze Thüringer Becken und verlor dabei seinen Zusammenhang mit dem offenen Ocean vollständig oder ziemlich vollständig, denn sonst hätten die Gypse und Steinsalze des unteren Lettens nicht recht Gelegenheit gehabt, sich niederzuschlagen. Auch kann — bei der starken Ent- wickelung des Gypses und Salzthones — diese Zeit der Senkung nicht allzu kurz gewährt haben. Nachdem der untere Letten mit seinen mannichfachen Ge- steinen den Boden einigermaassen ausgeebnet hatte, schlug die säculare Schwankung um: es senkte sich der Boden durch ganz Östthüringen, vorzugsweise aber auf dem Strich zwischen Triptis und dem jetzigen Zoitzberg bei Gera und von da ostwärts breit und weit nach Sachsen in das jetzige Muldegebiet hinein. Der Plattendolomit des oberen Zechsteins lagert darum zwar überall dem Riff und dem unteren Letten über der Rauchwacke auf, greift aber mächtig über, ostwärts bis weit in Sachsen hinein, und liegt nun auf Kulm (Triptis, Weida u. s. w.), Oberdevon (Wünschen- dorf bei Weida), Untersilur (Weida), Cambrium (Berga u. s. w.). 5* VI. Nachcarbonische Störungen des Schichtenaufbaues. 1. Die Sattelbildunge. Die wirkungsvollen erzgebirgischen und frankenwäldischen Sattelbildungen waren sicher schon vor dem Schluss der Carbon- zeit beendigt, denn auch die doch später erfolgten Schieferungen und Fältelungen dieser Druckachsen waren, wie wir gesehen haben, vor dieser Zeit der Hauptsache nach fertig. Es schieben sich aber auch noch nach dieser Zeit die Gesteinsschichten in horizontaler Richtung zu Sätteln zusammen; doch sind diese spä- teren Sättel weit flacher und unansehnlicher wie jene früher ent- standenen. Sie streichen h. 5, also nahezu westöstlich. Hierzu sehört der durch das Brahmenthal schön aufgeschlossene Sattel nördlich Gera, an dem die Formationen vom Rothliegenden bis zum Buntsandstein betheiligt sind. Genau zu demselben System gehört eine Anzahl von flachen Sätteln und Mulden im Buntsand- steingebiet nördlich von Triptis und Neustadt. Wie schon bemerkt, sind die Sättel dieses Systems sehr flach, und es ist daher von vorn herein vorauszusetzen, dass man von ihnen weiter südlich, wo die gewaltigen steilen älteren Sattelfalten aufragen, nicht leicht etwas gewahrt, auch wenn ihre Druckkraft hier nicht erfolglos gewirkt hat. Gleichwohl deuten hier auf ver- schiedenen Punkten die Richtungen der Streichlinien auf eine westöstliche Sattelbildung und sind namentlich im Süden des Ge- bietes dergleichen Wahrnehmungen öfter und mit Sicherheit zu machen. 1 [469] Nachcarbonische Störungen des Schichtenaufbaues. 69 2. Verwerfungen und Einstürze. Auch die Bildung der wirkungsvollsten Verwerfungslinien hat, wie wir gesehen haben, in der carbonischen Zeit und noch früher stattgehabt; der Process der Verwerfung ist aber damals nicht abgeschlossen worden, sondern dauerte fort bis in unsere Zeit, in- dem sich entlang der verwerfenden Klüfte die Verschiebungen auch später noch fortsetzten und sogar neue Klüfte entstanden. CREDNER bringt sehr richtig die vogtländisch- erzgebirgischen Erdbeben mit der Kluftbildung in Zusammenhang.!) Es sind aber die Ver- werfungen nach jener Zeit nicht mehr so imponirend durch Länge und Sprungweite. Im Allgemeinen herrschen auch hier die Richtungen vor, welche wir in dem älteren Gebirge als die dominirenden kennen gelernt haben. Nur finden sich öfter auch Spalten mit dem Streichen h.5 bis 41/9, welche also der jüngeren Sattelung entsprechen. — Vielleicht gehören zu letzteren auch einige nahezu östlich strei- chende Verwerfungen im Süden des Gebietes, wie z. B. die grosse Verwerfung zwischen Probstzella und Gräfenthal; doch kann dies vorläufig nur eine Vermuthung sein. Die meisten von den verwerfenden Klüften innerhalb der nachcarbonischen Gebilde hängen ursächlich zusammen mit jenen seitlich wirkenden Druckkräften, welche auch die Sattelung u. s. w. bewerkstelligten. Sie hängen direkt von den jüngeren, kürzlich beschriebenen Verschiebungen und indirekt von den älteren ab, indem die den älteren Verwerfern aufgelagerten nachcarbonischen Gesteinslagen an den noch nachträglich fortdauernden Kluftver- schiebungen unter sich, entlang jener Verwurflinien theilzunehmen gezwungen sind. Namentlich gehören dahin auch viele in der Richtung der Frankenwaldachse streichende Verwerfungsspalten im Zechstein, die theilweise schon durch ıhre Länge diese ihre Abstammung verrathen (Gera, Saalfeld, Camsdorf u. s. w.). Sehr viele von den jüngeren Verwerfungsspalten sind aber auch auf Rechnung der Auslaugung, namentlich innerhalb gewisser 1) Zeitschr. f. d. ges. Naturw. 1876, 1377 und 1884. 70 Nachearbonische Störungen des Schiehtenaufbaues. [470] Glieder, zu setzen. Diese Spalten erstrecken sich aber horizontal nie weit. Sie sind namentlich im Gebiet des aus tieferer See ab- gelagerten oberen Zechsteins anzutreffen und setzen auch in den überlagernden Buntsandstein hinein, wo sie selbstverständlich weniger leicht zu erkennen sind. Derartiger Auslaugung unter- lagen in erster Linie die Salz- und Gypslager im unteren Zech- steinletten; es veranlasste da die Schlottenbildung nicht bloss viele einseitige Senkungen entlang kurzer Verwurflinien, sondern viel- fach auch kleinere und grössere trichterförmige Einstürze. Diese sind so häufig, dass sie im Volksmunde besondere Namen erhalten haben: in dem an solchen Einstürzen sehr reichen Ausstreichen des untern Buntsandsteins zwischen Neustadt und Pössneck heissen sie, sobald sie auf ihrem Grund ein stehendes Wasser enthalten, »Seelöcher«, weiter im Osten (Triptis, Gera), mögen sie mit Wasser gefüllt sein oder nicht, »Erdfälle.« Durch die theilweise oder gänzliche Wegführung des Gypses ist auf grosse Strecken hin der Plattendolomit des oberen Zechsteins ganz ausserordentlich wellig verbogen und geborsten, ohne dass es gerade zur Bildung kessel- oder trichterförmiger Erdfälle gekommen wäre. Alsdann wird er selbst und sein Hangendes von einer Menge kurzer Klüfte durchsetzt, und es bilden derartige Dolomite des obern Zechsteins einen recht auffälligen Gegensatz gegen die fast horizontal und im Ganzen so ungestört verlaufenden Schichten des unweit aus- streichenden mittleren und unteren Zechsteins und Rothliegenden. Einstürze kommen auch im älteren Gebirge vor, und es sind an vielen Punkten die Lagerungsverhältnisse derartig, dass man trotz der überall vorherrschenden mehrfachen, sich kreuzenden Sattelbildungen glaubt, daneben ein local beschränktes Einsinken einer kleinen Gesteinspartie annehmen zu müssen. — Der inter- essanteste dieser Einstürze befindet sich nordöstlich bei Greiz: 140” über der Thalsohle der Elster, 390” über dem Meeresspiegel, innerhalb des Untersilurs ein dreihundert Meter im Durchmesser haltender, nahezu halbkreisförmiger Trichter, welcher von dem oben beschriebenen hinein verstürzten Buntsandstein und Muschel- kalk ausgefüllt ist. Der Durchmesser, also die gerade Seite dieses Trichters verläuft ebenfalls h.5, und entlang dieser Seite ist das [471] Nachearbonische Störungen des Schichtenaufbaues. zal nordwärts gelegene Terrain abwärts geglitten, so dass man klar sieht, wie der Einsturz entlang einer zum oben beschriebenen nach- carbonischen Verwerfungssystem gehörenden Spalte im unteren Silur und Cambrium erfolgt ist. Dieser Umstand ist von Gewicht, denn er berechtigt, auch die im Süden des Gebietes in h.5 bis 6 - verlaufenden Verwerfungsklüfte, wie die zwischen Probstzella und Gräfenthal, der nachcarbonischen Zeit zuzusprechen. Die ver- stürzten Schichten des Muschelkalkes stehen ganz steil, haben zum Theil noch das Streichen h.5, zum Theil aber sind sie so verstaucht, dass man von einem Streichen kaum reden kann. — An eine Auswaschung von Gyps oder Kalk ist hier nicht zu denken, denn Gypse und Kalke finden sich im unteren Untersilur und Cambrium Ostthüringens nirgends vor. Es liegt der ein- gesunkene Muschelkalk aber an einem Punkt, wo sich die gut ausgesprochenen h. 1 und h.7 streichenden Sattelungen gegenseitig und mit der erzgebirgischen kreuzen, und es kann unter solchen Umständen sehr wohl ein Hohlraum zwischen den Falten ent- standen sein, der beim Hinzutritt der h. 5-Sattelung den Einsturz veranlasste. 3. Allgemeine Abschwemmung. Das eben erwähnte inselartige Vorkommen von Muschelkalk verdankt seine Erhaltung lediglich dem Zufall, dass es um min- destens 60% in die Tiefe versank, denn sonst wäre es der gänz- lichen Abschwemmung wie der übrige Muschelkalk ringsum weit und breit unterlegen. Wir können bei der vergleichsweise reichen Fauna desselben, bei seiner petrographischen Differenzirung und bei dem Mangel von petrographischen oder palaeontologischen specifischen Besonderheiten nicht annehmen, dass wir es hier mit einem kleinen selbständigen Becken zu thun haben. Es liegt vielmehr ein Ueberbleibsel vor, welches einst zu der grossen all- gemeinen Muschelkalkdecke gehört hat und jetzt durch Ab- schwemmung so sehr isolirt ist, dass die nächste Grenze des thüringischen Muschelkalklagers ziemlich 6 Meilen davon entfernt liegt. Es ist dies ein eindringlich sprechendes Zeugniss für die 72 Nachearbonische Störungen des Schichtenaufbaues. [472] Grösse der Massen, die in der langen nachtriasischen Zeit weg- geführt sind. Ebenso sind hier natürlich auch gewaltige Massen von Bunt- sandstein weggeschwemmt worden, obschon hier die Abtrennung von dem Buüntsandstein des thüringer Beckens für gegenwärtige Zeit eine sehr viel weniger weite ward. Auch anderwärts liegen Beweise vor für eine ehemals weit grössere Ausdehnung dieses Gebirges. Auf dem ganzen Südabhang des mittleren Orlathales liegt jetzt kein Buntsandstein mehr, und doch sind hier 40 bis 55% über der jetzigen Orlathalsohle und 11/,*® von dem jenseit der Orla anstehenden Buntsandstein entfernt, Höhlen angefüllt mit den Zerstörungsprodukten aus dieser Formation. Die zahlreichen Buntsandsteininseln im Osten und Nordosten des Gebietes haben sicher einst zu der zusammenhängenden allgemeinen Buntsandstein- decke gehört. | Der Zechstein ist vorzugsweise infolge des Schutzes, den ihm die vielfach übergreifende Triasdecke gewährte, sodann aber auch wegen seiner grösseren Widerstandsfähigkeit, bei weitem nicht so stark weggeführt worden wie die beiden triasischen Abtheilungen, und es mag die jetzige Südgrenze seines Ausstreichens so ziemlich der alten Zechsteinküste entsprechen. Das Rothliegende war durch die übergreifende Lagerung seines Hangenden noch besser geschützt, da seine ursprüngliche Küstenlinie im ganzen noch weiter nordwärts zurücklag wie die Zechsteinküste. Dagegen müssen die Abtragungen auf dem damaligen ost- thüringischen Festlande während der jungcarbonischen und nament- lich während der Zeit des Rothliegenden ganz unermesslich ge- wesen sein, wie die besondere Zusammensetzung und die Mächtig- keit des Rothliegenden lehren. Vil. Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. Ostthüringen zeichnet sich durch die grosse Anzahl der an- stehenden Eruptivmassen aus, und diese Zahl ist weit grösser, als man beim Einblick in die Naumann-Corra’sche Uebersichtskarte vermuthen kann, da hier nicht nur die Mehrzahl der kleineren und abgelegeneren Vorkommen fehlt, sondern auch auf der andern Seite oft eine ganze Anzahl von Einzelmassen, die durch Sediment- schichten von einander räumlich und zeitlich scharf geschieden sind, zu einer einzigen continuirlichen Decke zusammengezeichnet sind. Der grossen Zahl entspricht aber nicht die Mannigfaltiskeit der Gesteinsarten, wenn wir von den Diabasgesteinen absehen, die allerdings in den verschiedensten Arten und Varietäten auftreten. 1. Der Granit. Granit findet sich in Stöcken und Gängen nur auf einem beschränkten Gebiet zwischen Lobenstein und Lehesten. Eine gewisse Anordnung der verschiedenen Vorkommnisse nach nord- westlichem Streichen, also in der Richtung der Frankenwaldachse, ist unverkennbar, wenn auch die Richtungen der einzelnen Gänge und grössten Achsen der Stöcke keiner Regel zu unterliegen scheinen. Das grösste Granitmassiv ist das des Hennbergs!) mit einem grössten Durchmesser von noch nicht ganz einem Kilometer. Das Gestein der Stöcke zeigt allenthalben eine gewisse Gleich- förmigkeit sowohl in dem mittleren bis feineren Korn und der ver- !) Näheres darüber findet sich in der fleissigen Arbeit: »Die Contakt- erscheinungen an dem Granit des Hennbergs bei Weitisberga.« Inaug.-Diss. von F. E. Mürrter. 1882. 74 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [474] schieden nüancirten röthlichen Farbe, wie in der mineralischen Zusammensetzung. Letztere ist ein Gemisch von rothem Ortho- klas, weisslichem Plagioklas [nach F. E. MÜLLER wahrscheinlich Oligoklas], Quarz, Magnesia- und KaligliImmer. Das Gestein varürt einerseits durch Ueberhandnahme des Kaliglimmers, Verschwinden des Magnesiaglimmers und Zurücktreten des Plagioklases nach ächtem, leichter zerstörbaren Granit mit wenigen accessorischen Beimengungen, und andererseits durch Verschwinden des Kali- glimmers und Zunahme des Plagioklases nach Granitit hin mit - vielerlei accessorischen Gemengtheilen, worunter Hornblende, Magneteisen und Apatit die bemerkenswerthesten sind. Dass der Granit, welcher von den Stöcken aus in Spalten hinein oder überhaupt in Gängen aufsetzt, kleinkörnig und dunkler- farbig, sowie von mehr wechselnder Zusammensetzung ist, bedarf kaum der Erwähnung. Was das Alter des Granits betrifft, so ist zuerst bei der grossen Aehnlichkeit, welche die Gesteine der einzelnen Stöcke zeigen, und bei der engen lokalen Gruppirung anzunehmen, dass sie sämmtlich einer einzigen, nicht zu lange währenden Ausbruchsperiode an- gehören. Die am weitesten östlich gelegenen Stöcke stehen im obersten Cambrium, dessen Schiefer sie in ihrer Umgebung in Fleck- und Knötchenschiefer umgewandelt haben. Der Hennberg, dessen breiten Gipfel das schon oben erwähnte grösste aller ostthürin- gischen Granitmassive krönt, besteht aus einem schwärzlichen Schiefer, welchen GÜMBEL hauptsächlich mit auf Grund mikrosko- pischer Untersuchung für untersilurisch erklärt, während RICHTER!) ihn dem Unterdevon einreiht. So weit mich die vorbereitenden Aufnahmearbeiten bis jetzt belehren konnten, muss ich diese Schiefer für kulmisch halten. Diese Ansicht wird noch dadurch gestützt, dass die weiter südlich, bei Ossla befindlichen Granit- gänge in ächtem Kulm stehen, ferner dadurch, dass rings um den Hennberg herum nur Kulm und Oberdevon anstehen, und endlich auch noch dadurch, dass RICHTER auf seiner Karte diese Schiefer als zum untersten Devon gehörige Dachschiefer eingezeichnet hat, !) Siehe die Karte in der Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1869. [475] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 75 denn letztere »Dachschiefer« RıcHTteEr’s sind eben unterkulmischen Alters. Dass die Schiefer im Innern krystallinischen Habitus zeigen, kann nicht befremden, da, wie ich oben gezeigt, auch anderwärts Kulm- und Devongesteine bis zum sericitischen Habitus des cambrischen Schiefers umgewandelt worden sind, und da hier gerade der grosse Granitstock umwandelnd wirken musste; sind doch auch in grösserer Nähe desselben die Schiefer in Fleck- und Knötchenschiefer und, wie F. E. MÜLLER nachgewiesen hat, sogar auch in Ohiastolith- und Andalusitschiefer umgeändert. Aus dem Allen geht hervor, dass die Granite Ostthüringens höchst wahrscheinlich carbonischen Alters sind. Volle Gewissheit werden die geologischen Detailaufnahmen bringen, welche ich mit Dr. ZIMMERMANN noch bis zum Herbst dieses Jahres zu Ende zu führen gedenke. 2. Der quarzführende Porphyr. Im Nordosten des Gebietes, zwischen Ronneburg und Schmölln, findet sich eine kleine Gruppe von Porphyren, welche wegen ihres Habitus als Feldspathfelsitporphyr bezeichnet werden können. In einer trübröthlichbraungrauen, feinkrystallinisch-körnigen, felsi- tischen Grundmasse liegen viele grosse, leicht verwitternde, weisse bis gelblichweisse Plagioklaskrystalle von weniger scharf ausgebil- deten Umrissen, viele röthlichweisse, gut ausgebildete, schwerer verwitternde Orthoklase und wenige kleine Quarzkörner. Dazu gesellt sich ein zweiter dunkelgrauer Porphyr, ein Quarzfelsit- porphr, mit höchst feinkörniger bis glasiger felsitischer Grund- masse und vielen ausgeschiedenen gröberen @uarzkörnern und weissen Orthoklasen mit weniger gut entwickelten Begrenzungs- flächen. Diese Porphyre bilden Gänge, welche im Unterdevon und Mitteldevon aufsetzen, also sicher jünger als mitteldevonisch sind. Ganz nahe verwandt sind kleine weiter südlich gelegene Por- phyrkuppen, die im Rothliegenden stehen (Brunn). Eine zweite Gruppe findet sich nordwestlich von Wurzbach und bildet ebenfalls nur Gänge; diese setzen in Kulm auf. Hier 76 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [476] scheiden sich aus einer hellgrauen, deutlich körnigen Grundmasse grosse weisse Orthoklase, kleine Plagioklase und wenige, sehr kleine Quarze aus; vielfach finden sich in der Masse zarte Horn- blendenadeln ein. Vereinzelt setzt bei Zeulenroda ein Gang grauröthlichen Porphyrs auf, der fast nur aus Felsitmasse besteht und 70 pCt. Kieselsäure enthält. Derselbe hat beim Empordringen viel Ge- steinsbröckchen aus dem Mitteldevon mit emporgerissen und ein- gehüllt. An diesen Brocken zeigen sich Contactänderungen, zonal im Porphyr wie in den Brocken selbst. Diese letzteren sind aber nicht so bedeutend, dass man über den Ursprung des Gesteins einen Augenblick im Zweifel sein könnte, wie denn überhaupt sämmtliche Porphyre des Gebietes nur äusserst geringe Contact- wirkungen veranlasst haben. 3. Die quarzfreien Porphyre. Die quarzfreien Porphyre haben nur im Westen des Gebietes einen Schauplatz für ihre eruptive Thätigkeit gefunden, und be- dürfen hier überall noch specieller Untersuchungen, da sie viel varıiren. Indess lassen sich doch schon jetzt bestimmte Gruppen unterscheiden, welche schon RICHTER unter den Namen Glimmer- porphyrit und Feldspathporphyrit unterschieden hat. Es scheidet sich zuerst eine Gruppe südlich und südsüdwest- lich bei Saalfeld ab, welche sich aus einigen, sehr wenig mäch- tigen, kurzen Gängen, aus einem mächtigeren Gang und aus einem grösseren Stock oder Lager zusaminensetzt. Das Gestein hat aus einer violettgrauen oder graurothen Grundmasse zahlreiche Glimmerkrystalle ausgeschieden, daneben aber auch Feldspathe, welche jedoch völlig umgewandelt sind und ihre ursprüngliche Natur nicht mehr erkennen lassen; die Stellung, in welcher die verdrängenden, noch vorhandenen Mineralien in den ursprüngli- chen Krystall eingedrungen sind, weist auf eine Zwillingsebene und auf Verwachsungsstreifung, also auf Plagioklase hin. Das erwähnte Lager, bezw. der stockförmige Lagergang steht im un- teren Devon, ebenso noch zwei andere Gänge, während die übri- [477) Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. zii sen Gänge im mittleren und oberen Silur und einer im oberen Devon aufsetzen. Eine zweite Gruppe hat sich westlich unweit Eichicht etablirt und besteht aus Gängen von zwar geringer Mächtigkeit, aber theilweis längerer Horizontalerstreckung. Es-sınd das lichtbräun- liche bis gelblichgraue Porphyrite, die einen Glimmer und einen trüben Feldspath ausgeschieden haben, welche letztere als Kalı- glimmer und Orthoklas anzusprechen sein dürften; daneben liegen in der Grundmasse noch feine Hornblendenädelchen. Diese Por- phyre sind bei weitem nicht so zersetzt wie die der vorigen Gruppe. Die Gänge stehen sämmtlich im unteren Kulm, nur sehr wenige im oberen Devon. Ausserdem lassen sich noch weiter im Südwesten horn- blendeführende Porphyre anführen, Gänge bildende dunkel- graue bis schwärzliche Gesteine mit magneteisenreicher, sehr fein- körniger Grundmasse, worin grosse Plagioklase, Orthoklase und Hornblenden in wechselnder Häufigkeit ausgeschieden sind. Grosse, in einzelnen Gesteinspartien vorhandene Quarzkörner machen mehr den Eindruck, als ob sie von aussen in das Magma ge- rathen wären. Trotz des frischen Aussehens sind die grösseren ausgeschiedenen Mineralien sehr umgewandelt. Da die Porphyre nur auf Gängen und noch dazu auf wenig mächtigen Gängen vorkommen, ist es nicht zu verwundern, dass Porphyrtuffe und -Conglomerate in Ostthüringen fast ganz fehlen. Nur ein Vorkommniss derart ist anzuführen: südwestlich bei Saal- feld am Fuss der vorderen Gartenkuppe streicht mitten im Unter- devon, oberhalb der unterdevonischen Kalkknotenschiefer, concor- dant eingelagert, eine Conglomeratbank aus, welche aus Por- phyr und verschiedenen Schieferbruchstücken, verkittet durch por- phyrischen Schliech, besteht. Der Porphyr ist höchst feinkörnig felsitisch, mit nur sehr wenigen Feldspathausscheidungen. 4. Der Lamprophyr. Petrographen ° haben verschiedentlich an der Bezeichnung »Lamprophyr« Anstoss genommen, und es ist zuzugeben, dass 78 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [478] von rein petrographischem Standpunkt aus sich berechtigte Ein- wendungen gegen diese Bezeichnung machen lassen. Trotzdem erlaube ich mir, jenen Namen beizubehalten, denn als kartirende Geologen sagen wir: es war ein guter, praktischer Griff, als GÜNBEL mit geistvoller Berücksichtigung aller Umstände den Namen Lamprophyr einführte 1). Ein Gestein, welches spätcarbonischen Alters ist, in schmalen Gängen aufsetzt und zusammengesetzt ist aus einem oder zwei Feldspathen, dunklem Magnesiaglimmer und Magneteisen mit zu- rücktretenden Hornblende- Augitmineralien, belegen wir mit dem Namen Lamprophyr, indem wir anerkennen, dass eine vorliegende Probe aus irgend einem der vielen Gänge durch das Ueberhand- nehmen des einen oder anderen Bestandtheils sich noch ausserdem unter die Rubriken »Kersantit«, »Minette«, »Glimmerdiorit« u. s. w. einreihen lässt. — DasHornblende-Augitmineral ist in allen Lampro- phyrgängen Ostthüringens entweder braune Hornblende oder grüner bis licht grünlichbrauner Augit, und zwar kann in einer und der- selben Gangausfüllung an der einen Stelle Augit sowohl wie Horn- blende fast vollständig fehlen, an einer zweiten nur Augit und an einer dritten Hornblende und Augit in gleicher Menge eingestreut sein (Wurzbach). Auch Lamprophyrproben mit mehr Hornblende und ganz zurücktretendem Augit kommen vor. Von weniger we- sentlichen primären Gemenstheilen sind unter anderen zu nennen Quarz, Titaneisen (als Vertreter des Magneteisens?), Titanit und Apatit?). Fast alle Lamprophyre verrathen eine starke Neigung zur Bildung von kleinen kugeligen Ooncretionen, die ich nach Analogie der GÜmBEL’schen Perldiabase, Perlen nennen möchte. Der erste Anfang dazu ist der, dass sich die Glimmerkrystalle oder auch die ) Günser, »Die palaeolithischen Eruptivgesteine des Fichtelgebirges« 1374, ?) Einzelne unserer ostthüringischen Lamprophyre hat R. PöntLmann ein- gehender untersucht; man vergleiche seine recht gründliche Arbeit: »Untersuch. über Glimmerdiorite und Kersantite Südthüringens und des Frankenwaldes«. Inaug.-Diss. 1384. [479] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. ds) Hornblenden concentrisch ordnen, so dass sie im mikroskopischen Querschnitt Kreise bilden, ohne dass innerhalb dieser Kreise die Plagioklasgrundmasse eine wesentlich andere Textur zeigt; ein zweites Stadium wird angedeutet, wenn die feldspathige Grund- masse innerhalb der Ringe sich von den übrigen primären Mine- ralien freimacht, und ein letztes, wenn sie dabei immer feinkörniger und zuletzt hochfeinkörnig wird. Das Verhältniss zum Nebengestein ist ein sehr verschieden- artiges; der eine Gang hat so gut wie keine Gontacterschei- nungen aufzuweisen, der andere hat nicht nur das Nebengestein auf eine kurze Strecke umgewandelt, sondern sich auch sonst mit Saalbändern von variirendem Gestein umgeben. Bei Schleiz streicht ein Lamprophyrgang durch unteren Kulm und oberdevonischen Kalk; im Kulm erweist sich dieser Gang als durchaus homogen, und es ist der Grauwackenschiefer im Contact ganz unverändert; im Devon dagegen wird der Lamprophyr in der Nähe des Neben- gesteins schiefrig in seiner Textur, und ist der Kalk bis auf 1/y” Entfernung von dem Gang feinkrystallinisch-körnig geworden und imprägnirt mit feinen Eisenkieskrystallen. Ein anderer Gang (Bärenstein bei Lehesten) hat grosse Granit- und Kulmsandstein- brocken beim Aufdringen mit sich fortgerissen und in seine Masse eingewickelt; den an den Gang angrenzenden Schiefer hat er nicht verändert, den eingeschlossenen Granit ebenfalls nur uner- heblich, den Kulmsandstein dagegen so stark, dass derselbe eine Menge Hornblende und schön colombinrothe Granaten in seiner Masse ausgeschieden hat. — Hat das Gestein in seinem normalen Zustande durch die grossen Magnesiaglimmerkrystalle, die sehr gewöhnlich aus einem Aggregat kleinerer Individuen bestehen, schon einen porphyrischen Charakter, so erhöht sich derselbe sehr häufig im Contact, indem sich in der Nähe des Nebengesteins eine Zone ausbildet, innerhalb welcher die Grundmasse weit fein- körniger und die ausgeschiedenen Glimmerkrystalle vereinzelter und weit grösser (bis 7”® im Durchmesser) sind. Sehr gewöhnlich wird das Gestein vom Nebengestein ab auf mehrere Centimeter schiefrig, theils durch Parallelordnung der Glimmerkrystalle, theils durch besondere Absonderungsweise der Grundmasse. 80 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [480] Die schmalen, oft weit zu verfolgenden Gänge haben meist kein constantes Streichen, sondern krümmen sich gern ein wenig oder machen einige stufenförmige Biegungen. Es scheint ein Streichen h.1 und h. 11 vorzuherrschen, es kommen aber auch eine Menge anderer Richtungen vor, namentlich auch die von h.9 und h. 6, also die nordwestliche und östliche. Untersuchung an Ort und Stelle lehrt überall, dass die Eruptionsspalten des Lamprophyrs sich für das Eruptivgestein erst öffneten, nachdem die Zeit der erzgebirgischen [nordöstlich streichenden] Sattelungen vorüber war, denn sie setzen immer mehr oder minder quer durch Sättel und Mulden hindurch. Ganz aber können die grossen um- gestaltenden carbonzeitlichen Bewegungen der Erdkruste im Gebiet noch nicht aufgehört haben, als die Lamprophyre sich ergossen, denn deren Gänge sind hier und da später gestört und verworfen (Elsterberg). Fassen wir das alles zusammen, so kommen wir zu dem Schluss, dass die Eruption hauptsächlich stattfand ın der späteren jungcarbonischen Periode, — in jener Zeit, wo vorzugsweise die mehr oder weniger nordsüdlich streichenden verwerfenden Spalten aufrissen, deren Entstehung wir oben auf die aus dem erzgebirgischen und dem frankenwäldischen Drucke resultirende Mittelkraft zurückführen zu müssen glaubten. 5. Der Melaphyr. Melaphyre finden sich nur im Nordosten (zwischen Ronne- burg und Crimmitschau, westlich von Werdau u. s. w.), aber hier in ziemlicher Anzahl. Das Gestein ist bei allen Vorkommnissen von recht übereinstimmendem Grepräge, leider auch überall recht gleichmässig zersetzt und umgewandelt. Aeusserlich betrachtet stimmt es sehr überein mit dem der Zwickau-Oberhohndorfer Melaphyre; es ist graulichrothbraun bis rothgrau, infolge der Zer- setzung weich, mit kleinen, bis zollgrossen blasenförmigen Hohl- räumen ausgestattet. In letzteren lassen sich mit unbewaffnetem Auge sekundär ausgeschieden noch Braunspath, Eisenspath, Ara- gonit und Chlorophäit, sowie in der Grundmasse rothe, fast metallisch glänzende, dem Rubellan gleichende Glimmerkrystalle [481] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 81 und braune Eisenoxydhydratpartikelchen von spiessiger Horn- blendeform erkennen. Nach längerem Suchen findet man im Dünnschliff, der meist gänzlich mit den theils rothbraunen durch- scheinenden, theils opaken Körnern und Putzen von Eisenerzen angefüllt ist, noch eine frischere Stelle, worin viele kleine, lange Plagioklase und Magneteisenkörner ausgeschieden sind. Fast alle diese Melaphyre stehen in Beziehung zum Roth- liegenden; entweder sind sie deutliche Einlagerungen im über- sreifenden Rothliesenden selbst, oder sie stehen gangförmig im älteren Gebirge, im unteren und mittleren Silur, und ragen in das Rothliesende hinein; nur selten treten sie frei zu Tage, rings um- geben von älteren Schiefern; dann aber liegt die Grenze des Roth- liegenden nicht weit. Im Contact sind die Kieselschieferr und auch die unter- silurischen Schiefer gebleicht, verkieselt, in scharfkantige kleine Bruchstücke zerbrochen und mit Eisenoxyd und Eisenkiesel wieder verkittet. Die Melaphyrdurchbrüche lassen sehr deutlich eine Anord- nung in der Richtung h.3 erkennen, haben also das erzgebirgische Streichen. Dass sie dem Zeitalter des Rothliegenden angehören, kann keinem Zweifel unterliegen. Die Diabasgruppe. Die Gesteine der Diabasgruppe und speciell die eigentlichen Diabase selbst sind schon seit längerer Zeit in grob- und fein- körnige geschieden und so auch auf den Karten eingetragen worden. Sehr frühzeitig machte ich auch die Erfahrung, dass in Ostthüringen die älteren Diabase im Durchschnitt gröber, die jüngeren feiner von Korn sind, und dass die Grenzscheide, wo die gröberen in die feineren Diabase übergehen, im Mitteldevon liegt). Ausnahmen von dieser Regel giebt es aber in Ostthüringen selbst verschiedenorts, und überdies ist der Unterschied ein gar zu fliessen- der: leicht nennt der Eine einen Diabas feinkörnig, dessen Korn ein Anderer noch recht grob findet. Da hat sich im Laufe der ) Vergl. u. A. die Abh. z. Sect. Zeulenroda S$. 48. 82 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [482] Untersuchungsarbeiten für Ostthüringen noch während der Publication der Section Zeulenroda, aber leider zu spät für diese selbst ein anderes Merkmal gefunden, welches zwar auch nicht beanspruchen kann, eine Trennung der Diabase nach Constitution und Alter in absoluter Weise zu ermöglichen, welches aber immer- hin besser Stich hält, als jenes Merkmal des groben und feinen Kornes, und nach welchem man namentlich auch die jüngeren grobkörnigen Diabase von den älteren gut trennen kann. Die Feldspathe in den jüngeren Gesteinen der Diabasfamilie sind näm- lich so ziemlich ohne Ausnahme tafel- und langsäulenförmig, an den Enden durch vorgezogene Lamellen undeutlich zugespitzt oder gablig, so dass dadurch das Gestein im Dünnschliff eine gefilzte Textur zu erkennen giebt, während die Feldspathe m der Grund- masse der älteren Diabasgesteine — [nicht sind es alle mehr por- phyrisch ausgeschiedenen einzelnen grösseren Plagioklase und die sehr kleinen secundärer Entstehung] — nach allen drei Dimensionen gleichmässiger ausgebildet sind, so dass die Textur dadurch eine mehr gekörnte, aus Körnern zusammengesetzte, wird. Hier sei nur noch die Bemerkung gestattet, dass im Nach- stehenden bei der Schilderung der Diabase, ebenso wie es bisher bei den anderen Eruptivgesteinen geschehen ist, die Diagnose nur in allgemeinen Zügen gegeben werden soll, weil sonst beim Ein- gehen in die Details der Gesteinsvariationen diese Abhandlung den gewünschten Charakter einer »Uebersicht« verlieren würde. 6. Der Epidiorit. Die Reihe der Diabasgesteine mit einem Diorit zu beginnen, das möchte für den ersten Blick unrichtig erscheinen; doch dürfte es sich in diesem Falle rechtfertigen. Folgen wir der geistvollen Idee GÜMBEL’s, so ist Epidiorit ein spätcambrischer oder frühsilurischer Diorit, der sich durch seinen Habitus und durch sein Alter von den älteren Dioriten einigermaassen unterscheidet !). Er besteht aus trüben Plagio- klasen, gemengt mit grünes Hornblende und etwas Titaneisen, hat !) »Die palaeolith. Eruptivgest. d. Ficht.« S. 10. [483] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. s3 stumpfe graugrüne Farbe, ist verhältnissmässig weich und braust in frischem Zustand wegen fein eingesprengten Oaleits mit Säuren. Neben der Hornblende ist noch viel chloritisches Mineral vor- handen, welches, wie mich frühere Untersuchungen belehrten, von dem Diabantachronnyn, dem Chlorit der eigentlichen Diabase 1), sich nur dadurch unterscheidet, dass es lichter grün und blättriger ist. Innerhalb der groben, nach allen drei Dimensionen leidlich gleichmässig ausgebildeten, stets sehr trüben und zersetzten Plagio- klase sind sehr gewöhnlich kleine, mehr tafel- und nadelförmige Plagioklase von frischem Aussehen eingebettet, augenscheinlich Neubildungen. Ob dies Albite sind, ist an sich schwer zu ent- scheiden; da aber an mehreren Orten in den Ausfüllungen von Spalten innerhalb des Gesteins und in den schmalen Endapophysen der Gänge sich sicher rother oder weisser Albit als secundäres Gebilde in grösseren Krystallen ausgeschieden hat, so ist es min- destens wahrscheinlich. Endlich macht auch der bei weitem grösste Theil der Hornblende, mag sie in einzelnen Säulchen und Nadeln, oder strahlig oder garbenförmig auftreten, bei ihrer verhältniss- mässig grossen Frische und bei der ganzen Art ıhrer Einlagerung durchaus den Eindruck einer secundären Bildung; nur sehr wenige und kleinere Hornblende-Individuen von etwas mehr ins Bräunliche sehender Farbe scheinen primärer Entstehung zu sein. Nimmt man noch hinzu, dass sich in verschiedenen Proben, entnommen aus möglichst unangegriffenen Partien der Gänge und Lager, wie sie gelegentlich der Bergbau fördert, angenagte Reste brauner Augite vorfinden, so ist gewiss die Annahme gerechtfertigt, dass der Epidiorit einst ein etwas Hornblende führender Diabas ge- wesen ist, welcher sich sekundär durch Umwandlung des grössten Theils von Augit hauptsächlich in Hornblende und Chlorit, und eines Theiles vom Plagioklas häuptsächlich in Albit und Caleit in das jetzt vorliegende dioritische Gestein umgeändert hat. Der Epidiorit bildet Gänge im Cambrium und ältesten Unter- silur, und ebenso viele Lager, diese aber nur innerhalb der jüngsten t) »Die färbenden Mineralien der Diabase des Vogtl. und Frankenwaldes«. Programm 1869. 6* 84 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [484] Schichten des oberen Cambriums und innerhalb der untersten Schichten des unteren Silurs. Sein Alter ist dadurch für Ost- thüringen fest bestimmt. — Die Lager und Gänge erscheinen selten vereinzelt, in der Regel zu Gruppen vereinigt (nordwestlich von Hirschberg, Göltschthal bei Greiz, Wurzbach u. s. w.). Das Streichen der Lager ist selbstverständlich immer, das der Gänge in den meisten Fällen identisch mit dem Streichen der an der betreffenden Oertlichkeit vorherrschenden Sattelung. 6a. Klastische Derivate. Zahlreiche Einlagerungen in den Schiefern und Quarziten der Heimatzone des Epidiorits unterscheiden sich von letzterem weniger durch ihre mineralogische Zusammensetzung, als vielmehr durch ihre Structur, welche sie zu den geschichteten Gesteinen verweist. Bei näherer Untersuchung finden sich dann auch abgerundete Quarzkörnchen, Putzen von Schieferschliech und andere Beweise der klastischen Natur. Sonst aber führt das Gestein gerade wie der Epidiorit sehr trübe Feldspathe, worin kleine frische, regene- rirte Plagioklase liegen, und sekundäre Hornblende neben Chlorit und Titaneisen. Dies sind die ganz unzweifelhaften Epidiorit- schalsteine. — Dabei kommen aber auch noch andere Lager vor, deren Gestein äusserlich insofern abweicht, als es schiefriger, mehr grünlichgrau und auf den Schieferflächen schimmernder, und auch sonst weicher ist, — das alles, weil es weniger Feldspath, mehr dem Talk nahestehenden Chlorit und mehr Hornblende führt. So gleicht das Gestein einen: quarzfreien oder quarzarmen Talk- schiefer. Durch allmähliche Uebergänge ist es verbunden mit dem ganz reinen Epidioritschalstein einerseits und durch sich stei- sernde Aufnahme von sehr feinen Quarzkörnern und Glimmer- mineralien mit dem Schiefer andererseits!). Ja sogar Uebergänge in die blättrigen Quarzite und in die Klingenquarzite fehlen nicht. Eine besondere, aber auch durch Uebergänge vermittelte Modifi- !) Günger (S. 41) vermuthet wegen des hohen Magnesiagehaltes und wegen eines Olivinvorkommens, dass diese talkschieferartigen Schalsteine Derivate des Palaeopikrits seien. Meine Erfahrungen in Ostthüringen bestätigen das nicht. (Vergl. gleich weiter unten.) [485] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 85 cation des Schalsteines ist die, wenn in demselben unter Zurück- treten der Plagioklaskörner sich die Caleitkörner mehren. In der Regel mehrt sich dann auch der chloritische Bestandtheil gegenüber der Hornblende beträchtlich und wird lichtfarbiger und wasserärmer, talkartiger. Die Kalkspathkörner sind zwar meist rundlich, lassen aber eine bestimmte Neigung zur Ausprägung in Rhomboödern erkennen; diese werden namentlich deutlich und scharf, wenn ein guter Theil der Kalkerde durch Magnesia und Eisenoxydul ver- treten ist, so dass die Körner bei angehender Verwitterung sich wie Eisenspath bräunen, und das ist vielorts der Fall. Derlei chloritisch-cealcitische Schieferbänke kommen überall vor, wo die Epidiorite und ihre normalen Schalsteine Rsern, also im Gebiet der oben genannten Gruppen. Es kommen aber ausserhalb jener Gruppen und selten auch im oberen mittleren Cambrium derlei chloritisch - caleitische Schiefer vor, vergesellschaftet mit Schiefern, welche viel Hornblende und Chlorit, auch etwas Titaneisen führen (nördlich von Greiz, östlich von Lobenstein u. s. w.); dass auch diese ihre Existenz Diabas- gesteinen, bezw. Epidioriten mit verdanken, ist möglich, aber vor- läufig durchaus nicht sicher zu begründen. | 7. Die gekörnten porphyrischen Diabase. An die Epidiorite schliessen sich porphyrische Diabase von gekörnter Textur an, welche mit ihnen gleichen Alters, also jüngst- cambrisch oder ältestsilurisch sind. In der Grundmasse des Ge- steins, bestehend wesentlich aus zweierlei Plagioklas, Augit, -Chlorit, Titaneisen mit etwas zurücktretender Hornblende, Epidot und Apatit, liegen grössere Plagioklaskrystalle von verworrenem Gefüge [bessere Spaltbarkeit ist selten] und meist schlecht entwickelten Um- rissen. — Der primäre Plagioklas !) ist stets trübe und sehr mit Neu- bildungen durchsetzt, unter denen sich kleine, wenig versehrte Feld- spathe bemerklich machen, die sich auch sonst zwischen die anderen D) Nach Güunger und Lorerz in ähnlichen Gesteinen vom Fichtelgebirge Labrador. — Diese unsere ostthüringischen Gesteine gehören mit in die Gruppe der Proterobase Güuser’s. 86 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [486] Mineralien eindrängen, aber gegen die primären sehr zurücktreten. Der braune Augit ist in grossen Körnern eingemengt, bisweilen an den einen Proben aus einem und demselben Lager noch recht frisch und an den anderen bis fast zum gänzlichen Verschwinden zersetzt und umgewandelt. Der Chlorit entspricht in seinen Eigen- schaften dem eigentlichen Diabaschlorit, dem Diabantachronnyn. Epidot ist stets reichlich vorhanden, und sind durch ihn die grossen, die porphyrische Structur veranlassenden Feldspathe sehr oft pistazgrün gefärbt, welche Färbung namentlich nach dem An- ätzen vortritt. Die kleinen Hornblenden sind zum Theil primär und mehr von bräunlichgrüner Farbe, zum Theil sekundär und dann mehr bläulichgrün. Apatit fehlt niemals; haufig stellt sich ein farbloser Glimmer in kleinen Blättchen als Zersetzungsprodukt ein. Was das Auftreten dieser Gesteine betrifft, so kommen zu- nächst die Lager, bezw. Lagerstöcke in Betracht, auf denen sie vorzugsweise brechen. Dieselben liegen zum kleinen Theil ver- einzelt, zum grösseren Theil zu Gruppen vereinigt im Gebiet des oberen Cambriums und tiefsten Untersilurs. Derartige Gruppen liegen z. B. im Waidmannsheiler und Lerchenhübeler Forst bei Saalburg, südlich von Lobenstein, östlich bei Ronneburg, und ich habe für Ostthüringen die Erfahrung gemacht, dass da, wo diese porphyrischen Diabase sich zu Gruppen mehren, die Epidiorite nicht oder nur vereinzelt auftreten, und umgekehrt. Ein bestimmtes Streichen halten die einzelnen Lager innerhalb der Gruppe nicht immer ein, doch lässt sich bisweilen eine nordöstliche Richtung nicht verkennen; ebenso verrathen auch die Einzellager keine Streich- linie, und man muss sich bei der Bestimmung ihres Streichens nach dem der umgebenden Schiefer richten. Die Umrisse der einzelnen genau auf der Karte eingetragenen Lager sind vielmehr so rundlich und gebuchtet, dass von einem grössten Durchmesser meist gar nicht die Rede sein kann; und ist letzteres doch der Fall, dann liegen diese grössten Durchmesser vorherrschend östlich bis nordöstlich, aber durchaus nicht regelmässig genau in der Richtung des Schiefer- streichens. j Da, wo die grösseren Lager zahlreich vorhanden sind, pflegen auch kleine, schmale Kuppen aus demselben Material, aber feineren [487] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 87 Korns aufzutreten, die man wohl nicht mit Unrecht für Gänge hält. Leider sind sie sämmtlich zu schlecht aufgeschlossen, als dass man bestimmt urtheilen dürfte. Hierher gehören aber ferner noch eine Anzahl Gänge, die ebenfalls meist in Gruppen und leidlich parallel geordnet beisammen im mittleren und oberen Cam- brium stehen und wohl als die Wurzeln einstiger Lager aufzu- fassen sind, von den jetzt noch vorhandenen Lagern aber weit entfernt liegen. Das Gestein dieser Gänge hat der Umwandlung noch mehr unterliegen müssen wie das der Lager. Daher sind die Augite mit Ausnahme eines Ganges nur noch an der Anord- nung ihrer Zerlesungsprodukte zu erkennen. Die grossen Plagio- klase, die das Gestein porphyrisch machen, sehen wie gequetscht aus. Die Feldspathe überhaupt haben sich theilweise in Calcit, Quarzkörnchen, eine Fibrolith-ähnliche Substanz und in einen weissen Glimmer umgewandelt, den Herr Dr. RoTHPLETZ nach mündlicher Mittheilung für ächten Kalıglimmer hält. Sonst ver- hält sich das Gestein genau wie das Lagergestein; es fehlen unter den Neubildungen aueh die Plagioklase und Epidote nicht, und es ist der Chlorit ganz derselbe. Da, wo die Apophysen der Gänge sich verlieren, füllt sich die Gangspalte aus mit Quarz, Aragonit, thuringitähnlichem Chlorit, Schwefelkies und Eisenspath. Die Gänge streichen h. 2!/, (Berga, wo drei beisammen stehen), h. 51/9 (Zeulenrode) u. s. w. Von den beiden Zeulenroder Gängen, welche ebenfalls parallel laufen, zeichnet sich der eine, anderthalb Meter mächtige, dadurch aus, dass er wiederum von einem Gang eines andersartigen, porphyrischen gekörnten Diabases in gewun- dener Zickzacklinie der Länge nach durchsetzt wird. 7a. Klastische Derivate. Fast scheint es, als ob die gekörnten porphyrischen Diabase keine Schalsteine gebildet hätten. Bei ihrer grossen Verwandt- schaft und Gleichaltrigkeit mit den Epidioriten könnte man leicht vermuthen, dass einige der oben als Epidioritschalsteine zusammen- gefassten Schalsteine vielleicht auf diese Gesteine zurückzuführen seien. Allein abgesehen davon, dass gerade in der Nähe der porphyrischen Diabaslager die genannten Schalsteine gewöhnlich 88 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [488] fehlen, müssten auch diese letzteren durch grössere Plagioklase porphyrisch erscheinen, wie das die Analogie der porphyrischen Breccien u. s. w. innerhalb des Devons gebieterisch fordert. Da- gegen lässt sich der Gedanke nicht von der Hand weisen, dass diese Gesteine bei gewissen Varietäten der obercambrischen Quarzite mitgewirkt haben. GÜNMBEL bringt verschiedene gneissartige Aus- bildungen dieser Quarzite, darunter auch diejenigen von Hirsch- berg, ich bin überzeugt, dass auch gewisse fast felsitische Bänke der in Beziehung zu den Keratophyren Nordostbayerns!), und weit abgelegenen porphyrischen Quarzite nördlich bei Greiz ihr Material jenen Keratophyren mit verdanken, obgleich in Ost- thüringen selbst ächte Keratophyre nicht anstehen. Aber unter jenen sehr wechselnden Quarziten giebt es viele, die sichtlich auf andere Muttergesteine hinweisen. Darunter sind namentlich solche, welche in porphyrischer Weise grössere Feldspathe enthalten. Letz- tere sind keine Orthoklase, sondern Plagioklase von trüb graulich- weisser Farbe, welche mit einem weissen Plagioklasrand umgeben sind, der ganz und gar den Eindruck einer Neubildung macht. Die grauen Kerne gleichen den Plagioklasen der porphyrischen Diabase. Diese Quarzite variiren nun auch noch in der Richtung, dass sie Titaneisen, Chlorit und Hornblende aufnehmen, und machen es dadurch immer wahrscheinlicher, dass sie ihr Material theil- weise den alten porphyrischen Diabasen verdanken. 8. Der Palaeopikrit. Zu den Diabasen ist auch der tiefdunkelfarbige Palaeopikrit zu rechnen, da er wesentlich mit aus Plagioklas 2), braunem Augit und Titaneisen zusammengesetzt ist und gewisse echte Diabase den Uebergang zu ihm andeuten, über die später die Rede sein wird. Zu jenen wesentlichen drei Gemenstheilen tritt noch ein 1) »Fichtelgebirge« S. 186 und a. a. O. 2) Der Plagioklas ist wesentlicher Gemengtheil, wenn er auch in sehr viel geringerem Procentsatz vorhanden ist, als in den anderen Gesteinen der Gruppe. Er ist stark verändert, namentlich von Chlorit durchzogen oder in Kaolin um- gewandelt, fehlt aber nie ganz. - a [489] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 89 vierter, ebenfalls wesentlicher, der Olivin, dem in dem Mineral- gemenge der sehr stark zurücktretende Plagioklas die Herrschaft überlässt. Als weniger wesentlich, aber selten fehlend, gesellen sich dazu Magnesiaglimmer, und als unwesentlich Apatit, der weit weniger häufig ist als in den übrigen Grünsteinen. Dazu kommen noch als wesentliche Mineralien secundärer Entstehung ein Chlorit, der mit dem Epichlorit RAMMELSBERG@’s identisch ist, Magneteisen und Serpentin, — als nicht wesentliche Antigorit!), grünliche Horn- blende, ein rhombisches farbloses Mineral [Enstatit?] u. s. w. Caleit fehlt fast regelmässig, auch Quarz ist sehr selten. — An verschie- denen Punkten wird das Gestein durch seine ganze Masse hindurch oder öfter noch in einzelnen Theilen des ganzen Massivs por- phyrisch, indem meist recht wohl und ringsum ausgebildete Augit- krystalle eine beträchtlichere Grösse erreichen; gewöhnlich werden sie dann erbsengross, öfter aber auch so gross wie die Haselnüsse. Auf Klüften scheiden sich gern Antigorit blättrig oder in Asbestform, Chrysolith und andere parallel- und strahligfaserige Mineralien von Pikrolithnatur aus. — Im Gegensatz zu den kugelig-glattschalig abwitternden Diabasen wittert der Palaeopikrit grobgrubig ab. Er tritt in Ostthüringen ausserordentlich häufig auf, wenn er sich auch in dieser Beziehung mit den eigentlichen Diabasen bei weitem noch nicht messen kann. Er bildet Lager, die theilweise recht weit greifen, und stockförmige Gänge von kurzer Horizontal- erstreckung. Die Lager streichen sämmtlich, mit einer einzigen Ausnahme, neben der unteren Grenze des Unterdevons in oft langen Linien aus und vergesellschaften sich hier mit den liegenden Titan- eisendiabasen des Unterdevons, mit denen sie jedoch nicht durch Uebergänge verbunden sind. Bald führen sie noch einen solchen Diabas im Liegenden, bald lagern sie unmittelbar auf dem Unter- oder Mittel- oder Obersilur. Zum Hangenden haben sie fast immer eine Titaneisendiabasdecke, auf der dann das Unterdevon concor- dant auflagert. Diese Lager haben das Streichen der dominirenden Sattelung, also vorzugsweise ein nordöstliches. (Hierher gehören b) Näheres hierüber veröffentlichte ich in »Die färbenden Mineralien der Diabase des Vogtl. und Frankenw.«, 1869, 5. 12 etc. 90 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [490] die zahlreichen Palaeopikritvorkommen von Schleiz, Zeulenrode, Saalburg, Pausa, Mühltroff u. s. w.) Die oben genannte Ausnahme bildet ein schön blossgelegtes Lager bei Triebes unweit Zeulen- rode, auf einem weit ausgebreiteten Diabas liegend, der seinerseits rings von unterem Silur umschlossen wird. Dieser Diabas ist aber selbst eine discordant auflagernde Decke, wie die an ihm vorbei- streichende Thuringitzone und die unter ihm hinwegstreichenden untersilurischen Quarzitlager unwiderleglich beweisen. Es liegt also, wie dazu noch die Beschaffenheit des Diabases beweist, hier eine übergreifende Lagerung des Devons mit seinen liegenden Diabasen vor, bei welcher die letzteren durch die Abspülung blossgelegt und isolirt sind. Dafür spricht auch das unweit gelesene Vor- kommen des Palaeopikrits bei Zeulenrode, Quingenberg und Weckersdorf, wo derselbe mit seinen Begleitern das Concordant- liegende des Unterdevons bildet und bezüglich der Gesteins- beschaffenheit mit jenem unter dem Mikroskop vollkommen überein- stimmt. Nur zwei Vorkommen sind es, wo kleine Palaeopikritküppchen von jüngeren Lagern, von Kulm und Oberdevon umgeben, auf- treten (Reichenbach, Station Reuth); hier ragen augenscheinlich noch im Silur, welches unweit zu Tage auftritt, anstehende Gang- theile durch übergreifend aufliegendes jüngeres Gebirge hindurch. Sonst findet man die Gänge sämmtlich in einem Gebirge, welches älter ist als Unterdevon. Das Streichen dieser Gänge ist wegen der kurzen Horizontalerstreckung oft schwer abzunehmen; wo dies aber möglich ist, oder wo zwei oder mehr kleine nahe beisammen- liegende isolirte Vorkommen die Richtung einer Gangspalte ver- rathen, da kommt man zu der Ueberzeugung, dass eine eigent- liche Normalrichtung, eine einfache Gesetzmässigkeit nicht vorliegt. Nur ein Gang ist mir bekannt, der bei langer continuirlicher Er- streckung ein ganz bestimmtes und zwar nordwestliches Streichen hat ( Waidmannsheiler Forst). Nach dem Allen müssen wir die Zeit der hauptsächlichsten Palaeopikriteruptionen nach der Silurperiode, in den ersten Beginn der Devonzeit, bezw. zwischen Silur- und Devonzeit setzen. Es [491] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 9] ist recht gut möglich, dass von den in den südlicheren Gebiets- tbeilen, in älteren Formationen stehenden Palaeopikritgängen einige höheren Alters sind, zumal da ein Theil derselben in der mikro- skopischen Structur etwas abweicht. Allein dabei darf man nicht vergessen, dass diese Vorkommen eine Minderzahl bilden, dass auch innerhalb der Lager an der Basis des Unterdevons die Ge- steinsstructur varıırt, und dass überhaupt dieselbe Eruptionsmasse im Lager und im zugehörigen Gang einigermaassen verschieden ausgebildet zu sein pflest. Im Ganzen und Grossen stimmen die verschiedenen Palaeopikrite sehr überein und bilden sicher eine »gute Gesteinsspecies«. Sa. Klastische Derivate. Schalsteine haben die Palaeopikrite nirgends gebildet. Es kann das nicht auffallen, wenn. man erwägt, dass die ungeheure Zahl der unterdevonischen Diabaslager Ostthüringens, abgesehen von zwei noch dazu zweifelhaften Ausnahmen, keinen wirklichen Schalstein gebildet hat, und dass namentlich die Diabase im Lie- genden desselben nirgends mit näher oder ferner gelegenen Schal- steinen in Beziehung stehen. 9. Eigentliche Diabase mit gekörnter Textur (Titaneisendiabase). Vom mittleren Untersilur bis zum mittleren Mitteldevon hinauf liegen über einen grossen Theil Ostthüringens hinweg, soweit sich die genannte Formationenreihe zu Tage erstreckt, eine sehr grosse Menge eingelagerter Diabase, gegen welche dem Volumen nach die sedimentären Gesteine oft zurücktreten müssen. Das Gemein- same aller dieser Diabase ist die Zusammensetzung aus einem oder zwei Plagioklasen, braunem monoklinen Augit, Titaneisen und grünem Diabaschlorit [Diabantachronnyn] als wesentlichen Ge- mengtheilen, ein gröberes bis mittleres, meist sehr gleichmässiges Korn, eine grüngraue, bald lichtere, bald dunklere Farbe, oft mit 9) Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [492] einem schwachen Stich ins Violette, grosse Zähigkeit und die besondere Neigung, auf frischem Bruch rasch schwach bräunlich nachzudunkeln. Durch die ganze genannte Formationenreihe hindurch varliren nun diese Lagerdiabase in ihrer in solcher Weise allgemein be- stimmten Beschaffenheit ein wenig und zwar so gesetzmässig, dass der mit Ostthüringen vertraute Geologe bald hinreichende Routine besitzt, um am Handstück nach dem ganzen Habitus das geolo- gische Alter mit einem gewissen Grad von Sicherheit zu bestimmen, obgleich es oft schwer halten dürfte, die trennenden Merkmale in Worten hinreichend scharf auszudrücken. Daneben varıırt das Gestein aber oft noch innerhalb der verschiedenen einzelnen Horizonte, und es sind diese Abweichungen lithologisch oft von grossem Interesse. Auf alle diese Varietäten aber einzugehen, würde gegen die Absicht, eine Uebersicht zu geben, zu sehr ver- stossen, als dass ich damit die Geduld des Lesers in Anspruch nehmen dürfte. Am gleichmässigsten entwickelt ist das Gestein in den Dia- basen, welche in oft weit ausgedehnten Lagern als Liegendes des Unterdevons erscheinen. Die normalen Diabase dieser Zone gleichen sich über ganz ÖOstthüringen hinweg ganz aus- nehmend, sobald sie mächtigere Lager bilden; nur die kleinen schmächtigen Lager, welche sich zwischen jene einschieben, be- stehen aus Gestein von varıirendem Habitus. Es besteht nämlich der liegende Diabas keineswegs immer nur in einem einfachen Lager, vielmehr haben sich oft zwei oder drei, in einzelnen Fällen auch mehr Lager concordant über einander gebaut. Das Gestein der stärkeren Lager ist, mag man die Probe aus senkrecht über einander deponirten oder aus horizontal meilenweit auseinander liegenden verschiedenen Lagern nehmen, ausserordentlich gleich- mässig betreffs der Zusammensetzung und Structur, und enthält neben den wesentlichen Gemengtheilen noch an unwesentlichen primären ein wenig Hornblende, ziemlich viel Apatit, Eisenkies, wenig Magneteisen und an sekundären, ausser den wesentlichen Gemengtheilen Chlorit und Leukoxen, noch die weniger wesent- lichen und in geringer Menge vorhandenen immer mikroskopischen | i i | | | ’ [493] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 953 Uralıt, Kalkspath, Quarz, Rutil). Nach C. A. MÜLLER stehen die Plagioklase in der Reihe zwischen Labrador und Anorthit. Die zwischen diesen grossen eingeschalteten wenig mächtigen kleinen Diabaslager führen ein Gestein von kleinerem Korn, welches sich meist sonst nicht unterscheidet; öfter aber-ist es auch etwas abweichend. Bemerkenswerth ist das Vorkommen von noch un- zerlegter Glasmasse in diesen Gesteinen 2). Der gewöhnliche, also für Ostthüringen normale Diabas innerhalb des mittleren und oberen Untersilurs unter- scheidet sich von dem eben geschilderten schon durch sein meist feineres Korn und durch seine viel lichtere, mehr graue Farbe, die bei den feinkörnigeren Lagern aus einiger Entfernung gesehen eine Verwechselung des Gesteins mit den frischen untersilurischen Quarziten möglich macht. Dem Aeussern entsprechend zeigt sich unter dem Mikroskop weit weniger Chlorit, ein vorherrschender sehr trüber, etwas tafelförmig entwickelter Plagioklas, daneben ein- zelne sehr frisch aussehende Plagioklaskrystalle, sehr selten Apatite. Der trübe Plagioklas ist, wie ich bei Gelegenheit meiner früheren chemischen Arbeiten im Gebiet der Diabase in Erfahrung gebracht habe, bei über 60 pCt. Kieselsäurebetrag wohl als Oligoklas anzu- sprechen. Makroskopischer Epidot, dessen Fehlen die liegenden Diabase des Devons mit kennzeichnet, fehlt in den untersilurischen. zwar nicht, ist aber immerhin sehr sparsam; häufiger ist die Horn- blende. Diese Diabaslager mehren sich in einzelnen Gegenden zu Gruppen, und es treten dann auch regelmässig mehrere Lager inner- halb der verschiedenen Abtheilungen des mittleren und oberen Unter- silurs vertical über einander auf (der Kulm und Forst bei Saal- burg, südöstlich bei Saalburg, Tanna, nordwestlich von Gefell u. s. w.). Der noch lichteren Varietät, welche GüMBEL unter dem Namen Leukophyr beschrieb, nähern sich zwar einzelne Vorkommnisse dieser alten Diabase (südlich Saalfeld, Triebes, Zeulenrode), aber ) Näheres ist zu finden in einer neuerdings als Inauguraldissertation er- schienenen fleissigen Schrift von C. A. Mürrer: »Die Diabase aus dem Liegenden des ostthüringischen Unterdevons«. Sonderabdr. aus den »Jahresber. d. Ges. v. Freunden d. Naturwissenschaften zu Gera 1834«. 2) S.28 der eben erwähnten Arbeit. 94 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [494] dass man sie identificiren könnte. Enthalten sie auch einen sehr blassfarbigen Chlorit und trübe, schlecht um- nie so vollständig, rissene Plagioklase in vorwiegender Menge, so führen sie doch stets ziemlich dunkelbraunen Augit und stehen auch sonst in ihrem ganzen Habitus dem normalen Titaneisendiabas noch viel zu nahe. Im Gegensatz zu diesen lichteren Abänderungen liegen im obersten Silur und im tiefen Unterdevon [im mittleren und unteren Silur habe ich bis jetzt noch keine gefunden] vereinzelte Lager dunkler Diabase, die man zum Unterschied diallagführende Titaneisendiabase nennen kann. Dieselben sind von gröberem Korn, sehen dunkelgraugrün bis schwarzgrün aus und zeichnen sich dadurch aus, dass in dem normalen Mineralgemenge sich ein dem Diallag ähnliches, einseitig gut spaltbares, fast metallisch glänzendes Augitmineral jedenfalls späterer Entstehung einstellt1), und daneben meist ziemlich viel oliven- bis lauchgrüne Hornblende, reichlicher Chlorit und zwar der normale Diabantachronnyn, und dann und wann auch Olivin?). Diese Abart der Titaneisendiabase steht dem Palaeopikrit näher als die übrigen, ist aber von dem- selben immer noch weit geschieden, namentlich auch durch das starke Vorherrschen des Plagioklases.. Zu vergessen ist jedoch nicht, dass die ostthüringischen Palaeopikrite im Beginn der Devon- zeit, also in einer Zeit zum Ausbruch kamen, der auch diese Diabase angehören. Im Mittelsilur sind sehr häufig ein bis drei Lager über- einander eingeschaltet von einem feinkörnigen Titaneisendiabas, der aber stets so stark zersetzt ist, dass man nichts weiter zu erkennen vermag, als dass er wohl sehr augitarm war. Mächtigere und besser erhaltene Titaneisendiabaslager finden sich im Liegenden und im Hangenden des obersilurischen Kalkes. Ihr Gestein zeichnet sich in der Regel durch lichte Farbe, durch das Zurücktreten des Augites und durch sehr lichten Chlorit aus; meist ist es sehr angegriffen. 1) Vergl. C. A. Mürrer a. a. O. 8. 12. ?) Ueber einen derartigen Diabas aus der Gegend von Hohenleuben existirt eine eingehend gearbeitete Inaug.-Diss. von Max Schröper, von der ich aber nicht angeben kann, wo sie erschienen ist. [495] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 95 Die Diabaslager innerhalb des unteren Devons zeigen sehr häufig eine besondere Entwickelung ihres Mineralgefüges, wodurch sie sich von den jüngeren, wie von den liegenden Titan- eisendiabasen unterscheiden: durch eine feinkörnigere, dunklere Grundmasse hindurch entwickelt sich ein Gewebe von grösseren Plagioklaskrystallen von mehr tafelartigem Habitus. Man kann diese Textur durchaus nicht porphyrisch nennen, da die grossen Krystalle zu dicht liegen und sich gegenseitig so viel berühren, dass die feinkörnige Masse zwischen ihnen nur gewissermaassen die Lücken ausfüllt. Es sind Diabase zweispältiger Textur. Die Plagioklase sind in der Regel reine Zwillinge, nicht Viellinge. Sonst zeigen die Titaneisendiabase im unteren Devon die grösste Verwandtschaft mit denen im Liegenden, nur dass sie der so gleichmässigen Entwickelung nicht theilhaftig geworden sind, die jene auszeichnet, und nur sehr wenig Hornblende einschliessen (abgesehen von einigen wenigen, auch sonst abweichenden Lagern). Hoch unterdevonisch bis tief mitteldevonisch präsentiren sich an vereinzelten Oertlichkeiten Lager eines sonst normalen gekörn- ten Diabases von mittlerem Korn, in welchem sehr lange, meist gebogene, auch zerbrochene Leisten chromgrüner bis schwärzlich braungrüner -Hornblende zahlreich und gleichmässig eingestreut liegen. Nach oben zu wird das Korn der Titaneisendiabase ım Unter- devon immer feiner, und nimmt das Gestein allmählich den Ha- bitus an, der im allgemeinen den Titaneisendiabasen des mittleren Devons eigen ist. Letztere sind feineren Kornes, aber immer noch von gekörnter Textur, reicher an Chlorit, meist vollkommen hornblendefrei, ärmer an Titaneisen, dafür oft daneben noch etwas Magneteisen führend. Diese Lager sind in der grossen Mehrzahl recht gering mächtig, auch von nur geringer horizon- taler Ausbreitung — nur auf der Grenze von Unter- und Mittel- devon beobachtet man hier und da recht ausgedehnte starke La- ger —, dafür aber ist ihre Zahl um so grösser, und ist man bei der kartographischen Aufnahme des Mitteldevons wegen der grossen Anzahl der dicht gedrängten Einlagerungen oft in Verlegenheit. 96 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [496] Im unteren und mittleren Mitteldevon bis hinauf, wo die gekörnten Diabase in die gefilzten übergehen, stellt sich inner- halb der Lager auch oft die Varietät ein, welche GÜMBEL unter dem Namen Perldiabas eingeführt hat. In unserem Gebiet sind die Perlen kleine, 1 bis 2”® im Durchmesser haltende lichtgraue, deutlich körnige Kügelchen aus feldspathiger unreiner Masse, welche ohne scharf abgesetzte Randzone im Gestein eingestreut sind. Sie entsprechen sichtlich den Kügelchen, welche sich in verschiedenen Lamprophyren ausgesondert haben, und sind, wenn auch nicht generisch, so doch in der Totalität ihrer Erscheinung ganz ver- schieden von den Variolen der eigentlichen Variolite, bei denen ja auch die Grundmasse, in der die Variolen liegen, bei der Bildung der letzteren durch Bildung der haar- oder schnurförmigen be- kannten Krystalliten in Mitleidenschaft gezogen ist, was bei den Perldiabasen nie der Fall ist. Fremden Ursprungs, d. h. zufällig von aussen hereingedrungene, fremdartige Gesteinsfragmente sind sie nicht, denn sie sind zu gleichförmig kuglig, zu gleichmässig gross und liegen nicht immer in der Nähe des Saalbandes, son- dern auch im Innern der Lager, selbst wenn letztere in der Nähe der Grenze keine mehr führen. Nie erfüllen sie ein grosses Lager gleichmässig, sondern sie sind immer sehr lokal, wolkenartig, ein- gestreut und dann meist recht dicht beisammen. Sie sind wohl absonderliche Erkaltungs- und Erstarrungserscheinungen, wie solche in anderen Gesteinen auch vorkommen. Im Mitteldevon, höchst selten im oberen Unterdevon, stellt sich im Titaneisendiabas auch die Mandelbildung ein, die in den jün- geren Diabasen eine so bedeutende Rolle spielt. Im Allgemeinen sind aber die Mandeln in diesen Diabasen sehr regellos gestaltet, mehr vereinzelt, nicht besonders geordnet, an Grösse sehr ver- schieden und unterscheiden sich dadurch von den Mandeln der jüngeren Diabase; sie sind, wenn sie sich recht normal bildeten, ausgefüllt zuerst mit einem dünnen Ueberzug eines grünen, theils amorphen, theils in Nadeln auskrystallisirten Magnesiasilicats, sodann mit einem Chlorit [ächtem Diabantachronnyn] und end- lich mit Kalkspath; öfter fehlt eine dieser drei Substanzen, öfter auch wechseln einige Lagen von Calcit und Chlorit mit einander [497] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 97 ab; der Chlorit ist in den Mandeln meist amorph, bisweilen auch faserig - blättrig geformt. Alles bisher über die ächten Titaneisendiabase Gesagte bezieht sich auf die Gesteine von Lagern, welche in gewaltiger Anzahl concordant zwischen den Sedimentgesteinen liegen. — Höchst auf- fällıg ist die grosse Seltenheit von Gängen im unteren und mitt- leren Devon. Das Gestein derselben stimmt, abgesehen von dem feineren Korn, mit dem der Lager überein, ist aber meist noch stärker angegriffen und umgewandelt. Dazwischen stehen auch Gänge von jüngeren Diabasen, welche das Material für oberdevo- nische Lager gebildet haben. — Weit zahlreicher finden sich Diabas- gänge im unteren Silur und dann oft weit ab von dem anstehenden jüngeren Gebirge, und wiederum lokal zu einzelnen Gruppen zu- sammengehäuft. Das Streichen dieser Gänge ist h. 3, also erz- gebirgisch (östlich Zeulenroda), h. 4 bis 5 (westlich bei Zeulenroda), h. 9 bis 10, also frankenwäldisch (südlich Saalburg). Bei der letzt- genannten Gruppe mischen sich aber viele Gänge von anderen Streichen ein, und andere Gruppen zeigen darin eine vollständig wirre Unregelmässigkeit (südlich Schleiz u. s. w.). Das Gestein dieser im Untersilur stehenden Gänge, die sich meist durch sehr geringe Mächtigkeit auszeichnen, ist in der Regel ziemlich fein- körnig, leider meist sehr zersetzt und schwer zu beurtheilen; oft aber gestattet es auch eine ziemlich sichere Diagnose: so gehören die Gänge östlich von Zeulenroda, in deren Gestein namentlich nach dem auskeilenden Ende hin sich viele sekundär gebildete grössere Albite und Quarze einmischen, entschieden zu untersilu- rischen Lagern, die Gänge im Öschitz -Schleizer sowie im Waid- mannsheil-Saalburger Forst zu unter-, mittel- und oberdevonischen Lagern. Manche Ganggesteine freilich lassen sich durchaus mit keinem der bekannten Lagerdiabase in Beziehung bringen, wie u. a. die sehr seltenen, an sagenitartigem Rutil sehr reichen, welche ich mit dem vorläufigen Namen Glimmerdiabas belegt habe, und deren Untersuchung noch unvollendet ist. Nicht so sehr die Gänge als vielmehr die Lager haben auf die benachbarten Schiefer eingewirkt und die bekannten Oontakt- erscheinungen der Spilosite und (seltener) Desmosite hervor- 7 98 Die Eruptivgesteme und ihre klastischen Derivate. [498] gebracht, die in Östthüringen im Bereich des Silursystems un- erheblich, erst im Bereich des Unter- und Mitteldevons von Bedeutung sind. Sie unterscheiden sich in nichts von denen des Harzes, und ich gehe hier, da die trefflichen Arbeiten von ZINCKEN, Lossen und KAYSER!) vorliegen, nicht weiter auf sie ein. — Nur wenn Diabaslager die Kalkknotenschiefer des Unterdevons be- rühren, werden die Contakterscheinungen etwas andere und com- plicirtere; die Untersuchungen derselben sind aber noch nicht abgeschlossen. Ya. Klastische Derivate. Wie schon erwähnt, ist es für Ostthüringen eine eigenthüm- liche Erscheinung, dass trotz der grossen Anzahl von Titaneisen- diabaslagern, welche vom mittleren Sılur ab bis hinauf in das untere Mitteldevon zwischen den sedimentären Formationen ein- gebettet sind, sich so gut wie keine klastischen Abkömmlingslager derselben vorfinden. Zwar liegen an vier Stellen Bildungen vor, die durch mehr blättriges Gefüge an Schalstein erinnern, allein zwei derselben sind wahrschemlich nur stark gequetschte und ver- schobene, wenig mächtige Lager, wie derlei Verschiebung und Ver- quetschung gegen das Saalband grösserer Lager hin sehr häufig vorkommt, und die beiden anderen sind zu sehr zersetzt, als dass man mit Bestimmtheit urtheilen dürfte. Erst im Mitteldevon finden sich sedimentäre Schichten mit klastischem Diabasmaterial ein, und das sind nicht ächte Schalsteine, die nur aus Diabasmaterial bestehen, sondern vielmehr Lager, bei denen letzteres mehr oder weniger gemischt ist mit Sand, Schiefer- und Quarzitbrocken. Derlei Lager sind im unteren Mitteldevon noch recht selten, werden erst im mittleren Drittel dieser Abtheilung häufiger, nehmen aber dann sofort auch Material mit auf, welches von zer- störten ausgeworfenen Massen der nachher zu beschreibenden jün- geren Diabase herrührt. So leitet sich im Mitteldevon der Ueber- gang ein zu den Diabastuften und -Breecien, die im oberen Devon eine so grosse Bedeutung erlangen. ') Es sei hier namentlich auf die Arbeiten von Lossexn und Kayser ver- wiesen in Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1869, 1870 und 1872. [499] Die Eruptivgesteine und ihre .klastischen Derivate. 99 In den tiefermitteldevonischen Diabastuffen gemischten Ur- sprungs haben die gröberen Diabasstücke meist die abgerundete Form der Rollsteine und sind selten leidlich scharfkantig. Die kleinen Bröckchen dagegen sind vielfach ganz scharfkantig, wie heute noch die gekörnten Diabase durch die Verwitterung in scharfkantigen Grus zerfallen. Unter dem Mikroskop erscheinen die Plagioklase darin zersprungen und klüftig, und wieder verkittet theils durch kaolinisches (feldspathiges?) Material, theils durch chloritisches oder dessen Abkömmlinge, braunes Eisenerz und der- gleichen. Das den alten gekörnten Diabasen entnommene Material ist zweifellos durch Verwitterung und Zuspülung in die Tuffe ge- mischten Materials gekommen, ebenso wie die Schieferbröckchen, Quarzite u. s. w. Es müssen demnach jetzt andere Bedingungen obgewaltet haben wie früher in der Unterdevonzeit, sei es, dass die ım heutigen Ostthüringen anstehenden unterdevonischen und älteren Schichten in dieser früheren Periode nicht zerstört wurden, sei es, dass keine Zufuhr von anderwärts zerstörtem Diabasmaterial stattfand. Es ist diese Erscheinung jedenfalls zu Hebungen und Senkungen der Erdkruste in Beziehung zu setzen. 10. Eigentliche Diabase mit gefilzter Textur. Im mittleren und oberen Mitteldevon sind die Diabase den Titaneisendiabasen des unteren Mitteldevons noch sehr ähn- lich; sie unterscheiden sich aber durch die gefilzte Structur 1), durch das Zurücktreten des Titaneisens und das Vortreten des Magneteisens und durch ein meist feineres Korn. Selten ist das Korn so grob, dass es an dasjenige der unterdevonischen ge- körnten Titaneisendiabase erinnert (Lehesten). Die Plagioklase sind, wie schon früher erwähnt, schmaltafelartig und nadelförmig ausgebildet und hinreichend überwiegend, um ein gefilztes Gefüge darzustellen, während die braunen Augite, wie auch bei den kör- nigen Diabasen, allenthalben rundliche Umrisse haben. Die Pla- sioklasnadeln zeigen im Schliff den auf der Zwillingsverwachsungs- 1) Auch Losszx fiel an gewissen Diabasgruppen des Harzes diese gefilzte Textur auf; vergl. dessen »Geolog. und petrogr. Beitr. z. Kenntniss des Harzes« im Jahrb. d. preuss. geol. Landesanst. 1880, >. 8. 7ie2 100 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [500] fläche eingedrungenen Chlorit noch deutlicher und gehäufter, als bei jenen älteren Diabasen, und sind an den Enden sehr gewöhn- lich einfach oder gabelig unregelmässig zugespitzt. Die Apatite sind recht selten im Gestein, und die kleinen Leistchen des titan- haltigen Eisenerzes ragen so eigenthümlich in die Mandelräunie hinein, dass man annehmen muss, die Leisten haben sich erst nach Ausbildung derselben aus der Grundmasse ausgeschieden. Im Oberdevon zeigen die Diabase alle die genannten trennenden Merkmale in gesteigertem Maasse. Das Korn ist hier meist noch feiner, bis zum aphanitischen Habitus, die Farbe ein meist lichtes Grüngrau oder auch ein dunkles Braunviolett. Sind schon die gefilzten Diabase des Mitteldevons zum grösseren Theil mit Kalkmandeln ausgestattet, so sind die oberdevonischen echte Kalkmandeldiabase mit regelmässig geordneten Mandeln von meist sehr regelmässig kugeliger, ellipsoidischer oder langgezogener Gestalt und weit mehr glatter Wandung. Die Ausfüllung der Mandelräume ist dieselbe wie im Mitteldevon; zuerst ein dünnes Häutchen eines pikrolithartigen Minerals, welches selten feine, strahlige Nädelchen treibt, und darüber bald Chlorit und Caleit, bald Caleit und Chlorit, bisweilen beide wechselnd. Weniger häufig sind die Mandeln innerhalb des Pikrolithhäutchens nur mit Chlorit oder nur mit Calcit ausgefüllt, und auch dann treten derartige Mandeln nicht ausschliesslich auf, sondern mehr oder weniger gemischt mit den gewöhnlichen. Der Kalkspath zeigt im Schliff bisweilen noch deutlich seine Entstehung aus früher vorhanden gewesenem strahligen Aragonit; bisweilen drängen sich auch Schwefelkieskrystalle zwischen die ausfüllenden Mineralien hinein. Der Chlorit ist offenbar auch hier aus dem Augit gebildet, wie der Kalkspath aus dem Augit und Plagioklas; daher ist es denn auch nicht zu verwundern, wenn der augitische Gemengtheil sekundär zurücktritt und schliesslich verschwindet. Im Innern solcher Lager, welche nach dem Rand zu keinen Augit mehr im Gestein aufweisen, fand ich, wo dasselbe durch Steinbrucharbeit zugänglich wurde, stets noch Ausgit. Die Mandeln innerhalb eines Lagers lassen im Querprofil sehr häufig eine bestimmte Anordnung erkennen. Zuerst sieht 2 [501] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 101 man deutlich eine Anordnung in einer oder in mehreren und dann parallelen, leidlich geraden Linien. Bei näherer Untersuchung überzeugt man sich, dass diese Linien in vielen Fällen parallel den Lagergrenzflächen oder den diesen parallelen Absonderungs- flächen verlaufen, — oder parallel einer anderen transversalen Kluftfläche. Sodann zeigt sich auch an den Felswänden eine An- ordnung der Mandeln in annähernd kreis- oder ellipsenförmigen ge- schlossenen, oft auch noch concentrisch-parallelen Linien, ohne dass man sonst eine Absonderung im Gestein erkennen könnte, welche diesen Linien entspricht. Es ist das der Anfang zur Bildung der hochdevonischen Kugeldiabase (Saalburg, Ebersdorf, Plauen). Diese letzteren selbst sind Lager oder stockartige Gänge, deren Masse aus grösseren und kleineren, bald mehr sphärischen, bald mehr breitgedrückt-ellipsoidischen Kugeln von !/, bis 11/5” Durchmesser zusammengesctzt ist. Innerhalb der einzelnen Kugeln sind bei nor- maler Entwickelung die Mandeln concentrisch schalig in parallelen Reihen oder vielmehr Lagen geordnet und zwar so, dass die äusserste Lage aus grösseren Mandeln besteht, die sehr häufig in die Länge gezogen und dann mit ihrer langen Achse radial gestellt sind; das Centrum wird bald von dichter, fast mandelfreier Masse ge- bildet, bald sind die Mandeln in Menge und ordnungslos gehäuft. Die Räume zwischen den Kugeln sind ausgefüllt mit Diabasmasse meist feineren Korns und mit kleineren und sparsameren Mandeln, welche Masse sich bei der Verwitterung von den Kugeln ablöst, so dass letztere frei werden. Jene Zwischenmasse ist regelmässig ausserordentlich umgewandelt, mehr als die Masse der Kugeln, und enthält oft weissliche trübe Partien, welche möglicherweise erst später entglastes Glas sind; wenigstens spricht dafür folgender Umstand: zwischen kleineren Kugeln solcher Kugeldiabase findet sich ein schwärzlichgrünes Mineral als Ausfüllung, welches man auf den ersten Blick für reinsten Diabantachronnyn zu erklären versucht ist; im Schliff erkennt man ein schaumig-blasiges Glas, dessen Hohlräume mit Chlorit dicht ausgefüllt sind; oder aber es ist eine graue, ganz fein gekörnelte, in kalten Säuren indiffe- rente Masse, die im polarisirten Licht sich ebenfalls wie ein un- vollkommen entglastes Glas verhält. 102 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [502] Was oben bei der Besprechung der gekörnten Diabase im allgemeinen gesagt wurde, gilt auch für die eben besprochenen Varietäten: im Verhältniss zu den zahlreichen Lagern ist die Seltenheit der Gänge auffällig. Es stehen indess an verschiedenen Orten feinkörnige Mandeldiabasgänge im untern und mittlern De- von, die sicher Wurzeln von oberdevonischen Lagern sind, und an allerdings sehr vereinzelten Punkten ist auch der Zusammenhang zwischen beiden durch Bergbau aufgeschlossen worden. Im Unter- silur stehen innerhalb der schon oben erwähnten Gangsysteme eine ganze Anzahl von schmalen, oft gekrümmten Gängen, in welchen Kalkmandeldiabase feinen Korns ohne Titaneisen und mit etwas gefilzter Textur aufsetzen, die nur als Wurzeln auf diese jüngeren Diabase bezogen werden können. Contakterscheinungen weisen die Gänge weniger auf wie die Lager, und auch diese erzeugen seltener Spilosite und Desmosite, als dass sie die zunächstliegenden Schiefer- und Kalk- partien mit Kieselerde imprägniren. Doch darüber weiter unten Ausführlicheres. 11. Porphyrische Diabase von gefilzter Textur. Im oberen Mitteldevon und tiefen Oberdevon trifft man nament- lich im Osten und Südosten des Gebietes vereinzelte Lager eines durch Augit porphyrischen Diabases, dessen Grundmasse von meist lichten Farben sich von der normalen Grundmasse der gefilzten Diabase nicht unterscheidet, ziemlich fein von Korn ist und vereinzelt grosse olivengrüne Augite enthält. Westlich von Mühl- troff war vor Zeiten ein Gang dieses Diabases durch Steinbruch- betrieb aufgeschlossen, dessen Gestein sich in fussdicke sechsseitige und schiefparallelogrammatische vierseitige Säulen abgesondert hatte. Die grossen Augite sind bisweilen recht frisch, öfter aber stark verändert, sogar bis zur völligen Umwandlung in uralitische Horn- blende und Chlorit. In seltenen Fällen gesellen sich zu den grossen Augiten auch grössere Plagioklase, und es geht dann das Gestein in die nächste Modification über. Weit häufiger sind die durch Plagioklas porphyrischen [503] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 103 gefilzten Diabase. Hier haben sich in einer Grundmasse von feinerem, häufiger in einer solchen von gröberem Korn Plagioklase von weisser bis lichtgraugrünlicher Farbe und von Erbsen - bis über Haselnussgrösse ausgeschieden, die sich von denjenigen in den oben besprochenen alten Porphyrdıabasen-durch in der Regel scharfe Umrisse unterscheiden. Die Grundmasse unterscheidet sich eigentlich nur durch das gröbere Korn von der Masse der ge- wöhnlichen jüngeren Mandeldiabase, sie hat aber mehr Neigung zur Ausscheidung von Epidot, der öfter auch die grossen Plagioklase zeisisgrün färbt. Je grobkörniger das Gestein, um so besser sind die Augite erhalten. Wie in den gewöhnlichen gefilzten Diabasen stellt auch hier neben sehr wenigem stängligen oder gestrickten ächten Titaneisen sich titanhaltiges oktaödrisches Magneteisen ein, welches der Umwandlung in weisses Titanat ebenfalls, wenn auch in geringerem Grade ausgesetzt ist. Meist sind im Gestein deut- lich zwei verschiedene Plagioklase zu unterscheiden: ein vor- wiegender, langgestreckter, die gefilzte Textur bedingender, stärker angegriftener, und ein rundlich eckiger, in der Grundmasse sehr zu- rücktretender, — derselbe, der sich daneben zu den grösseren Kry- stallen entwickelt. Jene leistenförmigen Krystalle werden in seltenen Fällen vereinzelt auch beträchtlich grösser, so dass sie neben den genannten grossen rundlichen Feldspathen den porphyrischen Cha- rakter des Gesteins herstellen helfen. Die Entwickelung zu por- phyrischer Structur schliesst nun keineswegs die Bildung von Kalkmandeln aus; doch findet letztere nicht zu häufig statt, und es sind alsdann die Mandeln durchaus unregelmässig, sowohl bezüg- lich ihrer Einzelform als ihrer Anordnung und stimmen darin mit den Mandeln in den mitteldevonischen Diabasen überein. Dabei kommen in einzelnen Fällen auch noch grosse [erbsen- bis nuss- grosse] Quarzkörner ın reichlicher Anzahl mit ins Spiel, so dass der mittelkörnige gefilzte Diabas dann durch grosse Plagioklase, grosse Kalkmandeln und grosse Fettquarzkörner ein ganz ab- sonderlich porphyrisches Ansehn bekommt (nördlich bei Saal- burg etc.). Die Quarze sind deutlich spätere, also sekundäre, in krystallisirender Weise angeschossene Ausfüllungen von Mandel- räumen. 104 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [504] Sicher zu den beschriebenen Lagern gehörige Gänge stehen vereinzelt im Mitteldevon an. Auch einige Gänge im Untersilur stehen wahrscheinlich mit ihnen in Zusammenhang. 10a. und Ila. Klastische Derivate. Schon im mittleren und oberen Mitteldevon liegen Schichten aus dem Material zerstörter gekörnter Diabase und aus Quarzkörnern und Schieferbröckchen aufgebaut, in welche sich Bröckchen und grössere Stücken von gefilzten feinkörnigen Dia- basen einmischen. Wenn darin die Schiefer- und Sandkörner bis zum Verschwinden abnehmen, dann stellt sich dem Auge ein Gestein dar, welches ohne eingehende nähere Untersuchung als ein wirklicher mitteldevonischer Diabas passiren kann, zumal da sich dann die ellipsoidische concentrisch -schalige Verwitterungs- absonderung in einem sehr vollkommenen Grade einzustellen pflegt, durch welche sich ja die ächten Diabase auszeichnen. Auch unter dem Mikroskop gemahnt Einen das Gestein an einen regenerirten Diabas. Aber, vermag schon ein länger geübtes Auge von Weitem derlei Tuffe als solche zu erkennen, weil ihr Habitus eben doch ein besonderer ist, so findet man bei näherer Untersuchung im Dünnschliff die bekannte Migrationsstruktur der Tuffe und die besondere Umgränzung der Bestandtheile, ferner in Porzellanjaspis umgewandelte Schieferbröckchen, zu Hornstein verkieselte kleine Quarzitgeschiebe, selten sogar auch einmal Bruchstücke einer Versteinerung. Nehmen die Schiefer- und Quarzitbröckchen an Grösse und Zahl zu, dann unterscheidet sich der Tuff leicht an diesen schnell hellfarbig verbleichenden Bestandtheilen. Die Ver- kieselung derselben ist mehr oder weniger stark, das harte hornstein- artige Umwandlungsprodukt ist von feuersteinähnlichem splittrig- muschligen Bruch. Auch der Schiefer im Liegenden und noch stärker der im Hangenden der Tufflage ist auf durchschnittlich 1 bis 5cm Entfernung in derartige Substanz verkieselt. Nehmen die fremden Einmischungen im Tuff sehr zu, so dass das Diabas- material nicht mehr überwiegt, dann ist die Metamorphose weit geringer und zuletzt kaum merklich. [505] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 105 Verschiedenorts nehmen diese Tuftfe noch Mandeldiabasbrocken auf und erhalten dadurch ein etwas anderes Gepräge. Durch Mehrung derselben ist der Uebergang gegeben zu den ächten, vorzugsweise oberdevonischen Diabasbreccien, deren Mate- rial lediglich von gefilztem Diabas geliefert wurde. So mannig- faltig der Gesteinshabitus dieser Breecien auch ist, so bestehen doch alle Varietäten (mit Ausnahme der Kugeldiabasbrececien und der Uebergänge in Schiefer) aus mehr oder minder scharfkantigen oder gerundeten Bruchstücken von Diabasen gefilzter Structur, ausgefugt durch kleinere derartige Bruchstücke und einen Schliech aus kleinsten Bröckchen und zuletzt noch verfestigt durch jene Gesteinsmetamorphose, welche unter theilweiser Zerlegung der augitischen und feldspathigen Gemengtheile Chlorit [in der Itegel ächten Diabantachronnyn] und Calcit in Masse in die noch übrigen kleinen Hohlräumchen hineinführte. Die grösseren Diabasbrocken in einem Lager oder doch in einem grossen Stück eines solchen entstammen sichtlich nur einem einzigen Diabas, bald auch wohl zweien, bald einer ganzen Anzahl verschiedener Diabase. Mittels dieser Brocken nun oder überhaupt nach der Gesteins- beschaffenheit die Breccien in Altersklassen zu theilen, hat sich trotz der ausserordentlichen Menge derartiger Lager in Ostthü- ringen als unmöglich erwiesen !), und wenn ich auch einmal für eine beschränktere Gegend des Gebietes eine solche Theilung glaubte gefunden zu haben, so war sie doch nur von lokalstem Werth und liess sich nicht auf das übrige Ostthüringen aus- dehnen. Die Breccien lassen sich aber sonst nach der Grösse der Diabasbrocken in gröbere und feinere theilen, und es ist gewöhnlich ein Lager unten grobstückig und wird nach oben feinstückig; ebenso wird ein Lager nach seinem horizontalen Rande hin feiner und zuletzt zur sich auskeilenden Schicht von feinstem Schliech. Bei mächtigeren Lagern aber kann man grössere Partien mit feineren und solche mit gröberen Stücken sowohl saiger zur Lager- 1) Eingehendere Studien über die Breceien macht jetzt Herr E. Weise, auf dessen bald erscheinende Arbeit ich mir hier hinzuweisen gestatte. 106 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [506] fläche als in paralleler Richtung zu dieser mit einander abwech- seln sehen. Die Färbung der Breccien ist durch die Farbe der sie zu- sammensetzenden Stücke bedingt; sie ist daher bald durch die ganze Masse graulichgrün, bald bunt, indem rothe und grüne Diabas- stücke durch grünen Grus und Schliech verkittet sind, bald mehr dunkelviolett, wenn die verbindende Masse diese Farbe hat und die einzelnen Diabasbrocken violett oder auch noch ganz oder theilweis grün sind. Wir werden unten auf diese Färbung zurückkommen. Durch ihren petrographischen Habitus heben sich gewisse Varietäten der Breccien von der Hauptmasse derselben ab, ohne indessen überall demselben Horizont anzugehören und ohne auch durch ihre Färbung sich mit zu charakterisiren, da auch sie nach Violett hin nüanciren können. Es sind da zuerst anzuführen Breccien mit vorherrschend aphanitischen, nicht Mandeln führenden Diabasbrocken. Diese sind ziemlich weit verbreitet und häufiger, als man nach dem jetzt geringfügigen Anstehen zugehöriger Diabase vermuthen sollte: vielleicht sind verschiedene derartige aphanitische Eruptivmassen in Ostthüringen, gegenwärtig von Kulmschichten überdeckt, dem Auge entzogen. — ltecht wichtig sind die porphyrischen Brec- cien, welche in ihrer Masse ziemlich regellos eingestreute grosse weisse Plagioklase führen von bald scharfen, bald verwischten oder ganz unregelmässigen Umrissen. Es liegt nahe, diese Lager in Beziehung zu setzen zu den gefilzten Porphyrdiabasen, obgleich es bis jetzt noch nicht geglückt ist, den unmittelbaren Zusammen- hang mit Sicherheit irgendwo im Gebiet aufzufinden. Uebrigens machen sehr viele von diesen grossen Plagioklasen den Eindruck, als ob sie nicht auf sekundärer Stätte liegen, sondern an Ort und Stelle in dem Breccienschliech entstanden seien. Bei anderen freilich ist das nicht der Fall, und auch der Umstand ist bei der Frage nach der Entstehung zu beachten, dass Breccien mit Brocken von porphyrischem Diabas keineswegs so häufig sind, sondern im Gegentheil viel seltener als die genannten porphyrischen Breccien. — Im Gegensatz zu diesen stehen gewisse höchstfeinkörnige Gesteine, welche theils selbständig auftreten, theils als Ausläufer [507] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 107 der gewöhnlichen Breccien erscheinen. Diese weichen Gesteine, welche ich in wirklich frischem Zustande noch nie gesehen habe, obgleich sie grosse Verbreitung gewinnen können (Elsterberg, Schleiz), sehen trüb dunkelerbsgelb aus mit schwärzlichgrünen grösseren und kleineren linsen- und lagenförmigen Einlagerungen und bestehen aus feinsten Chlorit- und Kaolintheilen mit schlecht erhaltenen, sehr kleinen Plagioklas-, Epidot- und anderen Körnern. Das ist offenbar der feinste Schliech, der bei der Ablagerung der Breccie am weitesten fortgeführt werden konnte und so am Rande des Lagers zum Niederschlag kam. — Beachtenswerth sind auch die Breccien, in welche sich mit prächtig ausgesprochener Fluidal- structur feinstkörnige Lagen von sehr geringer Mächtigkeit (0,1 bis 1°® und mehr) und geringer Horizontalerstreckung einlegen, worin sich zahlreiche, mit Chlorit und Calecit gefüllte Mandeln finden. Man könnte diese Breeccien Mandelbreccien nennen, da sie mit den ächten Schalsteinen, z. B. der rheinischen Gegenden, noch keine Aehnlichkeit haben und in ihrer Totalität Breccien bleiben, auch wenn jene schalsteinartigen Einlagerungen sehr zunehmen. Derlei immer parallel der Lagerung, wie fliessend ein wenig auf- und niedersteigende, winzig kleine oder auch grössere, immer aber gegen die eingebackenen Diabasstücke zurücktretenden, mandel- führenden Einlagerungen bestehen, soweit die sehr starke chlori- tische Imprägnation es noch erkennen lässt, aus höchst feinkörniger Masse ohne optische Reaktion, die sich aber bisweilen noch als höchstfeinkörnige Diabasmasse ausweist. Sie machen durchaus nicht den Eindruck, wie etwa die sogenannten vulkanischen Fladen und Lapilli, sondern als ob sie ursprünglich in dem Lager ge- flossen seien. — Die Breccienlager dieser Art gehen gern in die besondere Art der Kugelbreccien über, die ihrerseits wieder durch ganz allmählichen Uebersang mit den Kugeldiabasen ver- bunden sind. Die Kugelbreccien sind Breccien, bei denen die Diabasstücke zum Theil oder auch ganz vertreten sind durch Mandeldiabaskugeln und -Eilipsoide mit concentrisch -schalig ge- ordneten Mandeln, oder, wenn man so will, es sind Kugeldia- base, zwischen deren Kugeln sich allmählich Breecienschliech und dann weiterhin gewöhnliche Stücke anderen Diabases einschieben. 108 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [508] Während die älteren Diabastuffe aus dem tieferen Mitteldevon durchaus keinen Zweifel aufkommen lassen, dass sie aus durch Verwitterung gemürbtem und zerbröckeltem und durch Wasser zusammengeschwemmtem Diabasmaterial bestehen, erscheinen Einem diese Kugelbreccien in weniger vermittelter Weise aus dem Kugel- diabas hervorgegangen. — Es drängt sich bei näherem Studium an Ort und Stelle folgende Anschauung auf: das Diabasmagma stieg bei der Eruption der Kugeldiabase sehr langsam empor, kühlte sich dabei soweit ab, dass es einen halbflüssigen Zustand annahm, zerbarst in diesem Zustande in Stücke, die sich unter gegenseitiger Reibung und Abrundung langsam empor und über den Spalten- rand dann horizontal weiter bewegten, indem sie selbst mehr und mehr erstarrten und indem die dabei sich bildenden Blasenräume und ein Theil der Mineralien die durch die vorrückende Erstar- rung bedingte concentrisch-schalige Anordnung annahmen. In- zwischen drängte sich noch dünnflüssigere Masse nach, zwischen die Kugeln hinein und half letztere in einem der Böschung ab- wärts folgenden Strome weiterschieben, in welchen sich nun von unten und von den Seiten und wohl auch von oben Diabasbrocken, Aschenschliech und dergl. von älteren Ausbrüchen mit einmengten, so dass die Kugeln an dem einen Ende des Stromes durch heiss- flüssige oder halbflüssige Masse und weiterhin daneben noch mit durch wässerig-schlammigen Diabasschliech und endlich ganz durch fremdartiges Diabasmaterial in gröberen und feineren Brocken auf mehr sedimentärem Wege zu einem Ganzen verkittet wurden. — Bei dieser Erklärung entbehrt man wenigstens nicht ganz der Analogien aus vulkanischen Vorgängen der Gegenwart, und hellt sich der durch Uebergänge vermittelte Zusammenhang zwischen den Kugeldiabasen einerseits und den Mandel- und Kugelbreccien andererseits einigermaassen auf. Die oberdevonischen Breccien dehnen sich in Ostthüringen über grosse Flächen zu Tage aus; sie beherrschen namentlich im Südosten und Süden des Gebietes von Brunn-Reichenbach und Plauen über Elsterberg, Zeulenroda, Schleiz, Saalburg nach den Strichen südlich Ebersdorf und Lobenstein hin die Bodenoberfläche so, dass sie für die Wald- und Feldwirthschaft durch ihre treff- u A Be [509] Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. 109 lichen Verwitterungsprodukte von höchster praktischer Wichtigkeit sind und in den Thaleinschnitten eine Menge prächtiger Land- schaftsbilder liefern. Die einzelnen Lager haben, soweit die Auf- schlüsse ein Urtheil zulassen, nur in einer Richtung eine grössere Horizontalerstreckung und sind in der entgegengesetzten schmal; dabei sind sie oft sehr mächtig, so dass ihre Höhe nach dem Rande hin sehr rasch abnimmt; oft liegen eine ganze Anzahl sol- cher Lager übereinander (Steinigt südlich Elsterberg u. s. w.). Mit den Breccien sind die eruptiven Mandeldiabase sehr häufig räum- lich auf das Engste verbunden, so dass sich der Oausalnexus dann auch leicht nachweisen lässt. Lager von Mandeldiabas liegen innerhalb eines Breccienlagers, und dann macht die Breccie im Liegenden des Diabases ganz den Eindruck eines Schlackenbettes (ein ausgezeichnetes höchstmitteldevonisches oder tiefoberdevoni- sches Lager der Art in Schleiz); oft auch bilden die Diabase das Liegende .der Breccie, oder es schliesst ein Breccienlager in hori- zontaler Richtung mit einem Diabas ab; recht gewöhnlich taucht auch an der Oberfläche eines anstehenden Breccienlagers ein Man- deldiabas kuppenbildend inselartig vor, der meist zu der betreffen- den Breccie genetisch in Beziehung steht. Sehr mächtige, bezw. gehäufte Breccienlager finden sich im Hangenden des Devons und im Liegenden des Kulms, dessen Kalke häufig noch Brocken aus dieser Breccie umschliessen 1). Diese Breccie ist auch die räumlich verbreitetste und darum auch speciell kurz zu bezeichnen als die hangende Breccie. Sie vertritt vielorts die Venustaschiefer, die jüngstdevonischen Cypri- dinenschiefer, und schliesst für Ostthüringen die durch ihre so ausserordentlich zahlreichen Diabaseruptionen gekennzeichnete De- vonzeit würdig ab. Jüngere Breccien giebt es nicht. Ausser an dieser Stelle finden sich noch Breccienlager von grösserer Mächtig- keit gern ein im Liegenden der Clymenienkalke, im Liegenden 2) In den Schiefern des untersten Kulms liegen verschiedenorts einzelne sehr mandelreiche, bimsteinartige Brocken aus dieser Breccie, die ganz den Eindruck machen in ihrer Vereinzelung, als ob sie trocken gelegene Lapilli gewesen, welche eine Zeit lang im Wasser geschwommen und dann erst in den später zu Schiefer erhärtenden Schlamm niedergesunken sind. 110 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [510] der Goniatitenkalke und endlich im höchsten Mitteldevon. Aber auch in anderen Horizonten stellen sie sich ein; innerhalb der Knotenkalke breiten sie sich stellvertretend aus, und es giebt da Uebergangsgebilde, welche in Kalkknotenreihen, eingebettet in Breccie, bestehen oder auch ım Knotenkalk, dessen Knoten durch Breccienschliech verkittet sind. 12. Der Variolit. Eine besondere Entwickelung der gefilzten Diabase bietet Ost- thüringen in den Varioliten, und zwar in den ächten Varioliten mit einer licht grüngrauen bis dunkelgrünen Grundmasse, die von verworrenen oder in parallele Systeme geordneten, lichteren, haar- förmigen Gebilden durchsetzt ist und mit licht blaugrauen oder licht grüngrauen Variolen, die ebenfalls mit derlei haarförmigen Gebilden bald in radialfaseriger, bald in blumiger und arabesken- artiger Anordnung geziert sind. In horizontaler Erstreckung eines ‚Lagers geht die Grundmasse in die vollkommen gewöhnliche Masse der Diabase mit gefilzter Textur über; in vertikaler habe ich nur scharf absetzende Grenzen gegen andere Diabase oder gegen Sedi- mentgesteine gesehen. Da die Variolite in Ostthüringen zu den seltener auftretenden Gesteinen gehören und nicht von den analogen Gesteinen abweichen, die ZIRKEL in seinen erschöpfenden schönen Arbeiten geschildert hat!), verzichte ich auf eine nähere Beschreibung und beschränke mich darauf, zu erwähnen, dass dann, wenn die Variolen Galläpfelerösse erreichen, innerhalb derselben die haar- förmigen Krystalliten mehr in viele Parallelsysteme geordnet sind, und dass sich dann auch Parallelsysteme von einem schwach titan- haltigen haar- bis kammförmigen Eisenerz einstellen, welche Titan- eisensysteme aber in ihrer Richtung von der jener haarförmigen Krystalliten und Körnchenreihen unabhängig sind und dieselben unter allen möglichen Winkeln kreuzen. Die wenigen Variolite Ostthüringens (Station Beuth, Pirk, Pausa, Saalburg, östlich Lobenstein, Wurzbach) bilden Lager oder Lagergänge, soweit man urtheilen kann, und diese stehen 1) Zirker, »Die Structur der Variolite« 1875. 511] Die Eruptivgesteine und ıhre klastischen Derivate. ll sämmtlich im oberen Mitteldevon und an der Basis des Ober- devons. 13. Die Diabase im Kulm. Mit den Eruptionen im jüngsten Devon und der Ausbreitung der dort hangenden Breccien hatte ın Ostthüringen die so lange währende Periode der Diabasausbrüche einen gewissen Abschluss erreicht: höher hinauf im Kulm giebt es keine Breecien mehr und keine Diabaslager; doch setzen im unteren Kulm noch einige ganz vereinzelte Gänge eines Diabases auf (südlich Saalfeld, Ebersdorf, Plauen). Dieselben streichen meist h. 9, wenden sich vereinzelt auch nach h. 6, haben also im Ganzen das Streichen der Franken- waldachse. Das Gestein!) steht ausserordentlich nahe dem der unter 10. geschilderten, jüngeren, gefilzten Diabase, nur dass es srobkörnig ist und sehr seltene und dann kleine Mandeln um- schliesst. Durch eine grössere Neigung zur Ausbildung von sekun- därer Hornblende und einen grösseren Reichthum an Titaneisen stellt es sich andererseits der Grundmasse der porphyrischen Dia- base mit gefilzter Textur sehr nahe und hält so zwischen beiden die ungefähre Mitte. Dazu kommt noch, dass es sich an einer Lokalität (Bretternitz bei Saalfeld) sogar zur Ausscheidung grösserer Plagioklase erhebt. Neben dem feinen Magneteisen hat sich durch spätere Umwandlung oft Eisenglanz in Flittern und Rotheisenstaub in so reichlicher Menge ausgeschieden, dass das Gestein rothgrau wird und ein röthliches Pulver giebt. Sonst variiren auch diese kulmischen Diabase — wie die anderen auch — innerhalb dieser ihrer in allgemeinen Umrissen bestimmten petrographischen Eigen- schaften an den verschiedenen Punkten ihres Auftretens sehr er- heblich. So treten, um nur Eins zu erwähnen, bisweilen die chloritischen Substanzen und Hornblenden sehr zurück und mehren sich die Magneteisenkörnchen als Zersetzungsprodukte des Augits, der von Hause aus wohl etwas seltener war, so dass das Gestein eine lichtgraue Farbe erhält (östlich Lobenstein, Plauen). !) Das Gestein eines derartigen Ganges hat Darue ausführlich beschrieben im Jahrbuch d. D. geol. Ges. 1851, S. 307. 112 Die Eruptivgesteine und ihre klastischen Derivate. [5 12] = Eine kleine Anzahl von Gängen gefilzten, ziemlich grob- körnigen Diabases in der Gegend von Hirschberg, welche dort das unterste Silur durchziehen, erinnert bei der ganz auffälligen, allerdings durch die Aufschlüsse mit bedingten Frische des Ge- steins in seiner ganzen Textur und Zusammensetzung so lebhaft an diese jüngsten Diabase, dass ich die Vermuthung auch ihrer Alterszugehörigkeit auszusprechen wage. Vi. Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. Wenn ich im nachstehenden letzten Kapitel noch über die Erzführung Ostthüringens mit berichte, so kann ich mich hier mit einer flüchtigen Skizze der Erscheinungen und bezüglich des Zusammenhanges mit den anderweitigen geologischen Verhält- nissen mit kurzen Andeutungen begnügen, da das Ausführlichere hierüber zweckmässiger theils die Abhandlungen zu den einzelnen Kartensektionen, theils eine damit in Zusammenhang stehende besondere monographische Bearbeitung berichten werden. 1. Erze auf Gängen. Für Ostthüringen gilt ziemlich ausnahmslos die Regel, dass nicht auf den grossen verwerfenden Klüften sich Erze ausgeschieden haben, sondern vielmehr auf den kleineren, den Schichtenbau wenig störenden. Die grossen Verwurfspalten werfen oft sehr viel Wasser an den Tag, und zwar nicht nur da, wo sie durch Thäler hin- durchstreichen, sondern auch auf den Hochflächen; aber das ist meist recht reines Gebirgswasser, mit aufgelösten Eisen-, Kalk- und anderweitigen Mineralsalzen nicht beladen. Auch die ver- schiedenen, durch die Quellführung des Bodens hervorgerufenen bergmännischen Versuche haben nur die Taubheit solcher Klüfte constatirt. Eine wenigstens theilweise Ausnahme macht das Gangsystem »Haus Sachsen« (Saalfeld). Hier ist entlang einer Anzahl eng beisammenstehender nordwestlich streichender Parallelklüfte, die schon oben wegen’ ihrer gewaltigen Längserstreckung als Bei- spiel aufgeführt wurden, das Untersilur neben dem Cambrium bis 8 114 Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. [514] fast zum Verschwinden gesunken, und weiterhin ist das Oberdevon und Unterdevon neben das Untersilur und Cambrium gerückt worden. Hier nun stehen Gänge an, die neben Kalkspath und Bitterspath auch Kupfererze u. s. w. führen und ehedem einem starken Bergbau das Leben gegeben haben. Aber diese Gänge laufen zwar in grösster Nähe den eigentlich verwerfenden Klüften parallel, setzen aber nicht in diese hinein, oder werden, wo sie es thun, ihrer Ausfüllung ledig. Soweit ich jetzt nach- kommen konnte, machen die Gangausfüllungen den Eindruck der Infiltration aus den früher vertikal darüber im Hangenden an- stehenden jüngerpalaeozoischen Schichten mit ihren Kalkknoten- schiefern und Knotenkalken. Ebenso meilenlang zieht sich unweit Schleiz und Zeulenroda bis zum Elsterthal der Werner-Morgenzug in durchschnittlich nordöstlicher Richtung vorüber, ein System von Gängen, welche sich bald zu einem mächtigen Gang zusammenschaaren, bald in eine Menge kleiner Gänge und Trümer auflösen, um sich alsbald wieder zu vereinigen. Diese Gänge sind sehr oft durch horizontal verschiebende Klüfte von vorherrschend nordwestlichem und nörd- lichem, aber auch sonst von allerhand Streichen verworfen und führen neben Quarz Antimonglanz mit Arsencisen, Pyrophyllit, Arsenkies u. s. w. Die Erzführung dieses Zuges, welcher im untern Siılur und nur in der Nähe von Zeulenroda einmal auf kurze Strecke im Devon steht, ist abhängig von einem zweiten Gang- system im unteren Silur und älteren Devon mit ebenso zahl- reichen Ramificationen, den »Gangschleppern«e. Das sehr ver- änderliche, gegen Tag immer sehr umgewandelte Gestein der- selben ist früher bald für Porphyr, bald für Grauwacke erklärt worden, ist aber in der That ein jüngerer Diabas von schon gefilzter Textur und in einzelnen Partien sogar mit kleinen Caleit- mandeln, welcher sich von dem gewöhnlichen Vorkommen dadurch unterscheidet, dass er [wenigstens in den jüngeren Ergüssen] reich- lich primären Olivin, sowie Augit und Enstatit und mehr sekun- dären Quarz neben dem Kalkspath führt ). Die Gänge des 1) Ausführlicheres über dieses Gestein bei C. A. Mürrer, »Die Diabase aus d. Lieg. d. ostth. Unterd.« S. 30. [5 1 5] Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. 115 Werner-Morgenzuges zerschlagen sich um so mehr, je mehr sie sich von dem Hauptgang dieses Diabases entfernen, und werden dann erzarm; umgekehrt werden sie um so reicher, je näher sie sich zu demselben hinziehen; werden aber ganz arm an Antimon- glanz oder geradezu taub, sobald sie sich wirklich anschaaren [Kreuzung kommt nicht vor], während dann der Diabas sich mit langsäuligem Arseneisen u. dergl. anreichert. — Zweifellos steht der Diabas des »Gangschleppers« zu der Erzführung der Antimon- gänge in causaler Beziehung; welches aber der Zusammenhang ist, — wie die Abscheidung des Antimonglanzes bewerkstelligt wurde, das steht noch aufzuklären, da der Diabas nach meinen sehr sorg- fältıg geführten Untersuchungen keine Spur von Antimon führt und überdies nicht viel mächtiger ist wie jene Gänge. Im Cambrium nördlich von Greiz stehen einige in der Rich- tung h. 1, also in der der ältesten Sattelung streichende Gänge, welche sich aber bei im Ganzen leidlich gleichbleibendem Streichen vielfach krümmen, und von denen wenigstens der eine zu einem Lagergang ward und dabei ansehnlich an Mächtigkeit zunahm. Die Gangart ist Quarz mit silberhaltigem Bleiglanz, und es ging in alten Zeiten hier eine zeitlang ergiebiger Bergbau um. Das Nebengestein ist ein sericitischer Schiefer dicht im Liegenden des quarzitisch entwickelten Obercambriums, und es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass die in dem letztgenannten Gebirge lagernden feldspathigen Quarzite mit den begleitenden hornblende- führenden Schiefern und Porphyroiden die Gangausfüllung wirksam beeinflusst haben. Als vor längerer Zeit einmal die älteren Stolln versuchsweise wieder ausgerichtet wurden, hatte ich Gelegenheit, mich zu überzeugen, dass die Bildung der Gangspalten sicher schon in der Zeit der frühesten (h. 1) Sattelbildung begonnen hat und dann den späteren Sattelungen noch mit unterliegen musste. Dass unter solchen Umständen die ursprünglich einfache Gangform eine scheinbar unregelmässige werden musste, ist einleuchtend. Eine gleiche Bewandtniss hat es mit den Quarztrumen im Unter- silur und Cambrium des östlichen Ostthüringens. Viele von ihnen hatten ein ursprüngliches Streichen h. 1, auch wohl h. 7, und haben später an allen Stauchungen und Faltungen mit theil- 8* 116 Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. [516] genommen, welche im Gefolge der erzgebirgischen und Franken- wald-Sattelbildung über diese Schiefermassen kamen. Ja es haben sogar sehr feine Quarztrümehen in unzählbarer Menge auch an dem Fältelungsprocess mit antheilgenommen. Ueber das ganze Gebiet verbreitet sind die Dreiuhr-Trumen, meist nur bis fussmächtige, in keiner Dimension sich weit er- streckende, bald zwischen den Schichten, bald quer zu ihnen ver- laufende kleine Quarzgänge, welche in unmittelbarer Beziehung zur erzgebirgischen Sattelung stehen und namentlich auch noch im Kulm anzutreffen sind. Nicht zu verwechseln mit diesen sehr häufigen Erscheinungen sind die starken Quarzgänge, die, falls sie nicht Lagergänge sind, sich von den vorgenannten schon durch die geradlinige und grössere Erstreckung unterscheiden. Die Porphyroidlager verlaufen da, wo sie an ihren horizontalen Grenzen zusammenschwinden, gern in Quarzlagergänge, die ihrerseits wieder öfter mit quer durch durch den Schiefer aufsetzenden Gängen in Verbindung stehen. Wenn bezüglich des Streichens dieser starken Quarzgänge auch ein Vorherrschen der oben vorgeführten drei, bezw. vier Haupt- richtungen nicht zu verkennen ist, so finden sich doch alle halben Stunden des Kompasses vertreten. Mit diesen stärkeren Quarzgängen ist wohl auch das Vor- kommen von Waschgold in Verbindung zu setzen, welches nach sicher beglaubigten Nachrichten früher im Wetterathal bei Saal- burg, nach weniger sicheren Nachrichten auch noch in der Elster (Weida), in den Thälern bei Lobenstein u. s. w. gewonnen wor- den ist. Eine räumlich recht weite Verbreitung haben auch die Schwerspathgänge Die eine Klasse derselben, die zahl- reichste, steht im Zechstein und im Kulm an, in letzterem aber nur, wo der Zechstein das Hangende bildet, bezw. gebildet hat, und diese Gänge setzen [oder setzten] sämmtlich durch den Zech- stein in den Kulm nieder, um sich dort in geringer Teufe auszu- keilen. Aufwärts reichen sie im Zechstein nie hoch hinauf, son- dern verfliessen innerhalb der untersten Glieder desselben im geschichteten Dolomit und Kalk. Betrefis des Streichens gilt im [517] Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. NR Ganzen dasselbe wie von den stärkeren Quarzgängen: es ist sehr verschiedenartig, wenn auch die Achsenrichtung der Hauptsättel vorwiegt. Der Schwerspath der Gänge vergesellschaftet sich ver- schiedenorts mit Kalkspath, selten mit Quarz, und führt Kupfer- kies, silberhaltiges Fahlerz, Eisenspath nebst den sekundären Mala- chit, Lasur, Brauneisenerz u. s. w. Dass alle diese Gangmittel und Erze den älteren Zechsteinschichten, namentlich aber dem Kupfer- schiefer und seinen Aequivalenten entstammen, unterliegt keinem Zweifel. Auf dem ganzen Streifen des Ausstreichens von Zech- stein, von Zeitz über Gera und Neustadt, sind derlei Gänge häufig und haben verschiedenorts zu bergmännischen Unternehmungen Anlass gegeben, die leider meist wenig eingebracht haben. Ihnen schliessen sich die besonderen Erzgänge im Berg- gebiet Kamsdorf-Saaifeld (Rother Berg u. s. w.) an, wo die Verhältnisse durch Rutschungen, Senkungen und Verwerfungen etwas complicirter sind. Viele und gerade die erzreicheren dieser Gänge, welche übrigens dieselben Erze führen, wie jene, nur dass der Spatheisenstein mehr vor- und der Schwerspath mehr zurücktritt, sind keine Gänge im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern mehr Rücken, Spalten, gefüllt mit den mehr oder weniger veränderten Bruchstücken der anstossenden Gesteinsbänke und mit Kalkspath, Schwerspath und Eisenerzen als Kitt derselben.) Auch im Bereich der älteren Formationen stehen Schwerspath- gänge, wenn auch weit seltener. In ihrer unmittelbaren Nachbar- schaft ist regelmässig das Gestein in der einen oder anderen Richtung weithin verkieselt. Auch stehen die mächtigsten [über 12 mächtigen] Gänge immer ım Mitteldevon (östlich Schleiz u. s. w.) und mehr oder weniger senkrecht zum Streichen benachbarter Hauptverwerfer. Auch derartige Gänge führen Eisenkies, Kupfer- kies, silberhaltige Fahlerze und deren Abkömmlinge in meist sehr kleinen Körnern und Druschen, und ausserdem noch viel Quarz. Eine sehr wichtige Rolle spielen die Eisenspathgänge. Abgesehen von den schon erwähnten Gängen im Zechstein und !) Vergl. auch Speneter in Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1354, S. 405 und a. a. 0. 118 Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. [518] Kulm des Kamsdorf-Saalfelder Reviers vertheilen sich dieselben vorzugsweise über einen immer breiter werdenden Streifen, wel- cher von Gefell-Hirschberg aus westwärts über Saalburg-Lobenstein hin verläuft. In früherer Zeit ging auf ihnen ein bedeutender Bergbau um; jetzt sind es bis auf wenige Berggebäude nur noch mächtige Pingenzüge, welche von der ehemaligen Herrlichkeit und von der Richtung des Streichens erzählen. Die Gänge sind eben- falls in Gruppen zusammengestellt, welche zum guten Theil im unteren Silur (Waidmannsheil u. s. w.), aber auch in jüngeren For- mationen (Ebersdorf u. s. w.) sowie im Cambrium (Lobenstein u. s. w.) stehen. Im Allgemeinen begegnet man einem nordwest- lichen Streichen am häufigsten, und namentlich sind es die Gänge sehr langer Erstreckung, welche diesem Frankenwaldstreichen fol- gen. Sonst aber giebt es auch Gruppen mit dem Streichen vor- herrschend h. 10— 11, oder 5—7 u.s. w. Ein erzgebirgisches, nordöstliches Streichen ıst selten, was um so bemerkenswerther ist, als in dem Gebiet unserer Fisenspathgänge die erzgebirgische Sattelung noch dominirt. Die Gänge führen meist vorwiegend Quarz, oft auch vorwiegend Kalkspath, sodann in erster Linie Eisenspath, Ankerit, Braunspath, Eisenkies, in zweiter Linie und mehr lokal Antimon- und Arsennickelglanz (Lobenstein), Kupfer- kies, Bleiglanz, Zinkblende, Tombazit und deren Abkömmlinge. Bei verschiedenen dieser Gänge, deren Verbindung mit in der Tiefe ganz und gar zerfressenen und ausgelaugten Eruptivmassen der Berg- bau und die Kartirung nachgewiesen haben, ist sicher das Material zur Ausfüllung und Erzführung durch alte porphyrische Diabase (Gesammt-Reussisch-Haus Fundgrube bei Lobenstein u. s. w.) oder durch alte Schalsteine geliefert worden. Andere wieder stehen mit den untersilurischen Quarziten in auffällig häufiger und inniger Ver- bindung (Waidmannsheil und weiter östlich). Bei verschiedenen, im Untersilur stehenden scheint auch die Thuringitzone zwischen Silur und Cambrium mitgewirkt zu haben. Die in den jüngeren Systemen stehenden Eisenspathgänge setzen nicht nur durch Schiefer, son- dern ausnahmslos neben und durch Diabase verschiedenen Alters, namentlich auch durch unter- und mitteldevonische Diabase und Tuffe auf und verdanken diesen ihre Erzführung. Ze Bd = ie FE lan [519] Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. 119 2. Erzbildung auf Lagern und im Contakt. Die Abtheilung des Zechsteins führt in ihren unteren Glie- dern allenthalben ein wenig Kupferkies, Fahlerz und Bleiganz in meist winzigen Einsprenglingen, ebenso, wenngleich noch seltener (nur bei Saalfeld häufiger), Kobalterz. Im Norden und Östen mehren sich die Einsprenglinge allerdings nesterweise so, dass sie Bergbauversuche veranlasst haben; bis zur Ergiebigkeit jedoch steigert sich die Erzführung erst da, wo der Kalk und Dolomit dieser tieferen Zechsteinglieder stellvertretendes Eisen- (und auch Mangan-) Oxydul in grösserem Procentsatz enthält; das ist in dem Zechsteinausstreichen von Saalfeld bis Ranis und in sehr abge- schwächtem Maasse noch weiter bis gegen Neustadt hin der Fall. Hier hat sich — allerdings infolge von Rutschung und Senkung — auch Kupferkies im Hangenden des Kupferschieferlagers ausge- schieden (Kronprinz-Gang u. s. w.), und ist vielfach die eine oder andere Bank im tiefsten Zechstein zu Eisenkalk, zu einem Rücken mit Eisenspath, zu einem Brauneisensteinlager geworden. Hier bewirkt einerseits die Auflösung und Abführung des kohlen- sauren Kalkes und der Magnesia eine Anreicherung des ursprüng- lichen Gesteins an Eisenerz, und andererseits thut dies zugleich die meist. später erfolgte Zuführung von gelöstem Eisencarbonat aus anderen, namentlich höher gelegenen Gesteinspartien. Noch heute gewähren diese Lager und die mit ihnen verbundenen Gänge einen ergiebiren Bergbau. Da, wo der Zechsteindolomit nur der Auslaugung der kohlensauren Kalkerde, sodann aber auch der kohlensauren Magnesia unterlag, schufen die Dolomitlager aus sich heraus kleine Lager von Ocker oder Umbra (Triptis, Saalfeld u. s. w.), ein Process, an dem auch obersilurische Knotenkalke mit Erfolg theilgenommen haben }). Ohne praktische Bedeutung sind die kleinen Lager kieseligen Brauneisensteins im Liegenden der mittelsilurischen Kieselschiefer, D) Sonst werden vielfach vollständig verwitterte Schalsteine, Breccien und feinkörnige Diabase als Material für Goldocker, und durch Auslaugung der Kiesel- erde beraubte schwarze Kieselschiefer und Alaunschiefer als Material für Schiefer- schwarz abgebaut. 120 Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. [520] ud Abkömmlinge der kleinen Diabaslager innerhalb genannter Ab- theilung. Sehr wichtig dagegen sind oder waren vielmehr die Diabas- lager, Schalstein- und Breccienlager, und unter diesen wieder vorzugsweise die mächtigen oberdevonischen Breccien; denn diese alle haben eine so grosse Menge von Rotheisensteinlagern, stellenweise auch von Brauneisensteinlagern erzeugt, dass deren Eintragung auf den Aufnahmekarten trotz des grossen Maassstabes Schwierigkeiten macht oder gar unmöglich ist. Wo die Lager- flächen jener Gesteine diejenige der Schiefer- oder der Kalkbänke, oder auch, wenngleich in geringerem Grade, wo sie sich gegen- seitig berühren, da findet unter günstigen Umständen unter Ein- wirkung der beiderseitigen Gesteinswasser ein gegenseitiger Aus- tausch der Stoffe statt, wodurch die äusseren Schalen der sich berührenden Lager in Eisenerz umgewandelt werden. In der Regel wird wohl die Lösung der Eisenmineralien durch mit Kohlensäure beladenes Gesteinswasser vollzogen werden, und es tauscht dann in der Nähe der Contaktfläche das gelöste Eisencarbonat seine Basis gegen Calcia und Magnesia um, weil das Eisenoxydul hier im Kluftwasser genug Sauerstoff vorfindet, um sich sofort zu dem so viel beständigeren Oxyd, also zu Rotheisenstein, höher zu oxy- diren. Ein solcher Process setzt voraus, dass die mit Sauerstoff beladenen Tagewässer die auf den Klüften circulirenden, weiter unten als Quellen wieder zutagetretenden Wasser speisen. Und allerdings ist es eine durch tausendfältige leidige Erfahrung er- härtete Thatsache, dass alle diese Rotheisen- und Brauneisenstein- gänge nie mehr als einige wenige Lachter unter die Sohle des nächstgelegenen Thales hinabreichen. Auch hängt damit der Um- stand zusammen, dass zwischen zwei Lagern sich um so mehr Eisenstein entwickelt, je stärker die Lager geneigt und durch die Sattelung gewunden, dabei womöglich auf ein Stück über einander weggeglitten und räumlich vielfach getrennt sind, und um so we- niger, je horizontaler und ungestörter sie liegen. Dass dabei auch entlang querer Klüfte Ramificationen in die Kalke und Schiefer sowohl wie in die Diabase und Breccien hinein von den Haupt- a | # [521] Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. 121 lagern aus abzweigen, ist leicht zu verstehen!). So ist diese Art von Erzlagerstätten sehr recenter Entstehung und bildet sich noch jetzt fort. Wo die hangende Breccie auf Clymenienkalk liegt, ist die Reihenfolge innerhalb der Erzlagerstätte aus dem Hangenden ins Liegende schr gewöhnlich folgende: Breeere — stark eisen- schüssige Breccie — lockerer Braun- und Rotheisenstein, entstanden aus Breceie — Rotheisensteinschalen — rother Eisenkalkstein — mit Eisenerzpartikeln und Chlorit imprägnirter Knotenkalk. Viel- fach sind diese Erze recht milde und trefflich zu brauchen; viel- fach hat aber auch eine Verkieselung stattgefunden, und zwar vorzugsweise da, wo die mit der Sattelbildung eintretenden Rutschungen zerstörenden Charakter annahmen und sich zwischen den Lagern ein hücken, eine Zerreibungsmasse bildete. Ent- sprechend verhalten sich die übrigen Breccien und Tuffe und auch die Diabase des Oberdevons; nach unten zu ım Mitteldevon sind die- Eisensteinlager schwächer, im Unterdevon auch selten, und erst im tiefsten Silur werden sie mit dem Schalstein wieder häufiger. Die älteren Schalsteine und Diabaslager haben vorzugsweise die Entwickelung von Brauneisensteinlagern be- werkstellist. Hierher gehört der berühmt gewordene Brauneisen- steingang der »Armen Hilfe« bei Hirschberg mit seinem Libethenit, Prasin, Tagilit, Bismutit, Bismutoferrit u. s. w. Dieser Gang ist ein Lager, entstanden im Contakt von steilaufgerichtetem Epidiorit- schalstein mit jungcambrischem Schiefer, welches ebenfalls nicht unterhalb des Niveaus der nächsten Thalsohle hinab fortsetzt. Manche von diesen neueren Erzlagern innerhalb des älteren Ge- birges haben auch Nickelerze, Kupferglanz und andere Kupfererze und Eisenkieslager zur Ausscheidung gebracht (Hirschberg u. s. w.). Sonst stösst man auf Kupfernickel und andere Nickelerze noch innerhalb der Tuffe und Diabase des Mitteldevons (Schleiz u. s. w.). 1) Die Eisenspathgänge setzen weit tiefer nieder, werden in Ostthüringen aber bei gewissen Teufen auch stets erzarm und zuletzt taub. Der Eisenstein- bergbau ist in diesem Gebiet daher auf die Erschürfung neuer Lager und Gänge angewiesen, nicht aber auf die Ausrichtung alter Baue, die angeblich nur wegen Andranges der Wasser verlassen wurden. Diese sind nur in Ausnahmefällen höfflich. 122 Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. [522] In analoger Weise wie diese Roth- und Brauneisensteine haben sich im oberen Zechstein aus dem Plattendolomit Braun- eisenerzlaxer gebildet, welche in alten Zeiten bergmännisch ausgebeutet wurden (Gera). Die mit Eisenlösung beladenen Wasser aus dem Buntsandstein und rothen Zechsteinletten wandelten von aussen herein den Dolomit um, und zwar mit scharfen Erzzonen, so dass man innerhalb der grossen Erzstücke noch die Kerne von unversehrtem Dolomit herausschlagen kann. 3. Verkieselung. Wie ich schon wiederholt Gelegenheit hatte zu bemerken, geht von den Diabasen und noch weit mehr von den Tuften und Breccien eine spätere und langanhaltende Imprägnation des Neben- gesteins mit Kieselerde aus, und zwar wirkte dieser Process mehr nach oben wie nach unten. So sind sehr gewöhnlich im Unter- devon, namentlich in dessen tiefsten Schichten, Schieferlagen und Bänke von Kalkknotenschiefer in Hornstein [Adinole] umgewan- delt. Im Mitteldevon sind verschiedenorts im Hangenden der Tuffe und Diabase die feinen Schiefer in schwarze bis graue Kieselschiefer umgeändert, welche von den mittelsilurischen Ly- diten gar nicht so leicht zu unterscheiden sind; die Kalkgrau- wacken aber sind in schwärzliche Quarzite verkehrt oder auch in bunte quarzitische Sandsteine. Die Einwirkung erstreckt sich hier wie dort meist auf eine Entfernung von 1 bis 3 Fuss (0,31—0,94”), bisweilen auch etwas weiter. Im Oberdevon verkieseln die Breccien die Schiefer und Kalke und schaffen bei der Gelegenheit auch ge- legentlich Kieseleisenstein; ja eine Breccie verkieselt auch eine auflagernde Breccie auf einige Zoll. Am umfänglichsten und am weitesten hat aber der Complex der jüngsten (der hangenden) oberdevonischen Brececien gewirkt: auf beträchtliche Strecken hin ist der unterste Kulmschiefer in grauen Hornstein und der untere Kulmsandstein in harten Quarzit metamorphosirt, und es reicht diese Wandlung stellenweis sicher bis 6% durch das hangende Gebirge hindurch, in manchen Fällen wahrscheinlich noch weiter. [523] Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. 123 Unter welchen Bedingungen und Umständen diese Verkiese- lung eingetreten ist, das zu eruiren ist mir bis jetzt noch nicht gelungen. Allerdings ist eine gewisse mechanische Vorbereitung, bestehend in der Aufrichtung und Stauchung, bezw. Rutschung und Zertrümmerung, dabei mit im Spiel gewesen; es giebt aber gar zu viele Stellen, wo dergleichen Störungen auch obgewaltet haben, ohne dass eine so vollkommene Imprägnation mit Kiesel- erde stattfand. Warum die Breccien mehr als die Diabase, warum sie mehr nach oben wie nach unten metamorphosirend wirkten, darüber gestatte ich mir im nachstehenden Kapitel Näheres zu bringen. 4, Delomitisirune. An vielen Stellen von theilweis grösserer horizontaler Aus- breitung hat das aus der oberdevonischen unteren und mittleren Breccie nach oben dringende Gesteinswasser nicht als saures, mit Kieselerde beladenes gewirkt, sondern als basısches, mit Magnesıa beladenes. Es sind da die oberdevonischen Kalke auf Meterweite und noch weiter in das Hangende hinein in ächten krystallinischen, zum Theil sehr grobkrystallinischen Dolomit umgewandelt (Schleiz, Zeulenroda u. s. w.). Es sind das dieselben Bänke, welche weiter- hin in der Nachbarschaft, wo sie dem Umwandlungsprocess nicht ausgesetzt waren, nur sehr wenig kohlensaure Magnesia (1!/, pCt. in einer Probe) enthalten. Die der Breccie nähere, also liegende Hälfte dieser Dolomitbänke oder Dolomitschalen ist überdies noch so stark mit Chlorit imprägnırt, dass der eigentlich gelblichweisse Dolomit hier graugrün wird, bisweilen auch grünlichbraun, wenn auch noch eine Anreicherung mit Eisen dabei im Spiele war. Diese Dolomitisirung ist also die entgegengesetzte von der- jenigen der Zechsteindolomite, welche durch Auslaugung der kohlensauren Kalkerde aus dem ursprünglich als dolomitischer Kalk niedergeschlagenen Material immer mehr zu ächten Dolo- miten geworden sind, und welche ich früher als sekundäre Dolo- mitisirung bezeichnet habe). !) Vergl. Zeitschr. d. D. geol. Ges. 1855, 406. 124 Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. [524] Dass die Breecien beträchtlich kräftiger umwandelnd wirkten, wie die Diabaslager, erklärt sich leicht aus dem Oharakter der- selben als zerkleinertes, theilweis fast pulverförmiges Material, welches von Anfang an und auch später noch nach leidlicher Ver- festigung den Gesteinswassern weit leichteren Durchzug und weit mehr Oberfläche bot, wie die compakte Masse der Diabaslager. Dass der verkieselnde und dolomitisirende, überhaupt umwandelnde Einfluss der Breccien und Diabaslager sich weit stärker nach oben als nach unten zu erkennen giebt, ist ein Räthsel, welches einfach ein Hinblick auf die Gesetze der Diffusion löst. Wenn nach Ablagerung der Breccien sich auf denselben eine Lage zunächst noch weichen und dann sich allmählich härtenden Schiefer- und Kalkmaterials niedergeschlagen hatte, dann stand in beiden Lagern Gesteinswasser, und es musste nach der Natur der mineralischen Zusammensetzung das Wasser innerhalb des Diabases oder der Breecie sich reicher und mit verschiedenartigeren Stoffen lösend beladen, wie das Wasser in den hangenden indifferenteren Ge- steinen. Es musste demgemäss vermöge der Diffusion ein stärkerer Andrang des Wassers aus der Breccie nach oben in die Schiefer- lager und in die Lager mit sich bildenden Kalkknoten erfolgen als umgekehrt nach unten. In den späteren Perioden, wo Öst- thüringen Festland wurde, muss bei diesen Umwandlungsprocessen vielfach auch die Capillarattraction mit dazu beigetragen haben, die Gesteinswasser von unten nach oben zu ziehen. 5. Die primäre und frühzeitige Röthung. Es ist nicht zu bezweifeln, dass verschiedene von den jetzt in rothen Farben prangenden Lettenlagern jüngern Datums von Hause aus als rothe Niederschläge den Boden der Urmeere be- deckten, denn dafür sprechen die neueren Tiefseeforschungen, so- wie die gesteinsanalytischen Untersuchungen. Dahin zählen jeden- falls u. A. die Lettenlagen des oberen Zechsteins, des Buntsand- steins, die thonigeren Partien des Rothliegenden u. s.w. Es ist sogar recht wahrscheinlich, dass die in dem genannten Gebirge mit vorkommenden blauen und grauen Letten zum Theil wenig- [525] Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. 125 stens ihre Farbe einem Reduktionsprocess verdanken, welcher das ursprünglich vorhandene Eisenoxyd in Oxydul umwandelte und dabei einen Theil desselben zur Wegführung in Auflösung dis- ponirte. Eine faulende Wurzel leitet diesen Process noch heute in dem nun schon so lange Zeit anstehenden-und erhärteten Roth- liegenden ein. Auch die Bedeckung durch Seewasser kann einen derartigen Entfärbungsprocess der ehemals rothen Gesteinsmasse erzeugen: Mögen die Zechsteinschichten sich unmittelbar auf Roth- liegendem oder auf Klippen röthlich grauer Kulmgrauwacke nieder- geschlagen haben, überall ist das Gestein scharf abgesetzt zonal, dort auf zwei, hier auf ein Meter tief gebleicht. Viel leichter wird ein frischer schlammiger durch Eisenoxyd rothfarbiger Nieder- schlag, falls er reichlich genug mit halb verwesten organischen Theilchen durchsetzt ist, durch Reduktion seine Farbe ändern. Im Cambrium, und zwar im mittleren und oberen, ferner im unteren- Silur, im mittleren Devon und namentlich auch im Ober- devon kommen weitverbreitete Schieferpartien vor, deren Gestein durch seine violettröthliche dunkle oder (im Oberdevon) durch seine grell blut- bis violetthellrothe Farbe ausgezeichnet und, wenn nicht von Hause aus roth, so doch sehr frühzeitig und noch vor der vollständigen Verfestigung roth gefärbt worden ist. Die färbende Substanz sind rundliche Blättchen von schön granatroth durch- scheinendem Eisenglanz und Putzen von Eisenoxyd fast krystalli- nischer Art. Diese Schieferpartien enthalten keine Schiefer- nädelehen oder nur Spuren davon, während die vollkommen aequivalenten grauen oder grünen Schiefermassen desselben Lagers in horizontaler Fortsetzung, sowie die zwischen die rothen Schiefer- massen eventuell eingeschobenen Lagen grauen gewöhnlichen Schiefers damit erfüllt sind. Die Schieferung wird dabei durch den Mangel an Nädelchen nicht im geringsten beeinträchtigt; vor- zugsweise schön zeigen das die cambrischen Schiefertafeln, welche abwechselnd violettroth und grüngrau gestreift (Berga, Hohen- leuben) mit ausgezeichneter Schieferung durch verschiedengefärbte Schichten hindurch führen. Zugleich beweisen diese Tafeln min- destens eine von Hause aus vorhandene besondere Disposition der verschiedenen wechsellagernden Schiefersedimente für diese be- 126 Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. [526] sonderen Färbungen. Für den ursprünglichen oder doch wenig- stens sehr früh erfolgten Eintritt der Röthung spricht auch der chemische Befund bei allen diesen Schiefern, denn sie enthalten mehr Kali, Kalkerde und Phosphorsäure !) als die entsprechenden grauen Schiefer. Der Kaligehalt beträgt bei den in Rede stehenden rothen Schiefern 4 bis 5 pÜt., in den aequivalenten grauen nur halb soviel ?). Diese Röthung ist übrigens sehr oft durch An- thracitstaub in dem Gestein verdeckt, wie namentlich häufig in obersilurischen schwarzen und in untersilurischen schwarzgrauen Schiefern, und offenbart sich dann nur im Dünnschliff durch die Einmengung jener Eisenglanzblättchen und das gänzliche Fehlen der Nädelchen, tritt aber offen hervor, wenn an der Oberfläche der kohlige Staub durch Oxydation schwindet und das Gestein bleicht. Eine andere hier zu erwähnende, sehr frühzeitige Röthung hat viele von den oberdevonischen Diabaslagern heimgesucht, und zwar in der Weise, dass manche Lager durch ihre ganze Masse hindurch geröthet sind, die meisten aber nur in grösseren oder kleineren Partien, indem das Uebrige des Lagers grüngrau blieb. Von Weitem gesehen, ist die Grenze der beiden Färbungen scharf, in der Nähe gesehen, stellt sie sich als verfliessend dar. Die gerötheten Diabase haben eine tiefviolettrothgraue Farbe. Unter dem Mikroskop erklärt sich die Färbung einerseits durch ein Zurücktreten des Diabaschlorits und dann durch das Vorhanden- sein eines eingezwängten, im durchscheinenden Licht hyaeinth- bis granatrothen Minerals von harzigem Ansehen und ausserdem von Putzen und Staubtheilen von Eisenoxyd. Das Verhalten gegen Säuren lässt vermuthen, dass jenes Mineral nicht einfaches Eisenoxyd, sondern Eisenoxydsilicat, bezw. ein mit Kieselerde durchtränktes Eisenoxyd ist. Die Ausscheidung dieses färbenden Mineralstoffes muss erfolgt sein vor und innerhalb der Bildungs- zeit des chloritischen Bestandtheiles und der Kalkmandeln; man findet nämlich immer in verschiedenen dieser Diabase den Dia- bantachronnyn und Kalkspath ganz oder fast ganz frei von jenen ') In der Abhandlung zu Sektion Zeulenroda, S. 29 sind einige Analysen aufgeführt. ?) Theilweise nach Analysen des Herrn Hüttenchemikers Dr. Frexzer. [527] Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. 127 7 färbenden Substanzen und ebenso auch frei von dem staubig und gröber beigemengten Magneteisen; oder aber man sieht neben derartigem ungefärbten Chlorit und Calcit noch ein wenig, von jenem scharf unterschiedenen Chlorit und auch wohl Kalkspath- ausscheidungen, welche die Imprägnation mit färbenden Mineralien voll mit durchgemacht haben. Ebenso giebt es auch violettrothe Breccien, d. h. Breccien, deren Schliech violettroth ist. In andern Breccien mit grünem Schliech sind grüne und violette Diabas- stücke durcheinander eingebacken: ein Beweis für die frühe Zeit, in der diese Färbung sich einstellte, oder aber für eine ganz bestimmte in der Mineralzusammensetzung gegebene Disposition für dieselbe. 6. Die spätzeitige Röthung. Viele Schiefer von jetzt röthlichen Farben sind erst in ver- hältnissmässig später Zeit so roth geworden. Diese alle führen in dichter Menge eingestreute Schiefernädelchen im Gegensatz zu jenen frühzeitig oder primär gerötheten. Auch ist das Roth ein anderes, mehr dem des Rothockers oder gepulverten Rotheisen- erzes entsprechendes. Die älteren unter ihnen (cambrische und sılurische) enthalten ebenfalls rundliche färbende, durchscheinende Krystallblättchen, so wie jene Eisenglanz enthalten; allein diese Blättchen sind nicht Eisenglanz, sondern eine andere Eisenver- bindung: sie sehen im durchscheinenden Lichte röthlichgelb bis bräunlichgelb aus und sind, um es zu wiederholen, mit zahlreichen Nädelchen vergesellschaftet, während es jene granatrothen, meist sehr dicht eingesprensten Eisenglanz(?)schüppchen nicht sind. Neben diesen Blättchen erzeugen die Färbung Eisenoxydpartikeln, welche wie ein Schmutz das Ganze imprägniren. Diese Roth- färbung ist sichtlich von aussen von den Schichtflächen und Klüft- chen aus eingedrungen, was namentlich die Quarzite recht deutlich lehren, und auch hierin unterscheidet sich diese Röthung von der oben besprochenen. Eine derartige Röthung kaun zuerst über ganze weite Striche hin die sämmtlichen älteren, d. h. kulmischen und vorkulmischen 128 Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. [528] Gesteine ohne Ausnahme treffen, wie so z. B. bei und südlich von Ronneburg auf den höher gelegenen Flächen und Bergen alle Gesteine, Diabase und Schiefer, Quarzite und Kalke, von aussen herein geröthet sind). In tiefen Thaleinschnitten, unten am Fusse höherer Thalgehänge, ist innerhalb dieses Gebietes die Röthung weit weniger zu gewahren als an den höher gelegenen Schichten. Daher macht sie ganz den Eindruck, als ob sie herrührt von einer ehemaligen von oben, d. h. von der Atmosphäre ausgehenden Ver- witterung des anstehenden Gesteins in einer Zeit, bevor die jetzigen Thäler ausgewaschen waren, mit darauf folgender Entwässerung des durch die Verwitterung entstandenen Eisenoxydhydrats. Die fürbenden rothen Einsprenglinge gleichen bis auf die nicht bräun- lichgelbe oder gelbbraune Farbe ganz genau den durch die Ver- C witterung in den Diabasen, Quarziten, Kalken und Schiefern noch jetzt entstehenden Eisenoxydhydrateinsprenglingen. Sonst aber kommen zerstreut über das ganze Gebiet hinweg, in kleinerem Maassstabe, stellenweis geröthete Schiefer und Quar- zite überall vor. In den Grauwacken des jüngeren Kulms be- werkstelligen die Ankeritpartikeln innerhalb des feineren Schliechs durch ihre Oxydation eine Röthung, die zunächst nur einzelne Partien einer Lage trifit, im Ganzen aber den grauen Felswänden einen rothen Farbenton verleiht. Vielfach geht die Röthung auch sichtlich von kleinen Klüftchen und Aederchen aus mittels Im- prägnation von Eisenlösungen. Dabei spielt, wie bei dem nach- stehend beschriebenen Process, die Oxydation von Schwefelkies vielfach wohl eine Rolle mit. 7. Buntfärbunge. Eine Umfärbung des ursprünglich in verschieden grauen Nüancen gefärbten Gesteins in Roth und Gelb, mitunter auch in Weiss und Braun, und zwar grossfleckig bunt durch einander, hat in Östthüringen auf grosse, oft kilometerlange Strecken ge- wisse Abtheilungen der palaeozoischen Systeme ergriffen. Dieselbe !) Vergl. die Abhandlung zur Kartensektion Ronneburg. [529] Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. 129 rührt her von einer ursprünglichen Imprägnation mit Schwefel- kies und ist zu Stande gekommen, als die betreffenden geologischen Abtheilungen während der späteren Festlandsperiode der Verwitte- rung ausgesetzt wurden. Nach und nach, je nach dem Verlauf der Abschwemmung und Blosslegung, traten die sauerstoff’bela- denen atmosphärischen Wasser mit den einzelnen Schichtencom- plexen in Berührung, drangen als Gesteinswasser in dieselben ein und gelangten, sobald die Ausnagung der Thäler die Circu- lation nach unten gestattete, in das Innere der Berge, um an- derswo als Quellen wieder auszutreten. So wurden die unzähli- gen Schwefelkiespünktchen, von denen strichweise das Gestein erfüllt war, oxydirt und wurden die Oxydationsprodukte weiter geführt, indem unzählige, oft nur mikroskopische Hohlräumchen sich bildeten, die oft genug noch die Würfelgestalt, seltener die Dodecaöderform zeigen. Dabei zerleste sich das so gebildete schwefelsaure Eisenoxydul, sobald die Säure andere, zusagendere Basen fand, und füllte willkürlich fleckig das Gestein bald da, bald dort mit Eisenoxyd, Eisenoxydhydrat und anderen verwand- ten Stoffen, zog auch aus verschiedenen Stellen das Eisen ganz aus, welche letzteren dann zum Weisswerden praedisponirt waren. Die Oxydation schuf von vornherein aus dem einen Schwefelatom des Eisenkieses freie Schwefelsäure, und die vom zweiten Atom ward bei Gelegenheit der Oxydation des Eisenoxyduls frei. Diese Schwefelsäure im Gesteinswasser löste eine Menge Bestandtheile des Gesteins, vor allem aber Kalı und Natron, Oalcia und Magnesia, und erzeugte, indem sie diese Stoffe weit weg den Quellen zu- führte, eine Gesteinsvarietät, die in ihrer Unfruchtbarkeit oft genug den Bemühungen des Laandwirths und sogar des Forstwirths spottet. Derlei bunte weiter verbreitete Schichtencomplexe bietet das Untersilur in seinen Schiefern und Quarziten (Schleiz -Oschitzer Wald u.s. w.), das Obersilur in seinen ursprünglich schwarzen Schiefern (Ronneburg), das Unterdevon in seinen Tentaculiten- schiefern (Plauen), das Mitteldevon in seinen Quarziten (Schleiz). In keiner Formation tritt aber die Buntfärbung so umfassend und so weit verbreitet auf wie im Kulm. Schon auf der NAUMANN- Corra’schen »Geologischen Karte von Sachsen und den angrenzen- 9 130 Die Erzbildung und verwandte Erscheinungen. [530] den Gebietstheilen« sind aus dieser Ursache im sächsischen Vogt- land die bunten Kulmpartien als »bunte Grauwacken und bunte Schiefer« von der übrigen »Grauwackenformation« getrennt, und gehören die so als besondere Formation eingezeichneten Gesteine dieser Karte grösstentheils zum Kulm, und zwar vorzugsweise zum unteren. Da gerade in diesem Strich der Kulm auch noch die Fältelung und Runzelung hat durchmachen müssen, ist die Dia- gnose oft gar nicht leicht; indess zeigt sich beim Ausstreichen vielorts oberdevonischer Knotenkalk oder die hangende Breccie im Liegenden. Vielleicht steht die ehemalige starke und umfassende Imprägnation mit Schwefelkies in Beziehung zu dieser gerade hier so weit verbreiteten Breccie im Liegenden des Kulms. Fernere Studien werden Aufschluss geben. Nachschrift. Noch bevor der Druck vorliegender Arbeit zum Abschluss kam, schritt die Kartirung unseres Gebietes bis zur Umgebung des Hennberges vor. Es ergab sich mit voll- ständiger Evidenz, was ich schon oben als wahrscheinlich be- zeichnete, dass nämlich das Granitmassiv des Hennberges im unteren Kulm steht und Kulmschichten zum Hangenden und Lie- genden hat, dass auch jedenfalls zugehörige Granitgänge in seiner Umgebung ebenfalls im älteren unteren Kulm aufsetzen, und dass demnach diese Granite jünger sind als die älteren Glieder des Kulms. Dagegen sind sie wiederum »älter als die Lamprophyre, da letztere ihrerseits die Granite durchsetzen, auch Granitbruch- stücke innerhalb ihrer Masse führen. Uebrigens hat das Granit- massiv des Hennberges nur auf der einen Seite, nach West und Süd hin, die Kulmschiefer in seiner näheren Umgebung in An- dalusitglimmerfels und Knötchenschiefer umgewandelt, und es ist diese Seite sein Hangendes. A. W. Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 45 46. Abhandl.d. Geol, Landes-Anstalt. Ba.W Heft 4. rn a Vorläufige Übersichtskarte der in OSTTHÜRINGEN auftretenden beolopischen Systeme ) und ihrer wichtigeren Abtheilungen entworfen Maassstab 1:215000. 0 2000 4000 6000 ‚3000 10000 Schritte f Tess] [zul] =] N a L { o 2000 000 6000 3000.Neter 177 WW NIE E: “ s ® Münchenbernsdorf H+ +B. » ft + a . | Aiteres Diluvium. ET an Muschelkalk. Buntsandstein. 20 2 Ober Zechstein, IN) 22 =: En Mittelu.unter | Zechstein. : ) OberKulm. Inter-Kulm. Oberu.unterKulm (bunter: ) Noch nicht genügend erfönschtes Gebiet. Reichenbach Zeichen - und | Farben-Erklärung: Stadt u.Marktflecken + Kirchdorf” Mittel.Devon. Ober Silur. Mittel-Silur. DL ar £ BZ a Zen 30°0° 55 FTF TR 29° Berliner lithogr Institut. ann 7 AN aaa u \ 0 Ä . w -ı; ‘ EN r \ in v r un x Y } nn ’ „ (5 S \ Ds \ 2 un J ‘ 7 \ u \ . \ 4 4 u & i s BT x ‚1 ! lg! e Aue ey Wh I m - ef Du) a FE j j Al eu TH N m Ra 1, a J Bee EA 1 ai PFW 3 H ai AR NE Te Jar Abhandl.d.Geol.Landes-Anstalt.Ba.W Heft 4. .29%0 ar T: rs Zum +6; d 20 F Kies vr sb = — —— 30% ; te ER angenbers d d Id R+ aa: Q, St, - > iD) zo 1, Mu 9), € | N zo, a Si, ml ä R Ir ee ft n 5 ein | I + +. HA; Bo ol ak Ar . en B 20 29 y., Zum ee Vorläufige Ub ersichtskarte Bi aim gehe er him ui Pi | R IV, ‚ s | der ın 4 F sm 5 os ?: A! ST m 3 R @7 "UIIR | \GE I : 7 I EI | MU) HIN UL | J - / en yı 1190 \ B e du D+ R2 ; | auftretenden ur “ | M, 4 | + smR gi a) H+ ir erudtiiven best eine 5 2 ir Ju J ) ) Münchenbernsdorf 5 ola L x entworfen b d | „ Sn ko kyj! Su su +G. | E- + , u + 20 | von 2 B ko v Bozen Dr, & | Zr r 20 Wei oly cb 1 er >" AM eo 1 o | K.Th. Lie ‚E : G Xume I din“ sr zo | a +. (ko 6, D | kud do 8 ol . und u a ni IP ’ „ ol € +7. DI Bersa Ä LB+ Im [o) S E. Zimmermann. : 7; ee 1/0 +2" 2 / „Hr. +S. 2 Pr +$. | 8 6 Se R ee | == Ne +5, Hohenleuben %“ ku 4 d, | 2 +yr 7 dub Sm B ß, - — — — Pössneck i (Ama BU in = % > DIR & . | hä m b 0. G zum D+.- * : eg U Y oT eb ku h, A. zo i 2 & = ku Hr) sm A C. +6 7a H DEN A = > + 2 M. 7 « o HR + EDER. 9 iebes Ita d % T 0% (2 “ + ku +6 57 il 5 en su a TG ° u E, su) ol / SH oO ER e £ cb Z, - kur d 1 8 +N > ver ku Qu Zi 74 y I Of Teulem ode kb dn 5 Su de L Sr ub (2 » Ft a : do do’ su % Gi A pP 5 NE ar Kb = 2 EV zu _ + Te cb ylau VB se iq ( su H EN 7) di 2 S DI + ao er Reichenbach Ö ErZ RL 1/2 ku‘ KB Sr got eb do kb — Isterberg. „‚Netzschka cfdo T D +E. ku ö a u Zeichen - Fu se do A. 5297 0 su fs ya 7, Zusa S on und ] Y ‚eonku 9 | & / 5 i yasu & a: + kb | z z IB 5 m am 5 4 Farben-Erklaruns: 7 y Re $ & F Su Stadtu.Marktfleck r EG tadt uMar ecken -Mühltroff n/ 2 K + Kirchdorf “ 5 er A + Noch nicht genügend + | | erfünschtes Gebiet. 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